Pankreaskarzinom

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Pankreaskarzinom (engl.: pancreatic cancer) bedeutet Bauchspeicheldrüsenkrebs. Es ist wegen seiner relativen Häufigkeit, zu späten Diagnosestellung und schlechten Behandelbarkeit eines der problematischsten bösartigen Geschwulste des Körpers. Seine häufigste Form ist das im Ausführgangsystem wachsende „duktale“ Karzinom.

Das Wichtigste verständlich

Häufigkeit: Das Pankreaskarzinom (Bauchspeicheldrüsenkrebs) ist mit einer Neuerkrankungsrate von 18.738 (9.337 Frauen, 9.401 Männer) im Jahr 2022 der vierthäufigste Tumor. Er gehört mit einer annähernd ebenso hohen Sterberate zu den tödlichsten Tumoren überhaupt 1.

Der Erkrankungsgipfel liegt etwa bei 70 Jahren.

Ursache: Das Pankreaskarzinom ist typischerweise, aber nicht immer, Folge einer chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis). Ihre Hauptursache ist häufiger Alkoholgenuss. Förderlich ist aktives und passives Rauchen. Erbliche Faktoren scheinen in einigen Fällen eine Rolle zu spielen.

Symptome: Je nach Lage und Ausbreitung kann das Karzinom lange beschwerdefrei verlaufen, jedoch auch chronische und heftige Bauchschmerzen verursachen, insbesondere wenn das Sonnengeflecht (Plexus solaris) einbezogen ist. Sitzt der Krebs im „Pankreaskopf“, so kann er frühzeitig einen Gallestau mit Gelbsucht verursachen. Typisch ist ein Appetitmangel und eine ausgeprägte Gewichtsabnahme.

Diagnostik: Sie stützt sich auf bildgebende Verfahren, wie die Ultraschalluntersuchung und eine Computertomographie. Wenn an der Diagnose Zweifel bestehen, verschafft eine Gewebeprobe und mikroskopische Untersuchung des Punktats (Histologie) Klarheit. Insbesondere Menschen mit einer chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung sollten mit bildgebenden Verfahren überwacht werden. Der Tumormarker CA19-9 ist ein wichtiger Verlaufsparameter.

Behandlung: Die Möglichkeiten zur Behandlung sind wegen des meist fortgeschrittenen Stadiums bei der Erstdiagnose häufig beschränkt. Sie umfassen endoskopische und operative Eingriffe sowie medikamentöse Optionen. Die medikamentöse Therapie basiert häufig auf FOLFIRINOX bzw. nab-Paclitaxel und Gemcitabin. Eine Heilung ist wegen der meistens zu spät gestellten Diagnose nur sehr selten möglich. Das therapeutische Ziel ist in erster Linie eine Lebensverlängerung und Symptomlinderung. Der oft ausgeprägten Gewichtsabnahme kann durch Substitution von Pankreasenzymen entgegen gewirkt werden. Zur Therape siehe hier.

Prognose: Die relative 5-Jahresüberlebensrate beträgt (laut Krebsregister des RKI) nur etwa 11% 1.

Pankreaskarzinom in Bildern.
Chronische Pankreatitis

Zystadenokarzinom des Pankreas

Formen

Das Pankreaskarzinom lässt sich histologisch unterteilen in folgende Formen:

  • duktales Adenokarzinom (pankreatisches duktales Adenokarzinom, PDAC), mit > 80 % am häufigsten,
  • undifferenziertes Karzinom, etwa 4 %,
  • adenosquamöses Karzinom, etwa 3 %,
  • muzinöses, nicht zystisches Karzinom (Zystadenokarzinom), etwa 2 %,
  • Siegelringkarzinom, etwa 1 %,
  • Azinuszellkarzinom, etwa 1 %.

Lokalisation

Der Tumor findet sich in der Bauchspeicheldrüse ungleich verteilt:

  • 70 % Pankreaskopf: kann zu einem Verschlussikterus führen,
  • 20 % Corpus: kann durch Einbeziehung des Plexus solaris sehr schmerzhaft werden,
  • 10 % Schwanz: kann lange unentdeckt bleiben, auch Diabetes fördern.

