Fettstoffwechselstörung

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Eine Fettstoffwechselstörung ist eine Störung im Fetthaushalt des Körpers, ablesbar an einer gestörten Zusammensetzung der Blutfette und einer veränderten Zusammensetzung der Blutfette (Dyslipidämie). Wenn von einer Fettstoffwechselstörung die Rede ist, ist meist jedoch eine Erhöhung der Blutfette (Hyperlipidämie) mit erhöhten Konzentrationen von Cholesterin und Neutralfetten (Triglyceriden) gemeint. Sie geht häufig mit Übergewicht und Adipositas  einher und ist mit einem erhöhten Risiko für Herzkreislaufkrankheiten (arteriosklerotisch bedingte kardiovaskuläre Ereignisse: Herzinfarkt und Schlaganfall) verbunden.

→ Zu Blutfetten siehe hier.
→ Zu Hyperlipidämie siehe hier.

Ursachen

  • Genetik: Fettstoffwechselstörungen können erworben oder genetisch bedingt sein. Die erworbene, sekundäre Form lässt sich auf ungesunde Ernährung und mangelnde körperliche Bewegung zurückführen.
  • Diabetes: Eine besondere Bedeutung kommt dem Diabetes mellitus zu, der beim Typ II zwar eine genetische Grundlage hat, aber durch ungesunde Ernährung vorzeitig manifest wird.
  • Medikamente: Fettstoffwechselstörungen können Folge unerwünschte Effekte von Medikamenten sein (Beispiele Betablocker und Retinoide).
  • Kaffee: Kaffee enthält Diterpene, die den Cholesterinspiegel im Blut etwas erhöhen können. Skandinavischer Aufguss ist in dieser Beziehung riskant, wohingegen Papierfilter die aktiven Inhaltsstoffe weitgehend zurückhalten (siehe hier).
  • Kohlenhydratreiche Ernährung: Eine kohlenhydratreiche Ernährung kann Ursache erhöhter Triglyceride im Blut (Hypertriglyceridämie) sein.

Adipokine

Adipokine sind Fettgewebshormone. Unter ihnen haben Leptin und Adiponectin eine besondere Bedeutung.

  • Leptin informiert das Gehirn über den Ernährungszustand des Körpers und senkt das Hungergefühl. Bei sehr übergewichtigen Menschen entwickelt sich eine Leptinresistenz, so dass die Rückkopplung vermindert ist. Auch wurden “loss of function”-Mutationen von Leptin und des Leptinrezeptors gefunden, die die Rückkopplung stören.  Die resultierende Hyperphagie (“Fresssucht” bei Versuchstieren) ist assoziiert mit erhöhten Blutfetten. (1)Curr Diabetes Rev. 2014 Mar;10(2):131-45. doi: 10.2174/1573399810666140508121012. Umgekehrt ist ein erhöhter Leptinspiegel im Blut mit niedrigeren Blutfetten assoziiert. (2)BMJ Open. 2019 Nov 7;9(11):e026860. DOI: 10.1136/bmjopen-2018-026860
  • Adiponectin ist ein Fettgewebshormon, welches den Fettsäureabbau in der Leber und die Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse stimuliert und die Glukoneogenese in der Leber unterdrückt und antioxidativ wirkt. Genetische Defekte von Adiponectin (geprüft 3 Polymorphismen) sind nicht mit erhöhten Blutfetten und einem erhöhten Arterioskleroserisiko korreliert. (3)Clin Endocrinol (Oxf). 2011 Feb;74(2):214-22. doi: 10.1111/j.1365-2265.2010.03902.x. Vielmehr wird es als ein antiatherogener Faktor angesehen. Die Adiponectinrezeptoren finden sich in hoher Dichte in Herzmuskelzellen und in den Endothelzellen der Blutgefäße und spielen bei der Entstehung einer Arteriosklerose eine Rolle. Der Adiponectinspiegel ist bei Artreiosklerosepatienten deutlich erniedrigt. (4)Front Endocrinol (Lausanne). 2022 Apr 26;13:821028. DOI: 10.3389/fendo.2022.821028.

Das Hormonsystem: Basics

Metabolisches Syndrom

Erhöhter Bauchumfang: verdächtig auf das Vorliegen eines metabolischen Syndroms mit Fettstoffwechselstörung.

Beim metabolischen Syndrom werden erhöhte Fettwerte im Blut gefunden; eine Hyperlipidämie ist Bestandteil des metabolischen Syndroms. Bei ihm wie auch beim Diabetes Typ 2 sind die Stoffwechselstörungen in erster Linie Folge einer erhöhten peripheren Insulinresistenz. (5)Curr Cardiol Rep. 2006 Nov;8(6):427-32. doi: 10.1007/s11886-006-0100-4  (6)Diabetes Metab. 2003 Sep;29(4 Pt 2):6S19-27. doi: 10.1016/s1262-3636(03)72784-0  Auch eine Leptinresistenz kann eine verstärkende Rolle spielen. (7)Cytokine. 2019 Sep;121:154735. doi: 10.1016/j.cyto.2019.154735  (8)Curr Hypertens Rep. 2008 Apr;10(2):131-7. DOI: 10.1007/s11906-008-0025-y.  Zum metabolischen Syndrom siehe hier.

