Allgemeines
Der Diabetes mellitus Typ 2 (T2DM) ist eine Form der Zuckerkrankheit, die hauptsächlich bei Erwachsenen auftritt. Ursache ist eine mangelhafte Wirksamkeit des körpereigenen Insulins. Sie wirkt sich in Akutkomplikationen und viele Jahre später in Spätschäden im gesamten Körper aus. Der Typ-2-Diabetes gehört zu den häufigsten Ursachen von Herzinfarkt, Schlaganfall, Niereninsuffizienz, hohem Blutdruck, Durchblutungsstörungen der Beine und Sehstörungen.
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- Diabetes – einfach erklärt
- Patienteninformationen zum Diabetes
- Diabetes Typ 1
Neue Konzepte
Neue Aspekte über Zusammenhänge zwischen Bildung und Wirkung von Insulin und über die Bedeutung des Fettgewebes, von chronisch-schwelenden Entzündungen sowie der Ernährung haben zu neuen Konzepten der Behandlung geführt.
- Prophylaxe bereits im Prädiabetes-Stadium beginnen! Diabetischen Spätschäden starten schon im Stadium des Prädiabetes. Die Stoffwechselstörung muss daher entsprechend früh erkannt werden.
- Epigenetische Veränderungen wirken über Generationen: Ungünstige Lebensführung, Ernährung und erhöhtes Körpergewicht schlagen sich in der Epigenetik nieder und werden über Generationen weitergegeben. Eine gesunde Lebensführung von Menschen mit T2DM-Veranlagung kann sich ebenfalls für die nächsten Generationen günstig auswirken.
Allgemeines
Charakteristika
Der Diabetes mellitus Typ 2 ist gekennzeichnet durch
- erhöhte Blutzuckerwerte (Hyperglykämie); dazu siehe hier.
- eine zunehmende periphere Insulinresistenz: die Körperzellen reagieren allmählich immer schlechter auf das Blutzucker-regulierende Insulin; dazu siehe hier.
- eine abnehmende Insulinproduktion in den Inselzellen der Bauchspeicheldrüse (Insulindefizienz) durch Überlastung mit der Folge eines drohenden Insulinmangels und damit einer therapeutischen Insulinpflichtigkeit (Abhängigkeit von Insulininjektionen).
Häufigkeit
Der Diabetes mellitus Typ 2 betrifft etwa 9 % der Weltbevölkerung. Die Prävalenz stieg von 1980 bis 2014 um fast 5 %. 1 Der Anstieg geht parallel mit einer Zunahme von erheblichem Übergewicht (Adipositas) und Herzkreislauferkrankungen.
Assoziationen
Der Typ-2-Diabetes ist assoziiert
- mit einer Fettstoffwechselstörung bei Übergewicht oder Adipositas: Es finden sich erhöhte Blutfette (Hyperlipidämie), erhöhtes Cholesterin (Hypercholesterinämie mit erhöhtem LDL und erniedrigtem HDL),
- mit erhöhtem Blutdruck (Hypertonie).
Beide Regulationsstörungen kennzeichnen das metabolische Syndrom.
Prädisponierende un fördernde Faktoren
- Ein hohes Geburtsgewicht (über 4.0 kg) prädisponiert zum Diabetes mellitus Typ 2 im Erwachsenenalter. 2
- Wenn das ungeborene Kind einem erhöhten Blutzucker der Mutter (Schwangerschaftsdiabetes) ausgesetzt ist, so erhöht dies sein Risiko eines metabolischen Syndroms und eines Typ-2-Diabetes. 3
- Übergewicht und Adipositas im Kindesalter wie im Erwachsenenalter prädisponieren zum Diabetes mellitus.
- Medikamente können den Blutzucker erhöhen und die Entstehung eines Typ-2-Diabetes fördern, so z. B. Thiazide, Glukokortikoide und Clozapin.
