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Allgemeines
Osteoporose bedeutet Abnahme der Knochendichte, geht mit einem Umbau der Knochenstruktur einher und bedeutet ein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche. Sie entsteht durch die im Alter natürlicherweise ablaufenden Abbauprozesse, kann aber auch vorzeitig im Rahmen einer chronischen Krankheit, einer falschen Ernährung, von hormonellen Einflüssen oder einer genetischen Veranlagung auftreten. Bedingt ist sie durch eine Verminderung des Kalksalzgehalts. Das Verhältnis von Kalksalzgehalt und Knochenmatrix bleibt normal. Ist das Verhältnis von Kalksalzgehalt zu Knochenmatrix erniedrigt (erniedrigter Verkalkungsgrad), so liegt eine Osteomalazie vor. Beide Formen können gemischt vorkommen und werden unter dem Begriff Osteopenie zusammengefasst.
→ Der Knochen
→ Osteoporose – verständlich
Häufigkeit
In einer Metaanalyse von 40 Studien (79.127 Teilnehmer) lag die Gesamtprävalenz einer Osteoporose bei älteren Männern und Frauen weltweit bei 35,3 % und 12,5 %. (1)J Orthop Surg Res. 2021 Nov 13;16(1):669. DOI: 10.1186/s13018-021-02821-8. PMID: 34774085; PMCID: … Continue reading Die Prävalenz einer Osteoporose bei sonst Gesunden über 50 Jahre lag in Indien für Männer bei 8,5% festgestellt. (2)Arch Osteoporos. 2013;8:116. DOI: 10.1007/s11657-012-0116-x. Epub 2013 Feb 1. PMID: 23371477.
Das Lebenszeitrisiko von Knochenbrüchen wegen Osteoporose liegt bei Frauen bezüglich Hüftknochen bei 23%, bezüglich der Wirbelsäule bei 29% und bezüglich des Handgelenks bei 21%, das bei Männern bei 11%, 14% und 5%. (3)Br Med Bull. 2020 May 15;133(1):105-117. DOI: 10.1093/bmb/ldaa005. PMID: 32282039; PMCID: … Continue reading
Entstehung
Der normale Knochen besteht aus einer Matrix und Kalksalzen. Er wird ständig durch An- und Abbauvorgänge umgebaut. Daran sind im Wesentlichen die Knochenzellen (Osteoblasten, Osteoklasten, Osteozyten) beteiligt. Ihr Zusammenspiel wird sehr komplex durch Hormone reguliert. Beteiligt daran sind
- das Parathormon (Hormon der Nebenschilddrüse, Parathyreoidea),
- Calcitonin (ein Hormon der Schilddrüse),
- Glukokortikoide (Hormone der Nebenniere),
- das Wachstumshormon (somatotropes Hormon, STH, Hormon der Hypophyse),
- Schilddrüsenhormone (fT3 und fT4) und
- Vitamin D3 (als endogenes Hormon: Cholecalciferol).
Die Knochendichte wird durch weitere Faktoren beeinflusst, so durch den Kalziumgehalt der Nahrung (Milch und Milchprodukte), körperliche Belastung und Bewegung, Krankheiten (s. u.) und Medikamente (z. B. Glukokortikoide, Thiazide).
Bei der Osteoporose lassen sich zwei Störungen unterscheiden:
Mangelhafte Verkalkung (Kalzifizierung): Bei mangelhafter Knochenbelastung (Bettlägrigkeit, Schwerelosigkeit), einer hormonellen Störung, Vitamin-D-Mangel, sowie bei Kalziummangel kommt es zu einer mangelhaften Knochenverkalkung.
Matrixstörung: Von der mangelnden Knochenverkalkung ist eine Matrixstörung abzugrenzen, wie sie beim Vitamin-D-Mangel auftritt; hierbei entwickelt sich eine Osteomalazie oder im Kindesalter eine Rachitis.
