Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste verständlich
Clostridioides difficile (früher Clostridium difficile) ist der Erreger einer Durchfallkrankheit, die im Krankenhaus oft als Folge einer Antibiotikabehandlung auftritt (häufigste nosokomiale Infektion). Als Erstlinientherapie wird Fidaxomycin empfohlen.
Ursache: Schlafende Bakterien (Sporen) können auskeimen, wenn der Körper ein geschwächtes Immunsystem (Abwehrsystem) hat. Auch Antibiotika sind in dieser Beziehung riskant, denn sie töten die nützlichen Bakterien des Darms ab, welche bei Gesunden die Krankheitserreger zurückdrängen. (Siehe auch hier.) Diagnostik: Die Krankheitskeime werden durch Untersuchung einer Stuhlprobe auf Krankheitserreger erkannt. Es können auch die von den Erregern gebildeten Giftstoffe (Toxine) bestimmt werden. Laboruntersuchungen weisen nach, ob die Durchfälle (Diarrhö) bereits zu einem Mangel an Elektrolyten geführt hat, und ob die Nieren und andere Organe noch ausreichend arbeiten. Und sie lassen erkennen, wie ausgeprägt die Entzündung ist und auf den Körper wirkt. EKG-Untersuchungen zeigen Auswirkungen von Elektrolytstörungen auf die Herzfunktion auf. Verlauf: Die Infektion kann ganz unterschiedlich verlaufen, von sehr leicht bis lebensbedrohlich. Meist treten lang dauernde Durchfälle auf. Bauchkrämpfe und Blähungen können sehr unangenehm sein. Der Flüssigkeits- und Elektrolytverlust kann zu weiteren Symptomen führen. Vorbeugung: Am besten so wenig Antibiotika wie möglich: nicht gleich bei jedem Virusinfekt Antibiotika einnehmen! Behandlung: Spezielle Antibiotika, wie Metronidazol und Vancomycin, sind bisher am wirksamsten gewesen. Die Keime werden jedoch zunehmend unempfindlich (resistent). Daher wird jetzt Fidaximicin bevorzugt. Mehr dazu s. u. |
Allgemeines
Clostridium difficile (jetzt: Clostridioides difficile, C.d.) ist ein Durchfallerreger. Es ist ein grampositives, stäbchenförmiges, anaerobes (ohne Sauerstoff auskommendes) Bakterium, das auch bei Gesunden im Dickdarm (Kolon) vorkommt, aber unter bestimmten Bedingungen virulent wird und eine Entzündung des Darms (Enteritis) auslöst.
Zu den Virulenz-fördernden Bedingungen gehört in erster Linie eine Abwehrschwäche der Darmschleimhaut, z. B. durch eine Krankheit oder infolge einer vorausgegangenen antibiotischen Therapie. C. difficile ist bei Weitem die häufigste Ursache für Antibiotika-assoziierten Durchfall. Eine C.d.-Infektion (CDI) ist inzwischen weltweit zu der häufigsten nosokomialen Infektion (in einem Krankenhaus oder Pflegeheim erworben) geworden. (1)World J Hepatol. 2021 Aug 27;13(8):926-938. DOI: 10.4254/wjh.v13.i8.926. PMID: 34552699; PMCID: … Continue reading
Entstehung einer Clostridien-bedingten Diarrhö
Die Sporen des Keims sind ubiquitär und übertragen sich besonders häufig in Krankenhäusern. Unter Bedingungen einer Abwehrschwäche sowie einer Dysbiose des Darms keinem sie bevorzugt aus. Verschiedene Virulenzfaktoren bestimmen neben unterschiedlich starker Immunabwehr die Heftigkeit der klinischen Symptomatik. (2)Front Microbiol. 2021 Dec 21;12:804949. DOI: 10.3389/fmicb.2021.804949. PMID: 34992590; PMCID: … Continue reading
Rolle von Gallensäuren: Eine besondere Rolle bei der Entstehung einer symptomatischen CDI spielen Gallensäuren: Primäre Gallensäuren fördern die Auskeimung von C. difficile aus ihren Sporen; die sekundären Gallensäuren hemmen dies. Da die sekundären Gallensäuren durch Darmbakterien aus primären gebildet werden, können Veränderungen in der bakteriellen Zusammensetzung der Darmflora (Mikrobiom) zu einer erhöhten Erkrankungsrate führen. (3)Anaerobe. 2017 Jun;45:86-100. DOI: 10.1016/j.anaerobe.2017.03.004. (4)PLoS Pathog. 2021 Oct 19;17(10):e1010015. DOI: 10.1371/journal.ppat.1010015.
