Kachexie bedeutet extremes Untergewicht. Sie entwickelt sich bei Krebserkrankungen relativ häufig und wird in diesem Zusammenhang als Tumorkachexie bezeichnet. Gekennzeichnet ist die Tumorkachexie durch eine schwer beeinflussbare Inappetenz (Appetitlosigkeit) und eine Abnahme von Muskelmasse und Fett bei Hyperkatabolismus (erhöhtem Abbaustoffwechsel) 1.
Entstehung
Die Pathogenese der Tumorkachexie ist offenbar vielschichtig und noch nicht völlig geklärt 2.
Das IGF-1-System (Insulin-like-Growth Faktor) ist ein Beispiel, das in vielen Fällen eine wichtige Rolle zu spielen scheint; es ist deutlich herunterreguliert 3. Damit ist ein wesentlicher Wachstumsfaktor für die Körperzellen inklusive der Muskulatur stark reduziert.
Heute werden Tumor-assoziierte Entzündungsmediatoren, metabolische Mediatoren (Vermittlermoleküle) und Mediatoren, die das Gehirn beeinflussen, verantwortlich gemacht. Auch kann das Mikrobiom des Darms bei Tumoren ungünstig verändert sein. Für manche der Mediatoren gibt es vermutlich unterschiedliche Empfindlichkeiten, die genetisch, geschlechtsspezifisch oder altersbedingt erklärbar sind, was die individuell unterschiedliche Ausprägung einer Kachexie bei bestimmten Tumoren erklären kann 4.
Therapie
Ein beeinträchtigter Ernährungszustand ist bei unheilbaren Krebspatienten mit einer schlechten Lebensqualität verbunden 5.
Eine wirksame Therapie der Tumorkachexie basiert auf einer Kombination verschiedener Ansätze 6. Allerdings sind alle bisherigen Studien dazu noch wenig aussagekräftig, sodass qualitativ hochwertige Studien angemahnt werden 7. Einige Untersuchungs- und Studienergebnisse sind die folgenden:
- In Tierversuchen gibt es Hinweise auf eine positive Wirkung von Beta-2-Agonisten wie Formoterol, die in der Lage sind, die Proteinsynthese im Körper zu erhöhen, die Proteolyse im Muskel zu hemmen und zudem die erhöhte Apoptose von Muskelzellen zu verhindern 8.
- Es wird angenommen, dass die Hemmung der Ubiquitin Ligase Cbl-b (s. o.) zu einem neuen Therapieansatz bei der Tumorkachexie führen wird 9.
- Megestrol, ein Derivat von Progesteron, hat in Tierversuchen und beim Menschen mit Tumorkachexie zu einer deutlichen Erhöhung des Appetits und des Körpergewichts geführt 10.
- Eine Kombination von Megestrol oder 1-Medroxyprogesterone, oraler Supplementierung mit Eicosapentaensäure (EPA); L-Carnitin und Thalidomid zeigte in einer Studie bessere Ergebnisse als jede Einzelmaßnahme für sich 11.
- Beim metastasierenden Darmkrebs hat eine Mittelmeerdiät zur Verbesserung des Ernährungszustands, der Lebensqualität, der Entzündungsmarker und der Körperzusammensetzung geführt 12.
Noch ist unklar, ob eine Verbesserung der Ernährungssituation auch zu einer Verlängerung des Überlebens bei der Tumorbehandlung führt; allerdings wird dies vermutet.
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Verweise
Referenzen
- Int J Mol Sci. 2021 Aug 6;22(16):8491. doi: 10.3390/ijms22168491.[↩]
- Nat Metab. 2024 Dec;6(12):2222-2245. doi: 10.1038/s42255-024-01167-9[↩]
- Am J Physiol Regul Integr Comp Physiol. 2006 Sep;291(3):R674-83[↩]
- Cell. 2023 Apr 27;186(9):1824-1845. doi: 10.1016/j.cell.2023.03.028[↩]
- Support Care Cancer. 2020 Oct;28(10):4971-4978. doi: 10.1007/s00520-020-05339-7[↩]
- Ann Palliat Med. 2019 Jan;8(1):59-66. doi: 10.21037/apm.2018.08.05.[↩]
- Cochrane Database Syst Rev. 2025 Mar 25;3(3):CD015749. doi: 10.1002/14651858.CD015749.pub2[↩]
- Cancer Res. 2004 Sep 15;64(18):6725-31[↩]
- Mol Cell Biol. 2009 Sep;29(17):4798-811[↩]
- Cochrane Database Syst Rev. 2005 Apr 18;(2):CD004310[↩]
- Oncologist. 2010;15(2):200-11[↩]
- Integr Cancer Ther. 2023 Jan-Dec;22:15347354231195322. doi: 10.1177/15347354231195322[↩]