Metabolisches Syndrom (Syndrom X)
Das metabolische Syndrom fördert die Entstehung einer peripheren Insulinresistenz. Es ist gekennzeichnet durch erhöhte Blutfette und erhöhten Blutdruck und ist assoziiert mit Übergewicht und Adipositas. Es prädisponiert zur Entwicklung einer peripheren Insulinresistenz und einer Zuckerkrankheit und erhöht das Risiko einer Arteriosklerose und damit eines Herzinfarkts und Schlaganfalls. Menschen mit einem metabolischen Syndrom sollten regelmäßig über einen Blutzuckerbelastungstest auf einen beginnenden Prädiabetes untersucht werden.
→ Periphere Insulinresistenz
→ Metabolisches Syndrom
Entstehung des Typ-2-Diabetes
Einfluss der Gene
Eine genetische Disposition ist beim Diabetes mellitus Typ 2 ein entscheidender Faktor für die Bereitschaft, eine Zuckerkrankheit zu entwickeln. Fast 40 % der Menschen mit Typ 2-Diabetes haben einen Elternteil mit Zuckerkrankheit. 4 Ein Elternteil mit Diabetes erhöht das T2DM-Risiko laut „Framingham Offspring Study“ um 30 – 40 %, beide Elternteile um 70 %. 5 Es sind multiple Gene an der T2DM-Entstehung beteiligt (heterogene Erkrankung). Die unterschiedliche Genetik ist wahrscheinlich der Grund für die vielen unterschiedlichen Verlaufsformen. Durch „genome wide association analysis” wurden mehrere Genloci gefunden, die mit Typ-2-Diabetes assoziiert sind. 6 7 8 Unter ihnen spielt SIRT1 eine Hauptrolle (siehe hier). 9
- MODY (maturity onset diabetes of the young) wird autosomal vererbt. Ursache des MODY Typ 2 ist wahrscheinlich ein Defekt der Glukokinase in den Beta-Zellen, die als Glukosesensor fungiert. Es handelt sich um eine Mutation des Glucokinasegens auf Chromosom 7. 10 Andere MODY-Typen beruhen auf anderen Gendefekten.
- Periphere Zellen, genetischer Rezeptordefekt: Genetische Mutationen am Insulin-Rezeptor-Gen führen zu frühen schweren peripheren Insulinresistenzen mit erheblicher Hyperinsulinämie; assoziiert ist oft eine Acanthosis nigricans und ein hyperandrogener Hormonstatus N Engl J Med 1991; 325:938. Ein Diabetes tritt dann auf, wenn die kompensatorisch erhöhte Insulinproduktion erschöpft ist.
- Periphere Zellen, genetische Postrezeptordefekte: Genetische Mutationen im Bereich intrazellulärer Stoffwechselabläufe, die nach der Bindung von Insulin an den Rezeptor an der Zelloberfläche ablaufen, sind wahrscheinlich für den üblichen Diabetes Typ 2 verantwortlich. So scheint eine Mutation im Gen für die Glykogensynthase mit Diabetes Typ 2 assoziiert zu sein. 11
Epigenetische Weitergabe der Veranlagung: Der Diabetes mellitus Typ 2 kann durch epigenetische Einflüsse gefördert und über Generationen weitergegeben werden. Es handelt sich dabei um Veränderungen in der Funktion einzelner Gene ohne Veränderung ihrer DNA-Sequenz.
Einzelheiten: Aktive DNA-Sequenzen können durch Histone abgedeckt oder von ihrer Histonbedeckung befreit werden und aktiv werden. An den Veränderungen der Genaktivitäten können eine direkte DNA-Methylierung, eine Modifikation von Histonen durch Azetylierung, Methylierung und andere Prozesse und nicht kodierende RNAs beteiligt sein.
Solche epigenetischen Prozesse sind für Adipositas und Diabetes Typ II gut belegt. Übergewichtige Mütter können ihre Veranlagung über solche Prozesse ihren Kindern weitergeben. 12 13
Einfluss eines hohen Körpergewichts
Neben einer genetischen Prädisposition ist das zunehmende relative Körpergewicht (Anstieg des BMI, Entwicklung von Übergewicht und Adipositas mit Fettstoffwechselstörung) in der Bevölkerung durch unausgewogene Ernährung („fast food“ mit vielen Kalorien, viel Fett und wenig Ballaststoffen) der Hauptgrund für die steigende Prävalenz des Typ-2-Diabetes. Sie beträgt derzeit etwa 8 % der Bevölkerung.
