Grüner Tee ist ein Getränk, das aus getrockneten Blättern der Teepflanze (Camellia sinensis (L.) Kuntze) hergestellt wird.
Allgemeines
Grüner Tee ist unfermentiert im Gegensatz zum fermentierten schwarzen Tee oder dem teilfermentierten Oolong. Durch die bakterielle Fermentation (bei etwa 30 Grad) und die anschließende Trocknung (bei etwa 85 Grad) verliert das Teeblatt biologisch wirksame Substanzen (zugunsten des Geschmacks). Beim grünen Tee wird die Fermentation durch Kurzzeiterhitzen verhindert. Er behält daher mehr antioxidative Aktivität als fermentierte Teesorten. Der biologisch wertvollste Inhaltsstoff ist ECGC (Epigallocatechin-Galleat). ECGC hat antioxidative, fettsenkende, antientzündliche, neuroprotektive (Nervensystem und Gehirn schützende) und antikanzerogene (gegen Krebs gerichtete) Eigenschaften. 1 2
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Biologische Wirkungen
Grüner Tee ist in vielfältiger Weise biologisch wirksam. Das zentrale Wirkprinzip ist Epigallocatechingallat (EGCG) mit starken antioxidativen, antiinflammatorischen und antikanzerogenen Eigenschaften. EGCG gehört zu den pflanzlichen Polyphenolen, die als Phytopharmaka wirksam sind. 3
Beispiele von Wirkungen
- Aufrechterhaltung der Endothelfunktion mit günstigen Auswirkungen bezüglich Verhinderung einer Arteriosklerose 4
- Entzündliche kardiovaskuläre Erkrankungen: im Tierversuch entfalten Tee-Polyphenole eine schützende Wirkung. 5 Sie fördern das muskuläre Remodelling nach Herzinfarkt 6 und verbessern die myokardiale Pumpfunktion bei Myokarditis. 7
- Vorbeugung des Metabolischen Syndroms: durch günstige Beeinflussung der Gewichtsentwicklung, der Zuckerkontrolle und kardiovaskulärer Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Hyperlipidämie 8 EGCG verbessert die Blutzuckerkontrolle und trägt zu einer Gewichtsreduktion bei. 9 In einer prospektiven Studie senkte ein konzentrierter Grüner-Tee-Extrakt die Triglyceride und LDL-Cholesterin im Blut signifikant. 10
- Vorbeugung des Knochenabbaus (Osteoporose) im Alter und des durch ihn bedingten Frakturrisikos. Dies erfolgt durch Unterstützung der Tätigkeit der Osteoblasten und Unterdrückung der der Osteoklasten 11 (siehe Infos zum Knochen), was auch im Tierversuch nahe gelegt wird 12
- Krebsvorbeugung: Die Prophylaxe mancher Krebsarten durch EGCG wird vermittelt durch eine Beeinflussung der den Zellzyklus, so durch Aktivierung von „Killer-Caspasen“ und durch Unterdrückung der Aktivierung des nukleären kappa-B-Faktors. 13 Als wünschenswerte Menge an grünem Tee werden 3 – 5 Tassen (bis 1,2 Liter täglich) vorgeschlagen, was einer Catechin-Menge von etwa 250 mg täglich entspräche). 14 Wichtige Mechanismen bei der Vorbeugung einer Krebsentstehung sollen eine Unterdrückung der Zellproliferation (antiproliferativer Effekt), der Invasion, Metastasenbildung und Angiogenese (Antiangiogenese in den Tumorabsiedlungen) und eine Erhöhung der Apoptose sein. 15 Die meiste Evidenz liegt für den Prostatakrebs und den Brustkrebs vor. 16 17
- Prostatakarzinom: EGCG kann zur Chemoprävention dienen. 18
- Mammakarzinom: Grüntee-Polyphenole unterdrücken die Zellproliferation einer Brustkrebszelllinie in vitro und in vivo. 19 20 Eine präventive Wirkung für andere gynäkologische Tumore wird jedoch als relativ schwach angesehen. 21
- Lungentumore: Bezüglich Lungenkrebs wurden nur geringe protektive Effekte gefunden 22.
- Magenkarzinom: hier wurde kein protektiver Effekt gefunden. 23
- Multiples Myelom: Experimentelle Ergebnisse legen nahe, dass das im grünen Tee enthaltene Epigallocatechingallat die Abtötung von Myelomzellen bewirkt. 23 Es soll laut biochemisch-experimenteller Ergebnisse allein oder zusammen mit Bortezomib eine gute Wirkung bei der Behandlung des multiplen Myeloms haben können. 24 Allerdings wurde auch festgestellt, dass Flavinoide, wie sie im grünen Tee vorkommen, direkt mit Bortezomib interagieren, so dass seine Wirkung vermindert oder aufgehoben werden kann 25 26.
