Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Eine Gewichtsabnahme kann gewollt oder ungewollt sein. Eine gewollte Gewichtsabnahme sollte in “gesundem Maße” durchgeführt und kontrolliert werden, um nicht in kritische Stoffwechselsituationen hineinzukommen, und um einen Rebound-Effekt zu vermeiden. Dagegen kann eine ungewollte Gewichtsabnahme auf eine Störung der körperlichen, psychischen und/oder sozialen Gesundheit hinweisen. Die Unterscheidung ist nicht immer offensichtlich und bedarf einer genauen Untersuchung. Es muss geklärt werden, ob es sich um eine Abnahme von echter Körpermasse handelt, oder um eine Abnahme durch Flüssigkeitsverlust, z. B. durch Ausschwemmung von Ödemen. Die Messung des Gewichts sollte immer unter gleichen Bedingungen erfolgen, bei gleicher Bekleidung und nach dem Toilettenbesuch. Gelegentlich ist eine Beurteilung erst nach Beobachtung über einen längeren Zeitverlauf zuverlässig möglich.
Eine ungewollte Gewichtsabnahme ist immer Anlass, nach einem verborgenen Krebs zu suchen (siehe hier).
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Messung einer Gewichtsabnahme
Die Abnahme des Übergewichts kann auf verschiedene Weise dargestellt werden, so beispielsweise absolut als kg Körpergewicht, oder relativ als relative Reduktion des BMI in %. Eine häufig verwendete Darstellung ist die als %EWL (% excess weight loss). Dazu wird Übergewicht definiert als das Ausgangsgewicht des Probanden abzüglich des Idealgewichts, das einem BMI von 25 entsprechen würde. Klinisch erfolgreiches Abnehmen wird oft als mindestens 30 % EWL definiert. (1)Obesity (Silver Spring). 2013 Jun;21(6):1148-58. DOI: 10.1002/oby.20477.
Gewollte Gewichtsabnahme
Bei einer gewollten Abnahme von Körpergewicht muss unterschieden werden,
- ob ein echtes Übergewicht (erhöhter BMI) vorliegt, das gesenkt werden soll, oder
- ob eine unnatürlich niedrige Zielvorstellung verfolgt wird.
Senkung des Risikos von Herzinfarkt und Schlaganfall
Adipositas (starkes Übergewicht) gilt als ein unabhängiger Risikofaktor für eine Arteriosklerose mit ihren Komplikationen an den verschiedenen Organen, wie Herz, Gehirn und Nieren (Herzkreislaufkrankheiten, cerebrovaskuläre Komplikationen inkl. Schlaganfall). Eine Gewichtsabnahme senkt diese Risiken.
- Der Effekt einer gewollten Gewichtsabnahme reicht einer Studie zufolge alleine auf Dauer allerdings nicht aus, LDL-Cholesterin und das Risiko vaskulärer Ereignisse, wie Herzinfarkt und Schlaganfall, bei stark übergewichtigen Menschen senken zu können (2)N Engl J Med 2013; 369:145-154. Eine reduzierte Kalorienzufuhr sollte mit vermehrter und regelmäßiger körperlicher Aktivität zusammengehen. (3)J Acad Nutr Diet. 2015 Sep;115(9):1447-63. doi: 10.1016/j.jand.2015.02.031
- Die mit der Adipositas assoziierten Faktoren Hyperglykämie, Hypercholesterinämie und Hypertonie machen einen großen Teil des Risikos für Herzkreislaufkrankheiten aus. Erhebliches Übergewicht stellt zudem einen eigenständigen Risikofaktor dar. (4)Lancet. 2014 Mar 15;383(9921):970-83.
Cave: Menschen mit Adipositas sind über jede Gewichtsabnahme erfreut und können eine durch eine Krankheit, z. B. durch Krebs, entstandene Abnahme nicht rechtzeitig richtig einordnen und so eine Diagnostik verzögern.
