Rauchen

Rauchen gehört mit Alkohol und Drogen zu den Hauptursachen von Erkrankungen, die einen chronischen Verlauf nehmen und vorzeitig zum Tode führen. Es ist weltweit die häufigste vermeidbare Todesursache.

Rauchen aufhören
Gesundheitsrisiken von Rauchen


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Allgemeines

Rauchen ist ein ungesunder Lebensstil und ein selbst-destruktives Verhalten und darüber hinaus eine gesundheitliche Gefahr, die über die individuellen Konsequenzen hinaus epigenetisch und durch Fruchtschädigung in die nächsten Generationen hineinreicht. (1)Chron Respir Dis. 2014 Nov;11(4):229-36. doi: 10.1177/1479972314546764

Die WHO stellt fest: Zigarettenrauchen ist weltweit die häufigste vermeidbare Todesursache und tötet jedes Jahr mehr als acht Millionen Menschen, also alle sechs Sekunden eine Person. Haupttodesursachen sind Krebs, Lungenerkrankungen und Soffwechselkrankheiten, die durch Inhaltsstoffe des Zigarettenqualms gefördert werden. (2)World Health Organization (2012) WHO Global Report: Mortality Attributable To Tobacco, World Health … Continue reading

Da Rauchen wohlig macht, für guten Stuhlgang sorgt und bei Nervosität beruhigt, fällt es meist außerordentlich schwer, mit dem Rauchen aufzuhören. Rauchen macht süchtig. Die Sucht förderndenden Bedingungen sind inzwischen weitgehend kekannt (s. u.). (3)Annu Rev Pharmacol Toxicol. 2009;49:57-71. doi: 10.1146/annurev.pharmtox.48.113006.094742.

Entwöhnungsprogramme bieten eine Chance, die Nikotinsucht in den Griff zu bekommen. Wegen der Rückfallgefahr bei psychischer wie körperlicher Abhängigkeit kann es sinnvoll sein, eine medikamentöse Unterstützungen (wie Vareniclin) einzubeziehen. (4)NIDA Res Monogr. 1995;150:92-109 (5)Nicotine Tob Res. 2011 Jun;13(6):401-11. DOI: 10.1093/ntr/ntr048

Da Rauchen in der Schwangerschaft das werdende Kind erheblich schädigen kann, sollte vor der Familienplanung aber spätestens mit Eintritt der Schwangerschaft mit dem Rauchen aufgehört werden!


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Inhaltsstoffe

Nach Inhaltation des Zigarettenqualms wird Nikotin zusammen mit den Rauchpartikeln in die Lunge transportiert, wo es aufgenommen und über den arteriellen Kreislauf im Körper verteilt wird.

Die Inhaltsstoffe des Qualms sind biologisch zum Teil hoch aktiv. Von besonderer Bedeutung sind Nikotin und Teerstoffe (Rauchkondensat), darunter krebserregende Substanzen wie Benzpyren, Phenole und Benzol. Zudem sind je nach Sorte Zusatzstoffe im Tabak enthalten, die ihn aromatisieren, die unangenehme Wirkungen dämpfen und in gewisser Weise die Bereitschaft zum Rauchen steigern (Zuckerstoffe, Kakao, Ammoniak etc.).

Nikotin und Nikotinrezeptoren

Nikotin gelangt nach Resorption in Bronchialsystem und Lungen über das Blut ins Gehirn und diffundiert dort ins Gehirngewebe. Dort bindet es an nikotinerge Acetylcholinrezeptoren (nAChRs). Diese existieren in verschiedenen Untertypen; am häufigsten kommen im Gehirn α4β2, α3β4 und α7 vor. (6)Annu Rev Pharmacol Toxicol. 2009;49:57-71. DOI: 10.1146/annurev.pharmtox.48.113006.094742.

In der Maus werden durch das Ausschalten des Gens der β2-Untereinheit die suchtartigen Verhaltenseffekte von Nikotin eliminiert. (7)Nature. 1998;391:173–177 Die α4-Untereinheit scheint die Nikotinempfindlichkeit zu bestimmen: Bei Mäusen führt eine Mutation zu einem Rezeptor, der überempfindlich auf die Wirkung von Nikotin reagiert. (8)Science. 2004;306:1029–1032 Die α3β4-Untereinheiten von nAChR vermittelt die kardiovaskuläre Wirkung des Nikatins. (9)Brain Res. 2001;892:138–146 Die α7Untereinheit ist an der schnellen synaptischen Übertragung beteiligt und spielt vermutlich eine Rolle beim Lernen. (10)Behav. Pharmacol. 1999;10:675–680.