Entstehungsmechanismen
Gemeinsam sind 3 Mechanismen der Diabetes-Entstehung:
- Verminderte Insulinempfindlichkeit (periphere Insulinresistenz) der peripheren Zellen; sie geht der Manifestation des Diabetes u. U. bis zu 20 Jahre voraus; Unterscheidung von Rezeptordefekten (selten, oft kombiniert mit Acanthosis nigricans und zystischen Ovarien) und Postrezeptordefekten;
- Relativer Insulinmangel durch eine Funktionsstörung („Erschöpfung“) der ß-Zellen des Pankreas. Er lässt sich direkt vor der Manifestation des Diabetes durch einen einem Blutzuckerbelastungstest nachweisen. Nach dem Glukosetrunk erfolgt normalerweise zuerst eine rasche pulsatile und anschließend eine langgezogene Insulinfreisetzung (zweiphasige Insulinsekretion). Beim Beginn einer diabetischen Stoffwechselstörung fällt der erste Insulinsekretionspeak immer schwächer aus, wohingegen die langsame Phase der Insulinfreisetzung noch länger erhalten bleibt: Die pulsatile Sekretion wird zu einer einphasigen, lang gestreckten Sekretion. Bei Erschöpfung der ß-Zellen der Bauchspeicheldrüse sinkt die Insulinproduktion. Ab dieser Phase beginnt der Patient insulinpflichtig zu werden. Dazu siehe hier.
- Erhöhte hepatische Glukoneogenese (Zuckerneubildung in der Leber) durch Hyperglukagonämie bei relativem Insulinmangel (verminderter Insulin-Glukagon-Quotient); die Glykolyse (Glykogenabbau zu Glukose) ist demgegenüber vermindert (Folge: vermehrte Glykogeneinlagerung in die Hepatozyten).
Test auf eine Früherkennung
Diagnostisch wird ein Blutzuckerbelastungstest gefordert, um das Risiko einer Zuckerkrankheit frühzeitig erkennen zu können. Wenn zum Blutzucker auch das C-Peptid bestimmt wird, kann die Insulinproduktion abgeschätzt werden. Erhöhte postprandiale Blutzuckerspitzen (Blutzuckerbelastungstest) sind ein Risikofaktor für eine Verschlechterung des Diabetes und für kardiovaskuläre Komplikationen (Herzinfarkt, Schlaganfall) anzusehen. Der Nüchternblutzuckerspiegel, dem früher die Hauptbedeutung zugesprochen wurde, reicht zur Beurteilung des Risikos für einen manifesten Diabetes nicht aus.
Periphere Insulinresistenz
Periphere Insulinresistenz bedeutet eine gegenüber normalen Körperzellen geringere Empfindlichkeit der peripheren Körperzellen gegenüber Insulin. Die periphere Insulinresistenz entsteht bereits meist mehr als 5 Jahre vor dem Diabetes mellitus. Wird sie nachgewiesen, so kann davon ausgegangen werden, dass sich in der Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Diabetes mellitus Typ 2 entwickeln wird.
Anhaltend erhöhte Blutzuckerwerte bedeuten eine zunehmende Anforderung an die Insulinproduktion der ß-Zellen des Pankreas. Anfangs können sie ihr nachkommen, später kommt es zu einer Erschöpfung.
→ Zur peripheren Insulinresistenz und dem Verlust der pulsatilen Insulinsekretion siehe hier.
Frühe Gefäßveränderungen
In dieser Phase beginnen bereits makro- und mikroangiopathische Veränderungen. Sie führen später zu Herzinfarkt, Schlaganfall, Blindheit (Retinopathie), Neuropathie, Durchblutungsstörungen der Beine mit dem „diabetischen Fuß„, diabetische Nephropathie (mit Niereninsuffizienz bis hin zur Dialysepflichtigkeit).