Gewichtsreduktion übergewichtiger Kinder
Übergewicht als Kind bedeutet ein erhöhtes Risiko für einen Typ-2-Diabetes im Erwachsenenalter. Wenn aber das Gewicht vor der Pubertät reduziert werden kann, senkt sich das Risiko laut einer neuen Studie bedeutend! Wird vor einem Alter von 13 Jahren Normalgewicht erreicht, ist das Risiko eines Diabetes zwischen 30 und 60 Jahren gegenüber nicht Übergewichtigen nicht erhöht. Wird Normalgewicht erst im frühen Erwachsenenalter erreicht, ist es 1,47-fach erhöht. Wird es nicht erreicht, ist es 4,14-fach erhöht. Das Diabetesrisiko durch Übergewicht steigt offenbar erst ab der Pubertät an. (5)N Engl J Med 2018; 378:1302-1312 DOI: 10.1056/NEJMoa1713231
Gewichtsabnahme: ungewollt, aber erklärbar
Ungewollt, aber erklärbar, ist eine Gewichtsabnahme durch folgende Ursachen:
Organische Krankheiten
- Gewichtsabnahme bei Appetitlosigkeit als Zeichen einer Krankheit, insbesondere bei
- Tumor/Krebs (bis hin zur Tumorkachexie),
- Schluckstörung (z. B. beim Oropharynxkarzinom, bei einem großen Zenker Divertikel oder bei einer Ösophagusstenose),
- chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis),
- Angst vor Nahrungsaufnahme bei starken Bauchschmerzen nach Mahlzeiten (z. B. bei einer Nahrungsmittelunverträglichkeit),
- Darmkrankheit mit Verdauungs- und Resorptionsstörung (Maldigestion und Malabsorption): z. B. bedingt durch
- eine Dünndarmkrankheit, z. B. Sprue, Morbus Whipple, Kurzdarmsyndrom,
- Erkrankung der Bauchspeicheldrüse mit Verdauungsinsuffizienz (Pankreasinsuffizienz, z. B. nach Pankreasresektion oder bei chronischer Pankreatitis).
Begleitende Gewichtsabnahme bei einer psychischen oder sozialen Störung
- im Rahmen einer Depression,
- bei Abhängigkeitserkrankungen, z. B. Alkoholabusus, Drogen (mit Unterdrückung des Hungergefühls, z. B. durch Amphetamine); dabei soziale Störung und oft Selbstvernachlässigung.
- bei Abnahme des zentral gesteuerten physiologischen Hungergefühls, z. B. im Alter.
Ausschwemmung eingelagerter Körperflüssigkeit (Ödeme, Aszites), z. B. bei
- Leberzirrhose,
- Herzinsuffizienz,
- Eiweißmangel: nephrotisches Syndrom, starke Unterernährung, Eiweiß-verlierende Enteropathie oder Dünndarmkrankheit (wie Coeliakie).
Gewichtsabnahme: ungewollt und nicht erklärbar
Wenn eine Gewichtsabnahme ungewollt ist und nicht durch eine bekannte Erkrankung erklärt werden kann, sollte an eine Resorptionsstörung im Darm, eine konsumierende Erkrankung, einen verborgenen Tumor und eine larvierte Depression gedacht werden. Folgende Untersuchungen und Überlegungen können die Ursache klären:
- Magendarmkanal: Endoskopie, Gewebeproben inkl. Biopsie der Dünndarmschleimhaut, MR-Sellink,
- Verdauungsdüsen (Pankreaserkrankung, Lebererkrankung): Sonographie, Computertomographie (CT),
- konsumierende Erkrankung
- psychische / psychiatrische Gründe: Depression?
Therapeutische Gewichtsabnahme
Eine Gewichtsabnahme bei erhöhtem BMI hat das Ziel einer Reduktion von gesundheitlichen Risikofaktoren (z. B. Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes mellitus, Hypertonie, degenerative Wirbelsäulen- und Gelenkveränderungen, Refluxkrankheit). Folgende Maßnahmen können zielführend sein:
- Reduktionskost (z. B. Anleitung und Kontrolle durch Weight Watchers, siehe dazu unter Ernährung bei Adipositas) plus erhöhte körperliche Bewegung,
- medizinische Maßnahmen durch
- Medikamente (z. B. Hemmer der Fettverdauung wie Orlistat, Appetitzügler wie das früher zugelassene Sibutramin), Flohsamenschalen, Liraglutid,
- Magenballon,
- operative Methoden (Fettabsaugung, Resektion von Fettschürzen, bariatrische Chirurgie).
Neue Entwicklung: Der Mediatorstoff Interleukin 27 (IL-27) schützt im Tiermodell vor Fettsucht und reduziert die bei Adipositas mangelhafte Wirksamkeit von Insulin (Insulinresistenz). Auch Menschen mit starkem Übergewicht haben einen niedrigen IL-27-Spiegel. Er steigt nach einer gewichtsreduzierenden (bariatrischen) Magenoperation wieder an. So wird vermutet, dass Il-27 ein neuer therapeutischen Ansatz sein könnte. Es fördert die Umwandlung von Energie in Wärme (Thermogenese); der Körper verbrennt vermehrt Fett. Das passiert in einem speziellen Fettgewebe des Körpers, dem braunen und beigen Fett. (6)Nature. 2021 Nov 24. DOI: 10.1038/s41586-021-04127-5. Epub ahead of print. PMID: 34819664.
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Verweise
Literatur