Lungenstauung

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Lungenstauung bedeutet, dass sich Blut in der Lunge anstaut, weil es nicht genügend in den linken Vorhof des Herzens abfließen kann.

Das Wichtigste verständlich


Kurzgefasst
Die Lungenstauung ist Folge einer unzureichenden Pumpfunktion der linken Herzkammer, also einer Linksherzinsuffizienz. Bei ihr staut sich das von der rechten Herzkammer unvermindert gepumpte Blut in den Lungen an, da es von der linken Herzkammer (dem linken Ventrikel) nicht ausreichend ab- und weitergepumpt wird (zur Anatomie siehe hier). Die Lungenstauung führt in den Lungenbläschen zu einer Flüssigkeitsausschwitzung in die Wandungen der Lungenbläschen (Alveolen) und in die Lungenbläschen selbst: Es entsteht ein Lungenödem. Im Röntgenbild erkennt man eine charakteristische diffuse Trübung des Lungengewebes.

Die eingeschränkte Durchblutung und die Flüssigkeitsausschwitzung führen zu einer Gasaustauschstörung: Sauerstoff kann nicht genügend aufgenommen und Kohlendioxid nicht genügend an die Atemluft abgegeben werden. Es entwickelt sich rasch eine lebensbedrohliche Situation. Durch die Blutstauung wird die Lunge anfällig für eine Entzündung, eine Stauungspneumonie, die den Gasaustausch weiter beeinträchtigt.

Der verminderte Gastaustausch in den Lungen fördert einen Sauerstoffmangel in der Herzmuskulatur und die Entwicklung einer Herzleistungsschwäche. Es kommt schließlich ein Teufelskreis zustande, bei dem sich die Lungenstauung rasch weiterentwickelt und das lebensbedrohliche Bild eines Lungenödems entsteht.

Klärung der Ursache: Als Ursache werden oft eine koronare Herzkrankheit, manchmal eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis) und gelegentlich ein Herzklappenfehler gefunden. Die wichtigsten Untersuchungsmethoden sind ein EKG, eine Echokardiographie, eine Röntgenuntersuchung oder eine Computertomographie und / oder ein Kardio-MRT.

Folgen einer Lungenstauung: Eine Linksherzinsuffizienz bedingt bereits eine verminderte Versorgung des Körpers mit Blut. Der Versorgungsmangel beeinträchtigt die Funktionsfähigkeit aller stoffwechselaktiver Organe im Körper, besonders das Herz selbst und das Gehirn.

Behandlung: Akut helfen Sauerstoffzufuhr über eine Nasensonde und eine Hochlagerung des Oberkörpers. Dies verbessert den Blutabfluss aus den oberen Lungenanteilen. Zudem werden wassertreibende Mittel (Diuretika) verabreicht, die eine vermehrte Flüssigkeitsausscheidung über die Nieren bewirken. Und es ist ein Schutz des Herzens vor Sympathikusstress erforderlich, der durch Betablocker und eine RAAS-Blockade bewirkt wird. Bei einem ausgeprägten Lungenödem mit brodelndem Atem kann auch ein unblutiger Aderlass (Separierung von Blut in herabhängenden Beinen, ggf. mit einer schwach aufgepumpten Manschette) helfen, die Situation zu überbrücken. Ansonsten muss die Ursache der Linksherzinsuffizienz berücksichtigt werden: Bei einer kritischen Koronarverengung kann eine notfallmäßige Katheterintervention indiziert sein, bei einer kritischen Verengung der Aortenklappe (Aortenstenose) oder Mitralklappe (Mitralstenose) ein Klappenersatz.

→ Zu Aufbau und Funktion des Herzens siehe hier.
→ Zu Aufbau und Funktion der Lungen siehe hier.
→ Zur akuten Atemnot siehe hier.
→ Zum Lungenödem siehe hier.

Definition

Als Lungenstauung wird die Stauung des Bluts in den Lungen bezeichnet. Eine Lungenstauung kann ein Herzasthma hervorrufen und durch Ausschwitzung von Flüssigkeit aus den Blutgefäßen ins Interstitium (Lungengewebe) in ein Lungenödem übergehen.

Entstehung

Lungenödem bei Herzinsuffizienz, Röntgenbild
Lungenödem bei erheblicher Herzinsuffizienz. Im Aortenbogen befindet sich eine Kalkspange (ausgeprägte verkalkende Arteriosklerose). Es ist davon auszugehen, dass auch in den Koronararterien eine Verkalkung vorliegt (Koronarsklerose) und zur Linksherzinsuffizienz beigetragen hat.

Bei der Linksherzinsuffizienz staut sich das Blut in den Lungen. Folge ist ein Flüssigkeitsaustritt aus den Kapillaren in das Interstitium und schließlich in die Alveolen hinein. Dies wird als Lungenödem bezeichnet. Die Lungenstauung hat einen verschlechterten Gasaustausch zur Folge. Eine Abnahme der Sauerstoffaufnahme in den Lungen hat im Circulus vitiosus (Teufelskreis) negative Rückwirkungen auf das Herz und verstärkt seine Insuffizienz und damit auch die Blutstauung in den Lungen.

