Kollagene Sprue

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Das Wichtigste verständlich

Die kollagene Sprue ist eine Erkrankung des Dünndarms, bei der endoskopisch die Schleimhaut normal aussieht, mikroskopisch jedoch eine Verbreiterung des subepithelialen Kollagenbandes und eine Abflachung der Zotten auffällt.

Die kollagene Sprue kommt seltener als die besser bekannte kollagene Kolitis vor. Zu den kollagenen Erkrankungen des Darmkanals gehört zudem die seltene kollagene Gastritis. Sie wird bei Kindern häufiger angetroffen. 1

Patienten mit kollagener Sprue zeigten ein schwerwiegenderes klinisches Erscheinungsbild als Patienten mit Zöliakie (einheimische Sprue) und alleiniger kollagener Kolitis.

Eine sofortige Behandlung mit Steroiden, einer glutenfreien Kost (häufige Assoziation mit einer Sprue) und ggf. einer vorübergehenden total-parenteralen Ernährung beherrscht die Symptomatik rasch und trägt zu einer insgesamt guten Prognose bei. 2

Zöliakie

Geschichtliches

Die kollagene Sprue wurde von Weinstein et al. 1970 bei einer Frau mit persistierenden Durchfällen beschrieben, deren Dünndarmbiopsie ein abgeflachtes Relief mit villöser Atrophie bot, sodass zunächst an eine einheimische Sprue (Coeliakie) gedacht wurde. Eine glutenfreie Diät jedoch versagte. Die genauere Untersuchung ergab ein hyalines subepitheliales Band, das Kollagen entsprach. 3

Entstehung

Die Ursache der kollagenen Sprue ist unbekannt. Eine Assoziation mit Autoimmunkrankheiten (wie der Coeliakie, einer Autoimmunenteropathie, einer Autoimmunthyreoiditis 4 oder einer Arthritis 5 ) macht eine Fehlregulation des Immunsystems wahrscheinlich. Es wird angenommen, dass sie durch Faktoren aus dem Darmlumen ausgelöst und unterhalten wird. 6

In einem Fall wurde von der Assoziation einer kollagenen Sprue mit einer NSAID-Therapie bei Arthritis berichtet, in einem anderen die mit einem Angiotensin-II-Inhibitor (s. u.). Medikamente können offenbar eine kollagene Sprue auslösen.

Histologisches Bild

Mikroskopisch erkennt man eine Verbreiterung des subepithelialen Kollagenbandes auf >10 µm, eine lymphozytäre Infiltration in der Umgebung und eine Abflachung oder einen Verlust der Dünndarmzotten. Dies bedingt eine Resorptionsstörung aller Nahrungsbestandteile (Panmalabsorption), was zum klinischen Bild multipler Mangelerscheinungen führt.

Klinisches Bild, Verlauf und Komplikationen

Bei den meisten Patienten liegt das Bild einer Sprue (Zöliakie) mit therapieresistenten Durchfälle vor, die mit einer Resorptionsstörung im Dünndarm einhergehen. Es kommt zu einer progredienten Malabsorption aller Nahrungsbestandteile, Vitamine und Spurenelemente mit Gewichtsabnahme. Unbehandelt kommt es in fortgeschrittenem Stadium zu Ödemen durch Eiweißmangel, zu Vitaminmangelzuständen und Elektrolytentgleisungen. Die Symptomatik ist oft ausgeprägter als die einer Zöliakie oder einer Kollagenkolitis. 7

Bei Kindern überwiegt ein Befall des Magens (pädiatrischer Typ), bei Erwachsenen kommen meistens Dünndarm und Dickdarm hinzu (Erwachsenentyp). 1

Besonderheiten:

  • Bei der kollagenen Sprue kann es zu einer spontanen Darmperforation kommen. 8
  • Die Kollagene Sprue ist mit der Entwicklung intestinaler Lymphome assoziiert. 9

Assoziation mit anderen Darmkrankheiten

In einigen Fällen können subepitheliale Kollagenablagerungen auch in anderen Darmabschnitten zu finden sein, beispielsweise als kollagene Gastritis oder kollagene Kolitis, auch finden sich Assoziationen zur Coeliakie. In einer Kasuistik von 12 Fällen (8 Männer, 4 Frauen), fanden sich bei 7 eine Assoziation mit einer Kollagenkolitis, bei 1 mit einer lymphozytären Kolitis, bei 1 mit einer lymphozytären Gastritis, bei 4 mit einer Coeliakie, bei 3 mit einer Kollagengastritis. 10

Diagnosestellung

Die Diagnose beruht auf dem klinischen Bild (Durchfälle, Gewichtsabnahme bei allgemeiner Malabsorption) und dem fehlenden Ansprechen auf eine glutenfreie Diät.

Histologie: Wenn sich histologisch in Dünndarmbiopsien, gewonnen bei einer Magenspiegelung (Gastoduodenoskopie), ein verbreitertes subepitheliales Kollagenband mit Entzündungszellen in der Umgebung und einer Abflachung der Villi findet, gilt die Diagnose als gesichert.