Daher ist es nicht verwunderlich, dass die eingeschränkte Glukosetoleranz bei noch nicht manifestem Diabetes mellitus Typ 2 als als Risikofaktor für die Mortalität anzusehen ist. 14 Dem frühzeitigen Nachweis dieser Stoffwechselveränderung kommt daher eine große Bedeutung zu.
oGTT als Test auf eine Prädiabetes: Als Übersichtsuntersuchung zur Aufdeckung einer eingeschränkten Glukosetoleranz dient der orale Glukosetoleranztest (oGTT). Eine gute glykämische Kontrolle schon in der Anfangsphase verbessert die Prognose bezüglich mikrovaskulärer Komplikationen; ob sie einen entscheidenden Einfluss auf makrovaskuläre Veränderungen hat, ist unsicher. 15
→ Gestörte Glukosetoleranz
→ Glukosetoleranztest
Interessante Befunde zur Entstehung
Schutz der ß-Zellen: Ein spezieller Vitamin-D-Rezeptor (VDR) vermag einen Signalweg in Gang zu setzen, der die ß-Zellen vor entzündlichem Stress und Untergang schützt. Eine pharmakologische Hemmung an einem Schlüsselpunkt dieses Wegs (dem BAF-Komplex) vermag im Tierexperiment die ß-Zell-Funktion wieder zu restaurieren und die Hyperglykämie zu verringern. Dies wird als eine mögliche eine neue Therapieoption angesehen. 16
Bedeutung eines Vitamin-D-Rezeptors: Der spezielle Vitamin-D-Rezeptor (VDR) vermag einen Signalweg in Gang zu setzen, der die Insulin bildenden ß-Zellen der Bauchspeicheldrüse vor entzündlichem Stress und Untergang schützt. Ein medikamentöser Eingriff an einem Schlüsselpunkt dieses Wegs verbesserte experimentell die ß-Zell-Funktion wieder und senkte den erhöhten Blutzucker. Dies bedeutet Aussicht auf eine neue Therapie. 17 Eine Metaanalyse von Studien bestätigt, dass eine Vitamin-D-Supplementierung die Typ-2-Diabetes-Marker verbessert. 18
Glukosetransport in die Beta-Zellen: Die Insulinsekretion der Beta-Zellen des Pankreas ist abhängig von dem Eintransport von Glukose in die Zellen. Er wird durch den Transporter GLUT-2 vermittelt. Die Bildung dieses Transporters wird im Tierexperiment durch fettreiche Kost unterdrückt. Dies wird als mögliches Bindeglied zwischen Adipositas und Diabetes mellitus gesehen.
Cholesterintransport in die Beta-Zellen: Auch der Cholesterintransporter der Zellmembran der Beta-Zellen (Abca1) scheint für eine normale Insulinsekretion eine Rolle zu spielen. Wird er in Tierexperiment ausgeschaltet, führt dies zu einer herabgesetzten Insulinsekretion und Glukosetoleranz. Die periphere Insulin-Empfindlichkeit dagegen ist nicht gestört 19.
Hyperglykämie: Erhöhte Blutzuckerspiegel können auf Dauer zu einer Herabregulation der Insulin-Gen-Expression führen: Der genetische Befehl zur Insulinproduktion lässt nach. 20
Adipositas, Ernährung und Diabetes Typ 2
Überernährung führt zu peripherer Insulinresistenz und zugleich zu einer verminderten Empfindlichkeit des Glukosesensors der Beta-Zellen des Pankreas; umgekehrt kann Gewichtsabnahme zur Normalisierung führen. Diese lange bekannten Zusammenhänge lassen sich heute durch die Adipokine, spezielle hormonähnliche Mediatoren des Fettgewebes (Cytokine), und durch Polymorphismen des PPAR-gamma zum Teil erklären (s. o.). Aber das Wissen ist noch lückenhaft.