Risikofaktoren

Als Risikofaktoren für den Tumor gelten:

Kaffee gehört nach neueren Untersuchungen nur zu den schwachen Risikofaktoren (RR 1,06). 2

Zu den genetischen Risikofaktoren gehören insbesondere folgende OnkogeneKRAS, CDKN2A, TP53 und SMAD4. Mutationen von KRAS und CDKN2A sind früh nachweisbar 3.

Häufigkeit, Verlauf

Das Pankreaskarzinom ist nach dem Kolon- und dem Magenkarzinom der dritthäufigste Krebs im Magendarmtrakt. und das 5.-/6.-häufigste Malignom insgesamt.

Die Neuerkrankungsrate in Deutschland lag 2009 für Männer und Frauen bei 7790 und 7840 pro Jahr; 2014 wurde mit 8500 und 8900 Neuerkrankungen gerechnet. Für 2018 fielen 3,8 % der gesamt gemeldeten Krebsfälle auf das Pankreaskarzinom, Männer und Frauen waren etwa gleich häufig betroffen (3,7 % und 3,9 %). (Angaben des Robert-Koch-Instituts).

Nur etwa 6% der Patienten mit Pankreaskarzinom überleben 5 Jahre. Weniger als 20% sind bei Diagnosestellung noch operabel. Die Prognose ist um so schlechter, je mehr Stroma und entzündliche fibroplastische Reaktion der Tumor produziert. 4 5

Entstehung

Entwicklung einer Metaplasie durch GRP78-Murtation: Der erste Schritt zur Krebsentstehung ist eine Umwandlung azinärer Pankreaszellen zu duktalen Zellen (acinar-to-ductal metaplasia, ADM). Der entscheidende Signalweg, der die Metaplasie auslöst, wird durch das stressinduzierbare GRP78 (78-kDa-glukosereguliertes Protein) unterdrückt. Wenn das GRP78 mutiert, kann es seine schützende Funktion verlieren. Die ADM wurde als ein Schlüsselmechanismus der Tumorinitiation des PDAC (pankreatisches duktales Adenokarzinom) identifiziert. 6 Diese Erkenntnis kann, so wird gehofft, zu neuen Markern und Therapien führen. 7 Krebsassoziierte Fibroblasten sowie die extrazelluläre Matrix gehören zur Krebs-Mikroumgebung und bilden immunsuppressive Barrieren. Über sie verhindern sie die Immunabwehr entarteter Zellen und tragen zur Tumorausbreitung und zur Therapieresistenz bei 8.

Bedeutung des Mikrobioms

Das Pankreaskarzinom ist mit eine ysbiose im Darm assoziiert. Die Ergebnisse einer Untersuchung zeigten eine erhöhte Häufigkeit von Firmicutes und Proteobacteria, während gesunde Personen höhere Anteile von Bacteroidota aufwiesen. 9 Eine andere Untersuchng zeigte, dass die Artenvielfalt von Mikroorganismen bei Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs anstieg, während die Diversität abnahm. Acinetobacter und Pseudomonas ließen sich vermehrt nachweisen. Die Expression des Tumormarkers CA242 war signifikant positiv mit der Häufigkeit von Acinetobacter korreliert. Die Autoren schließen: Acinetobacter ist eine Bakteriengattung, die im Gewebe von Bauchspeicheldrüsenkrebs stark exprimiert wird und die Krebsentstehung zu fördern scheint. Daraus können sich neue Therapieoptionen entwickeln. 10

Beim PDAC scheint die Besiedlung mit dem Hefepilz Malassezia an der Entstehung und am Fortschreiten des Krebses (über den Lektinweg) beteiligt zu sein. Möglicherweise werden hier neue therapeutische Möglichkeiten eröffnet. 11

Stadieneinteilung

Staging

  • TX Keine Beurteilbarkeit des Primärtumors
  • T1 Tumor aus das Pankreas beschränkt, max. Durchmesser 2 cm
  • T2 Tumor aus das Pankreas beschränkt, max. Durchmesser >2 cm
  • T3 Tumor überschreitet die Organgrenzen
  • T4 Tumorinfiltration von Nachbarorganen
  • NX Lymphknoten nicht beurteilbar
  • N0 keine regionären Lymphknoten befallen
  • N1 regionäre Lymphknoten befallen