Nikotin

Kohlenmonoxid

Je nach Sauerstoffverfügbarkeit in der Glimmregion kommt es zu einer mehr oder weniger ausgeprägten Bildung von Kohlenmonoxid (CO), das eine um das 300-fach höhere Bindung an das Hämoglobin der Erythrozyten aufweist als Sauerstoff. Inhaliertes Kohlenmonoxid verringert die Kapazität des Bluts für Sauerstofftransport erheblich.

Zigarettenqualm und Cytokine

Inhaltsstoffe des Zigarettenqualms stimulieren die Entzündungsbereitschaft des Körpers, was am erhöhten Spiegel von TNF-alpha und Interleukin-6 erkennbar ist (11)Neuropeptides. 1999 Oct;33(5):415-24; sie werden auch für die verringerte Nahrungsaufnahme bei Rauchern verantwortlich gemacht.

Zigarettenqualm und Feinstaub

Durch Inhalation von Zigarettenrauch gelangt viel Feinstaub in die Lungen und führt zu einer vermehrten Reinigungsaktivität mit Schleimproduktion. Er schädigt jedoch das Epithel der Atemwege, so dass die Fähigkeit zur Selbstreinigung leidet; es entwickelt sich eine chronische Bronchitis, meist mit “asthmoider” (spastischer) Komponente, die zum typischen Raucherhusten beiträgt. Die über das defekte Epithel in das Lungengewebe eingedrungenen Rauchpartikel werden von Fresszellen aufgenommen und persistieren dort über Jahre. Die Gefährdung der Lungen ist mit Beendigung des Rauchens damit nicht beendet.

Feinstaub.

Auswirkungen des Rauchens

Nikotin ist ein pharmakologisch hoch wirksamer Bestandteil des Tabakqualms.

Vegetative Symptome: Nikotin ruft durch Bindung an Rezeptoren des unterbewussten und des zentralen Nervensystems (cholinerge Rezeptoren) eine Reihe vegetativer Symptome hervor. Zu ihnen gehören:

Wenn diese Symptome ausgeprägt sind, handelt es sich um eine Intoxikation oder Nikotinvergiftung. Ein Teil der Wirkungen wird durch Ausschüttung von Adrenalin hervorgerufen.

Gewünschte Effekte des Rauchens: Zu den von manchen Rauchern gewünschten Effekten gehören

  • eine Unterdrückung des Appetits, was besonders von denjenigen hervorgehoben wird, die gerne abnehmen möchten, da sie bei Nikotinabstinenz eine Gewichtszunahme befürchten,
  • eine Erhöhung der Darmtätigkeit; daran kann sich der Darm so gewöhnen, dass der regelmäßige morgendliche Stuhlgang oft erst nach einer „Verdauungszigarette“ zustande kommt (betroffen sind vor allem Frauen unter Einfluss des Hormons Progesteron),
  • Steigerung der guten Laune, was eine Abstinenz schwierig macht, da sie oft mit einer anfänglich schlechten Laune erkauft werden muss.
  • Bei schizophrenen Menschen kommt möglicherweise hinzu, dass Nikotin die kognitiven Fähigkeiten des Gehirns verbessert (siehe hier).

Rauchen und Krebs

Rauchen ist das Glimmen von Tabak (in der Pfeife, als Zigarre oder Zigarette), wobei der dafür nötige Luftstrom durch Sog mit dem Mund hervorgerufen wird. Der Qualm der Glut mit seinen Sucht-hervorrufenden und toxischen Inhaltsstoffen gelangt dabei zunächst in den Mund und bei Inhalation auch in die Bronchien und Lungenbläschen (Alveolen). Der Tabaksott, der sich im Schleim des Mundes löst, erreicht – wie auch der Qualm – den Kehlkopf und, selbst wenn nicht inhaliert wird, durch Schluckakte auch die Speiseröhre, den Magen, den Dünndarm und den Dickdarm.

Die toxischen und krebserzeugenden Stoffe (Karzinogene) werden sowohl über die Lungen als auch durch den Magendarmkanal in den Körper aufgenommen und gelangen in alle Organe, so dass nicht nur Lungen und Darmkanal von den Wirkungen betroffen sind. Dies erklärt, warum Raucher nicht nur ein erhöhtes Krebsrisiko der Schleimhäute und Organe haben, die mit dem Rauch direkt in Berührung kommen (Zungenkrebs, Kehlkopfkrebs, Lungenkrebs) sondern auch ein erhöhtes Krebsrisiko anderer Organe, wie Brustkrebs, Magenkrebs oder Bauchspeicheldrüsenkrebs, aufweisen.

