Die pseudomembranöse Kolitis (engl.: clostridium difficile infection, CDI) ist eine Entzündung des Dickdarms, die durch weißliche Auflagerungen der Schleimhaut gekennzeichnet ist und typischerweise nach längerer Antibiotikaeinnahme aufgrund einer Infektion mit dem pathogenen Keim Clostridoides difficile auftritt.
Inhaltsverzeichnis
Häufigkeit
Die pseudomembranöse Kolitis gehört zu den häufigsten Krankenhausinfektionen (nosokomiale Infektionen), die sich allerdings nicht durch verbesserte Hygienemaßnahmen verhindern lässt (siehe hier). Sie betrifft etwa 10-15% der durch Antibiotika bedingten Durchfälle.
Die Häufigkeit (Inzidenz) steigt weltweit an, bedingt durch eine zunehmende Verwendung von Antibiotika und durch Entwicklung von Resistenzen und wiederkehrenden (rekurrierenden) Infektionen. Speziell die Inzidenz und Sterberate (Mortalität) bei rekurrierenden CDI (rCDI, definiert als erneute CDI innerhalb von 8 Wochen) ist durch resistente Stämme bedingt. rCDI tritt in etwa 15-30% der CDI-Fälle auf, die ursprünglich auf Antibiotika angesprochen hatten. In den USA wurden 2011 um 453,000 CDI und 29,000 Todesfälle registriert. (1)N Engl J Med. 2015 Feb 26; 372(9):825-34.
Entstehung
Clostridium difficile, ein Gram-positiver, Sporen bildender Keim, ist verantwortlich für die Entstehung der pseudomembranösen Kolitis (siehe hier). Das Bakterium, das in Clostridioides difficile umbenannt wurde, besiedelt nach fekal-oraler Übertragung gelegentlich den Dickdarm auch von Gesunden. Aus welchen Gründen bei manchen Menschen eine Kolitis und bei anderen keine Entzündung hervorruft, ist weitgehend unbekannt. Ein wesentlicher Aspekt ist ein durch Antibiotika verändertes Mikrobiom im Darm. Nach heutiger Auffassung spielen primäre Gallensäuren, deren Konzentration durch die neu aufkommenden Keime ansteigen, eine krankheitsfördernde Rolle. Sie fördern eine Entzündung und eine Undichtigkeit der Schleimhaut, so dass Bakterien und Toxine eindringen können. (2)Aliment Pharmacol Ther. 2021 Sep;54(6):792-804. DOI: 10.1111/apt.16496.
Auslöser und Risikofaktoren
Als Auslöser einer CDI mit pseudomembranöser Kolitis werden insbesondere Zytostatika (insbesondere Paclitaxel), Antibiotika und Protonenpumpeninhibitoren (PPI) verantwortlich gemacht. (3)Curr Med Chem. 2016;23(39):4442-4449. doi: 10.2174/0929867323666161028162018. Unter den Antibiotika beobachtet man die Darminfektion vor allem bei Clindamycin, Fluochinolonen, Cephalosporinen und Amoxicillin-Kombinationen.
Als Risiken für die Entstehung einer CDI gelten frühere Krankenhausaufenthalte, Alter über 65 Jahre, eine chronisch entzündliche Darmkrankheit, Sondenernährung, Chemotherapie, Operationen im Magendarmbereich, eine Organtransplantation und Säureblocker. (4)Blood Res. 2019 Jun;54(2):120-124. doi: 10.5045/br.2019.54.2.120.
Symptomatik
Eine Darmbesiedlung mit Clostridioides difficile führt nicht immer zu Symptomen. Wenn es zu einer symptomatischen Dickdarmentzündung kommt, so kann sie in verschiedenen Schweregraden verlaufen und auch tödlich enden. Hauptsymptom ist eine Diarrhö. (5)Eur J Clin Microbiol Infect Dis. 2019 Jul;38(7):1211-1221. doi: 10.1007/s10096-019-03539-6. Epub … Continue reading
Diagnostik
Das Symptom Durchfall und eine Vorgeschichte mit den o. g. Risiken führen zu einem Diagnoseverdacht. Die Diagnose beruht auf dem typischen endoskopischen Bild. Im Stuhl lässt sich C. difficile sowie sein Toxin nachweisen.
