Die Diagnostik des Diabetes mellitus betrifft die verschiedenen Stadien seiner Entwicklung:
- den Prädiabetes mit gestörter Glukosetoleranz,
- den manifesten Diabetes und
- Akutkomplikationen, wie Hypoglykämie, Zuckerschock (hypoglykämischer Schock), Hyperglykämie, Zuckerkoma (Koma diabeticum),
- die Folgeschäden mit dem diabetischen Spätsyndrom.
Zur Diagnostik gehört zudem die möglichen Ursachen, wie
- familiäre und genetische Belastung,
- Risikofaktoren des Lebensstils (inkl. der Ernährung),
- körperliche Erkrankungen, wie Bauchspeicheldrüsenkrankheiten (z. B.Pankreatitis), Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit), Cushing-Syndrom, Schwangerschaftsdiabetes.
Die Frühphase ist dadurch charakterisiert, dass
- bei normalem Blutzucker bereits zu hohe Insulinwerte gemessen werden können, d. h. eine normoglykämische Hyperinsulinämie nachweisbar ist. Dies ist Ausdruck einer sich entwickelnden peripheren Insulinresistenz.
Bereits eine beginnende periphere Insulinresistenz bedeutet ein erhöhtes Risiko für die Entstehung einer (essentiellen) Hypertonie und begünstigt eine Atherogenese (Bildung einer Arteriosklerose). Am einfachsten lässt sich eine Insulinresistenz frühzeitig durch einen Blutzuckerbelastungstest erkennen. Eine frühzeitige Erkennung ist erforderlich, um der Entwicklung eines Diabetes entgegenwirken zu können. (1)DDG Praxisempfehlungen, 2020
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Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste verständlich
Kurzgefasst |
Die Diagnostik einer Zuckerkrankheit stützt sich auf Laboruntersuchungen und einige Symptome. Die Diagnose basiert auf den folgenden Kriterien:
Für die Diagnose eines DM sind erforderlich
Ein Blutzuckerspiegel ≥200 mg/dl bei Vorhandensein von Symptomen eines Diabetes bestätigt die Diagnose. (2)Endocr Pract. 2022 Oct;28(10):923-1049. doi: 10.1016/j.eprac.2022.08.002 Die Diagnostik berücksichtigt die möglichen Ursachen und die Komplikationen und Folgekrankheiten. |
Erkennung eines manifesten Diabetes mellitus
Durch Messung des Blutzuckers wird eine Hyperglykämie und darüber der Diabetes mellitus erkannt. Es müssen die Richtlinien der WHO erfüllt sein (siehe Definition des Diabetes mellitus).
Erkennung einer diabetischen und prädiabetischen Stoffwechsellage
Die Zuckerkrankheit entwickelt sich langsam.
- Wenn der Blutzucker den Wert von 126 mg/dl morgens nüchtern überschreitet, liegt laut Definition eine manifeste Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) vor.
- Wenn der Nüchternblutzucker-Wert zwischen 110mg/dl und 125mg/dl liegen, besteht eine prädiabetische Stoffwechsellage (Prädiabetes).
- Wenn der Nüchternwert normal (bis 110 mg/dl) ist, aber der Verdacht auf eine frühe prädiabetische Stoffwechsellage besteht (z. B. bei familiärer Häufung von Diabetes oder eine ausgeprägten Adipositas), besteht eine Indikation für einen Blutzuckerbelastungstest (oraler Glukosetoleranztest). Er lässt eine Störung in der Glukoseregulation des Körpers (gestörte Glukosetoleranz) am einfachsten und sehr sensibel erkennen.
Bedeutung einer frühzeitigen Erkennung
Der Nüchternblutzucker alleine lässt nicht erkennen, ob bei gefährdeten Personen das Risiko für die Entwicklung einer Zuckerkrankheit erhöht ist. Trotz normaler Werte kann eine gestörte Glukosetoleranz vorliegen. Bei ihr können die nach Mahlzeiten auftretenden (postprandialen) Blutzuckerspitzen bereits zu Folgeschäden führen. So reicht nachweislich die Entstehung einer Arteriosklerose (Atherogenese) in der Phase der gestörten Glukosetoleranz zurück. Daher ist die Erkennung der Menschen, die trotz normalen gefährdet sind, wichtig.
Die postprandialen Glukosespitzen wie auch ein erhöhter 2-h-Glukosewert beim oralen Glukosetoleranztest (oGTT mit 75g Glukose) gelten heute (ebenso wie ein erhöhter Nüchternblutzucker) als ein unabhängiger Risikofaktor für Herzkreislaufkrankheiten (kardiovaskuläre Komplikationen) beim Typ-2-Diabetes. (3)DECODE-Studie: Lancet 1999; 354: 617-621
Eine gestörte Glukosetoleranz geht einer diabetischen Stoffwechsellage um viele (bis über 20!) Jahre voraus.
Nachweis einer gestörten Glukosetoleranz
Klinisch wird eine prädiabetische Stoffwechsellage durch eine gestörte Glukosetoleranz (“impaired glucose tolerance”, ITG) erkannt. Sie wird am einfachsten durch einen pathologischen oralen Glukosetoleranztest (oGTT) nachgewiesen. Der oGTT wird sinnvollerweise als Suchtest bei Patienten mit
- familiärer Belastung,
- Übergewicht (BMI > 25 kg/qm),
- essentieller Hypertonie,
- Frauen mit Gestationsdiabetes,
- Dyslipidämie (Fettstoffwechselstörung)
eingesetzt. Auch eine koronare Herzkrankheit sollte Anlass sein, den Glukosestoffwechsel zu überprüfen. (4)Diabetes Care. 2002 Apr;25(4):742-9. doi: 10.2337/diacare.25.4.742
Diagnostik von Komplikationen und Folgeschäden
Beim früh entdeckten Diabetes können Folgeschäden noch weitgehend vermieden werden. Zu den wichtigen Kontrolluntersuchungen gehören regelmäßige
- Untersuchungen des Urins auf Mikroalbuminurie; ist sie positiv, kann von einer beginnenden diabetischen Nephropathie ausgegangen werden.
- Untersuchungen des Augenhintergrunds auf eine diabetische Retinopathie,
- neurologische Untersuchungen auf eine diabetische Neuropathie,
- HbA1c-Bestimmungen
Auffällige Befunde sprechen für eine zwischenzeitlich nicht optimale Therapie, die daher überprüft und intensiviert werden sollte.
Akute Stoffwechselentgleisungen, wie ein hypoglykämischer Schock, ein diabetisches Koma oder ein ketoazidotisches Koma, werden durch Untersuchung des Blutzuckers, des Säurebasenhaushalts, der Elektrolyte und der Ketonkörper diagnostiziert.
Verweise
Fachinformationen
Diabetes-Kompendium
- Diabetes – Pathophysiologie
- Metabolisches Syndrom
- MODY
- Diabetes: Folgeschäden und Begleiterkrankungen
- Diabetes mellitus Diagnostik
- Diabetes mellitus Therapiegrundlagen
- Diabetes mellitus – Neues
Informationen für Patienten
- Diabetes – einfach erklärt
- Herzinfarkt – einfach erklärt
- Schlaganfall – einfach erklärt
- Bluthochdruck – einfach erklärt
- Grundlagen der Ernährung
- Ernährung bei Adipositas
Literatur