Eine Infektion mit Clostridium difficile (C.d.) kommt besonders häufig in Krankenhäusern vor und gehört zu den wichtigsten nosokomialen (krankenhauserworbenen) Infektionen. Sie tritt meist nach einer Antibiotikabehandlung, einer zytostatischen Therapie oder bei allgemeiner Abwehrschwäche auf. Voraussetzung für die Pathogenität der Erreger sind die von ihnen gebildeten Toxine Enterotoxin A und Zytotoxin B. Toxin A bewirkt eine Mukosaschädigung durch Veränderung des Zytoskeletts der Schleimhautzellen und eine wässrige Sekretion. Toxin B ist ein 1000-fach potenteres Zytotoxin als Toxin A, aber nicht enterotoxisch. Es kommt zur Exsudation von Flüssigkeit und Fibrin und zur Chemotaxis von Leukozyten. (5)Nature. 2010 Oct 7;467(7316):711-3. DOI: 10.1038/nature09397. Epub 2010 Sep 15. PMID: 20844489.
Schweregrad: Die C.d.-Infektion (CDI) kann, je nach individuellen Bedingungen, harmlos oder schwerwiegend verlaufen und auch ein toxisches Megakolon hervorrufen. Die Immunantwort des Wirts, insbesondere über Plasmazellen, bestimmt die Ausprägung der Erkrankung. (6)Front Microbiol. 2021 Dec 21;12:804949. DOI: 10.3389/fmicb.2021.804949. PMID: 34992590; PMCID: … Continue reading
Mikro-RNA: Sie scheinen nach ersten Tierexperimenten in der Entstehung der CDI eine zentrale Rolle zu spielen und ein neues Therapieziel sein zu können. Die entzündungsfördernde Mikro-RNA miR-146b wurde im Dickdarm von Mäusen, die mit C. difficile infizierten worden waren, deutlich überexprimiert. Ein Computermodell, in dem eine Hochregulierung von miR-146b vorgenommen wurde, ergab (über Zwischenschritte, in denen PPARγ eine Rolle spielt) am Ende eine Hochregulierung des entzündungsfördenden IL-17. Eine Behandlung mit dem PPARγ-Agonisten Pioglitazon unterdrückte bei den Mäusen die proinflammatorische Genexpression und besserte die Kolitis. (7)PLoS One. 2012;7(10):e47525. doi: 10.1371/journal.pone.0047525
Risikofaktoren
Risikofaktoren für eine Infektion sind fortgeschrittenes Alter, enterale Ernährung, Rauchen, Alkoholmissbrauch, Antibiotika, Säurehemmer, Chemotherapie und Länge eines Krankenhausaufenthalts. Ein gehäuftes Auftreten wird in Pflegereinrichtungen und bei gehäuften Krankenhausaufenthalten beobachtet. Auch eine Leberzirrhose gehört zu den Risikofaktoren, insbesondere wenn Säurehemmer eingenommen werden.
Zu den Antibiotika, welche einen Risikofaktor darstellen, gehören Penicillin, Cephalosporine, Clindamycin und Fluoroquinolone. Sie bewirken eine Schädigung des normalen Mikrobioms des Darms, so dass Krankheitserreger, so auch C. d., überwuchern können. Inzwischen sind Keimstämme entstanden, welche hypervirulent geworden sind (z. B. NAP1/BI/027), wobei die Bildung eines Biofilms eine Rolle spielt. (8)World J Hepatol. 2021 Aug 27;13(8):926-938. DOI: 10.4254/wjh.v13.i8.926. PMID: 34552699; PMCID: … Continue reading (9)Aliment Pharmacol Ther. 2012 Nov; 36(9):866-74 (10)Clin Microbiol Infect. 2001 Aug;7(8):405-10. DOI: 10.1046/j.1198-743x.2001.00289.x. PMID: 11591202.