Grading

  • GX keine Beurteilung des Differenzierungsgrades
  • G1 gut differenziert (<5 Mitosen)
  • G2 mäßig differenziert (6-10 Mitosen)
  • G3 wenig differenziert (>10 Mitosen)

Stadieneinteilung

  • Stadium I T1 N0 M0 T2 N0 M0
  • Stadium II T3 N0 M0
  • Stadium III T1-3 N1 M0
  • Stadium IV T3 N1 M1 T4 N0/1 M0 T1/2/3/4 N0/1 M1

Symptomatik und Klinik

Regelmäßig auftretende Frühsymptome fehlen. Folgende Symptome treten meist spät auf :

Das klinische Erscheinungsbild wird bestimmt durch die Lokalisation, die Invasivität und die Größe des Tumors.

  • Bei Lage im Pankreaskopf in der Nähe des Gallengangs kann frühzeitig ein obstruktiver schmerzloser Ikterus auftreten,
  • bei Lage im Corpus und starker Invasivität können durch Infiltration des Ganglion coeliacum starke Oberbauchschmerzen oder durch Obstruktion des Pankreasgangs eine distal sich ausbreitende Pankreatitis mit entsprechenden Beschwerden.

Prädisposition

Chronische Pankreatitis: Die Symptome bei einem Pankreaskarzinom heben sich von denen einer chronischen Pankreatitis kaum ab: Inappetenz (Appetitlosigkeit) und Gewichtsabnahme dominieren, je nach Lage des Krebses auch Schmerzen. Patienten mit lang dauernder chronischer Pankreatitis sollten daher regelmäßig durch bildgebende Verfahren und Kontrolle des CA19-9 auf die Entwicklung eines Pankreaskarzinoms untersucht werden.

Chronische Pankreatitis

Familiäre Karzinombelastung: Gehäufte Pankreaskarzinome in der Familie, das Peutz-Jeghers-Syndrom, das „familiäre atypische multiple Muttermal- und Melanom-Syndrom“ sowie das hereditäre Mamma- und Ovarialkarzinom sind Anlass, auch auf ein Pankreaskarzinom hin zu überwachen. 12 Ein Screening auf z. B. CDKN2A-, BRCA2- oder PRSS1-Mutation vermag solche Prädispositionen aufzudecken. Zu den prädisponierenden Onkogenen gehören auch KRAS, TP53 und SMAD4 13.

Diagnostik

Folgende Wege führen häufig zum Verdacht auf ein Pankreaskarzinom:

  • Der Verdacht auf ein Pankreaskarzinom kommt bei anhaltender Appetitlosigkeit und Gewichtsabnahme auf, besonders wenn eine chronische Pankreatitis bekannt ist.
  • Gelegentlich stößt man auf eine Raumforderung im Pankreaskopf, wenn die Ursache einer neu aufgetretenen Gelbsucht abgeklärt und eine Sonographie der Leber durchgeführt wird, bei der sich ein gestauter Gallengang bis zum Pankreas verfolgen lässt.
  • Ungeklärte Bauchschmerzen führen zu einer bildgebenden Diagnostik des Abdomens, bei der (in eher seltenen Fällen) ein Tumor im Pankreas gefunden wird.

Pankreaskarzinom in Bildern

Abdomensonographie

Die Abdomensonographie dient dem Nachweis einer Raumforderung im Pankreas und ggf. auch von Lymphknoten- und Lebermetastasen. Nachweis von Aszites.

→ Zur Sonographie und zur Sonographie der Leber.

Endosonographie und Feinnadelaspiration

Mit der Endosonographie gelingt oft auch der Nachweis kleiner Herde im Pankreas und von regionalen Lymphknoten. Die Methode ist für die Stadieneinteilung wichtig. Sie ist zur Erkennung von Frühformen möglicherweise sensitiver als andere bildgebende Verfahren.

Eine endoskopische Ultraschall-geführte Feinnadelaspiration führt zu zytologischem Material, das eine relativ hohe Aussagekraft bezüglich eines Pankreaskarzinoms besitzt und deshalb meist angeschlossen wird. Es ist jedoch zu beachten, dass in etwa 20% falsch negative Ergebnisse zu erwarten sind (s. u.).

Endosonographie.