Sporadische Osteoporose des Erwachsenen
Es wird heute immer mehr angenommen, dass der Grundstein für die sporadische Osteoporose des Erwachsenen bereits im Kindes- und Jugendlichenalter angelegt wird. (4)Sports Med. 2006;36(7):561-9 Eine mangelnde Bewegung führt zu einer minderen Kalzifizierung des Knochens, die später kaum noch korrigierbar ist. Umgekehrt bedeutet ein guter Knochenzuwachs in der Jugend (z. B. durch körperliche Aktivität) einen Schutz vor Osteoporose im Alter. (5)Front Endocrinol (Lausanne). 2021 Sep 13;12:704647. DOI: 10.3389/fendo.2021.704647. PMID: … Continue reading
Bedeutung der Ernährung in der Jugend
Bei Kindern mit Mangelernährung, mit Essstörungen), einer veganen Ernährung, einer Unverträglichkeit von Milchprodukten sowie mit chronischen Gesundheitsproblemen besteht ein erhöhtes Risiko für eine spätere Osteoporose. (6)Front Nutr. 2021 Nov 19;8:773425. DOI: 10.3389/fnut.2021.773425. PMID: 34869539; PMCID: PMC8640096.
Proteine: Eine proteinreiche Ernährung in der Jugend ist mindestens ebenso wichtig für einen guten Knochenaufbau wie eine ausreichende Zufuhr von Kalzium und körperliche Bewegung. Für Sportler wird eine tägliche Proteinzufuhr von 1,2 – 1,7 g/kg/d empfohlen, für Kinder und Heranwachsende sogar bis zu 2 g/kg/d. Der durchschnittliche Bedarf bei Männern liegt etwas höher als bei Frauen (100 g/d vs. 80 g/d). (7)Front Endocrinol (Lausanne). 2021 Sep 13;12:704647. DOI: 10.3389/fendo.2021.704647. PMID: … Continue reading (8)J Am Coll Nutr. 2005 Dec; 24(6 Suppl):526S-36S
Fette: Da Kalzium durch Fette komplexiert (gebunden) wird, reduziert eine hohe Fettzufuhr mit der Nahrung die Kalziumaufnahme. Dies macht sich ab einem relativen Fettgehalt von 45% negativ bemerkbar. (9)Nutrients. 2017 May 17;9(5):506. DOI: 10.3390/nu9050506. PMID: 28513571; PMCID: PMC5452236. Polyungesättigte Fettsäuren (omega-3) steigern dagegen die Knochenbildung und vermindern den Knochenabbau. (10)Prostaglandins Leukot Essent Fatty Acids. 2003 Jun;68(6):387-98. DOI: … Continue reading
Kohlenhydrate: Nicht verdaubare Kohlenhydrate (Fruktane, hoher Gehalt bei Chikoree und Artischocken) fördern die Kalziumaufnahme bei älteren Kindern signifikant. Die tägliche relative Menge an Kohlenhydraten sollte 50% – 55% nicht unterschreiten. (11)Am J Clin Nutr. 2005 Aug;82(2):471-6. DOI: 10.1093/ajcn.82.2.471. PMID: 16087995.
Ursachen, Differenzialdiagnosen
Ursächliche Einteilung
- Primäre (altersabhängige physiologische) Form einer Osteoporose: Sie ist im Wesentlichen genetisch bedingt (u. U. auch vorzeitiger und beschleunigter Knochenabbau trotz aller Vorsorge) und geht meist mit der Involution des Körpers konform (senile Osteoporose, Altersosteoporose). Bei Frauen gehört hierzu auch der beschleunigte Knochenabbau in der Menopause (postmenopausale Osteoporose),
- Sekundäre (pathologische) Form: Sie geht durch Einfluss besonderer Faktoren über das physiologische Maß hinaus. Solche Faktoren sind beispielsweise:
- Krankheiten, wie die Leberzirrhose (besonders ausgeprägt bei der AIH und der PBC), hormonaktive Tumore der Nebennierenrinde wie der Morbus Cushing, Dünndarmkrankheiten (wie die Sprue, der Morbus Whipple oder das Kurzdarmsyndrom), die Anorexia nervosa (12)Rev Endocr Metab Disord. 2006 Jun;7(1-2):91-9, der Hyperparathyreoidismus und chronische Nierenkrankheiten, (13)Kidney Int. 2008 Sep;74(6):721-31
- Medikamente, wie Glukokortikoide (zur länger dauernden Behandlung beispielsweise des Asthma bronchiale, chronisch entzündlicher Darmkrankheiten oder von Kollagenosen wie Lupus erythematodes),
- starker Bewegungsmangel und besonders Immobilität (dauernde Bettlägerigkeit fördert Knochenabbau und Nierensteinbildung),
- Genussgifte wie Alkohol (Zellschädigung, einseitige Ernährung und oft auch Bewegungsmangel) und Nikotin (unklare Pathogenese) scheinen nachteilig für die Knochendichte zu sein,
- Einseitige, kalziumarme Ernährung: eine eiweißarme Ernährung kann zudem zu einer Störung der Knochenmatrix führen, so dass eine Kombination der Osteoporose mit einer Osteomalazie zustande kommt.
