Therapie der Hämochromatose

Die Therapie der Hämochromatose sollte frühzeitig beginnen und dauerhaft durchgeführt werden. Am wichtigsten ist es, die Eisenüberladung des Körpers zu vermindern. Die Behandlung berücksichtigt zudem die bereits eingetretenen Komplikationen und Beschwerden, wie Gelenkbeschwerden, Herzrhythmusstörungen, Zuckerkrankheit und Leberkrebs. 1 2

Zusammenfassung der wichtigsten Punkte

  • Die Therapie der Wahl zur Reduzierung der Eisenüberladung sind Aderlässe (z. B. wöchentlich 300 ml, bis die Eisenspeicher leer sind und der Hb-Wert zu sinken beginnt (Anämiebeginn). Der Erfolg wird über den Ferritinspiegel und eine Abnahme der Dichte im Computertomogramm kontrolliert.
  • Unter der Aderlass-Therapie ist eine Besserung der Gelenksymptome nicht unbedingt zu erwarten.
  • In besonderen Fällen kommt eine Behandlung mit Desferrioxamin (Eisenchelatbildner) in Betracht, die sehr viel weniger wirksam ist (Indikation z. B. bei der Thalassämie).
  • Die orale Eisenaufnahme muss minimiert werden (u. a. kein Alkohol).
  • In Endstadien der Leberzirrhose kommt eine Lebertransplantation in Betracht, die allerdings nicht zu einer Heilung führt, da das eigentliche Problem in einer unkontrollierten Eisenaufnahme im Darm liegt.
  • Ansonsten bleiben symptomatische Maßnahmen.

Therapeutische Optionen

  • Aderlässe (Methode der ersten Wahl): z. B. wöchentlich 300 bis 500 ml unter Blutbildkontrolle und Überwachung des Körpereisens (z. B. durch Laborkontrolle von Ferritin. Pausierung und Intervallverlängerung bei Auftreten erster Zeichen einer Anämie. Jede Entnahme von 500 ml Blut entfernt etwa 250 mg Eisen aus dem Körper. Es werden Aderlässe jede Woche oder alle 2 Wochen empfohlen; eine wirksame Verminderung des Eisenspiegels im Körper ist oft erst nach 2 bis 3 Jahren erreichbar. Ziel ist eine Serum-Ferritinkonzentration um 50 mg/l (ng/ml). 3 Bei zunehmender Entleerung des Eisenüberschusses werden die Abstände gestreckt (z. B. auf 3 – 4x wöchentlich, auch deutlich länger) und die Menge des entfernten Bluts verringert. Die Behandlung wird durch die Verträglichkeit (Blutwerte, Blutdruck, subjektives Befunden) begrenzt. Ein Hämoglobinwert unter 11 g/l sollte vermieden werden. Ziel sind Ferritinwerte um 50 µg/l ohne Anämie. Es ist für ausreichende Flüssigkeitszufuhr und Ernährung zu sorgen. 4
  • Desferrioxamin (Eisenchelatbildner, am besten über Perfusor): mit dieser Methode können nur geringe Eisenmengen mobilisiert und ausgeschieden werden; sie kommt daher nur in Sonderfällen in Betracht. Indikation z. B.: Thalassaemia major und andere Anämien.
  • Einschränkung der oralen Eisenaufnahme: Fleisch- und wurstfreie Kost, Alkoholkarenz,
  • Lebertransplantation: Eine Lebertransplantation kommt im Falle einer Leberzirrhose im Endstadium (Child C) infrage. Eine Heilung bedeutet sie nicht, da die Ursache der ungebremsten Eisenaufnahme im Dünndarm liegt und durch sie nicht behoben wird. Die transplantierte Leber muss deshalb regelmäßig auf ihren Eisengehalt untersucht werden. Indikation: Endstadium der Zirrhose.
  • Eine Perspektive stellt die Erhöhung des Hepcidin-Spiegels dar. 5 Hepcidin ist ein Polypeptid mit Hormonfunktion, welches in der Lebergebildet wird und den Abbau von Ferroportin (ein Eisenexporter) fördert und damit die Eisenaufnahme aus Zellen der Darmschleimhaut (Enterozyten) sowie den Austransport von Eisen aus Leber- und Milzzellen reguliert. Es wird durch das Hamp-Gen codiert. Eine therapeutische Beeinflussung dieses Gens erscheint ein verheißungsvoller Ansatz für eine neue Therapieoption zu sein. 6
  • Leberkrebs (hepatozelluläres Karzinom, HCC), der im Rahmen einer Hämochromatose gehäuft auftritt, wird je nach Größe und Ausbreitung sowie dem Stadium der Leberkrankheit (in zirrhotischer oder nichtzirrhotischer Leber) interventionell behandelt (siehe hier). Zu den Optionen gehören vor allem eine Resektion des Tumors, eine Radiofrequenzablation, eine lokale katheterbasierte Therapie („Verödung“) und eine Lebertransplantation. 7

