Kreatinin (engl. Creatinine) ist eine harnpflichtige Substanz, die als Laborwert eine Aussage über die Leistungsfähigkeit der Nieren, speziell die glomeruläre Filtrationsrate (GFR), erlaubt. Bereits leicht erhöhte Werte weisen auf einen Funktionsverlust von über 50 % hin. 1
→ Die Nieren
→ Niereninsuffizienz
Normbereiche
- Frauen: etwa 50 – 100 mg/dl (0,6 – 1,2 mmol/l)
- Männer: etwa 60 – 120 mg/dl (0,7 – 1,36 mmol/l)
Erhöhter Wert
Erhöhte Kreatininwerte können auf einen erheblichen Flüssigkeitsmangel (Dehydratation) zurückzuführen sein und sind durch Flüssigkeitsausgleich rückläufig.
Unter klinischen Umständen deuten sie in der Regel auf eine Nierenfunktionsstörung hin. Der Laborwert alleine gibt keinen Hinweis auf die Ursache. Ein Kreatininanstieg kommt erst zustande, wenn bereits über 50 % der Niere funktionell ausgefallen bzw. geschädigt ist. Frühstadien eines Nierenschadens (mit einer Nierenfunktion unter 50 %) werden mit dem Laborwert Kreatinin nicht erkannt. Dazu dienen die Creatinin-Clearance und Cystatin C.
Krankheiten mit erhöhten Kreatininwerten
Bei folgenden Krankheiten können erhöhte Kreatininwerte auf eine Niereninsuffizienz hinweisen:
- Diabetes mellitus und Bluthochdruck als häufige Ursachen einer Niereninsuffizienz,
- Nierenentzündung (Nephritis),
- Medikamente (wie nichtsteroidale Antiphlogistika),
- Harnstau durch ein Abflusshindernis (z. B. durch einen Stein oder Tumor),
- Zystennieren und andere angeborene Nierenkrankheiten (z. B. Alport-Syndrom),
- massive Muskelquetschung, Rhabdomyolyse, Myositis.
Erhöhung des Kreatinins ohne Nierenerkrankung
- Exsikkose: Ein Flüssigkeitsausgleich normalisiert i. d. R. die Werte umgehend.
- Hoher Fleischverzehr: er kann den Kreatinin-Spiegel leicht anheben, ohne dass ein Nierenschaden vorliegen muss.
- Hochleistungssportler können vermehrt Kreatinin aus der Muskulatur freisetzen 2 3.
Erniedrigter Wert
Niedrige Werte findet man bei geringer Muskelmasse, gelegentlich auch bei einer Leberinsuffizienz, bei der die Synthese von Kreatin eingeschränkt ist. Sie haben ansonsten keine diagnostische Bedeutung.
Überlegungen zur Aussagekraft
Der Muskel ist für die Entstehung von Kreatinin von entscheidender Bedeutung. Dies erklärt, weshalb eine Relation zum Körpergewicht besteht. Klinisch spielt das jedoch nur bei der Beurteilung grenzwertig erhöhter Kreatininwerte eine Rolle. Bei gesteigertem Muskelabbau z. B. durch fehlende Bewegung aufgrund einer Immobilisation (z. B. durch Bettlägrigkeit; Beispiel: Sportler, der wegen eines Knochenbruchs immobil ist) oder aufgrund der Rückbildung der Gebärmutter nach der Geburt fällt mehr Kreatinin an. Eine reduzierte Muskelmasse z. B. wegen Mangelernährung oder nach einer Beinamputation führt dagegen zu niedrigen Werten.
Im Gegensatz zum Harnstoff, einem weiteren Leistungsparameter für die Nierenfiltration, ist Kreatinin praktisch nur von der Muskelmasse abhängig. Andere Parameter (z. B. Nahrungszufuhr oder körperlicher Arbeit) spielen keine wesentliche Rolle. Daher gilt Kreatinin als bester Routine-Blutwert für die Nierenfunktion.
Bedeutung der Muskulatur
Die Kreatinin-Konzentration im Plasma ist bei normaler Muskelmasse des Körpers ein guter Parameter zur Bestimmung der Nierenfunktion, vor allem der glomerulären Filtrationsrate.
