Therapie des Gallensteinleidens

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Allgemeines

Die Therapie des Gallensteinleidens (Cholelithiasis) richtet sich nach individuellen Gegebenheiten und Umständen, so nach der Zahl der Steine, ihrer Lokalisation, der Symptomatik, dem Alter und eingetretenen Komplikationen. (1)Z Gastroenterol 2000; 38: 449-468 (2)J Clin Med. 2023 Feb 28;12(5):1897. DOI: 10.3390/jcm12051897. (3)Expert Rev. Gastroenterol. Hepatol. 2016;10:93–112. doi: 10.1586/17474124.2016 Es kommen medikamentöse, endoskopische und chirurgische Optionen infrage.

Therapieprinzipien


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Die Behandlung einer symptomatischen Cholelithiasis wird heute i. d. R. laparoskopisch durchgeführt. Vorteile gegenüber der konventionellen offenen Operation sind die kürzere Liegezeit und die geringere Rate an postoperativen Thrombembolien und Verwachsungen.

Die laparoskopische Cholezystektomie hat nur geringe Komplikationen und Risiken. (4)Ann Surg 1999; 229: 449-457 Sie wird bei asymptomatischen Gallensteinen bei Patienten unter 50 Jahren gelegentlich propagiert. (5)Dig Surg 2000; 17: 344-347 Zu diskutieren ist sie bei großen oder multiplen Steinen als Karzinomprophylaxe sowie bei besonderen Hochrisikokonstellationen. (6)J Minim Access Surg. 2006 Jun;2(2):49-58 (7)World J Clin Cases. 2022 Oct 16;10(29):10399-10412

Erfolgsrate

Nach einer Cholecystektomie kann mit einer hohen Chance für eine Schmerzbefreiung gerechnet werden; sie wird mit 66 – 100 % angegeben. Eine Studienauswertung ergibt eine Befreiung von Gallenkoliken in 95 Prozent. (8)Br J Surg. 2022 Aug 16;109(9):832-838. DOI: 10.1093/bjs/znac154. Andere Symptome können leicht zu nehmen, beispielsweise eine Neigung zu durchfälligem Stuhl.

Postcholezystektomiesyndrom

Wenn Symptome anhalten, sind die diagnostizierten Gallensteine möglicherweise nicht die Ursachen der Beschwerden gewesen. Diese werden dann anderen Ursache zuzuschreiben sein, wie beispielsweise einer Dyspepsie, einer Erkrankung des Magens, der Bauchspeicheldrüse oder des Dickdarms, oder psychologischen Faktoren. Daher ist eine präoperative umfassende Diagnostik erforderlich um eine möglichst sichere Indikation zu stellen. (9)J Clin Med. 2023 Feb 28;12(5):1897. DOI: 10.3390/jcm12051897. (10)Surg. Endosc. 2013;27:709–718. doi: 10.1007/s00464-012-2516-9

Postcholecystektomiesyndrom

Indikationen

Hauptindikationen für eine Behandlung einer Cholelithiasis sind biliäre Symptome und Komplikationen, wie eine Gallenblasenperforation, akute Cholezystitis oder V. a. einen Gallenblasenkrebs. Diskutiert werden kann eine operative Karzinomprophylaxe bei multiplen oder großen Konkrementen.

Cholesterin- und Bilirubinatsteine

Eine definitive Therapie bei Vorliegen von Cholesterinsteinen ist die Cholezystektomie, da die Gallenblase der Ort der Entstehung ist. Bei schwarzen Bilirubinatsteinen wirkt eine Entfernung der Gallenblase nicht vorbeugend, da die eigentliche Voraussetzung eine anhaltende Hämolyse (Blutzerfall) ist, deren Ursache gesucht und behoben werden muss.

Steine im Gallengang

Wenn die Symptomatik eindeutig auf die Möglichkeit einer Choledocholithiasis weist, wird vor der Operation eine ERC mit Papillotomie und Steinextraktion propagiert (therapeutisches Splitting). Wenn der Hinweis auf ein Konkrement im Gallengang nur schwach ist, kann auf eine vorherige ERC verzichtet und intraoperativ eine Cholangiographie (Röntgendarstellung der Gallenwege) durchgeführt werden. Je nach Befund kann die Operation erweitert und der Gallengang bereinigt werden (Choledochusrevision). Oder es kann eine postoperative Gallengangsbereinigung durch ERC angestrebt werden.

Komplikations- und Krankheitsrate nach Operation

Die postoperative Morbidität nach Cholezystektomie wird in den Statistiken mit 1,6–5,3 % angegeben, Gallengangsverletzungen treten in 0,32–0,52 % auf. (11)Surg. Endosc. 2018;32:2175–2183. doi: 10.1007/s00464-017-5974-2 (Siehe unter Postcholezystektomiesyndrom.)