Praktische Empfehlungen

Folgende Empfehlungen können helfen, die Krankheit aufzuhalten oder zu verlangsamen 8:

  • Die Behandlung sollte begonnen werden bei Patienten mit homozygotem Genotyp HFE p.Cys282Tyr (C282Y/C282Y) und mit biochemischem Hinweis auf Eisenüberladung, d. h. Anstieg der Nüchtern-Transferrinsättigung (≥ 45 %) zusammen mit einem Anstieg des Serumferritins (> 300 μg/L bei Männern und postmenopausalen Frauen und > 200 μg/L bei prämenopausalen Frauen).
  • Anfangsphase einer intensiven Behandlung (der Induktion): Aderlässe von 400-500 ml (je nach Körpergewicht) wöchentlich oder alle 2 Wochen (je nach Höhe des anfänglichen Eisenüberschusses). Ziel: Erreichen eines Serum-Ferritinwerts von 50 μg/L, ohne dass eine Anämie vorliegt.
  • Als Ziel wird empfohlen: Aufrechterhaltung eines Ferritinwerts um 50 μg/L (ohne Anämie; der Hämoglobinwert sollte nicht < 11 g/dl sein). Das Plasmaferritin sollte vor jedem Aderlass überprüft werden, die Transferrinsättigung sollte etwa zweimal pro Jahr geprüft werden.
  • Patienten mit Eisenüberladung sollten ihre Eisenparameter ständig kontrollieren und ihre Behandlung in Abhängigkeit von ihren Eisenparametern, ihrem allgemeinen Gesundheitszustand und ihrem Alter durchführen.

Symptomatische Therapie

Praktische Erwägungen

Die Therapie einer Eisenüberladung sollte so früh wie möglich beginnen und dauerhaft durchgeführt werden. Als Basistherapie gilt, wenn keine Kontraindikationen vorliegen, ein regelmäßig durchgeführter Aderlass.

Die meiste Erfahrung und die daher sichersten Empfehlungen für eine Therapie gelten für den HFE p.Cys282Tyr (C282Y/C282Y) homozygoten Genotyp. Patienten mit anderen Genotypen sollten in Spezialambulanzen vorgestellt werden. 9

Erhöhte Ferritinwerte allein sind nicht ausreichend, um darauf eine Hämochromatose-Therapie zu gründen. Denn es ist ein allgemeiner Entzündungsmarker und kann bei vielen Erkrankungen erhöht sein. Die Diagnose einer Hämochromatose sollte als Ursache des erhöhten Spiegels gesichert sein.