- Gallenblasenkarzinom: Grüner Tee scheint eine geringe protektive Wirkung auf die Entstehung des Gallenblasenkrazinoms zu haben, laut Metaanalyse vieler Studien jedoch nur bei Frauen 27.
- Ösophaguskarzinom: Studien weisen eine protektive Wirkung von grünem Tee (und Kaffee, nicht von schwarzem Tee) nach 28.
- Uterusleiomyom: Es werden an Zelllinien starke antipproliferative, antifibrotische und antiangiogenetische Effekte nachgewiesen. 29
- Helicobacter pylori: Pflanzliche Polyphenole wie auch EGCG aus grünem Tee hemmt die Kolonisation von H. pylori und die durch den Keim ausgelöste entzündliche Reaktion, damit auch langfristig das durch die chronische Entzündung (und nicht unmittelbar durch H. pylori) erhöhte Magenkrebsrisiko. 30
- Neuroprotektion:
- Verminderung entzündlicher Reaktionen der Mikroglia: Das im grünen Tee vorhandene Epigallocatechingallat (EGCG) unterdrückt die Bildung der Entzündungsparameter TNF-alpha, Interleukin-1ß und Interleukin-6 sowie der induzierbaren Stickoxidsynthase (iNOS) in experimentell durch Amyloid stimulierter Mikroglia 31.
- Schutz vor neuronalem Abbau: Epigallocatechingallat vermindert die Schädigung neuronaler Stammzellen, die in bestimmten Gehirnzenzentren auch bei Erwachsenen noch aktiv sind, sowie ihre Apoptose durch proinflammatorische Zytokine, wie sie bei chronischen Entzündungen im Körper zirkulieren 32.
- Autoimmunenzephalitis: In Untersuchungen an Mäusen mit experimenteller Autoimmunenzephalitis (analog zur menschlichen multiplen Sklerose, MS) wird ebenfalls eine Schutzfunktion von EGCG nachgewiesen 33 34.
- Neurodegenerative Krankheiten: Morbus Alzheimer und Morbus Parkinson werden durch grünen Tee verzögert. 35 Tierexperimente legen nahe, dass bei der Parkinson-Krankheit Polyphenole aus grünem Tee die dopaminergen Neurone schützen, indem sie NO und reaktive Sauerstoffradikale hemmen. 36 EGCG hemmt die Aggregation von alpha-Synuclein. 37
- Schlaganfall-Vorbeugung: Eine positive Wirkung in der Schlaganfallprophylaxe wird mehrfach festgestellt. 38 Menschen, die täglich mehr als 3 Tassen grünen Tee trinken, sollen ein 21% geringeres Risiko für einen Schlaganfall haben. 39
- Familiäre Amyloidpolyneuropathie: Das im grünen Tee enthaltene Epigallocatechingallat scheint ein Kandidat für die Therapie dieser Form der Polyneuropathie zu sein. 40
- Systemische Leichtketten-Amyloidose: Es werden Fallberichte mitgeteilt, die einen positiven Effekt von grünem Tee nahe legen; möglicherweise kann sich Amyloid unter seiner Wirkung sogar wieder auflösen. 41 Bei der Herzbeteiligung einer Amyloidose führt grüner Tee zu einer Reduktion der Wanddicke des linken Ventrikels sowie einer deutlichen Verbesserung der linksventrikulären Ejektionsfraktion und der NYHA-Klassifikation. 42
- Photoprotektion der Haut: Sowohl die lokale Applikation von Polyphenolen aus grünem Tee als auch ihre orale Zufuhr schützen die Haut vor toxischen und kanzerogenen Folgen einer uv-Bestrahlung. EGCG vermindert die durch das uv-Licht hervorgerufene Unterdrückung und Schädigung des Immunsystems, was auch an einer Reduktion der Produktion von Interleukin-10 (IL-10), welches das Immunsystem unterdrückt, ablesbar ist. 43
Nebenwirkungen
Grüner Tee ist offenbar auch in größeren Mengen gut verträglich. Allerdings sind auch Leberschäden beschrieben. 44 Darunter befinden sich toxisch-hepatitische Entzündungsreaktionen, Cholestase, Leberverfettung und Leberzelluntergänge. Ursächlich wird oxidativer Stress der Hepatozyten angenommen. 45 Immer ist auch an Pestizide zu denken.
Weitere Entwicklungen
Unter physiologischen Bedingungen ist ECGC instabil und kann durch verschiedene Stoffwechselprozesse wie Methylierung in seiner Wirkung abnehmen. Um sie zu stabilisieren und zu erhöhen, werden Derivate entwickelt. 46 Für einige Derivate wurde eine verstärkte antivirale Wirksamkeit gefunden. 47 48
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Verweise
- Sekundäre Pflanzenstoffe
- Biologische Substanzen mit medizinischer Wirkung
- Phytopharmaka
- Epigallocatechingallat
Autor: Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (s. Impressum)
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