Symptomatik
Eine Clostridioides-Infektion führt zu einer Schleimhautentzündung des Dickdarms (Kolitis) unterschiedlicher Schweregrade; sie reichen von leicht bis fulminant. Im Vordergrund stehen wässrig-schleimige bis blutig-schleimige Durchfälle, in ausgeprägten Fällen ein allgemeines Krankheitsgefühl, Bauchkrämpfe und Fieber.
Die AAD (Antibiotika-assoziierte Diarrhö) tritt meist noch unter laufender Antibiotikatherapie auf, die PMC (pseudomembranöse Kolitis) oft erst nach ihrem absetzen im Abstand von 1-4 Wochen, wenn überlebende Sporen neu auskeimen.
Diagnostik
Anzucht aus der Stuhlprobe (nicht beweisend für eine Clostridium-difficile-assoziierte Diarrhö, heute daher obsolet).
Toxinnachweis in Stuhlprobe durch monoklonale Antikörper gegen die Toxine A und B (heute Goldstandard). Endoskopisch bei der AAD entzündlich gerötete Kolonschleimhaut, bei der PMC typische fibrinoide Plaques auf der entzündeten Kolonschleimhaut. Es werden zunehmend die verschieden virulenten Stämme über molekularbiologische Methoden unterschieden (PCR-Tests). (11)J Microbiol Methods. 2020 Aug;175:105974. DOI: 10.1016/j.mimet.2020.105974. Epub 2020 Jun 10. … Continue reading
Endoskopie: eine infektiöse Enterokolitis wird oft im Rahmen einer Dickdarmspiegelung (Koloskopie) entdeckt, die wegen rezidivierender und therapieresistenter Durchfälle durchgeführt wird. In diesen Fällen steht differenzialdiagnostisch eine chronische Durchfallkrankheit, beispielsweise im Rahmen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung, im Raum.
Diagnostische Mikro-RNA: Ein Nachweis von C. difficile über Mikro-RNA ist in Entwicklung . Größere Studien zur Aussagekraft fehlen noch (2024) (12)World J Gastroenterol. 2023 Jun 14;29(22):3385-3399..
Therapie und Vorbeugung
Folgende Maßnahmen führen meistens zu einem Sistieren (Stopp) der Durchfälle: (13)Eur J Clin Microbiol Infect Dis. 2019 Jul;38(7):1211-1221. DOI: 10.1007/s10096-019-03539-6. Epub … Continue reading (14)J Clin Med. 2024 Feb 26;13(5):1331. doi: 10.3390/jcm13051331
- Absetzen des aktuell verwendeten Antibiotikums.
- Die Behandlung mit Metronidazol ist erste Wahl (15)JAMA, 313 (2015), pp. 398-408; bislang 94% Ansprechrate, Ansprechen im Mittel nach 4-5 Tagen. Inzwischen jedoch zunehmende Resistenzen.
- Teicoplanin, Fusidinsäure, Rifaximin, Fidaxomicin oder orales Vancomycin sind ebenfalls wirksame Medikamente, die bei Therapieversagern eingesetzt werden können. Alle haben etwa gleiche Ansprechraten. Die Versagerrate bezüglich Rifaximin in Südkorea wurde mit 19,6 % angegeben. (16)J Glob Antimicrob Resist. 2021 Dec;27:46-50. doi: 10.1016/j.jgar.2021.07.009
- Duodenale Infusion eines Aufgusses von Donor-Stuhl (Stuhltransplantation): sie hat eine sehr hohe Ansprechrate selbst in Fällen eines Versagens der Antibiotika-Therapie (siehe hier).
Bezlotoxumab: Dies ist ein monoklonaler Antikörper gegen die C. difficile-Toxine A uns B. In einer Zulassungsstudie wurde nachgewiesen, dass er ein Wiederauftreten einer CDI innerhalb von 12 Wochen wirksam gegenüber Placebo reduziert (17 % vs. 28 %). Er eignet sich zur Prophylaxe eines Relapses (erneute CDI). (17)N Engl J Med. 2017 Jan 26;376(4):305-317. DOI: 10.1056/NEJMoa1602615. PMID: 28121498.