Postoperatives Karzinomrisiko?

Nach einer Cholezystektomie steigt das Risiko für gastrointestinale Tumore (möglicherweise durch eine veränderte Kinetik der Gallesekretion) leicht an. So ist das Kolonkarzinomrisiko etwas erhöht. Bei der postoperativ etwas vermehrt auftretenden Refluxkrankheit mit galligem Refluat muss mit einer erhöhten Inzidenz eines Barrett-Karzinoms gerechnet werden. (12)Gastroenterology 2001; 121: 548-553; Gastroenterology 2001; 121; 542-547

Häufige Konstellationen

Das Vorgehen bei häufigen Konstellationen ist

  • Asymptomatische Steinträger: sie werden in der Regel nicht behandelt.
  • Cholezystolithiasis ohne Choledocholithiasis: laparoskopische Cholezystektomie (Letalität je nach Zentrum unter 0,2%). Vorteil kurzer stationärer Aufenthalt, in aller Regel keine Rezidive, keine medikamentöse Prophylaxe nötig.
  • Cholezystolithiasis mit Choledocholithiasis: zunächst endoskopische Bereinigung des Hepatocholedochus (ERC mit Papillotomie und Steinextraktion), anschließend laparoskopische Cholezystektomie. Wenn eine endoskopische Steinextraktion nicht durchführbar ist (zu großer, zu harter oder eingeklemmter Stein), muß eine konventionelle Cholezystektomie mit Gallengangsrevision diskutiert werden.
  • Choledocholithiasis ohne Cholezystolithiasis: ERCP mit Papillotomie und Steinextraktion. Auch eine laparoskopische Revision des Ductus hepatocholedochus ist möglich. (13)J Hepatobiliary Pancreat Surg 2000;7(1):9-14
  • Wenn die endoskopische Steinextraktion nicht durchführbar ist (zu großer oder zu harter Stein), endoskopische Laserlithotrypsie oder konventionelle Cholezystektomie mit Gallengangsrevision diskutieren.
  • Akute biliäre Pankreatitis: eine akute ERC mit Steinextraktion ist nur dann indiziert, wenn auch akute biliäre Symptome vorliegen (z.B. Ikterus, Cholangitis). Wenn solche Komplikationen nicht vorliegen, kann die Gallenwegsbereinigung elektiv erfolgen.

Sonstige therapeutische Methoden (bei individuellen Indikationen) :

  • Steinzertrümmerung (mechanisch durch extrakorporale Stoßwellenlithotrypsie (ESWL) oder durch Laser). Nach einer Stoßwellenlithotrypsie kann in bis zu 90% Beschwerdefreiheit erreicht werden.
  • Rasche Gallensteinauflösung in der Gallenblase, z. B. durch lokale Applikation von Methyltertbutyläther (MTBE) über einen perkutan in die Gallenblase eingelegten Katheter (14)Am J Surg. 1987 Feb;153(2):233-46. doi: 10.1016/0002-9610(87)90822-1 (15)N Engl J Med. 1989 Mar 9;320(10):633-9. DOI: 10.1056/NEJM198903093201004. . Ein neueres Lösungsmittel soll unter Laborbedingungen und im Tierexperiment bessere Charakteristika aufweisen. (16)J Transl Med. 2019 Jun 10;17(1):195. DOI: 10.1186/s12967-019-1943-y.
  • Langsame Gallensteinauflösung (Ursodesoxy- und Chenodesoxycholat, nur bei Cholesterinsteinen möglich, z.B. 3×250 mg Ursodesoxycholsäure/d). Erfolgsquote 50-90%, lebenslange Behandlung nötig, da sonst Rezidive auftreten. (17)Hepatology 1999; 30: 6-13
  • Pravastatin und Simvastatin (und wahrscheinlich auch andere Statine) erniedrigen nicht nur die Cholesterinkonzentration im Serum sondern auch in der Galle. Dies führt zu einer Reduktion der Cholesterinsättigung und dadurch auch der Lithogenität. Dies könnte zu einer Litholyse und Steinprophylaxe ausgenutzt werden (Studien fehlen noch). (18)Hepatology 1999; 30: 14-20 (19)J Gastroenterol Hepatol 2000 Aug;15(8):87 (20)Expert Opin Pharmacother. 2011 Dec;12(17):2673-81. DOI: 10.1517/14656566.2011.629995
  • NSAID i.m. (z. B. Diclofenac) verhindern in der Mehrzahl der Fälle die Progression einer Kolik zur Cholezystitis. (21)Gastroenterology 1997; 113: 225-231
  • Eine orale Chemolitholyse mit Ursodesoxycholat hat eine Erfolgsquote von 60 bis 90%; es ist jedoch eine lebenslange Behandlung erforderlich (Hepatology 1999; 30: 6-13). Die Erfolgsquote nimmt bei Steinen > 5 mm stark ab! Kontraindikationen sind u.a.: Pigmentsteine, Verkalkungen, häufige Koliken, negatives Cholezystogramm, Hepatitis, Cholangitis, Cholezystitis)