Rauchen und COPD

Rauchen ist eine wesentliche Ursache einer chronisch obstruktiven Lungenkrankheit (COPD). An ihrer Entstehung sind nach genetischen Untersuchungen Nikotinrezeptorvarianten und die Hochregulierung von Nikotinrezeptoren durch Nikotin beteiligt. Nikotin induziert durch die Hochregulierung des α7-Nikotinrezeptors eine Veränderung der Schleimhautzellen der Atemwege (Bronchialepithel). (12)Recent Pat Anticancer Drug Discov. 2019;14(1):39-52. doi: 10.2174/1574892814666190102122848

Suchtpotenzial

Ein anhaltender Genuss von Nikotin führt zu einer adaptiven Reduktion der Rezeptoren des Nervensystems, an die es bindet. Im Prinzip handelt es sich dann um Nikotinmissbrauch und wird als Nikotinabusus bezeichnet.

Nikotin bindet an nikotinische cholinerge Rezeptoren, erleichtert die Freisetzung von Neurotransmittern und vermittelt dadurch die komplexen Wirkungen von Nikotin bei Tabakkonsumenten. Die Freisetzung von Dopamin, Glutamat und Gamma-Aminobuttersäure ist besonders wichtig für die Entwicklung einer Nikotinabhängigkeit, und der Corticotropin-Releasing-Faktor scheint zum Nikotinentzug beizutragen. Nikotinabhängigkeit ist stark vererbbar. Genetische Studien weisen darauf hin, dass Nikotinrezeptor-Subtypen sowie Gene, die an Neuroplastizität und Lernen beteiligt sind, eine Rolle bei der Entwicklung einer Abhängigkeit spielen. Nikotin wird hauptsächlich durch CYP 2A6 metabolisiert, und die Variabilität der Metabolisierungsrate trägt zur Anfälligkeit für Tabakabhängigkeit, zum Ansprechen auf eine Raucherentwöhnungsbehandlung und zum Lungenkrebsrisiko b

Genetik und Biochemie der Sucht

Genomweite Assoziationsstudien (GWAS) weisen nach, dass mindestens 11 Gene in die Nikotinsucht involviert sind. (13)Curr Psychiatry Rep. 2018 Mar 5;20(2):8. DOI: 10.1007/s11920-018-0873-3.

Nikotin bewirkt eine Verringerung der Enzymaktivität der Monoaminoxidase B (MAO B). Es kommt zu einer verlängerten Wirkung von Dopamin und Serotonin und damit auch zu einer Anhebung der psychischen Befindlichkeit.

Diese Stoffwechselveränderungen sind wesentlich für die Entstehung der Nikotinsucht verantwortlich. Erst viele Tage (bis 3 Wochen) nach Beendigung des Rauchens ist die Zahl der Nikotinrezeptoren und damit die körperliche Voraussetzung für eine Abstinenz wieder hergestellt. Die psychische Abhängigkeit ist damit noch nicht beherrscht; dazu sind eingefahrene Verhaltensweisen umzutrainieren.

Entzugssymptome

Wird Nikotin abgesetzt, kommen vielfach Entzugssymptome auf, dazu gehören


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Krankheitsrisiken

Tabak ist ein Genussgift, das frei erhältlich ist und durch das mit ihm verbundene Gesundheitsrisiko einen erheblichen Schaden im Gesundheitswesen anrichtet. An der Erhöhung des Risikos für Erkrankungen sind neben Nikotin vor allem Karzinogene (s. o.) der Teerstoffe und der Feinstaub des Qualms beteiligt.

Krankheiten durch Rauchen

Folgende Krankheiten werden durch Rauchen gefördert:

  • Arteriosklerose und Krankheiten, die durch sie gefördert werden, wie
  • Thrombangitis obliterans (Winiwarter-Buerger-Syndrom),
  • Zwölffingerdarm- und Magengeschwür,
  • Chronisch obstruktive Lungenkrankheit,
  • Bauchspeicheldrüsenentzündung, besonders wird durch Rauchen das Risiko erhöht, erneute Schübe zu bekommen,
  • Krebs, Tumorleiden: beispielsweise
    • Lungenkrebs,
    • Bauchspeicheldrüsenkrebs,
    • Speiseröhrenkrebs,
    • Magenkrebs,
    • Darmkrebs (14)JAMA. 2008 Dec 17;300(23):2765-78 – speziell das Rektumkarzinom (Enddarmkrebs), (15)Int J Cancer. 2009 May 15;124(10):2406-15
    • Blasenkrebs,
    • Brustkrebs,
    • Prostatakrebs,
    • Kehlkopfkrebs.
  • In Verbindung mit Alkohol scheint das Risiko für gastrointestinale Tumore (Tumore im Magendarmtrakt) besonders erhöht zu sein. (16)Methods Mol Biol. 2009;472:217-41

Rauchen und Krebs

Rauchen erhöht das Krebsrisiko ganz allgemein (s. o.).

