Atemnot (Dyspnoe) ist ein vieldeutiges Symptom. Ursachen können körperliche Anstrengungen, aber auch Krankheiten des Herzens, der Lunge oder des Bluts sein; oft liegt eine Kombination von ihnen vor. Die diagnostischen Schienen verlaufen entsprechend vielfältig und die Therapie kann je nach Ursache sehr unterschiedlich ausfallen. Während Atemnot ein subjektives Gefühl darstellt, beschreibt der Begriff Ateminsuffizienz die objektive Unterversorgung des Körpers mit Sauerstoff. Die Atemnot ist meist Folge einer Ateminsuffizienz, sie kann jedoch auch ohne Ateminsuffizienz rein psychisch bedingt sein. (1)Br J Anaesth. 2011 Apr;106(4):463-74. DOI: 10.1093/bja/aer040.
Inhaltsverzeichnis
Ausprägung
Die Atemnot (Dyspnoe) wird nach ihrem Schweregrad eingeteilt:
- Dyspnoe in Ruhe: Ruhedyspnoe, in der Regel mit einer Atemfrequenz von über 20/min verbunden,
- Dyspnoe bei Belastung: Belastungsdyspnoe (z. B. semiquantifizierbar über Zahl der Treppenstufen, nach denen Dyspnoe einsetzt),
- Dyspnoe im Sitzen: Orthopnoe.
Ursachen
Folgende Ursachen sind zu differenzieren:
- Herzerkrankung mit Herzinsuffizienz (siehe auch unter “Kardiologie“)
- Lungenkrankheit (z. B. Pneumonie, Asthma bronchiale, Lungenemphysem, Lungenembolie, Lungentuberkulose, Bronchialkarzinom), (siehe auch unter “Pneumologie“)
- Einschränkung der Atemfläche von außen, z. B. bei einem Pleuraerguss oder einem Tumor im Bereich der Pleura oder des Mediastinums,
- Mangel an roten Blutkörperchen (Erythrozyten): Ein Erythrozytenmangel (Anämie) kommt vor bei
- Blutverlust,
- mangelhafter Neubildung der Erythrozyten, z. B.
- bei einer Erkrankung des Knochenmarks,
- bei einem Eisenmangel z. B. bei einer Sprue,
- bei einem Vitamin-B12-Mangel,
- bei einer Nierenerkrankung mit Mangel an Erythropoetin,
- Verkürzung der Erythrozytenlebenszeit (Hämolyse)
- Überwässerung des Körpers aus nicht-kardialen Gründen z. B. bei schwerer Niereninsuffizienz (Urämie) oder Leberinsuffizienz (z. B. Leberzirrhose),
- Subjektive Atemnot ohne organische Grundlage (z. B. bei psychischer Erregung, Angst mit Hyperventilation).
Diagnostik
Die Diagnostik stützt sich wesentlich auf die Anamnese und den körperlichen Untersuchungsbefund.
- Anamnese: Vorerkrankungen, Ausprägung, mögliche Auslösung, z. B.:
- Thromboseneigung (bzgl. Lungenembolie)
- Blutverlust? Regelblutung der Frau, Trauma, Blut im Stuhl,
- bekannte Tumorerkrankung? (kann zu Blutarmut und damit zu Atemnot führen)
- bekannte Bluterkrankung?
- bekannte Lungenerkrankung?
- akuter grippaler Infekt / Erkältung? Covid-19-Verdacht?
- bekannte Herzerkrankung?
- Hypertonie? (kann zu Herzinsuffizienz und damit zur frühzeitigen Atemnot bei geringer Belastung führen)
- akute oder chronische Atemnot? Beginn plötzlich (z. B. bei Lungenembolie) oder allmählich (wie oft bei Herzinsuffizienz, Lungenemphysem oder Anämie)?
- Körperlicher Untersuchungsbefund,
- hörbarer Stridor beim Einatmen: Atemhindernis im Bereich der oberen Luftwege oder des Kehlkopfs,
- Lungenauskultation und Perkussion: Zeichen eines Emphysems, einer Lungenentzündung (Pneumonie), eines Pleuraergusses etc.?
- Herzuntersuchung: Zeichen der Herzschwäche (Herzinsuffizienz), Rhythmusstörung, Herzgeräusche (Erkrankung der Herzklappen)?
- Ödeme?
- Halsveneneinflussstauung (bzgl. einer Rechtsherzinsuffizienz)?
- blasse Schleimhäute (bzgl. einer Anämie)?
- Zeichen einer Thrombose (bzgl. einer Lungenembolie)?
- Hinweis auf Tumor (tastbare oder sichtbare Raumforderung)?
Folgende technischen Untersuchungen klären die meisten Diagnosen:
- Laborwerte (Blutbild – bei Anämie mit Retikulozyten, Eisen, Ferritin (bzgl. einer Eisenmangelanämie) und ggf. Vitamin B12 (bzgl. einer perniziösen Anämie), Sauerstoffsättigung des Bluts, Nierenwerte (bzgl. einer renalen Anämie), Elektrolyte etc.),
- EKG (z. B. Zustand nach Herzinfarkt? Herzrhythmusstörungen?),
- Röntgenuntersuchungen der Lungen (Lungenstauung, Infiltrationen etc.?),
- Ggf. weiterführende technische Untersuchungen je nach Ursache (weitere kardiologische, pulmologische oder hämatoonkologische Abklärung etc. so z. B.: Herzecho, CT der Lungen und Lungenfunktionsprüfung, weitere Anämieabklärung und Tumorsuche)
- Neurologische Untersuchungen: Innervationsschwäche der Atemmuskulatur? (Myasthenie? Hirnerkrankung? Psychopathologie?) (2)J Neurol. 2020 Oct;267(10):3054-3060. DOI: 10.1007/s00415-020-09976-0 (3)Neural Plast. 2016;2016:6434987. DOI: 10.1155/2016/6434987. (4)Respir Med. 2011 Jun;105(6):809-17. DOI: 10.1016/j.rmed.2010.12.022.
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Verweise
Fachinfos
Patienteninfos
Literatur