Abgrenzung zur Coeliakie: Bei der diagnostischen Abgrenzung gegenüber anderen chronischen Durchfallkrankheiten hilft gelegentlich die Bestimmung von HLA-DQ2 und HLA-DQ8. Diese Marker sprechen für eine Coeliakie. 11 Bei der kollagenen Sprue sind sie negativ. 12

Therapie

Die kollagene Sprue war früher nicht behandelbar, heute stehen verschiedene Optionen zur Verfügung. Die Behandlung sollte frühzeitig einsetzen, um die Folgen einer Malabsorption möglichst gering zu halten und auszugleichen, aber auch um eine Fibrosierung (Vernarbung) zu vermeiden. 13

  • Glutenfreie Kost plus Immunmodulation: Die häufige Assoziation mit einer Sprue lässt vermuten, dass gemeinsame pathogenetische Mechanismen wirken. Daher wurde in einer Studie an 30 Patienten (70 % Frauen) mit kollagener Sprue die Wirkung einer Kombinationstherapie von glutenfreier Diät mit einer immunsuppressiven Therapie mit Glukokortikoiden geprüft. Bei 24 Patienten (80 %) kam es zu einem klinischen Ansprechen, bei 9 Patienten zu einer histologischen Besserung und bei 5 zu einer kompletten Remission. 4 Der günstige Effekt einer Gluten-freien Diät und einer zusätzlichen immunmodulatorischen Therapie (wie z. B. Glukokortikoide, Azathioprin) wird auch in einer anderen Studie belegt. 14 Auch Budesonid scheint eine sehr gute Wirksamkeit zu entfalten. 15
  • TNF-alpha-Antikörper: In dem Fall einer therapierefraktären Diarrhö (Prednisolon + Azathioprin) wurde mit Infliximab (ein TNF-alpha-Antikörper) ein anhaltender Erfolg erzielt. 16
  • Absetzen von Medikamenten:
    • NSAID: Im Fall einer kollagenen Sprue, die möglicherweise im Zusammenhang mit der Einnahme eines NSAID stand, wurde durch glutenfreie Diät plus Absetzen des NSAID-Medikaments innerhalb eines halben Jahres eine vollständige Remission sowohl klinisch als auch histologisch erreicht. 5
    • Angiotensin-II-Blocker: Olmesartan, ein Angiotensin-II-Blocker, wird mit der Auslösung einer kollagenen Sprue in Zusammenhang gebracht; hier kam es nach einer 2-monatigen Therapiepause zu einer Remission mit völliger Wiederherstellung einer normalen Dünndarmhistologie. 17
  • Die Kombination von 6-Thioguanin und Budesonid hat in drei berichteten Fällen zu einer Besserung klinisch und histologisch geführt. 12
  • Methotrexat: In einer Kasuistik wurde bei einem 2 1/2 Jahre alten Mädchen mit neuer wässriger Diarrhö eine Kollagenkolitis festgestellt. Nach anfänglichem Ansprechen auf Prednisolon wurde ein Relaps wieder mit Prednisolon und anschließend mit i.m. Methotrexat über 15 Monate behandelt. Etwa neun Monate nach der Entwöhnung von Methotrexat trat ein neuerlicher Relaps ein. Die Diagnose Kollagenkolitis wurde bestätigt. 18
  • Absetzen von NSAID: Durch NSAIDs (nicht-steroidale Entzündungshemmer) kann offenbar eine kollagene Sprue ausgelöst werden. Es wurde von einem Fall berichtet, bei dem sie sich durch glutenfreie Kost plus Absetzen eines NSAID (zuvor angesetzt wegen einer Autoimmunpolyarthropathie) innerhalb von 6 Monaten klinisch und histologisch vollständig verschwand. 19

Verweise

Referenzen

  1. Transl Pediatr. 2021 Nov;10(11):3096-3103. doi: 10.21037/tp-21-342. PMID: 34976776[][]
  2. J Gastroenterol Hepatol. 2017 Jan;32(1):120-127. doi: 10.1111/jgh.13592.[]
  3. N Engl J Med. 1970 Dec 10;283(24):1297-301[]
  4. Clin Gastroenterol Hepatol. 2010 Apr;8(4):344-349[][]
  5. BMJ Case Rep. 2013 Aug 28;2013. pii: bcr2013200097[][]
  6. Ann Med. 2014 Aug;46(5):311-7[]
  7. 2017 Jan;32(1):120-127. doi: 10.1111/jgh.13592.[]
  8. World J Gastroenterol. 2009 Sep 21; 15(35):4446-8[]
  9. Can J Gastroenterol. 2004 May; 18(5):329-32[]
  10. Am J Surg Pathol. 2009 Oct;33(10):1440-9.[]
  11. Ann Intern Med. 2007 Sep 4;147(5):294-302.[]
  12. BMJ Open Gastroenterol. 2016 Jun 27;3(1):e000099. doi: 10.1136/bmjgast-2016-000099.[][]
  13. BMJ Case Rep. 2014 Mar 28;2014:bcr2014203721. DOI: 10.1136/bcr-2014-203721[]
  14. Mod Pathol. 2010 Jan;23(1):12-26[]
  15. Rev Esp Enferm Dig. 2013 Mar;105(3):171-4[]
  16. Z Gastroenterol. 2009 Jun;47(6):575-8[]
  17. World J Gastroenterol. 2013 Oct 28;19(40):6928-30[]
  18. Case Rep Pediatr. 2020 Feb 22;2020:1929581. DOI: 10.1155/2020/1929581[]
  19. BMJ Case Rep. 2013 Aug 28;2013:bcr2013200097. doi: 10.1136/bcr-2013-200097[]