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Kontrollen unter Therapie

Die Therapie der Hämochromatose sollte regelmäßig (anfangs z. B. 3- bis 6-monatlich, später in größeren Abständen) über den Ferritinspiegel und die Transferrinsättigung im Blut sowie über den Hämatokrit und den Hämoglobinwert im Blut überwacht werden. In größeren Abständen sollte der Effekt der Behandlung auf den Eisengehalt der Leber direkt überprüft werden. Der sicherste, nicht invasive Nachweis einer Eisenüberladung gelingt über eine Magnetresonanztomographie (MRT). 10 11

Die zu kontrollierenden Laborwerte beinhalten vor allem das Blutbild, die Eisenparameter, die Parameter einer Zuckereinstellung (BZ, HbA1c) und in größeren Abständen eine Überprüfung der Funktion der Hormondrüsen: FSH, LH und Testosteron oder Estradiol, sowie die Parameter des Kalziumstoffwechsels mit Parathormon (PTH), Kalzium in Serum und Urin, Phosphat im Urin.

Eine Fibroelastographie lässt nichtinvasiv erkennen, ob bereits ein erhöhter Fibrosegrad der Leber oder eine Leberzirrhose vorliegt. In diesen Fällen sind den Therapiekontrollen in regelmäßigen Abständen nicht nur die Leberwerte, sondern auch AFP als Tumormarker eines hepatozellulären Karzinoms (HCC) zu überprüfen und eine Ultraschalluntersuchung auf Leberherde und auf die Entwicklung / Weiterentwicklung einer Leberzirrhose durchzuführen.

Prävention einer Erstmanifestation

Wenn durch ein Screening frühzeitig eine Hämochromatose entdeckt wird (z. B. im Rahmen einer Familienuntersuchung oder durch stark erhöhte Ferritinwerte bei Laboruntersuchungen aus anderen Gründen) und zu dem Zeitpunkt noch keine Organstörungen vorliegen, sollte dennoch bereits eine regelmäßige Aderlasstherapie einsetzen.

  • Es sollte frühzeitig mit einer Hormonsubstitution begonnen werden, um einer Osteoporose vorzubeugen. Das gilt auch bereits für Jugendliche mit Hämochromatose. 3
  • Bei Bestätigung einer genetischen Veranlagung zur hereditären Hämochromatose (Homozygotie des HFE-Gens) sollte eine Aderlasstherapie in reduziertem Maße vorbeugend begonnen werden, auch schon vor einer klinischen Manifestation. Das gilt auch für die Erkennung einer Hämochromatose-Veranlagung bei Kindern und Jugendlichen. 3

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Verweise

Weiteres

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Referenzen

  1. Hepatol Int. 2018 Mar;12(2):83-86. doi: 10.1007/s12072-018-9855-0.[]
  2. Adv Exp Med Biol. 2025;1480:119-130.[]
  3. Juvenile Hemochromatosis. 2005 Feb 17 [updated 2020 Jan 9]. In: Adam MP, Ardinger HH, Pagon RA, Wallace SE, Bean LJH, Stephens K, Amemiya A, editors. GeneReviews® [Internet]. Seattle (WA): University of Washington, Seattle; 1993–2020. PMID: 20301349.[][][]
  4. Hepatol Int. 2018 Mar;12(2):83-86. doi: 10.1007/s12072-018-9855-0. Epub 2018 Mar 27. PMID: 29589198; PMCID: PMC5904234.[]
  5. Medicine (Baltimore). 2016 Apr;95(14):e3150. doi: 10.1097/MD.0000000000003150.[]
  6. Medicine (Baltimore). 2016 Apr;95(14):e3150. doi: 10.1097/MD.0000000000003150. PMID: 27057839; PMCID: PMC4998755.[]
  7. Am J Clin Oncol. 2019 Dec;42(12):918-923. doi: 10.1097/COC.0000000000000583.[]
  8. World J Hepatol. 2022 Nov 27;14(11):1931-1939. doi: 10.4254/wjh.v14.i11.1931[]
  9. Hepatol Int. 2018 Mar;12(2):83-86. DOI: 10.1007/s12072-018-9855-0. Epub 2018 Mar 27. PMID: 29589198; PMCID: PMC5904234.[]
  10. Radiographics. 2018 Mar-Apr;38(2):392-412. doi: 10.1148/rg.2018170079. PMID: 29528818.[]
  11. Diagnostics (Basel). 2022 Apr 2;12(4):891. doi: 10.3390/diagnostics12040891[]