Dem rechten Herzen bürdet der erhöhte Widerstand in den Lungen vermehrte Arbeit auf, es kommt in der Folge einer Lungenstauung zur Rechtsherzbelastung und schließlich zur Rechtsherzinsuffizienz.

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Klinik und Untersuchungsbefund

Symptome

Bei einer Lungenstauung kommt es zu einer bedrohlichen Atemnot (Dyspnoe) zunächst bei Belastung (Belastungsdyspnoe, oft verbunden mit asthmaartiger Luftnot, Herzasthma), dann in Ruhe (Ruhedyspnoe) und schließlich zu einer Luftnot, die zum Sitzen zwingt (Orthopnoe). Orthopnoe bedeutet akute Lebensgefahr.

Eine Lungenstauung erhöht das Risiko der Entwicklung einer Lungenentzündung (Stauungspneumonie), die mit Fieber, Husten und raschem Abfall des Befindens einhergeht.

Klinischer Untersuchungsbefund

Bei der Auskultation der Lungen findet man bei nur geringer Lungenstauung keine besonderen Auffälligkeiten. Wenn schon Flüssigkeit ins Gewebe und in die Alveolen übertritt, hört man feinblasige Rasselgeräusche über den basalen Abschnitten beider Lungen. Je mehr Flüssigkeit ausgeschwitzt wird, desto grobblasiger werden sie. Der Auskultationsbefund mit fein-, mittel- oder grobblasige Rasselgeräusche kann daher schon über die Ausprägung der Lungenstauung bzw. des Lungenödems Auskunft geben.

Bei zunehmender Linksherzinsuffizienz kommt eine Erschöpfung des Myokards mit forward-failure hinzu, was sich in einem niedrigen Blutdruck (Hypotonie) manifestiert. In dieser Phase kann als Zeichen der myokardialen Kraftlosigkeit ein präsystolischer Galopp (nur bei Sinusrhythmus) und/oder ein protodiastolischer Galopp hinzukommen (die Kombination aus beidem ist der Summationsgalopp).

Entstehung der Herzinsuffizienz

Bei der klinischen Untersuchung des Herzens ist auf eine mögliche Verbreiterung und Lateratilisierung des Herzspitzenstoßes zu achten. Kommen diese Zeichen zusammen, lässt sich der Lungenbefund bei der Auskultation leicht als kardiale Stauung interpretieren.

Ist der Auskultationsbefund nur einseitig, kommt differenzialdiagnostisch eine pulmonale „Anschoppung“ bzw. eine basale Pneumonie infrage. Eine Lungenstauung fördert die Entstehung einer solchen überlagernden Lungenentzündung; sie wird als Stauungspneumonie bezeichnet.

Bei ausgeprägter Lungenstauung bildet sich ein Lungenödem, welches klinisch durch rasselnde Atemgeräusche auffällt (siehe hier).

Bei der klinischen Untersuchung kann eine Halsveneneinflussstauung auffallen, die dann auftritt, wenn die Lungenstauung zu einer Überlastung des rechten Herzens führt (siehe hier).

Ultraschalluntersuchung

Der Befund einer Lungensonographie lässt relativ zuverlässig eine pulmonale Kongestion erkennen. Die Sensitivität und Spezifität liegen bei 46 % bzw. 95 %. Die Methode eignet sich als Bettside-Untersuchung bei Patienten mit Luftnot in einer Notaufnahme. Die Kombination mit einer Echokardiographie erhöht die Aussagekraft. 1

Im Zusammenhang mit einer ausgeprägten herzbedingten Lungenstauung kann es auch zu einer Rechtsherzüberlastung und einer Stauung von Blut in der Leber kommen. Sie kann sonographisch leicht erkannt werden und bietet einen zusätzlichen Hinweis zur Interpretation des Lungenbefundes. Zur Stauungsleber siehe hier.

Röntgenuntersuchung

Eine Lungenstauung ist im Röntgenbild der Lungen sowie im Computertomogramm gut durch eine Erweiterung der Lungenarterien erkennbar. Entwickelt sich ein Lungenödem, wird diffuse Trübung erkennbar, die zunächst im Bereich der Lungenhili beginnt und schließlich die gesamte Lunge betrifft.

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Ursachen

Folgende Ursachen können einer Lungenstauung zugrunde liegen:

Förderlich für die Entstehung einer Lungenstauung ist eine starke Blutarmut (Anämie), welche die Herzkraft schwächt.

Die vermehrte Flüssigkeitsausschwitzung in den Lungenbläschen (Alveolen) hat eine Störung des Gasaustauschs und eine Sauerstoffuntersättigung des Bluts zur Folge, welche die Herzkraft weiter schwächt.

Therapie

Die Behandlung zielt auf die Ursache der zugrunde liegenden Herzerkrankung, eine Herzentlastung, eine Herzstärkung und die Milderung der Symptome: Sauerstoffapplikation über eine Nasensonde, Herzschutz und Frequenzsenkung durch einen Betablocker, Flüssigkeitsausschwemmung (Schleifendiuretika) sowie ggf. eine Blutdrucksenkung.


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Verweise

Weiteres

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Referenzen

  1. Clin Cardiol. 2021 Nov;44(11):1488-1496.[]