Die Pulmonalinsuffizienz (pulmonary valve insufficiency) ist eine Undichtigkeit der Klappe zwischen rechter Herzkammer (rechter Ventrikel) und der großen Lungenarterie (Pulmonalarterie, Arteria pulmonalis). Sie führt zu einem Rückfluss von Blut während der Erschlaffungsphase des Herzens (Diastole) und einer Verminderung der Pumpleistung.
Zu Aufbau und Funktion des Herzens siehe hier.
Inhaltsverzeichnis
Pathomechanismus
Ist die Klappe undicht, schließen also die Klappenränder in der Diastole nicht fest zusammen, dann fließt Blut aus der Pulmonalarterie in die rechte Kammer (rechter Ventrikel) zurück. Die Effizienz des Herzschlags ist damit verringert. Die rechte Kammer füllt sich normalerweise ausschließlich mit dem Blut, das über die obere und untere Hohlvene aus dem Körper zum Herzen zurückfließt. Bei einer Pulmonalinsuffizienz füllt sich der rechte Ventrikel auch aus zurückfließendem Blut aus der Pulmonalarterie, sodass weniger Raum für Blut aus dem großen Körperkreislauf zur Verfügung steht. Damit vermindert sich die Pumpleistung des rechten Herzens bezüglich der Blutzirkulation. Es entwickelt sich eine Volumenbelastung des rechten Herzens und schließlich eine Rechtsherzinsuffizienz.
Zu den Folgen des Rückstroms von Blut aus der Pulmonalarterie zählt eine Erweiterung des rechten Ventrikels und eine konsekutive Trikuspidalinsuffizienz mit Stauung des Bluts vor dem rechten Herzen. Es kann zu einer Leberschwellung, einer Halsvenenstauung und einem positiven Halsvenenpuls und zu Ödemen kommen.
Ursachen
Eine leichte Pulmonalinsuffizienz ist oft harmlos und nicht immer als krankhaft zu werten.
In der Pädiatrie kommen einige angeborene Entwicklungsstörungen als Ursache in Betracht, die aufwändig durch bildgebende Verfahren nachgewiesen werden. Sie werden hier nicht besprochen.
Ursachen einer klinisch bedeutsamen Pulmonalinsuffizienz bei Erwachsenen können sein:
- eine Erkrankung der Pulmonalklappe, was relativ selten der Fall ist. Echokardiographisch ist nach einer Pulmonalklappenendokarditis zu suchen (siehe unter Endokarditis). Nach einer operativen Rekonstruktion einer Fallot’schen Tetralogie besteht ein Risiko einer bakteriellen Pulmonalklappenendokarditis, sodass eine Endokarditisprophylaxe empfohlen wird. (1)Catheter Cardiovasc Interv. 2014 Aug 1;84(2):212-8. DOI: 10.1002/ccd.25375. Epub 2014 Jan 31. … Continue reading
- eine Dilatation des Klappenrings des Herzens bei allgemeiner Schwäche der Muskulatur. Wenn das gesamte Herzgefüge auseinander geht, so erweitert sich auch der Klappenring. Dies kann auch eintreten, wenn plötzlich der Druck in der Pulmonalarterie steigt, wie es beispielsweise bei einer Lungenembolie der Fall ist. Bei einer chronischen Erhöhung des Pulmonalarteriendrucks kann dagegen lange Zeit der Tonus der Herzmuskulatur aufrechterhalten bleiben. Im Laufe der Zeit jedoch erschlafft er unter der Dauerbelastung, so bei einem ausgeprägten Emphysem oder einer chronischen Bronchitis. (Dazu siehe hier.)
Diagnostik
Klinisch ist ein positiver Halsvenenpuls und ein hepatojugulärer Reflux Hinweis auf eine Trikuspidalinsuffizienz und eine Pulmonalinsuffizienz. Bewiesen wird dies durch das Herzecho oder das kardiale MRT, in dem der Rückfluss des Bluts durch die Klappe sichtbar gemacht und quantifiziert werden kann.
Die Diagnostik erstreckt sich auch auf die Folgen einer Rechtsherzbelastung oder Rechtsherzinsuffizienz (siehe dort).
Therapie
Die Therapie richtet sich nach der Ursache. Bei einer großen und kreislaufwirksamen Lungenembolie beispielsweise ist i. d. R. eine Lysetherapie indiziert. Bei einer chronischen Rechtsherzbelastung ist ein Fortschreiten der Belastung (Progredienz) zu vermeiden, z. B. durch eine gute Therapie bei einem Asthma, einer chronischen Bronchitis oder einer COPD. In geeigneten Fällen kann eine Therapie mit Bosentan den Pulmonalisdruck senken.
In schweren Fällen muss eine operative Raffung oder ein Ersatz der Klappe in Betracht gezogen werden. (2)Ann Thorac Surg. 2016 Jun;101(6):2294-301. DOI: 10.1016/j.athoracsur.2016.01.035. Epub 2016 Apr … Continue reading Eine perkutane Implantation einer künstlichen Pulmonalklappe (durch Kathetertechnik, z. B. Melody valve) hat eine hohe Erfolgsrate (in einer Zusammenstellung 99%) und führt zu einer wesentlichen hämodynamischen Verbesserung. (3)Ther Adv Chronic Dis. 2019 Jun 14;10:2040622319857635. DOI: 10.1177/2040622319857635. PMID: … Continue reading Die Wahrscheinlichkeit, 3 Jahre ohne erneute Operation zu überleben beträgt etwa 90%. (4)Circ Cardiovasc Interv. 2021 Apr;14(4):e009707. DOI: 10.1161/CIRCINTERVENTIONS.120.009707. Epub … Continue reading
Zur Therapie siehe hier.
Verweise
Literatur