TIPSS-Indikationen sind streng zu stellen, da erwartbare Vorteile und Komplikationsrisiken abgewogen werden müssen.
Inhaltsverzeichnis
Indikationen
Ein transjugulärer intrahepatischer Stentshunt (TIPSS) entlastet die Pfortader und die Umhungskreiskläufe der Leber bei Pfortaderhochdruck. Die häufigsten Indikationen sind wiederholte Blutungen aus Ösophagusvarizen und ein therapierefraktärer Aszites. Zudem lassen sich eine Reihe weiterer Indikationen als erfolgversprechend belegen. (1)Clin Liver Dis. 2014 Nov;18(4):853-76. doi: 10.1016/j.cld.2014.07.006. Indikationen können folgende sein:
- Akute Varizenblutung, wenn durch endoskopische und medikamentöse Maßnahmen (Terlipressin, Somatostatin) keine Blutstillung erreicht werden kann.
- Prophylaxe einer Erstblutung aus Ösophagusvarizen, wenn die Standardtherapie Betablocker (z. B. Propranolol) und Nitrate unzureichend wirkt oder nicht vertragen wird.
- ISekundärprophylaxe von Ösophagusvarizenblutungen (nach Erstblutung): Bezüglich erneuter Blutungen von Ösophagusvarizen hat sich der transjuguläre Stentshunt als einer Kombinationstherapie (endoskopische Ligatur bzw. Sklerosierung plus Propranolol) als nicht unterlegen erwiesen. (2)Lancet. 1997 Apr 12;349(9058):1043-9. Ein Vergleich der Wirksamkeit verschiedener prophylaktischer Methoden ergab sogar eine Überlegenheit gegenüber den anderen Therapiemaßnahmen. (3)Oncotarget. 2017 May 24;8(34):57399-57408. doi: 10.18632/oncotarget.18143. eCollection 2017 Aug 22. Allerdings ist das Risiko einer hepatischen Enzephalopathie höher (40% vs. 20%). (4)Endoscopy. 2002 Sep;34(9):690-7.
- Therapierefraktärer Aszites: Erwiesener Nutzen in Fällen, in denen nach Paracentese Aszites rasch nachläuft (5)Ochs A. et al. NEJM 1995; 332: 1192-1197. Bei schlechter Leberfunktion kann alternativ die Anlage eines Denver Shunts (peritoneovenöser Shunt (PVS)) diskutiert werden.
- Budd-Chiari-Syndrom: Eine TIPSS-Anlage kann die akute portale und arterielle Kongestion der Leber und des Darms durch ein Budd-Chiari-Syndrom (Lebervenenthrombose) wirksam behandeln. (6)Aliment Pharmacol Ther. 2014 Apr;39(8):864-72. doi: 10.1111/apt.12668. Epub 2014 Feb 24. Selbst bei einer diffusen venösen Okklusion kann ein Stentshunt zur Pfortader die Sterberate deutlich senken. (7)Sci Rep. 2016 Nov 2;6:36380. doi: 10.1038/srep36380.
- Pfortaderthrombose: Die akute Pfortaderthrombose kann durch lokale Lysebehandlung und eine TIPSS-Anlage wirksam behandelt werden. Voraussetzung ist die Offenheit der zuführenden Mesenterialvenen, damit nach der Wiedereröffnung des Lumens ein genügender Blutfluss zustande kommen kann.
- Volumenhochdruck bei exzessiver Splenomegalie: Dies ist eine seltene Indikation, die in Fällen infrage kommt, in denen eine Splenektomie nicht diskutabel ist. Meist liegt eine gute Leberfunktion vor, sodass mit Komplikationen durch eine Stent–induzierte Leberinsuffizienz nicht gerechnet werden muss.
- Leberzirrhose mit hepatozellulärem Karzinom: Eine Stent-Anlage behindert nicht prinzipiell eine evtl. indizierte Embolisation eines HCC. (8)Aliment Pharmacol Ther. 2015 Jan;41(1):126-36. doi: 10.1111/apt.12994. Epub 2014 Oct 20
- Hepatorenales Syndrom: Laut einer Metaanalyse von 9 Studien profitiert ein hepatorenales Syndrom (HRS) kaum von einem TIPSS. Es besteht nur eine geringe Aussicht auf Lebensverlängerung. Das Einjahresüberleben lag bei einem Typ 2-HRS bei 64 % und beim Typ-1-HRS bei 47 %. Dagegen ist das Risiko einer hepatischen Enzepaholpathie mit fast 50 % deutlich erhöht. (9)Dig Liver Dis. 2018 Feb 5. pii: S1590-8658(18)30137-3. doi: 10.1016/j.dld.2018.01.123.