Duplexsonographie

Nachweis einer Milzvenen- und Pfortaderthrombose
Duplexsonographie

Röntgen-Thorax

Nachweis eines Pleuraergusses und von Metastasen

Computertomographie

Nachweis einer Raumforderung im Pankreas und von Metastasen

Computertomographie

ERCP / MRCP

Nachweis von tumorbedingten Gangabbrüchen. Manchmal erkennt man mit diesen Methoden kleine Tumore, die sonst nicht nachweisbar sind. Die Techniken der ERCP können auch verwendet werden, um eine Verengung der Gallenwege durch das Pankreaskarzinom zu überbrücken.

ERCP 

Laborwerte

Der Tumormarker CA 19-9 (Sensitivität und Spezifität jeweils von etwa 80%) stützt die Diagnose, beweist sie aber nicht. Er dient der Verlaufskontrolle.

In einer retrospektiven Analyse von 111 Paienten mit duktalem Adenokarzinom (PDAC) hatten 29 ein normales CA 19-9 (< 37 U/mL). Von ihnen hatten etwa 52% erhöhte Werte von CEA und/oder CA 125. Die Überlebensrate nach 6 Monaten war höher für die CA 19-9-negative Gruppe (58,62 % vs. 47,56 %). 14

Neue Marker: Drei Marker, die frühzeitig im Urin nachweisbar sind (LYVE1, REG1B und TFF1), haben sich zusammen mit CA19-9 als Hinweisgeber auf die Entwicklung einer Pankreaskarzinoms mit hoher Voraussagekraft erwiesen (s. u.). Sie können bei der Entscheidung für eine Pankreasresektion noch vor Nachweis eines Tumors wertvoll sein. 15

Histologie

Gewebegewinnung durch Feinnadelpunktion (Ultraschall- oder CT-gesteuert). Die Tumore bestehen aus ungewöhnlich viel Stroma und weniger Tumorzellen. Die Zytologie ist daher in ca. 20 % falsch negativ.

Molekulargenetik

Molekulargenetische Untersuchung des Pankreassekrets auf Mutationen des Onkogens K-ras. Dies ist ein neuer Ansatz, der vielversprechend ist, da 70-80% der Pankreaskarzinome solche Mutationen aufweisen. Allerdings hat auch die chronische Pankreatitis in ca 40% solch eine Punktmutation. Zur Zeit wird an einer Diskriminierung gearbeitet 16.

Therapie

Die Behandlung des Adenokarzinoms der Bauchspeicheldrüse ist in der Regel nicht mehr kurativ möglich sondern hauptsächlich palliativ. Es wird angestrebt, das Wachstum zu verlangsamen und lebenswerte Zeit zu gewinnen. Neue Therapieoptionen haben für lokal begrenzte Tumore einen deutlichen Fortschritt gebracht.

→ Dazu siehe hier.


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Verweise

Referenzen

  1. Robert-Koch Institut: Krebsregister[][]
  2. Minerva Med. 2016 Aug;107(4):270-8.[]
  3. Lancet 2016, Volume 388, No. 10039, p73–85[]
  4. Clin Gastroenterol Hepatol. 2008 Oct; 6(10):1155-61[]
  5. Curr Opin Gastroenterol. 2013 Sep;29(5):537-43[]
  6. Proc Natl Acad Sci U S A. 2017 May 16;114(20):E4020-E4029. DOI: 10.1073/pnas.1616060114[]
  7. Cell Oncol (Dordr). 2022 Apr;45(2):201-225. DOI: 10.1007/s13402-022-00664-x.[]
  8. Cancer Lett. 2025 Feb 1;610:217350. doi: 10.1016/j.canlet.2024.217350[]
  9. Biomedicines. 2024 May 8;12(5):1040. doi: 10.3390/biomedicines12051040.[]
  10. BMC Cancer. 2024 Apr 15;24(1):478. doi: 10.1186/s12885-024-12202-z[]
  11. Curr Oncol. 2022 Dec 14;29(12):9833-9854[]
  12. Dtsch Arztebl 2002; 99: A2489-2495[]
  13. Lancet, Volume 388, No. 10039, p73–85, 2 July 2016 []
  14. World J Clin Oncol. 2022 Jul 24;13(7):630-640. DOI: 10.5306/wjco.v13.i7.630. []
  15. Int J Cancer. 2022 Sep 12. DOI: 10.1002/ijc.34287[]
  16. Watanabe H. Pancreas 1998; 17: 341-347[]