Alport-Syndrom

Das Alport Syndrom ist eine X-chromosomal vererbte Krankheit mit Schwerhörigkeit und Niereninsuffizienz bereits in jugendlichem Alter. Zugrunde liegt eine Störung der Kollagenbildung. Die Erkrankung kann zu völliger Taubheit und zur Dialysepflichtigkeit führen. Auch eine Manifestation am Auge ist relativ häufig und kann eine Verschlechterung des Visus bewirken.


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Entstehung

Als genetische Grundlage des Alport Syndroms wurden ein Defekt des Typ-IV-Kollagens der Basalmembranen in Innenohr, Augen und Nieren gefunden. Von den Mutationen betroffen sind die COL4A3-, COL4A4- oder COL4A5-Gene; das COL4A5-Gen liegt auf dem X-Chromosom. Die Vererbung erfolgt bei der Hauptform des Alport-Syndroms daher X-chromosomal-dominant, bei einer selteneren Form autosomal-rezessiv über eine Mutation auf Chromosom 2. 1

Beim Alport-Syndrom fehlen diese Ketten in der glomerulären Basalmembran. Dies braucht in der Kindheit zunächst noch keine wesentliche Funktionseinschränkung zur Folge zu haben, führt aber dann zu einer zunehmenden irregulären Verdickungen und Aufsplittung der Basalmembran, die elektronenmikroskopisch erkennbar ist, einer Proteinurie und schließlich zur Absenkung der glomerulären Filtrationsrate und damit zur Entwicklung einer Niereninsuffizienz. 2

Symptomatik

Die Symptomatik entwickelt sich meist bei männlichen Jugendlichen mit einer Schwerhörigkeit, die sich bis zur Taubheit verstärkt. Das erste Zeichen einer Nierenbeteiligung kann eine Proteinurie und Hämaturie sein. Auch beginnt eine – anfangs meist unentdeckte – Einschränkung der glomerulären Filtrationsrate (GFR), die allmählich bis zur schweren Niereninsuffizienz und Dialysepflichtigkeit fortschreitet. 3

Heterozygote Frauen sind meist symptomlos, können jedoch auch eine Hämaturie,  Nierenfunktionsstörung und Taubheit entwickeln. 4

Es gibt seltene Berichte über eine Erkrankung arterieller Gefäße bei Patienten mit Alport Syndrom; auch mit einer Aortendissektion muss offenbar in sehr seltenen Fällen gerechnet werden. 5

Am Auge entwickeln sich in immerhin etwa 85% der Fälle Sehstörungen durch eine korneale Trübung und eine Retinopathie. 6

Diagnosestellung

Die Kombination von Schwerhörigkeit und Niereninsuffizienz in jüngeren Jahren sollte an die Möglichkeit eines Alport-Syndroms denken lassen. Die Familienanamnese kann den Verdacht erhärten, wenn bei nahen Blutsverwandten eine ähnliche Symptomatik eruierbar ist. Auch führt eine familiäre, sonst unerklärte Hämaturie oft zum ersten Verdacht. Die immunhistochemische Untersuchung auf Typ-IV-Kollagen-alpha-Ketten gilt als wichtiges Diagnostikum. 7 Eine genetische Analyse kann in Zweifelsfällen Klarheit bringen.

Genetische Testung

Bei einer persistierenden Hämaturie sollte laut Expertenmeinung ein genetischer Test auf pathogene Col4a3 oder Col4A4 durchgeführt werden. Im Falle eines Alport-Nachweises sollten enge Familienmitglieder ebenfalls getestet werden. Tests auf Col4A3-Col4A5-Gen-Varianten sollten auch bei persistierender Proteinurie und steroidresistentem nephrotischem Syndrom und bei familiärer IgA-Glomerulonephritis und bei Nierenversagen unbekannter Ursache durchgeführt werden. 1

Therapie

  • Ursächliche Therapie: Eine ursächliche Therapie des Alport Syndroms gibt es derzeit nicht. 8
  • Dialyse: Patienten mit einer Niereninsuffizienz im Endstadium sind dialysepflichtig und prinzipiell Kandidaten für eine Nierentransplantation. Wegen der Möglichkeit einer erneuten Erkrankung sollten Blutsverwandte, die sich als Spender zur Verfügung stellen möchten, besonders gut auf eine mögliche erbliche Belastung untersucht werden Nat Rev Nephrol. 2010 Dec;6(12):736-43.
  • Cyclosporin: Eine Therapie mit Cyclosporin A scheint zwar vorübergehend die Proteinurie beim Alport Syndrom verbessern zu können 9, sollte jedoch laut Studien wegen eigener Nephrotoxizität bei bestehender Nierenschädigung nicht gegeben werden. 10
  • ACE-Hemmer: Eine Behandlung mit ACE-Hemmern wie Lorsatan scheint die Proteinurie beim Alport-Syndrom zu verbessern und gut vertragen zu werden (z. B. bei Kindern von 1 bis 17 J. 11 Eine dreifache RAAS-Blockade wird zur Senkung der Proteinurie ebenfalls gewählt und gut vertragen. 12
  • Knochenmarkstransplantation: Im Alport-Tiermodell einer Knockout-Maus für die Alpha3-Kette des Typ-IV-Kollagens (Col4A3 knockout Maus) wurde gezeigt, dass eine Stammzelltransplantation (Transplantation von Wildtyp Knochenmark) die Nierenerkrankung bessert. Die Mikroarchitektur der Basalmambran in den Glomerula wird positiv beeinflusst und das Überleben verbessert. Diese Effekte scheinen auf eine Neusynthese der defekten Alpha3(IV)-Kette des Typ-IV-Kollagens zurückzuführen zu sein. 13 Eine Gentherapie oder Stammzelltransplantation könnte eine Perspektive für Alport-Kranke darstellen. 14

Verweise

 

Referenzen

  1. Clin J Am Soc Nephrol. 2022 Jan;17(1):143-154. DOI: 10.2215/CJN.04230321[][]
  2. Nephron Clin Pract. 2007;106(2):c82-8[]
  3. Clin Exp Nephrol. 2019 Feb;23(2):158-168. DOI: 10.1007/s10157-018-1629-4[]
  4. Pediatr Nephrol. 2012 Jan;27(1):41-6. doi: 10.1007/s00467-011-1836-7[]
  5. Nephrol Dial Transplant. 2010 Nov;25(11):3554-60[]
  6. Cornea. 2011 Mar;30(3):367-70[]
  7. Srp Arh Celok Lek. 2008 Dec;136 Suppl 4:323-6[]
  8. Kidney Int. 2009 Sep;76(6):599-603[]
  9. J Am Soc Nephrol. 2003 Mar;14(3):690-8[]
  10. Pediatr Nephrol. 2010 Jul;25(7):1269-75[]
  11. Nephrol Dial Transplant. 2011 Aug;26(8):2521-6. doi: 10.1093/ndt/gfq797.[]
  12. J Clin Med. 2021 Oct 26;10(21):4946. DOI: 10.3390/jcm10214946[]
  13. Stem Cells. 2006 Nov;24(11):2448-55[]
  14. Pediatr Nephrol. 2018 Aug;33(8):1309-1316. doi: 10.1007/s00467-017-3784-3[]