Nicht alle dieser Methoden sind heute noch üblich. Von Bedeutung geblieben sind (neben den interventionellen Eingriffen einer endoskopischen Steinextraktion und einer Cholezystektomie) vor allem die Steinauflösung mit Gallensäuren (z. B. Urso, mehr prophylaktische Bedeutung), die Senkung des Cholesterinspiegels mit Fibraten sowie die Progressionsprophylaxe (Kolik zu Cholezystitis) mit NSAID.

Gallensteinauflösung

Eine medikamentöse Gallensteinauflösung ist eine Möglichkeit für besondere Indikationen, bei denen eine operative Behandlung nicht infrage kommt. (22)J Transl Med. 2019 Jun 10;17(1):195. doi: 10.1186/s12967-019-1943-y Als Mittel kommen systemisch orale Gallensalze und topisch (per lokaler Applikation) Cholesterinlösungsmittel wie Monooctanoin und Methyl-tert-butylether (MTBE) in Betracht. Sie behandelt nicht die Ursache, so dass die Relapsgefahr hoch ist. Die Methoden sind weitgehend verlassen worden. (23)Am J Surg. 1987 Feb;153(2):233-46. doi: 10.1016/0002-9610(87)90822-1 Ein neueres und dem MTBE überlegenes Lösungsmittel ist 2-Methoxy-6-Methylpyridine (MMP). (24)J Transl Med. 2019 Jun 10;17(1):195. doi: 10.1186/s12967-019-1943-y

Zur Senkung des Risikos einer neuerlichen Gallensteinbildung kommen folgende Maßnahme in Betracht:

  • Diätetisch ballaststoffreiche, fettarme Kost, Gewichtsreduktion, Soja-Lecithin, monoungesättigte Fettsäuren und Koffein. (25)Altern Med Rev. 2009 Sep;14(3):258-67. Insbesondere Ballaststoffe, welche im Darm (über Beeinflussung der Mikrobiota) die Entstehung kurzkettiger Fettsäuren (z. B: Butyrat) fördern, üben einen risikomindernden Effekt aus. (26)Eur J Pharmacol. 2021 Oct 5;908:174341. DOI: 10.1016/j.ejphar.2021.174341.
  • Medikamentöse Unterstützung der Gallenblasenkontraktilität (Ceruletid)
  • Urso- und Chenodesoxycholat zur Senkung der Lithogenität der Galle.

Darmmikrobiota als therapeutisches Ziel

Eine Beeinflussung der Darmmikrobiota zur Senkung des Gallensteinrisikos ist ein erfolgversprechendes Konzept. Darmbakterien können kurzkettige Fettsäuren aus Ballaststoffen bilden (z. B: Butyrat), die wiederum über die Vermittlung von Mediatorstoffen, die die Darmschleimhaut bildet, einen Einfluss auf die Gallensäurebildung in der Leber und einen mindernden Effekt auf das Gallensteinrisiko ausüben. Die Ergebnisse der Tierexperimente müssen über Studien am Menschen verifiziert werden. (27)Eur J Pharmacol. 2021 Oct 5;908:174341. DOI: 10.1016/j.ejphar.2021.174341. (28)Microbiol Spectr. 2022 Oct 26;10(5):e0051822. doi: 10.1128/spectrum.00518-22

Langzeiterfolg einer Steinextraktion aus dem Gallengang

Die Rezidivrate von CBD-Steinen nach endoskopischer Steinextraktion bei Patienten mit Cholezystektomie als alleinige Maßnahme ist mit 18,5 % laut einer skandinavischen Studie hoch. (29)Scand J Gastroenterol. 2018 Apr;53(4):466-470. doi: 10.1080/00365521.2018.1438507

Als Risikofaktoren für eine Wiederauftreten gilt ein großer Gallengangsdurchmesser von über 15 mm, nicht dagegen eine elektive Cholezystektomie nach Entfernung der CBD-Steine. (30)Yonsei Med J. 2016 Jan;57(1):132-7. DOI: 10.3349/ymj.2016.57.1.132 Eine endoskopische Papillenerweiterung durch Ballondilatation ergab ein etwas geringeres Risiko. (31)Medicine (Baltimore). 2022 Jan 21;101(3):e28671. DOI: 10.1097/MD.0000000000028671

→ Siehe Endoskopische Papillotomie


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Verweise

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Literatur[+]