Tyrosinkinasehemmer

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Tyrosinkinasehemmer sind Medikamente zur Behandlung bösartiger Erkrankungen. Sie vermindern den Einfluss von Wachstumsfaktoren auf die Krebszellen. Eine günstige Wirkung wird beispielsweise beim Lungenkrebs, anderen soliden Tumoren oder bei einer speziellen Formen der Leukämie gefunden.

Krebs
Onkogene

Das Wichtigste verständlich

Kurzgefasst
Tyrosinkinasehemmer sind orale Medikamente zur Behandlung bösartiger Erkrankungen. Sie vermindern den Einfluss von Wachstumsfaktoren auf die Krebszellen.

Eine günstige Wirkung wird beispielsweise bei einer speziellen Form der Leukämie (CML), bestimmten Tumoren des Magendarmtrakts (GIST), von Lungenkrebs (Nicht-Kleinzeller), beim Brustkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Prostatakrebs, Nierenkrebs und Leberkrebs gefunden.

Gelegentliche Nebenwirkungen betreffen u. a. den Magendarmtrakt, die Haut mit verschiedensten klinischen Bildern, eine allgemeine Müdigkeit eine Hypertonie und das Herz.

Hintergrund

Unter den neuen Medikamenten, die in den Tumorstoffwechsel eingreifen, gehören Substanzen die gezielt den EGF-Signaltransduktionsweg beeinflussen (“targeted therapy”, Übersicht unter. (1)World J Gastroenterol. 2007 Nov 28;13(44):5845-56 Tyrosinkinasen übertragen Phosphatgruppen von ATP auf Tyrosinreste verschiedener Substrate, so auch auf den Humanen Epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor 1, EGFR-1 (HER1). Tyrosinkinasehemmer inhibieren den von HER1 ausgehenden Signalweg, der normalerweise die Zellteilung anregt, und bewirken so eine Einschränkung des Tumorwachstums.

Eine besondere Indikation besteht in der Behandlung von Lungenkrebs (NSCLC), für den die ersten Vertreter der Substanzklasse zugelassen wurden, insbesondere von Patienten mit einer EGFR-aktivierenden Mutation, die bei 10 – 15 % der kaukasischen und 30–40 % der asiatischen NSCLC-Patienten. (2)Jpn J Clin Oncol. 2016 Apr;46(4):291-8. doi: 10.1093/jjco/hyv207