Adipositas

Adipositas, insbesondere ein erhöhter Bauchumfang, ist mit einer Hyper- und Dyslipidämie verbunden, und über sie mit einem erhöhten Risiko für eine nichtalkoholische Fettleberhepatitis (NASH) und einem erhöhten Arterioskleroserisiko. Das Fettgewebe ist eine Quelle für die Bildung des Hormons Leptin im Körper. Bei einer Fettsucht entsteht eine periphere Leptinresistenz. Gegenregulatorisch wird es vermehrt gebildet; der Leptinspiegel steigt. (9)Nutrients. 2013 May 10;5(5):1544-60. doi: 10.3390/nu5051544. PMID: 23666091

Ein wichtiger Grundstein für ein Übergewicht des Kindes wird durch eine falsche Ernährung der Mutter gelegt. Eine Überernährung schlägt sich in einer Veränderung der Genaktivitäten nieder, die epigenetisch an das werdende Kind weitergegeben wird.

Ein Syndrom einer angeborenen Adipositas mit Hyperlipidämie plus Herz-, Nieren- und Gehirnschaden ist das Alström-Syndrom mit schwerer peripherer Insulinresistenz. (10)Clin Dysmorphol. 2013 Jan;22(1):7-12. doi: 10.1097/MCD.0b013e32835b9017

→ Dazu siehe hier.

Arteriosklerose

Fettstoffwechselstörungen mit Hyperlipidämie sind starke Risikofaktoren für eine vorzeitige Arteriosklerose mit durch sie bedingten Konsequenzen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Durchblutungsstörungen der Beine (periphere arterielle Verschlusskrankheit, paVk) oder innerer Organe (Darmischämie; Ortner´sche Claudicatio intestinalis). Um das Arterioskleroserisiko zu minimieren, haben die Fachgesellschaften strenge Leitlinienvorgaben erarbeitet. Dazu siehe hier. (11)Leitlinien der DGK  (12)Leitlinie Sekundärprophylaxe Schlaganfall

Das Behandlungsziel bei sehr hohem Risiko einer koronaren Komplikation ist beispielsweise LDL-C von < 1,8 mmol/l (70 mg/dl) oder eine Senkung um mindestens 50 %, wenn der LDL-C-Ausgangswert zwischen 1,8 und 3,5 mmol/l (70 und 135 mg/dl) liegt. (13)DGK-Pocket Giudelines 2016

Diagnostik

Zur Einteilung der Fettstoffwechselstörungen wurde früher vielfach das Schema nach Fredrickson verwendet. Heute werden die Lipoptoteine einzeln bestimmt.

Für eine Abschätzung des kardiovaskulären Risikos ist die Bestimmung von Non-HDL-Cholesterin, Lipoprotein (a) und Apo-B besonders aussagekräftig. In der Praxis von Bedeutung werden am häufigsten Gesamtcholesterin (TC, totales Cholesterin), LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin und Triglyceride (TG) bestimmt. Die Bestimmung erfolgt in Nüchternblut.

Indikationen

Menschen mit engen Blutsverwandten, die ein metabolisches Syndrom oder Diabetes haben, sowie Frauen mit übergewichtigen Kindern bei der Geburt sollten hinsichtlich Blutfetten und einer gestörten Glukosetoleranz untersucht werden.

Eine genetische Testung ist angebracht, wenn eine Hypertriglyceridämie nicht ausreichend auf Medikamente reagiert und mehrere Familienmitglieder betroffen sind. Ist dies schon bei einem Kind der Fall, kann es sich beispielsweise um eine (sehr seltene) genetisch bedingte Lipoproteinlipase-Defizienz handeln. Sie kann durch Genanalyse diagnostiziert werden, und bedarf einer intensiven Therapie (siehe unter Hypertriglyceridämie).

Bei Nieren-, Pankreas- und Leberkrankheiten können Fettstoffwechselstörungen auftreten, sodass deren Überwachung eine gelegentliche Überprüfung der Blutfettwerte beinhaltet.

Therapie

Die Behandlung richtet sich nach den Ursachen und dem Typ der Hyperlipidämie.

  • Zur Reduktion des LDL-Cholesterins (und Erhöhung von HDL) kommen Fibrate (wie Bezafibrat, Fenofibrat oder Gemfibrozil), Statine (wie Simvastatin) und Cholesterin-Resorptionshemmer (wie Ezetimib) infrage.
  • Zur Senkung der Triglyceride und Erhöhung des HDL kommen Fibrate (wie Bezafibrat) und Nikotinsäure (Niacin) in Frage.
    • Zur Senkung der Triglyceride sollte der diätetische Beitrag einer vermehrten Kohlenhydratzufuhr eruiert werden; ggf. ist eine Senkung ihres Anteils erforderlich (Diätberatung).
    • Bei einer extrem seltenen familiären Form der Hypertriglyceridämie, die auf herkömmliche Therapiemaßnahmen nicht ausreichend reagiert, kann ein genetischer Lipoproteinlipase-Mangel vorliegen. Bei ihm kommt prinzipiell eine Gentherapie in Betracht. Dazu wurde Alipogene tiparvovec (Glybera®) entwickelt. Es ist allerdings extrem teuer (“million dollar drug”) und inzwischen zurückgezogen worden (siehe hier).

Fettsenker


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Verweise

Patienteninfos

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