Beim Übergewicht spielt das Muster der Fettverteilung eine besondere Rolle; Bauchfett is in besonderer Weise mit dem metabolischen Syndrom und Diabetes Typ 2 assoziiert (Messungen des Bauchumfangs!). Die bei Adipositas im Blut besonders hoch messbaren freien Fettsäuren hemmen die Insulinsekretion und die periphere Insulinwirkung deutlich. 21
Übergewicht als Kind bedeutet ein erhöhtes Risiko für einen Typ-2-Diabetes im Erwachsenenalter. Wenn aber das Übergewicht vor der Pubertät abgebaut werden kann, senkt sich das Risiko. Wird vor dem Alter von 13 Jahren Normalgewicht erreicht, ist das Risiko eines Diabetes zwischen 30 und 60 Jahren gegenüber nicht Übergewichtigen nicht erhöht. Wird Normalgewicht erst im frühen Erwachsenenalter erreicht, ist es 1,47-fach erhöht. Wird es überhaupt nicht erreicht, ist es 4,14-fach erhöht. Das Diabetesrisiko durch Übergewicht steigt offenbar erst ab der Pubertät an! 22
Adipokine
Leptin: Leptin ist ein Adipokin; es wird von Fettzellen (Adipozyten) gebildet und hat die Funktion, dem Gehirn mitzuteilen, wie viel Fett der Körper enthält. Es signalisiert, ob Nahrungsbedarf vorhanden ist oder nicht. Wird Leptin zu wenig gebildet oder im Gehirn ungenügend erkannt (Leptinresistenz), entsteht zu früh erneut ein Hungergefühl, das schließlich zur Adipositas führt.
Adiponectin: Adiponectin ist ebenfalls ein Cytokin der Fettzellen (Adipokin). Es senkt bei Frauen mit Typ-2-Diabetes die Entzündungsparameter und den Spiegel freier Fettsäuren im Blut und führt zu einer verbesserten Blutzuckerkontrolle. 23 Ein Adiponectin-Mangel prädisponiert zu Insulinresistenz und Diabetes mellitus Typ 2. Die Adiponectin-Produktion ist bei Adipositas herunterreguliert. 24 Durch erhöhte Zufuhr von Ballaststoffen (pflanzliche Kost) und Reduktion von Kohlenhydraten in der Nahrung steigt die Adiponectin-Produktion bei Typ-2-Diabetikern wieder an. 25
Resistin: Resistin ist ein Cytokin der Adipozyten, welches die Insulin-vermittelte Aufnahme von Glukose in die Fettzellen vermindert. Es wird angenommen, das es ein verbindendes Glied zwischen Adipositas und Diabetes darstellt Nature 2001; 409:307.
Retinol-binding protein 4 (RBP4): RBP4 wird von Hepatozyten und Adipozyten produziert und korreliert im Tiermodell mit der Insulinresistenz. Die Wirkungsweise ist weitgehend unbekannt. 26 27 Fettleibigkeit und Insulinresistenz sind mit erhöhten RBP4-Spiegeln im Blut assoziiert. Ein erhöhter Spiegel fördert den Fettumsatz und steigert die Aktivität der narmebildenden Fibroplasen in der Leber. 28
Plasminogen-Aktivator-Inhibitor: Er hemmt die Aktivierung von Plasmin aus Plasminogen und damit die Fibrinolyse. Dies führt bei Diabetikern zu einer erhöhten Thromboseneigung (Thrombophilie). Er wird in verschiedenen Zelltypen (Hepatozyten, Endothelzellen, Monozyten, Fibroblasten …) und auch in Adipozyten gebildet. Erhöhte Werte lassen ein erhöhtes Risiko für einen Typ-2-Diabetes erkennen 29 und ist mit einer verminderten Fibrinolyse verbunden. 30
TNF-alpha: Das Fettgewebe Adipöser bildet TNF-alpha (Tumornekrosefaktor-alpha), der als starker Entzündungsmediator wirkt. Er führt zu einer verminderten Insulinwirkung. Gewichtsreduktion bewirkt eine Abnahme der Genexpression für TNF-alpha und eine verbesserte Insulinwirkung Endocrinology 1994; 134:264.