Da Kreatinin hauptsächlich im Muskel vorliegt, sind die Kreatininwerte bei geringer Muskelmasse niedriger, bei großer dagegen u. U. höher als normal.
Eine Muskelquetschung und eine Muskelentzündung (Myositis) können zu einem erheblich erhöhten Anfall von Kreatinin, aber auch von Kreatin im Blut führen.
Bei hoher Fleischzufuhr (Fleisch enthält viel Kreatin/Kreatinin) mit der Nahrung sind die Werte ebenfalls höher als normal.
Überschusskapazität der Nieren
Die Nieren haben eine funktionelle Überschusskapazität von 100 %. Der menschliche Körper kann auf die Hälfte der Nierenfunktion, d. h. auf eine Niere verzichten, ohne dass der Kreatininwert ansteigt. Wenn der Kreatininwert die obere Normgrenze überschreitet, sind daher mindestens 50 % der Nierenfunktion bereits ausgefallen. Die Kreatininwerte im Serum steigen, wenn die GFR unter etwa 50 ml/min (normal ca. 100- 120 ml/min) sinkt.
Die Nierenfunktion wird daher im Bereich zwischen 50 und 100 % der Nierenleistung durch den Kreatininwert nicht dargestellt. Dies leistet dagegen die Kreatinin-Clearance, die aus der Kreatinin-Konzentration im Serum und im Urin sowie dem Urinvolumen in der gemessenen Zeiteinheit berechnet wird.
Kreatitinwerte bei Nierenversagen
Bei Nierenkrankheiten sinkt die glomeruläre Filtrationskapazität. Wenn sie unter 50 % fällt, beginnt der Kreatininwert zu steigen. Bei einer chronischen Nierenkrankheit steigen die Kreatininwerte in der Regel nur sehr langsam über Monate oder Jahre. Bei einem akuten Nierenversagen dagegen können die Kreatininwerte pro Tag um das 2- bis maximal 3-fache ansteigen.
→ Chronische Nierenkrankheiten
→ Akutes Nierenversagen
Bedeutung der Leber für die Interpretation der Kreatininwerte
Bei einer Leberinsuffizienz kann es zu einer Verminderung der Kreatin-Synthese kommen, die sich in relativ niedrigen Kreatininwerten auswirkt.
Harnstau
Bei einer Abflussstörung des Urins kann sich der Harnstau entwickeln, der sich bis in die Niere fortsetzt und die Niere an einer weiteren Harnproduktion hindert (erkennbar durch eine Ultraschalluntersuchung der Nieren). Bei lange bestehendem Harnstau kann sich eine Hydronephrose entwickeln. Ursachen eines Harnstaus sind z. B. ein Tumor (Urothelkarzinom, Blasentumor) oder ein Harnstein.
Physiologie und Biochemie
Vorläuferprodukt des Kreatinins ist Kreatin, welches von verschiedenen Organen, wie Leber, Bauchspeicheldrüse und Niere, aus Arginin und Glycin produzieren wird. Über das Blut gelangt Kreatin zu den Muskeln, wo es (in Form von Kreatinphosphat) als Energiespeicher für die Muskelarbeit dient. Kreatinin ist das Abbauprodukt von Kreatin. Seine Entsorgung aus dem Blutserum übernimmt die Niere. Ein erhöhter Blutwert lässt darauf zurückschließen, dass die Nierenfunktion eingeschränkt ist. 4
Kreatinin wird über die Nieren durch glomeruläre Filtration (über die Nierenkörperchen, Glomerula) eliminiert. In geringerem Maße wird es zudem tubulär sezerniert. Da die tubuläre Sekretion im Vergleich mit der Filtration vernachlässigbar ist, eignet sich Kreatinin zur Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate. Bei Einschränkung der glomerulären Filtration kann die tubuläre Sekretion zu einem Interpretationsfehler führen.
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Verweise
- Kreatinin-Clearance
- Nierenwerte
- Methoden zur GFR-Bestimmung
- Niereninsuffizienz
- Akutes Nierenversagen
- Urämie
- Nierenersatzverfahren
- Die Nieren
- Kreatinin – einfach erklärt
- Medizin verständlich