VIPom

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VIPom ist die Bezeichnung für einen sehr seltenen neuroendokrinen Tumor, der hormonell aktive Vasoaktive Intestinale Polypeptide (VIP) produziert. Er wird meist in der Bauchspeicheldrüse gefunden. Die Symptomatik mit Durchfällen, Exsikkose und Elektrolytstörungen kann lebensbedrohlich sein. Mit Octreotid steht eine medikamentöse Behandlung zur Verfügung. Wenn keine Metastasen vorliegen, ist eine operative Heilung möglich.

Synonyme

Das VIPom wurde früher als „Verner Morrison Syndrom“ oder „pankreatische Cholera“ bezeichnet. Das VIPom wird oft auch als „watery-diarrhoea-hypokalaemia-achlorhydria (WDHA) syndrome“ South bezeichnet (1)South Med J. 2009 Jul;102(7):761-4.

Inzidenz

Das VIPom ist sehr selten und kommt häufig schon bei Kindern vor; die Inzidenz wird auf 1:10 Millionen pro Jahr geschätzt.

Lokalisation

In über 70 %, nach manchen Literaturstellen in über 90 % lässt sich das VIPom in der Bauchspeicheldrüse lokalisieren. Typischerweise geht es von den Inseln des Pankreas aus.

Symptomatik

Bedingt durch die vom VIPom produzierten hormonellen Polypeptide kommt es zu einer chronisch wässrigen Diarrhö mit Elektrolytverlust und den Folgen einer z. T. ausgeprägten Hypokaliämie und Azidose: Muskelschwäche, Abnahme der Reflexstärke, typische EKG-Veränderungen. Es kann eine Hyperkalzämie gefunden werden; es treten oft Hautveränderungen auf.

Dignität

VIPome sind bei Diagnosestellung häufig (etwa 50 %) bereits maligne entartet und haben Metastasen gesetzt. Lokale Lymphknotenmetastasen sind meist erst intraoperativ erkennbar.

Diagnostik

Bei einer chronisch wässrigen Diarrhö im jugendlichen Alter mit Hypokaliämie und Azidose sollte an ein VIPom gedacht und VIP im Blut bestimmt werden. Unter den Laborwerten imponieren eine Hypokaliämie, ein niedriger Chlorid-Spiegel, eine Azidose und oft eine Hyperkalzämie. Es wurden Hauterscheinungen beschrieben. (2)J Med Cases. 2023 Oct;14(9-10):307-316

Zur Suche der Lokalisation des VIPoms dienen bildgebende Verfahren wie CT und Octreotid-Scan. Wenn kein Tumor gefunden wird, kann eine Ex-juvantibus-Suche durch etagenweise Blutabnahme aus der Milzvene durch einen transhepatisch platzierten Katheter in Betracht kommen. Ansonsten kann auch probelaparotomiert und intraoperativ die Bauchspeicheldrüse durch Hochfrequenzultraschalluntersuchung exploriert werden.

Bei der Diagnostik muss bedacht werden, dass im Rahmen eines MEN-Typ-1-Syndroms (multiple endokrine Neoplasie Typ 1), zu dem 10 – 20 % der pankreatischen neuroendokrinen Tumore (NET) hinzu gehören (3)Minerva Gastroenterol Dietol. 2009 Dec;55(4):425-43, auch andere endokrin aktive Tumore vorliegen können; so sollte auch an Tumore der Schilddrüse, Nebenschilddrüse und der Nebenniere (inkl. einem Phäochromozytom) gedacht werden (4)World J Gastroenterol. 2007 Sep 14;13(34):4649-52.

Differenzialdiagnosen

Prinzipiell kommen alle Differenzialdiagnosen einer wässrigen Diarrhö infrage. Insbesondere sollte an ein Gastrinom, eine Shiga-Toxin-bildende E.-coli-Infektion, an ein villöses Adenom im distalen Kolon und an einen Gallensäure-Spill-over mit chologener Diarrhö gedacht werden. Von diesen Differenzialdiagnosen weist jedoch das Gastrinom mit dem durch es ausgelösten Zollinger-Ellison-Syndrom auch peptische Geschwüre im oberen Gastrointestinaltrakt auf, die bei den von Verner und Morrison sowie später beschriebenen Fällen fehlen (5)Klin Wochenschr. 1976 Jan 1;54(1):1-11.

Therapie

Eine Operation ist die einzige bekannte Möglichkeit, das nicht metastasierte VIPom zu heilen. Sie kann zudem eine Therapieoption für stark symptomatische Patienten sein (beispielsweise bei schwer therapierbarer Diarrhö mit bedrohlicher Hypokaliämie), wenn die Resektion aller Tumorläsionen (Primärtumor und Metastasen) möglich ist. (6)Arch Surg. 2022 Nov;407(7):2629-2636

Die Therapie besteht zunächst im Ausgleich des Flüssigkeitsdefizits und der Hypokaliämie. Zur Unterdrückung der VIP-Produktion wird Somatostatin bzw. der Abkömmling Octreotid verwendet. Bei frühzeitiger Diagnose kann operiert werden, in etwa 40 % ist die Resektion kurativ (7)Singapore Med J. 2010 Jul;51(7):e129-32. Hepatische Metastasen können durch Embolisation des zuführenden Astes der Arteria hepatica behandelt und dadurch die Symptomatik deutlich verbessert werden (8)Med Oncol. 2002;19(3):181-7. Auch wird von Erfolgen einer Chemoembolisation (9)Yale J Biol Med. 2010 Mar;83(1):27-33, einer Radioembolisation mit strahlenden Mikrosphären (SIRT) (10)Cancer. 2008 Sep 1;113(5):921-9 einer Radioablation bei der Behandlung (11)J Gastrointest Surg. 2008 Feb;12(2):382-93 neuroendokriner Lebermetastasen berichtet. Langzeitverläufe müssen abgewartet werden.

Als Chemotherapie sind verschiedenen Kombinationen versucht worden, teilweise mit Streptozotozin und 5-Fu (12)N Engl J Med. 1980;303(21):1189–1194, auch mit Capecitabin und Temozolomid (Überleben um 16,5 Monate) (13)Pancreas. 2014;43(8):1303–1305. Wegen der Seltenheit des Tumors fehlen Studien.

Prognose

Die Prognose hängt vom Stadium bei der Erstdiagnose ab. Dank der erweiterten Therapiemöglichkeiten auch von Lebermetastasen ist ein mehrjähriges Überleben bei frühzeitiger Diagnostik nicht ausgeschlossen. Ansonsten sind die Ergebnisse der Chemotherapie unbefriedigend. Auch nach kurativer Operation muss mit Rezidiven gerechnet werden (14)Cureus. 2024 Apr 4;16(4):e57628. doi: 10.7759/cureus.57628.


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Verweise

Literatur[+]