- PPI (Protonenpumpenhemmer): Bei einer Langzeitanwendung hemmen sie eine ausgeglichene Mineralisierung der Knochen und steigern das Risiko von Knochenbrüchen, besonders das einer Hüftfraktur und Wirbelsäulenfraktur. (14)Int J Environ Res Public Health. 2019 May 5;16(9):1571. DOI: 10.3390/ijerph16091571 (15)Sci Rep. 2020 Aug 21;10(1):14081. doi: 10.1038/s41598-020-70712-9
- Bariatrische Operation: Eine gewichtsreduzierende Magenoperation führt zu einem erhöhten Frakturrisiko, dem diätetisch entgegengewirkt werden sollte. (16)Lancet Diabetes Endocrinol. 2014 Feb;2(2):165-74. doi: 10.1016/S2213-8587(13)70183-9 (17)Front Endocrinol (Lausanne). 2022 Jul 7;13:921353. doi: 10.3389/fendo.2022.921353
- Genetische Grundlage der Osteoporose. Ein Gen-Kandidat liegt auf Chromosom 11p (18)J Nutr Health Aging. 2012 Jan;16(1):8-13. Noch fehlen allerdings praktikable genetische Marker, um Menschen mit einer angeborenen Osteoporose-Prädisposition zu identifizieren. Von Bedeutung scheinen das Vitamin-D-Rezeptor-Gen (VDR), das Kollagen-Typ-I-alpha-1-Gen (COLIA1) und das Östrogenrezeptorgen-alpha zu sein. (19)J Musculoskelet Neuronal Interact. 2006 Jan-Mar;6(1):27-35 (20)J Diabetes Metab Disord. 2014 Oct 17;13(1):98. doi: 10.1186/s40200-014-0098-x. PMID: 25364703; … Continue reading Auf jeden Fall sollte die Familienanamnese mit gehäuftem Auftreten einer Osteoporose dazu anhalten, frühzeitig mit einer Vorsorge zu beginnen.
Osteoporose in der Menopause
Bei etwa 1/3 der Frauen entwickelt sich in der Menopause, bedingt durch den eintretenden Östrogenmangel, eine Osteoporose mit Anstieg des Frakturrisikos. Der Knochenabbau ist innerhalb der ersten 2 – 3 Jahre nach Eintritt am stärksten. Eine Hormonersatztherapie in dieser Zeit kann das Frakturrisiko um 20 – 40 % senken.
Da Östrogene in einigen Fällen mit der Entwicklung von Tumoren in Verbindung steht, ist jedoch ihre Verabreichung vom individuellen Risikoprofil einer Frau abhängig. Ist beispielsweise das Frakturrisiko erkennbar erhöht und liegt keine besondere familiäre oder sonstige Belastung für einen Östrogen-abhängigen Tumor vor, so sollte eine Hormontherapie in Betracht gezogen werden, deren Erfolg jedoch streng überprüft werden muss. (21)Best Pract Res Clin Endocrinol Metab. 2021 Dec;35(6):101551. DOI: 10.1016/j.beem.2021.101551
Eine verlängerte Behandlung mit PPI (Protonenpumpenhemmer, Gruppe von Magensäurehemmern) führt zu einer 1,93-fachen Erhöhung des postmenopausalen Knochenbruchrisikos; ihre Indikation sollte überprüft werden. (22)Int J Environ Res Public Health. 2022 Oct 19;19(20):13501. DOI: 10.3390/ijerph192013501
→ Zu Klinik und Beandlung s. u.