Therapie
Antibiotika: Meist besteht ein gutes Ansprechen auf Metronidazol; Vancomycin gilt als Reservemedikation. Neu: Wegen zunehmender Antibiotikaresistenz wird Fidaxomicin (Dificlir) inzwischen als Estlinientherapie empfohlen. Es ist wirksamer als Vancomycin. (6)Pharmacotherapy. 2022 Nov;42(11):810-827. DOI: 10.1002/phar.2734
Urso: Die Gallensäure Ursodesoxycholsäure (kurz UDCA oder Urso) drängt die primären Gallensäuren zurück und bessert die Entzündung. Sie hemmt zudem die Sporenauskeimung von C. difficile und kann als nichtantibiotische Behandlung in einer frühen Entzündungsphase infrage kommen. (7)Infect Immun. 2020 May 20;88(6):e00045-20. DOI: 10.1128/IAI.00045-20
Stuhltransplantation (fäkale Transplantation von Mikrobiota): Sie ist für Rezidive eine Option, aber bei Implantation über ein Endoskop aufwändig. Eine Applikation in Kapseln (SER-109) ist laut einer Studie prophylaktisch wirksam und verhindert in 88% ein Wiederaufflammen der Infektion. (8)N Engl J Med. 2022 Jan 20;386(3):220-229. DOI: 10.1056/NEJMoa2106516
Zur Vorbeugung sind vor allem zwei Maßnahmen wirksam: eine restriktive Antibiotikaverwendung und Probiotika.
Zu Therapie siehe hier.
Prophylaxe
Restriktive Antibiotikaverwendung
Beste Vorbeugung einer pseudomembranösen Kolitis ist eine restriktive Indikationsstellung für eine antibiotische Therapie.
- Virusinfektionen, z. B. grippale Infekte, sind per se keine Indikation für eine antibiotische Therapie.
- Auch akute Durchfälle werden in der Regel nicht gleich mit Antibiotika behandelt. Ausnahme kann die Reisediarrhö in tropischen Ländern sein. Eine Diarrhö mit einer Laufzeit über 3 Tage sollte vor Einleitung einer Antibiose abgeklärt werden.
Probiotika
Wenn zur Behandlung einer bakteriellen Infektion im Körper eine Antibiotikatherapie eingeleitet werden muss, so ist es insbesondere bei Kindern, abwehrgeschwächten und älteren Menschen sinnvoll, gleich von Beginn an eine Prophylaxe mit Probiotika durchzuführen. Für L casei, L bulgaricus und S thermophilus wurde Wirksamkeit nachgewiesen (9)BMJ. 2007 Jul 14;335(7610):80, ebenso für Bifidobakterien, Laktobazillen und Saccharomyces boulardii (10)Z Gastroenterol. 2006 Feb;44(2):193-204 (11)Health Technol Assess. 2013 Dec;17(57):1-140.
- Eine Studie an älteren Menschen, die im Krankenhaus Antibiotika erhalten mussten, zeigt eine prophylaktische Wirksamkeit einer Hochdosis-Zubereitung von Laktobazillen und Bifidobakterien bezüglich Antibiotika-assoziierter Diarrhö und Clostridium-difficile-Infektionen des Darms. (12)Health Technol Assess. 2013 Dec;17(57):1-140. doi: 10.3310/hta17570
- Eine Studie an Kindern weist die Wirksamkeit von probiotischem Jogurt (mit Lactobacillus rhamnosus GG (LGG), Bifidobacterium lactis (Bb-12) und Lactobacillus acidophilus (La-5)) nach. (13)BMJ Open. 2015; 5(1): e006474. doi: 10.1136/bmjopen-2014-006474
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Verweise
- Antibiotika assoziierte Diarrhö
- Clostridioides difficile
- Diarrhö
- Antibiotika
- Probiotika
- Koloskopie
- Der Dickdarm
Literatur