Mechanismen:Rauchen fördert eine Umwandlung von Oberflächenzellen (Epithelzellen z. B. der Darm- oder der Bronchialschleimhaut) in Zellen des Bindegewebes (Mesenchymzellen), was mit einer erhöhten Bereitschaft zu invasivem und metastatischem Wachstum (Bildung von Tochtergeschlülsten) einhergeht. Daran beteiligt sind

  • polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (hydrocarbons, PAH),
  • Stoffwechselabkömmlinge des Nikotins wie Nitrosamine und
  • reaktive Sauerstoffspezies (ROS). (17) 2016 Apr 11;5(4). pii: E44. doi: 10.3390/jcm5040044. (18)Toxicol Appl Pharmacol. 2015 Jan 1;282(1):9-19. doi: 10.1016/j.taap.2014.10.022.

Tabak-spezifische Karzinogene werden für eine Hypermethylierung von DNA, DNA-Addukte und DNA-Schäden verantwortlich gemacht, wie sie beim Blasenkrebs nachgewiesen wurden. (19) 2017 Oct;10(10):588-597. doi: 10.1158/1940-6207.CAPR-17-0198.

Rauchen in der Schwangerschaft

Das Krankheits- und Abhängigkeitsrisiko bei Rauchen in der Schwangerschaft ist für das Kind erhöht; möglicherweise kommen Schäden im Erbgut erst nach mehr als einer Generation zutage. Rauchen in der Schwangerschaft erhöht das kardiovaskuläre Risiko (siehe unter koronare Herzkrankheit) und das Risiko für ein metabolisches Syndrom beim Kind in seinem späteren Leben. (20)Endocrinology 2008 Dec;149(12):6289-99 Bis zu 30% der Raucherinnen hören in der Schwangerschaft nicht zu rauchen auf! Dazu siehe hier.

Shisha-Rauchen

Shisha-Rauchen (Wasserpfeifen-Rauchen) sollen nach Meinung vieler Raucher unbedenklich sein. Dies ist jedoch nach mehreren Untersuchungen nicht der Fall (siehe hier).

Raucherentwöhnung

Nach strikter Nikotin-Abstinenz erholt sich die Rezeptor-Ausstattung des Nervensystems meist innerhalb von 3-4 Wochen. Die psychische Abhängigkeit bleibt jedoch noch bestehen und muss weiter abtrainiert werden. Bahnungen im Gehirn, die das Verhalten bestimmen, sind offenbar sehr resistent und bedürfen einer langfristigen „Umprogrammierung“, bei der ein ausgeprägter Wunsch zur Abstinenz Voraussetzung ist [9]. Programme zur Raucherentwöhnung sollen dabei helfen. Entwöhnungsprogramme mit Wettbewerb und Belohnung helfen offenbar nur solange die Anreize gelten. (21)Cochrane Database Syst Rev. 2008 Jul 16;(3):CD004307 Der Wert von Hilfen, wie dem Nikotinpflaster, ist umstritten.

Da in vielen Fällen nicht nur Rauchen, sondern auch Alkoholkonsum und andere gesundheitsschädliche Verhaltensweisen das Gesamtrisiko für Krankheiten erhöhen, wird es das Ziel sein müssen, den gesamten Lebensstil zu überprüfen und zu ändern. (22)Pharm Res. 2008 Sep;25(9):2097-116

Neue Medikamente, die den nikotinischen Acetylcholin-Rezeptor blocken, scheinen den Erfolg bei der Raucherentwöhnung deutlich und anhaltend erhöhen zu können. Ein inzwischen zugelassenes Präparat ist Vareniclin (Champix ®). Die Suche nach weiteren geeigneten Medikamenten ist in den Vordergrund getreten. (23)Pharmacol Rev. 2020 Apr;72(2):527-557. DOI: 10.1124/pr.119.018028

Raucherentwöhnung.

Nichtraucherschutzgesetze

Zum Schutz von Nichtrauchern vor passivem Mitrauchen sind in den einzelnen Bundesländern der BRD Gesetze erlassen worden, die in ihrer Strenge jedoch unterschiedlich ausgefallen sind. Dennoch wirken sie sich bundesweit bezüglich der koronaren Herzkrankheit und ihren Folgen günstig aus (siehe hier).


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Verweise

 

 


Autor: Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (s. Impressum)


 

Literatur[+]