TIPSS-Indikationen: Argumente
Häufig ist eine Voraussetzung für eine TIPSS-Anlage, dass die endoskopische Therapie bei einer Ösophagusvarizenblutung versagt hat, um die Indikation für einen transjugulären Stent in Erwägung zu ziehen.
Bezüglich TIPSS-Indikationen werden folgende Überlegungen einbezogen:
- Beurteilung des Risikos einer Rezidivblutung ohne Stent in der Leber (abschätzbar durch endoskopische Beurteilung der Varizen: Grad 3 und 4, red spots, Fundusvarizen)
- Beurteilung des Risikos von Blutungskomplikationen wie Enzephalopathie, Leberinsuffizienz und Niereninsuffizienz (abschätzbar nach der Child-Pugh-Klassifikation)
- Beurteilung des Risikos einer hepatischen Enzephalopathie nach transjugulärem Stent (abschätzbar nach der Child-Pugh-Klassifikation)
- Beurteilung des Risikos einer Leberinsuffizienz unter TIPSS mit Ikterus und Abfall des Quickwerts (abschätzbar nach der Child-Pugh-Klassifizierung und nach der Erfahrung aus früheren Episoden)
Bei hohem Blutungsrisiko und zudem schlechter Verträglichkeit einer Blutung ist die Notwendigkeit einer sicheren Prophylaxe sehr hoch, aber das Risiko einer Komplikation ist bei dieser Patientengruppe ebenfalls erhöht. Dennoch kann sie von einer Stent-Anlage profitieren.
Möglicherweise profitieren Blutungspatienten mit erhöhter Ammoniumkonzentration eher von einer endoskopischen Therapie (Ligatur, Sklerosierung) und solche, die zusätzlich einen Aszites haben, eher von einer TIPSS-Anlage (10)Rössle, M. et al. Lancet 1997.
Kontraindikationen
Relative Kontraindikationen
Absolute Kontraindikationen
- Polyzystische Lebererkrankung
- Kavernöse Transformation bei Pfortaderthrombose
- hepatopulmonales Syndrom
Komplikationen bei der TIPSS-Anlage
TIPSS-Indikationen sind mit möglichen Komplikationen abzuwägen:
- Fehlpunktion der Vena jugularis (Hämatombildung, Punktion der Arteria carotis)
- Hämoperitoneum mit Transfusionspflichtigkeit
- Hämobilie (Blut in der Galle)
- Bilihämie (Galle im Blut)
- Arterioportale Fistel
- Hämolyse
- Sepsis
- Mortalität < 1 %
- Enzephalopathie bei Patienten über 60 Jahren 30 %, aber bei Patienten unter 60 Jahren nur 10 %, vorzugsweise bei Child-C-Patienten.
Mögliche Spätkomplikationen: Dislokation, Migration, Hämolyse, Sepsis.
Langzeitprognose
Blutungsfreiheit: In 85 % der Patienten mit einem transjugulären Stent in der Leber blieben über 1 Jahr Blutungsfreiheit bestehen!
TIPSS-Verschluss: Er tritt in etwa 30 % auf. Daher wird vielfach eine Prophylaxe mit niedermolekularem Heparin für 4 – 6 Wochen angeraten. Eine Revision des Stent-Durchmessers wird ab einem Druck von 17 – 20 cm H2O anzuraten sein: Bei Druckwerten unter 12 cm ist nicht mit einer Blutung zu rechnen, bei Werten ab 30 cm mit über 50 %. Eine Reduktion einer Stent-Thrombose lässt sich durch gecoverte Stents erreichen. Es wurde eine verlängerte Shunt-Offenheit festgestellt (Offenheit über 1-, 2- und 5-Jahre: 94,1 %, 91,7 % und 78,2 %) und eine Lebensverlängerung in der Gruppe gecoverter Stents beobachtet (HR 0,67). (11)Therap Adv Gastroenterol. 2017 Jan;10(1):32-41. doi: 10.1177/1756283X16671286.
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Verweise
- Transjugulärer intrahepatischer Stentshunt (TIPSS)
- Leberzirrhose; für Patienten: Leberzirrhose – einfach erklärt
- Portale Hypertension
Literatur