Die lymphozytäre Kolitis ist eine Sonderform einer Dickdarmentzündung (Kolitis), die nicht durch eine akute bakterielle oder virale Infektion zu erklären ist. Typisch ist eine Infiltration der Schleimhaut (Mukosa inklusive des Epithels) des Dickdarms mit Lymphozyten bei normalem endoskopischen Bild. Die Erkrankung wurde erst 1980 durch Read zum ersten Mal beschrieben 1 2 3.
→ Lymphozyten
→ Mikroskopische Kolitis
Häufigkeit
Die lymphozytäre Kolitis galt bisher als deutlich seltener als die Kollagenkolitis: bis 1995 waren nur 60 Fälle veröffentlicht worden. Inzwischen wurde festgestellt, dass sie etwa 3 x häufiger vorkommt. Frauen sind fast 3 x häufiger betroffen als Männer. Die mittlere jährliche Inzidenzrate soll 1,2 auf 100.000 Einwohner betragen 4.
In einer Zusammenstellung betrug das Verhältnis von Frauen zu Männern 2,4: 1; das Erkrankungsalter lag bei 59 (48 – 70) Jahren 5.
Entstehung
Ursache und Entstehung sind weitgehend unbekannt. Durch einen Auslöser kommt es in der Dickdarmschleimhaut zu einer Ansammlung von Lymphozyten (über 10 %), die sich als überwiegend CD8-Suppressorzellen erweisen. Autoimmune Mechanismen werden vermutet.
Ausgelöst wird die Erkrankung vermutlich häufig durch einen gastrointestinalen Infekt. Die Entstehung ist nicht völlig geklärt. Es wird vermutet, dass die Immunreaktionen fehlerhaft sind. Auch werden eine veränderte Darmflora und eine genetische Anfälligkeit für die Entstehung mitverantwortlich gemacht. Es bestehen Assoziationen zu anderen Erkrankungen mit Störungen im Immunsystem, wie der primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) und Autoimmunkrankheiten (s. u.) 6.
Die wässrige Diarrhö lässt sich auf eine mangelhafte NaCl- und Wasserresorption im Dickdarm zurückführen.
Klinik
Laut einer Zusammenstellung fanden sich folgende Charakteristika 5:
- Durchfall trat in 96 %,
- Bauchschmerzen in 47 % und
- Gewichtsverlust in 41 % auf.
Der Verlauf war
- bei 30 % chronisch intermittierend,
- bei 7 % chronisch stetig.
Zwischen einer lymphozytären und einer kollagenen Kolitis gibt es Überschneidungen. Die lymphozytären Kolitis kann aus einer Kollagenkolitis entstehen und umgekehrt. Häufig sind Autoimmunkrankheiten assoziiert (chronische Polyarthritis, Schilddrüsenerkrankung, Sprue, Sjögren-Syndrom); in 25 % sind ANA-Titer positiv 7.
Diagnostik
Auslöser für eine genauere Untersuchung ist i. d. R. die Angabe von Durchfällen seit mehr als 3 – 4 Wochen. Ein starker Hinweis auf eine organische Ursache ist nächtliches Aufwachen durch Stuhldrang, was bei nicht psychogen oder funktionell bedingtem Durchfall praktisch nicht vorkommt.
Ist der Sichtbefund bei der Darmspiegelung unauffällig, wird eine mikroskopische Kolitis wahrscheinlich, und es sollten dann Stufenbiopsien entnommen werden. In der mikroskopischen Untersuchung findet man bei einer lymphozytären Kolitis über 10 % Lymphozyten in der Schleimhaut. 8 2
Verlauf
Der Spontanverlauf ist gut. Innerhalb von 1 bis 3 Jahren kommt es häufig zu einer Normalisierung.
Therapie
Die Behandlung besteht in erster Linie im Absetzen von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR). Heilungsfördernd wirken Mesalazin, Prednisolon und Budesonid, manchmal auch Metronidazol oder Anti-TNF-alpha-Medikamente. 9
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Verweise
Referenzen
- Read NW et al. Gastroenterology 1980; 78: 264-271[↩]
- Hum Pathol. 2023 Feb;132:89-101. doi: 10.1016/j.humpath.2022.06.027[↩][↩]
- Gastroenterol Hepatol (N Y). 2017 Nov;13(11):671-677.[↩]
- Schwab d et al. Dtsch med Wschr 1998; 123: 1285-1291[↩]
- Gut. 2004 Apr;53(4):536-41.[↩][↩]
- Cureus. 2024 Dec 12;16(12):e75587. doi: 10.7759/cureus.75587[↩]
- Life (Basel). 2023 Feb 27;13(3):652. doi: 10.3390/life13030652[↩]
- Gastroenterol Hepatol (N Y). 2017 Nov; 13(11): 671–677. [↩]
- Gastroenterol Hepatol (N Y). 2017 Nov; 13(11): 671–677. [↩]