Entzündung und Diabetes
Es wird angenommen, dass chronisch-schwelende Entzündungen im Körper sowohl das Risiko für einen Diabetes mellitus Typ 2 als auch für die Arteriosklerose erhöhen [20]. 31 Es wird angenommen, dass solche Entzündungen durch Entzündungsmediatoren (siehe Entzündungsparameter), die dem Fettgewebe entstammen, wie Leukozyten, CRP, IL-6 oder Plasminogen-Activator-Inhibitor-1 (PAI-1) werden von Fettgewebe unterhalten werden. Ein Beispiel für solch einen chronisch entzündlichen Prozess ist die NASH (nicht-alkoholische Steatohepatitis); ein anderes sind die entzündlichen Prozesse an der Gefäßintima, die an der Plaque-Bildung beteiligt sind.
Entzündungshemmung
Von Medikamenten, die Entzündungsreaktionen unterdrücken, wird ein positiver Effekt auf den Langzeitverlauf bei Adipositas erwartet. 32 Zu solchen Medikamenten gehören auch Statine, die zudem einen Cholesterin senkenden Effekt auslösen.
Vitamin D
Der Vitamin-D-Rezeptor (VDR) vermag einen Signalweg in Gang zu setzen, welcher die Insulin bildenden ß-Zellen der Bauchspeicheldrüse vor entzündlichem Stress und Untergang schützt. Ein medikamentöser Eingriff an einem Schlüsselpunkt dieses Wegs (pharmakologische Hemmung des BAF-Komplexes) verbesserte experimentell die ß-Zell-Funktion wieder und senkte den erhöhten Blutzucker. Daher scheint Vitamin D eine aussichtsreiche neue Therapieoption zu sein. 17 Eine Metaanalyse von Studien bestätigt, dass eine Vitamin-D-Supplementierung die Typ-2-Diabetes-Marker verbessert. 18
Therapie des Typ-2-Diabetes
- Die Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 basiert auf eine gesunden Ernährung, die dem Zuckerstoffwechsel angepasst ist, sowie auf einer vermehrten körperlichen Bewegung, beide mit dem Ziel einer Gewichtsabnahme. Dazu siehe hier.
- Zur Ernährung beim Diabetes siehe hier.
- In der Phase einer beginnenden peripheren Insulinresistenz mit erhöhten Blutzuckerwerten im Glukosetoleranztest kommen orale Antidiabetika, wie Metformin, hinzu. Die orale Medikation kann mit neueren Therapieprinzipien ergänzt werden, welche auch die Gewichtsabnahme erleichtern. Dazu siehe hier.
- Beginnen die Betazellen mit ihrer Insulinproduktion an den Rand ihrer Kapazität zu gelangen, was sich durch die Notwendigkeit zur Erhöhung der oralen Medikation bemerkbar macht, so wird Insulin erforderlich. Dazu siehe hier.
→ Zur Diabetes-Behandlung siehe hier.
Vorbeugung des Typ-2-Diabetes
Ein Prädiabetes erhöht das Risiko eines Fortschreitens zu einem manifesten Diabetes mit einer jährlichen Progressionsrate von geschätzt 5–15 %. 33
Frühzeitige Diagnose einer peripheren Insulinresistenz: Ein erhöhtes Risiko für eine gestörte Glukosetoleranz ist mit einem metabolischen Syndrom verbunden. Speziell Übergewichtige und Adipöse sollten daraufhin untersucht werden. Eine Gewichtsabnahme und vermehrte körperliche Bewegung senkt das Diabetes-Risiko deutlich. 34 35
Gewichtsabnahme bei übergewichtigen Kindern: Übergewichtige Kinder, die es schaffen, vor der Pubertät normalgewichtig zu werden, haben kein erhöhtes Risiko im Alter zwischen 30 und 60 Jahren einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln. Ab der Pubertät jedoch steigt das Risiko. 22
Vorbeugung durch Vitamin D: In einer Studienauswertung fand sich bei einer Erhöhung des Vitamin-D-Spiegels um 25 mg/l ein um 14 % niedrigeres Risiko eines Typ-2-Diabetes. 36 Vermutlich hängt die mit dem schützenden Effekt eines Signalwegs zusammen, der vom speziellen Vitamin-D-Rezeptor der Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse ausgeht. 37
Verweise
Referenzen
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