Das Alport Syndrom ist eine X-chromosomal vererbte Krankheit mit Schwerhörigkeit und Niereninsuffizienz bereits in jugendlichem Alter. Zugrunde liegt eine Störung der Kollagenbildung. Die Erkrankung kann zu völliger Taubheit und zur Dialysepflichtigkeit führen. Auch eine Manifestation am Auge ist relativ häufig und kann eine Verschlechterung des Visus bewirken.
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Inhaltsverzeichnis
Entstehung
Als genetische Grundlage des Alport Syndroms wurden ein Defekt des Typ-IV-Kollagens der Basalmembranen in Innenohr, Augen und Nieren gefunden. Von den Mutationen betroffen sind die COL4A3-, COL4A4- oder COL4A5-Gene; das COL4A5-Gen liegt auf dem X-Chromosom. Die Vererbung erfolgt bei der Hauptform des Alport-Syndroms daher X-chromosomal-dominant, bei einer selteneren Form autosomal-rezessiv über eine Mutation auf Chromosom 2. (1)Clin J Am Soc Nephrol. 2022 Jan;17(1):143-154. DOI: 10.2215/CJN.04230321
Beim Alport-Syndrom fehlen diese Ketten in der glomerulären Basalmembran. Dies braucht in der Kindheit zunächst noch keine wesentliche Funktionseinschränkung zur Folge zu haben, führt aber dann zu einer zunehmenden irregulären Verdickungen und Aufsplittung der Basalmembran, die elektronenmikroskopisch erkennbar ist, einer Proteinurie und schließlich zur Absenkung der glomerulären Filtrationsrate und damit zur Entwicklung einer Niereninsuffizienz. (2) Nephron Clin Pract. 2007;106(2):c82-8
Symptomatik
Die Symptomatik entwickelt sich meist bei männlichen Jugendlichen mit einer Schwerhörigkeit, die sich bis zur Taubheit verstärkt. Das erste Zeichen einer Nierenbeteiligung kann eine Proteinurie und Hämaturie sein. Auch beginnt eine – anfangs meist unentdeckte – Einschränkung der glomerulären Filtrationsrate (GFR), die allmählich bis zur schweren Niereninsuffizienz und Dialysepflichtigkeit fortschreitet. (3)Clin Exp Nephrol. 2019 Feb;23(2):158-168. DOI: 10.1007/s10157-018-1629-4
Heterozygote Frauen sind meist symptomlos, können jedoch auch eine Hämaturie, Nierenfunktionsstörung und Taubheit entwickeln. (4)Pediatr Nephrol. 2012 Jan;27(1):41-6. doi: 10.1007/s00467-011-1836-7
Es gibt seltene Berichte über eine Erkrankung arterieller Gefäße bei Patienten mit Alport Syndrom; auch mit einer Aortendissektion muss offenbar in sehr seltenen Fällen gerechnet werden. (5) Nephrol Dial Transplant. 2010 Nov;25(11):3554-60
Am Auge entwickeln sich in immerhin etwa 85% der Fälle Sehstörungen durch eine korneale Trübung und eine Retinopathie. (6)Cornea. 2011 Mar;30(3):367-70
Diagnosestellung
Die Kombination von Schwerhörigkeit und Niereninsuffizienz in jüngeren Jahren sollte an die Möglichkeit eines Alport-Syndroms denken lassen. Die Familienanamnese kann den Verdacht erhärten, wenn bei nahen Blutsverwandten eine ähnliche Symptomatik eruierbar ist. Auch führt eine familiäre, sonst unerklärte Hämaturie oft zum ersten Verdacht. Die immunhistochemische Untersuchung auf Typ-IV-Kollagen-alpha-Ketten gilt als wichtiges Diagnostikum. (7)Srp Arh Celok Lek. 2008 Dec;136 Suppl 4:323-6 Eine genetische Analyse kann in Zweifelsfällen Klarheit bringen.
Genetische Testung
Bei einer persistierenden Hämaturie sollte laut Expertenmeinung ein genetischer Test auf pathogene Col4a3 oder Col4A4 durchgeführt werden. Im Falle eines Alport-Nachweises sollten enge Familienmitglieder ebenfalls getestet werden. Tests auf Col4A3-Col4A5-Gen-Varianten sollten auch bei persistierender Proteinurie und steroidresistentem nephrotischem Syndrom und bei familiärer IgA-Glomerulonephritis und bei Nierenversagen unbekannter Ursache durchgeführt werden. (8)Clin J Am Soc Nephrol. 2022 Jan;17(1):143-154. DOI: 10.2215/CJN.04230321
Therapie
- Ursächliche Therapie: Eine ursächliche Therapie des Alport Syndroms gibt es derzeit nicht. (9) Kidney Int. 2009 Sep;76(6):599-603
- Dialyse: Patienten mit einer Niereninsuffizienz im Endstadium sind dialysepflichtig und prinzipiell Kandidaten für eine Nierentransplantation. Wegen der Möglichkeit einer erneuten Erkrankung sollten Blutsverwandte, die sich als Spender zur Verfügung stellen möchten, besonders gut auf eine mögliche erbliche Belastung untersucht werden Nat Rev Nephrol. 2010 Dec;6(12):736-43.
- Cyclosporin: Eine Therapie mit Cyclosporin A scheint zwar vorübergehend die Proteinurie beim Alport Syndrom verbessern zu können (10)J Am Soc Nephrol. 2003 Mar;14(3):690-8, sollte jedoch laut Studien wegen eigener Nephrotoxizität bei bestehender Nierenschädigung nicht gegeben werden. (11)Pediatr Nephrol. 2010 Jul;25(7):1269-75
- ACE-Hemmer: Eine Behandlung mit ACE-Hemmern wie Lorsatan scheint die Proteinurie beim Alport-Syndrom zu verbessern und gut vertragen zu werden (z. B. bei Kindern von 1 bis 17 J. (12)Nephrol Dial Transplant. 2011 Aug;26(8):2521-6. doi: 10.1093/ndt/gfq797. Eine dreifache RAAS-Blockade wird zur Senkung der Proteinurie ebenfalls gewählt und gut vertragen. (13)J Clin Med. 2021 Oct 26;10(21):4946. DOI: 10.3390/jcm10214946
- Knochenmarkstransplantation: Im Alport-Tiermodell einer Knockout-Maus für die Alpha3-Kette des Typ-IV-Kollagens (Col4A3 knockout Maus) wurde gezeigt, dass eine Stammzelltransplantation (Transplantation von Wildtyp Knochenmark) die Nierenerkrankung bessert. Die Mikroarchitektur der Basalmambran in den Glomerula wird positiv beeinflusst und das Überleben verbessert. Diese Effekte scheinen auf eine Neusynthese der defekten Alpha3(IV)-Kette des Typ-IV-Kollagens zurückzuführen zu sein. (14)Stem Cells. 2006 Nov;24(11):2448-55 Eine Gentherapie oder Stammzelltransplantation könnte eine Perspektive für Alport-Kranke darstellen. (15)Pediatr Nephrol. 2018 Aug;33(8):1309-1316. doi: 10.1007/s00467-017-3784-3
Verweise
Literatur