Fidaximicin: Dies ist ein praktisch nur im Darm wirksames Antibiotikum, das bei Erwachsenen hoch wirksam ist und bei zunehmender Resistenzlage gegen Metronidazol laut europäischer Leitlinie bereits bei einer ersten CDI-Episode eingesetzt werden sollte. Laut einer Studie ist die klinische Ansprechrate auch bei unter 18-Jährigen (Kinder und Jugendliche) mindestens so hoch wie die von Vancomycin (76,6 % vs. 70.5 %), die bestätigte Heilungsrate aber signifikant höher (68,4 % vs. 50,0 %) – ohne höhere Nebenwirkungen. (18)Clin Infect Dis. 2020 Dec 17;71(10):2581-2588. DOI: 10.1093/cid/ciz1149. PMID: 31773143; PMCID: … Continue reading
Darmkeime zur Therapie und Vorbeugung
Eine Stuhltransplantation wird als eine Möglichkeit angesehen, die hohe Relapsrate von bis zu 30 % zu verringern und wird zu Behandlung einer Zweitinfektion vorgeschlagen. In Fällen eines Therapieversagens der Antibiotika ist die duodenale Infusion oder eine endoskopische Implantation eines Stuhlaufgusses eines gesunden Donors (auch als Stuhltransplantation bezeichnet) (siehe hier) hoch effizient. Die Erfolgsrate bei rezidivierenden C. difficile-Kolitiden betragt laut Studien um 90 %. (19)Ann Intern Med. 2016 Nov 1;165(9):609-616. doi: 10.7326/M16-0271. (20)Cureus. 2020 Aug 11;12(8):e9653. doi: 10.7759/cureus.9653. PMID: 32923252; PMCID: PMC7482981. In einer großen Studie wurde bei 75,8% (von 207 Patienten) eine anhaltende Heilung festgestellt. (21)J Clin Gastroenterol. 2020 Sep;54(8):701-706. DOI: 10.1097/MCG.0000000000001281. PMID: 32011405. Die Auswahl geeigneter Spender und Vermeidung einer Inokulation von Krankheitserregern (inkl. Viren) stellt ein Problem dar. (22)AACN Adv Crit Care. 2016 Jul;27(3):324-337. DOI: 10.4037/aacnacc2016703. PMID: 27959316; PMCID: … Continue reading (23)Therap Adv Gastroenterol. 2021 Dec 23;14:17562848211053105. DOI: 10.1177/17562848211053105. PMID: … Continue reading
Sporen von Firmicutes-Bakterien können zur Prophylaxe dienen: Eine Clostridien-Enteritis entsteht meistens infolge einer Störung der “gesunden” Darmflora (Mikrobiom) durch eine antibiotische Therapie. Die Behandlung erfolgt wiederum durch Antibiotika. Auch wenn die Durchfälle sistieren, bleibt das Mikrobiom gestört. Es konnte gezeigt werden, das eine “Verbesserung” des Mikrobioms durch gereinigte Sporen „guter“ Bakterien (SER-109, Firmicutes-Spec. in Kapseln verabreicht) das Risiko eines Relapses über einen Zeitraum von 8 Wochen von 40 % auf 12 % senkt. (24)N Engl J Med 2022; 386:220-229 DOI: 10.1056/NEJMoa2106516
Probiotika: Probiotika (z. B. Saccharomyces boulardii oder Lactobacillus rhamnosus) senken die Rate an Antibiotika assoziierter Diarrhö und Clostridium difficile-Infektionen. (25)Open Med. 2013 May 28;7(2):e56-67. Dies wird durch eine Eine Cochrane-Analyse bestätigt. (26)Cochrane Database Syst Rev. 2019 Apr 30;4(4):CD004827. DOI: 10.1002/14651858.CD004827.pub5. PMID: … Continue reading
→ Auf facebook informieren wir Sie über Neues und Interessantes!
→ Verwalten Sie Ihre Laborwerte mit der Labor-App Blutwerte PRO – mit Lexikonfunktion.
Verweise
Literatur