COX-1-Hemmer sind Medikamente, die therapeutisch als Thrombozytenaggregationshemmer eingesetzt werden und bei gefährdeten Personen der Vorbeugung von Herzinfarkt und Schlaganfall dienen. Sie hemmen die Cyclooxigenase-1 (COX-1), ein Enzym, das – wie auch COX-2 – in der Synthese der Prostaglandine und ihrer Abkömmlinge eine zentrale Rolle spielt.
Das Wichtigste
Kurzgefasst |
COX-1-Hemmer sind als Thrombozytenaggregationshemmer interessant geworden. Sie beugen bei Gefährdeten Herzinfarkt und Schlaganfällen vor.
Ihre Wirkung entfalten sie durch Hemmung von Cyclooxigenase 1 (COX 1), welches die Bildung von Prostaglandinen im Körper fördert (siehe hier). Medikamente, die als COX-1-Hemmer wirksam sind, sind beispielsweise Acetylsalicylsäure (Aspirin, ASS) und Rheumamittel (wie Ibuprofen). Die meisten von ihnen sind allerdings wenig selektiv und hemmen auch das verwandte Enzym COX 2, welches in etwas anderer Verteilung als COX 1 im Körper vorkommt und andere Funktionen ausübt (dazu siehe hier). Aspirin hemmt in niedriger Dosierung überwiegend die COX-1-Funktion in Thrombozyten, und ist der verbreitetste, jedoch nicht völlig selektiv wirkende COX-1-Inhibitor 1. Die Nebenwirkungen betreffen vor allem Magendarmsymptome, insbesondere Schleimhautdefekte und Blutungen im Magendarmkanal. Zur Vorbeugung von Magenblutungen werden bei gefährdeten Patienten H2-Blocker verwendet. Sie schützen jedoch nicht vor toxischen Schleimhautschäden des Darmkanals. Um Nebenwirkungen weiter zu minimieren, wird an hochselektiven COX-1-Hemmern geforscht. Sie sollen der Vorbeugung eines Herzinfarkts und Schlaganfalls dienen, ohne die Nebenwirkung einer zusätzlichen COX-2-Hemmung aufzuweisen. Zudem erwartet man sich positive Wirkungen selektiver COX-1-Hemmer bei Demenzerkrankungen, wie dem Morbus Parkinson oder Morbus Alzheimer, und bei der Behandlung von eines Gewichtsverlusts bei Tumorkrankheiten. Mehr dazu siehe unter Thrombozytenaggregationshemmer. |
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Grundlage der Wirkung
COX 1 katalysiert die Umwandlung von Arachidonsäure in ProstaglandinH2 (PgH2), aus dem weitere Prostaglandine (wie PgI2, PgE2, Thromboxan) gebildet werden. COX 1 ist in verschiedenen Geweben und Organen ständig aktiv, während COX-2 bei Entzündungsprozessen induziert wird.
Selektive COX-1-Hemmer vermindern die Prostacyclin-Produktion in Endothelzellen 2. Sie wirken durch Hemmung der Thrombozytenaggregation antithrombotisch ohne das Risiko von Magendarmblutungen zu erhöhen (Beispiel ASP6537, s. u.).
COX-1 wird eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung und Unterhaltung chronischer Entzündungsvorgänge im Gehirn, so insbesondere bei neurodegenerativen Erkrankungen (wie z. B. der Alzheimer-Demenz und dem Morbus Parkinson), zugeschrieben 3. Eine COX-1-Hemmung wirkt entsprechend neuroprotektiv. Sie verbessert im Tiermodell für Morbus Alzheimer die nachlassende Gedächtnisleistung (s.u. 4). Auch werden im Zebrafisch-Modell experimentell hervorgerufene zerebral bedingte Krämpfe durch COX-1-Hemmung signifikant unterdrückt (s.u. 5).
Substanzen
Die derzeit verwendeten COX-Hemmer mit Wirkung gegen COX-1 sind:
- ASS (irreversible Hemmung, lange Wirkung)
- Piroxicam, relativ selektiv 6, sehr lange Halbwertszeit um 2 Tage,
- nichtsteroidale antiinflammatorische Medikamente (NSAID) wie Ibuprofen, Indometacin oder Diclofenac (kompetitive Hemmung, kurze bis mittellange Wirkung).
ASS und NSAID hemmen unselektiv nicht nur COX 1 sondern zudem auch COX 2. Es werden Substanzen entwickelt, die COX 1 selektiv hemmen; ihre entzündungshemmenden und Magen schädigenden Eigenschaften fehlen oder sind sehr gering 7 8.
