Stuhltransplantation

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Allgemeines

Als Stuhltransplantation (Transplantation faekaler Mikrobiota, engl.: fecal microbiota transplantation, FMT) wird die Infusion von Aufgüssen eines Spenderstuhls z. B. über eine Sonde ins Duodenum oder per hohem Einlauf bezeichnet.

Ziel einer Stuhltransplantation ist es, die bakterielle Zusammensetzung der Darmflora bei therapieresistenten Durchfallerkrankungen zu verbessern, Toxin produzierende und invasive Bakterienstämme zurückzudrängen und eine gesunde mikrobielle Homöostase (Gleichgewicht der Bakterienstämme) im Darm herbeizuführen.

Erfahrungen bei Darmkrankheiten

Pseudomembranöse Kolitis: Die Stuhltransplantation zur Therapie von rezidivierenden Darminfektionen mit Clostridium difficile im Sinne einer pseudomembranösen Kolitis ist eine erfolgversprechende therapeutische Option bei Versagen der herkömmlichen Therapie. Es wurde bereits 1958 festgestellt, dass solch eine Infusion signifikant effektiver war als eine antibiotische Therapie mit Vancomycin 1 2 . In einer neueren Studie einer Gruppe von 16 Patienten, die auf eine vorausgegangene Vancomycin-Therapie nicht ansprachen, reagierten 13 auf Spenderstuhl bereits nach der ersten Infusion positiv (Stopp der Diarrhö); 2 der restlichen 3 nach einer zweiten Infusion mit Stuhlaufguss eines anderen Spenders. In der Vancomycin-Gruppe (4 x 500 mg/Tag für 14 Tage) kam es nur bei 4 von 13 Patienten zu einer Behebung der Infektion mit Clostridium difficile. Nach der Bakterieninfusion wurde im Stuhl eine Zunahme der bakteriellen Vielfalt gefunden. Als Nebenwirkung wurden leichte Bauchbeschwerden und Durchfälle am Infusionstag beschrieben.

Colitis ulcerosa: Die Transplantation faekaler Mikrobiota bei der floriden Colitis ulcerosa ist nach Auswertung von inzwischen 12 Studien an 234 Patienten eine Erfolg versprechende Therapieoption im Falle einer mangelhaften Besserung auf herkömmliche Therapiemaßnahmen. Etwa 42% erzielten eine klinische Remission und 65% ein klinisches Ansprechen. Die meisten unerwünschten Nebeneffekte waren leicht und selbstlimitierend. Die Untersuchung der Stuhlproben zeigten eine deutliche Veränderung der mikrobiellen Zusammensetzung, so u.a. einen größeren Artenreichtum 3.
Allerdings berichten auch Studien von einem fehlenden Therapieeffekt einer Stuhltransplantation bei einer chronisch aktiven therapierefraktären Colitis ulcerosa 4 und bei einer Darmentzündung im Kindesalter 5.

Reizdarmsyndrom: Das Reizdarmsyndrom geht mit einer Dysbiose (Veränderung des Darmmikrobioms) einher. Um das Mikrobiom zu restaurieren, wurden Untersuchungen zum Effekt einer Stuhltransplantation durchgeführt. Sie bessert die Symptomatik. Der Effekt scheint aber auf Dauer nicht anzuhalten. 6

Mögliche weitere Indikationen

Auswirkungen auf Erkrankungen des Gehirns: Es gibt Hinweise darauf, dass die das Mikrobiom des Darms auch Auswirkungen auf das Gehirn hat. Daher rühren immer wieder berichtete Einzelbeobachtungen von einer günstigen Wirkung einer diätetischen Beeinflussung zerebraler Krankheiten inklusive dem Autismus und dem Morbus Parkinson. Daher gibt es inzwischen auch Überlegungen bezüglich eines möglicherweise günstigen Einflusses einer Veränderung der bakteriellen Stuhlzusammensetzung durch eine Stuhltramplantation bei solchen Krankheiten. In Diskussion stehen in dieser Beziehung der Autismus, der Morbus Parkinson, die Multiple Sklerose, das chronische Müdigkeitssyndrom und das Reizdarmsyndrom 7 8.

Auswirkungen auf Harnwegsinfekte: In Fallstudien wird berichtet, dass eine jahrelange Phase rezidivierender (wiederkehrender) Harnwegsinfekte nach einer Stuhltransplantation verschwand. 9 10 Dies bestätigt, dass Harnwegsinfekte (wie auch Prostataentzündungen) bei einer direkten Nachbarschaft der Organe durch eine Durchwanderung pathogener Darmkeime zustande kommen können.

Nebenwirkungen

Nebenwirkungen einer Stuhltransplantation sind nicht selten (annähernd 30%!) und müssen bei der Indikation berücksichtigt werden; eine Zusammenstellung aus Studien 11 beinhaltete

  • für die Applikation von oben über eine nasoduodenojejunale / nasogastrische Sonde: Fieber, Übelkeit, Bauchkrämpfe, Blähungen, allgemeines Krankheitsgefühl, rauher Rachen, Schnupfen
  • für die Applikation von unten über einen Einlauf / mithilfe einer Koloskopie: Fieber, Bakteriämie, Erkältungssymptome, starke Blähungen, krampfartige Bauchschmerzen, Divertikulitis.

In einer anderen Studienzusammenstellung wurden dagegen nur wenige und selbstlimitierte Nebenwirkungen registriert (s.o.) 12.


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Verweise

Referenzen

  1. N Engl J Med. 2013 Jan 31;368(5):407-15[]
  2. Surgery. 1958 Nov; 44(5):854-9[]
  3. PLoS One. 2016; 11(6): e0157259. doi:  10.1371/journal.pone.0157259[]
  4. Inflamm Bowel Dis. 2013 Sep;19(10):2155-65[]
  5. J Pediatr Gastroenterol Nutr. 2015 Jan;60(1):27-9[]
  6. Gastroenterology. 2021 Jan;160(1):145-157.e8. DOI: 10.1053/j.gastro.2020.07.013[]
  7. Clin Psychopharmacol Neurosci. 2016 Aug 31;14(3):231-7[]
  8. World J Gastroenterol. 2015 Jan 7;21(1):102-11[]
  9. 2018 Jan 15;5(2):ofy016. doi: 10.1093/ofid/ofy016.[]
  10. 2017 Oct 30;65(10):1745-1747. doi: 10.1093/cid/cix618.[]
  11. PLoS One. 2016; 11(8): e0161174  doi:  10.1371/journal.pone.0161174[]
  12. PLoS One. 2016 Jun 13;11(6):e0157259. doi: 10.1371/journal.pone.0157259[]