Einzelne Tyrosinkinasehemmer

  • Imatinib (STI571, Glivec®): Mit diesem (ersten zugelassenen) Tyrosikinaseinhibitor existieren die meisten Erfahrungen. Es wurde eine hemmende Wirkung beobachtet bei
    • der chronischen myeloischen Leukämie (CML)
    • der akuten Philadelphia-Chromosom positiven akuten lymphatischen Leukämie (ALL),
    • Gastrointestinalen_Stromatumoren (GIST): In einer kleinen Studien zeigt sich ein Überlebensvorteil gegenüber historischen Daten (34,8 versus 41,1 Monate). (3)Z Gastroenterol. 2005 Mar;43(3):267-73 Bei 14 Patienten dieser Studie fanden sich: 1 Nonresponder, 2 Progressionen nach initialem Ansprechen, 2 “stable diseases”, 8 partielle Responder, 1 vollständiges Ansprechen. In einer Studie (4)J Clin Oncol. 2007 Mar 20;25(9):1107-13 wird bei Patienten mit fortgeschrittenem GIST nachgewiesen, dass eine kontinuierliche Medikation zu besseren Ergebnissen führt als eine intermittierende (Progression innerhalb des Beobachtungszeitraums von ca. 2-3 Jahren von 8/26 versus 26/32 Patienten). Es wurde gefunden, dass eine Missense-Mutation in “KIT kinase domain 1” zu einer Resistenz gegenüber Imatinib führt. (5)Oncol Rep. 2006 Jul;16(1):97-101
  • Erlotinib (Tarceva®) : hemmende Wirkung beim
    • nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom (Zulassung als Zweitlinientherapie seit 2005). (6)N Engl J Med 2005 Jul 14; 353:123-32
    • Pankreaskarzinom: Seit Januar 2007 ist Erlotinib zusammen mit Gemcitabin zur Behandlung des Pankreaskarzinoms zugelassen. In einer Studie (7)J Clin Oncol. 2007 May 20;25(15):1960-6 wird Gemcitabin mit der Kombination von Erlotinib + Gemcitabin verglichen: das progressionsfreie Überleben war signifikant länger und das Einjahresüberleben stieg von 17% auf 21%. In einer anderen Studie (8)J Clin Oncol. 2007 Oct 20;25(30):4787-92 an Gemcitabin-refraktorischen Patienten mit metastasierendem Pankreaskarzinom wird bei der Kombination von Erlotinib mit Capecitabin ein Ansprechen von 10 % und ein mittleres Überleben von 6,5 Monaten gefunden; bei 17 % fiel der Spiegel des Tumormarkers Ca19-9 um > 50 %. Nebenwirkungen betrafen: Diarrhö, Hautrötung, Müdigkeit, Hand-Fuß-Syndrom. (9)Ann Oncol. 2007 Jun;18 Suppl 7:vii1-vii10
  • Sorafenib: hemmende Wirkung beim
    • hepatozellulären Karzinom. (10)Jpn J Clin Oncol. 2007 Oct;37(10):755-62 Die progressionsfreie Zeit unter Sorafenib lag bei 4,2 Monaten, die mittlere Lebenszeit bei  9,2 Monaten. (11)J Clin Oncol. 2006 Sep 10;24(26):4293-300
    • Prostatakarzinom: In einer Studie hatte Sorafenib eine nur beschränkte Wirksamkeit. (12) Ann Oncol. 2008 Apr;19(4):746-51. DOI: 10.1093/annonc/mdm554. Clofoctol und Sorafenib wurde als synergistische Kombination mit besserer Wirksamkeit identifiziert. (13)Cancer Manag Res. 2018 Oct 23;10:4817-4829. DOI: 10.2147/CMAR.S175256.
    • Nierenzellkarzinom (14)Jpn J Clin Oncol. 2007 Oct;37(10):755-62 (Nebenwirkungen u.a.: Lipase-Erhöhung 56 %, Alopezie (39 %), Hand-Fuß-Syndrom (55 %), Diarrhö (34 %)). Studien zur Kombination mit Interferon-alpha wurden durchgeführt und ergaben bessere Ergebnisse als für jede Substanz einzeln. (15)Clin Cancer Res. 2007 Mar 15;13(6):1801-9 (16)J Clin Oncol. 2007 Aug 1;25(22):3296-301
  • Sunitinib (Sutent®) dient zur Behandlung von nicht resezierbaren gastrointestinalen Stromatumoren, GIST und Nierenzellkarzinome.
  • Lapatinib (Tyverb®) ist ein reversibler Tyrosinkinaseinhibitor des epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors (EGFR) und gleichzeitig des „human epidermal growth factor receptor-2“ (HER2). Es ist zur Therapie des metastasierenden Mammakarzinoms zugelassen.
  • Dasatinib wird z. B. bei der Philadelphia-Chromosom-positiven ALL (akute lymphoblastische Leukämie) verwendet.
  • Ibrutinib ist ein Hemmer von Bruton’s Thyrosinkinase (BTK). Es wird zur Behandlung von Lymphomkrankheiten verwendet.
  • Anlotinib: Dies ist ein Multikinaseinhibitor, der in Studien das mittlere progressionsfreie Überleben (PFS) bei Patienten mit fortgeschrittenem Weichteilsarkom (STS) signifikant verlängerte. Wirksamkeit wurde auch gegen das fortgeschrittene medulläre Schilddrüsenkarzinom und das metastasierende Nierenzellkarzinom (mRCC) festgestellt. (17)J Hematol Oncol. 2018 Sep 19;11(1):120. DOI: 10.1186/s13045-018-0664-7. Bei einem Patient mit nicht kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) wurde unter Anlotinib als Erstbehandlung insgesamt 34 Monate progressionsfreies Überleben erreicht. (18)Front Oncol. 2023 Apr 6;13:1043244. DOI: 10.3389/fonc.2023.1043244.

Nebenwirkungen

Es werden für die einzelnen Medikamente unterschiedliche und unterschiedlich ausgeprägte Nebenwirkungen angegeben. Gemeinsam sind Hauterscheinungen (wie Erytheme, Fissuren, Teleangiektasien, Juckreiz) und Symptome des Magendarmtrakts. (19)Jpn J Clin Oncol. 2016 Apr;46(4):291-8. doi: 10.1093/jjco/hyv207 Beobachtet werden Durchfall, Infektionen der oberen Atemwege, Blutungen, Müdigkeit und kardiale Nebenwirkungen. (20)Crit Rev Oncol Hematol. 2019 Apr;136:56-63. doi: 10.1016/j.critrevonc.2019.02.001 Ursache ist die ausgeprägte blockierende Wirkung auf den Wachstmsfaktor-Rezeptor EGFR. EGFR wird stark in Haut- und Magen-Darm-Epithelzellen exprimiert. (21)Jpn J Clin Oncol. 2016 Apr;46(4):291-8. doi: 10.1093/jjco/hyv207 Zu den Nebenwirkungen im Herzkreislaufsystem gehören thrombotische Gefäßverschlüsse, erhöhter Blutdruck und eine Herzinsuffizienz, insbesondere bei einer kardiovaskulären Vorschädigung. (22)Gulf J Oncolog. 2021 Sep;1(37):79-84 (23)J Clin Oncol. 2015 Dec 10;33(35):4210-8.


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Verweise

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