Wirkungen von COX-1-Hemmern
Hemmung der Thrombozytenaggregation: Von einem selektiven COX-1-Hemmer wird erwartet, dass er eine Thrombozytenaggregation verhindert (antithrombotischer Effekt) ohne das Risiko von Magengeschwüren zu erhöhen (fehlender ulzerogener Effekt). Dies ist besonders gewünscht zur Vorbeugung eines Herzinfarkts und Schlaganfalls. Niedrig dosiertes ASS ist der effektivste und selektivste COX-1-Hemmer, der aber immer noch ein relativ hohes Risiko einer Schleimhautschädigung im Magendarmkanal beinhaltet. Der neu entwickelte COX-1-Hemmer ASP6537 ist weit selektiver und erfüllt diese Anforderungen besser 9. Weitere Substanzen sind in Entwicklung 10.
Hemmung der Tumorprogression: Einige Tumore, wie das Ovarialkarzinom (Eierstockkrebs) exprimieren COX 1 besonders stark. Eine selektive COX-1-Hemmung scheint ein erfolgversprechender Ansatz für einer adjunktive Tumortherapie sein zu können 10.
Hemmung der Tumorkachexie: Im Mäusemodell wurde festgestellt, dass die Tumorkachexie durch COX-1-Wirkung vermittelt wird. Prostaglandin E2 (PgE2) spielt dabei eine bedeutende Rolle. Selektive COX-1-Hemmer, nicht aber COX-2-Hemmer, blockieren diesen unerwünschten Effekt 11.
Hemmung von Neuroinflammation: Einige chronisch progrediente Krankheiten des Gehirns, wie der Morbus Alzheimer oder der Morbus Parkinson, stehen im Zusammenhang mit eine diskreten Entzündung des Gehirns. Die mitverantwortliche COX 1 der Mikroglia kann durch COX-1-Hemmer günstig beeinflusst werden, was vermutlich auf die Dauer einen günstigen Einfluss auf den Verlauf dieser Erkrankungen hat 12 13. Im Mausmodell bewirken COX-1-Hemmer eine Verminderung der Ablagerung von ß-Amyloid und eine Verbesserung des Gedächtnisses 14. Klinische Studien dazu fehlen noch. Nach Tierexperimenten (hier am Zebrafisch) verringern COX-1-Hemmer das Risiko von Krampfanfällen bei Epilepsie 15.
Nebenwirkungen
Die meisten COX-1-Hemmer hemmen auch in gewissem Maße COX 2. Magendarmsymptome und Magenblutungen (durch eine hämorrhagische Gastritis, Magenerosionen oder Magengeschwüre) sind daher die Hauptnebenwirkungen.
Eine Hemmung von COX-1 führt zu einer Verminderung des Abbaus der Arachidonsäure zu Prostaglandinen. Arachidonsäure steht damit vermehrt für den Lipoxigenaseweg und die Bildung der entzündungsfördernden Leucotriene zur Verfügung. Über diesen Mechanismus können COX-1-Hemmer wie ASS zu Asthmaanfällen führen.
Über das Nebenwirkungsprofil selektiver COX-1-Hemmer ist noch wenig bekannt.
Verweise
Referenzen
- Curr Med Chem. 2010;17(32):3769-805[↩]
- FASEB J. 2009 Feb;23(2):605-12[↩]
- J Neurochem. 2010 Jul;114(1):247-58[↩]
- J Neurochem. 2013 Jan;124(1):59-68[↩]
- Front Neurol. 2016; 7: 200. Published online 2016 Nov 15. doi: 10.3389/fneur.2016.00200[↩]
- Brain Behav Immun. 2010 Mar; 24(3-4): 409–419[↩]
- Bioorg Med Chem. 2007 Jan 15;15(2):1014-21[↩]
- Bioorg Med Chem Lett. 2011 Jan 1;21(1):121-4[↩]
- Thromb Res. 2013 Mar 21. pii: S0049-3848(13)00092-3. doi: 10.1016/j.thromres.2013.03.005[↩]
- Med Res Rev. 2016 Jul;36(4):641-71[↩][↩]
- Brain Behav Immun. 2013 Mar;29:124-35[↩]
- Cell Cycle. 2011 Aug 1;10(15):2568-73[↩]
- J Mol Neurosci. 2011 Sep;45(1):10-21[↩]
- J Neurochem. 2013 Jan;124(1):59-68[↩]
- Barbalho PG et al. Front Neurol. 2016 Nov 15;7:200. eCollection 2016[↩]