Klinische Einteilung
- Osteopenie (Vorstadium): T-Wert bei der Osteodensitometrie (s. u.) von -1.0 bis – 2.5 Standardabweichung
- Osteoporose (ohne Frakturen): T-Wert < -2.5 Standardabweichung
- Manifeste Osteoporose mit Frakturen: T-Wert < -2.5 Standardabweichung plus Knochenbrüche ohne eruierbares Ereignis
Symptomatik
- Beschwerdefreie Phase: Die Osteoporose ist oft lange Zeit beschwerdelos oder beschwerdearm. In dieser Phase ist sich der/die Betroffene nicht darüber klar, in welche Risiken die Entwicklung münden und wie ihnen vorgebeugt werden kann.
- Mikrofrakturen: Kommen Mikrofrakturierungen in den stark belasteten Knochen vor (besonders betroffen ist die Wirbelsäule), so können Schmerzen auftreten, die von ihrer Lokalisation recht gut dem Bereich der Mikrofrakturierung zugeordnet werden können. An der Wirbelsäule kommt es im Laufe der Zeit zur Höhenminderung (Zusammensinterung) von Wirbelkörpern, oft verbunden mit Verbiegungen, eines Rundrückens (Buckelbildung), Bildung eines Gibbus (Knick in der Wirbelsäule) durch Entstehung eines Keilwirbels. Solche Sinterprozesse sind meist mit Dauerschmerzen verbunden.
- Symptome durch Komplikationen
- Knochenfrakturen: Sie sind oft das erste Zeichen einer (bis dahin nicht erkannten) Knochenbrüchigkeit.
- Lockerung von Knochenimplantaten, z. B. einer Hüftkopfprothese oder eines Zahnimplantats.
- Gelenkbeschwerden bei einer Osteoarthrose, bei der die Gelenkbeschwerden durch eine Osteoporose-bedingte Fehlstellung verstärkt werden.
Diagnostik
- Röntgenuntersuchungen und Computertomographie: Nachweis von Frakturen und Kalksalzminderung. Die Sensitivität der normalen Röntgenuntersuchung ist gering. Erst ab einer deutlichen Dichteabnahme (von etwa 30 – 40 %) kann eine Osteoporose erkannt werden.
- Knochendichtemessung (Osteodensitometrie, DEXA = Dual energy X-Ray Absorptiometrie): sensitivste Methode. Indikation bei spontaner Fraktur ohne sonstige Ursache oder bei sonstigem klinischen Hinweis, auch bei familiärer (genetischer) Osteoporosebelastung (Kostenerstattung durch die Kassen muss erfragt werden). Messung üblicherweise am Oberschenkelhals und an der Lendenwirbelsäule. Angabe der Abweichung von der mittleren Knochendichte eines 30-Jährigen. (→ Knochendichtemessung)
- Ultraschallmessung an der Ferse oder am Handgelenk: relativ unsicher. (23)Osteoporos Int. 2000;11(4):321-30. doi: 10.1007/s001980070121. PMID: 10928222. Neuere Ergebnisse sind zuverlässiger. (24)Ultrasound Med Biol. 2021 Mar;47(3):527-534. DOI: 10.1016/j.ultrasmedbio.2020.11.025. Epub 2020 … Continue reading
Therapie
Die Behandlung eine Osteoposose stützt sich, neben der Vermeidung fördernder Faktoren, auf drei Grundpfeiler:
- Kalziumreiche Kost (z. B. Milch und Milchprodukte) und Vitamin D
- Körperliche Aktivität: Bewegungsmangel fördert den Knochenabbau! Die regelmäßige körperliche Bewegung wirkt dem entgegen und sollte schon im Kindesalter gefördert werden (25)Sports Med. 2006;36(7):561-9 (s.o.).
- Medikamente
- üblich: Kalzium + Vitamin D, Bisphosphonate, bei Frauen in der Menopause u. U. Hormonersatztherapie (s. o.),
- neuere Entwicklungen wie Strontiumranelat, Teriparatid und Romosozumab (siehe hier).
→ Therapie der Osteoporose
→ Vorbeugung der Osteoporose
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Verweise
- Knochendichtemessung
- Osteoporose-Therapie
- Osteoporose-Prophylaxe
- Knochen Gelenk Wirbelsäulenkrankheiten
- Glukokortikoide
- Romosozumab
- Vitamin D
- Phosphat
- Kalzium
- Der Knochen
- Osteoporose – einfach erklärt
Literatur