Perikarditis bedeutet Herzbeutelentzündung. Sie kann durch verschiedene Ursachen bedingt sein und akut, subakut und chronisch verlaufen. Häufig lässt sich ihre Ursache nicht klären (idiopathische Perikarditis). Eine ausgeprägte Perikarditis kann zu einer bedrohlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Herzens (Herzinsuffizienz) führen, zumal die Herzmuskulatur unter dem Herzbeutel in der Regel in den Entzündungsprozess einbezogen ist (Myoperikarditis). In seltenen Fällen verläuft eine Perikarditis chronisch-vernarbend; es entsteht eine Pericarditis constrictiva. (1)Aust Fam Physician. 2017 Nov;46(11):810-814. PMID: 29101915.
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Inhaltsverzeichnis
Ursachen, Differenzialdiagnosen
Einer Herzbeutelentzündung können verschiedene Ursachen zugrunde liegen. Zu ihnen gehören:
- Infektionen: Meist liegt eine Infektion zugrunde:
- Viren (z. B. Coxsackie, Echo, Influenza, HIV), (2)Mol Med Rep. 2014 Dec;10(6):2811-8. DOI: 10.3892/mmr.2014.2578. Epub 2014 Sep 18. PMID: 25241846; … Continue reading
- Bakterien (bei Septikämie),
- Pilze (z. B. Histoplasmose, Candidiasis, Kokzidiomykose)
- Tuberkulose: ohne Behandlung chronischer Verlauf oft mit Entwicklung einer Pericarditis constrictiva,
- Herzinfarkt: lokale fibrinöse Ausschwitzungen über dem Infarktareal
- Dressler Syndrom (Postinfarktsyndrom)
- Postkardiotomiesyndrom nach Herzoperationen
- Kollagenosen: systemischer Lupus erythematodes
- Urämie bei Niereninsuffizienz: Pericarditis uraemica bei hohen Harnstoffwerten, anfangs Perikardreiben, später Perikardexsudationen (Perikarderguss)
- Perikarditis bei Perikardmetastasen (mit oft blutigem Erguss)
- Perikarditis durch Strahlentherapie: meist chronischer Verlauf, Ausbildung einer Pericarditis constrictiva möglich
- toxisch,
- ohne erkennbare Ursache, idiopathisch (siehe hier)
Formen
- Akute Herzbeutelentzündung z. B. bei infektiöser Ursache
- Chronische Herzbeutelentzündung z. B. bei Kollagenosen, Urämie, Tuberkulose, nach Strahlentherapie
- Konstriktive Perikarditis, Form einer chronischen Perikarditis: Sie kann Folge einer jeden chronischen Herzbeutelentzündung sein. Memos: Gelegentlich tuberkulöse Ursache. Zeichen einer Störung der diastolischen Füllung mit oberer Einflussstauung. Therapeutisch operative Perikardfensterung. (5)Ann Thorac Surg. 2006 Feb;81(2):522-9. doi: 10.1016/j.athoracsur.2005.08.009. PMID: 16427843.
Symptomatik
Bei akutem Verlauf oft rasch eintretende Luftnot, Leistungsschwäche und Hypotonie, besonders bei rasch zunehmendem Herzbeutelerguss, der zur Perikardtamponade führen kann. In der Anfangsphase einer fibrinösen Ausschwitzung noch ohne wesentliche Ergussbildung können starke Schmerzen (ähnlich einer Angina pectoris) auftreten. Solange noch kein Perikarderguss vorhanden ist, kann Perikardreiben (engl: pericardial friction) auskultiert werden. Unspezifisch sind Fieber, Hüsteln, Abgeschlagenheit.
Herzbeuteltamponade
Eine massive Exsudation von Flüssigkeit in den Herzbeutel führt zur Herzbeuteltamponade, bei der die diastolische Füllung der Ventrikel und die Koronardurchblutung behindert sind. Es kommt zur Herzinsuffizienz mit raschem Blutdruckabfall. Klinisch dominieren eine obere Einflussstauung mit angeschwollenen Jugularvenen, sehr leise Herztöne, eine Tachykardie und eine Atemnot in Ruhe (Orthopnoe). Reaktiv zur Hypotonie (durch das low-cardiac-output-Syndrom) springt der Sympathicus an, erkennbar an kaltem Schweiß, kalten Extremitäten und dem schnellen Herzschlag. (6)JAMA. 2015 Oct 13;314(14):1498-506. DOI: 10.1001/jama.2015.12763. Erratum in: JAMA. 2015 Nov … Continue reading
Diagnostik
Die Diagnostik umfasst Anamnese, klinischen Befund und technische Untersuchungen. (7)Am Fam Physician. 2002 Nov 1;66(9):1695-702. PMID: 12449268.
- Echokardiographie: Nachweis von Perikarderguss, fibrinösen Perikardauflagerungen und Metastasen.
- EKG: Niedervoltage in Abhängigkeit von der Größe des Perikardergusses. Beim “swinging heart” findet sich ein elektrischer Alternans. Sonst unspezifische Veränderungen.
- Röntgenuntersuchungen, MRT, CT: Lungenstauung? Tumor? Verkalkende Perikarditis?
- Laboruntersuchungen: Virusserologie, Diagnostik von Kollagenosen (z. B. ANA),
- Blutkulturen
- Tuberkulosediagnostik.
Häufig wird die Ursache nicht gefunden (idiopathische Perikarditis).
Therapie
- Behandlung der Ursachen (z. B. bakterieller Infektionen, einer Tuberkulose, der Urämie oder einer Kollagenose)
- Perikardpunktion als Sofortmaßnahme bei massivem Perikarderguss und Perikardtamponade.
- Analgetika bis hin zu Opiaten bei Schmerzen durch Perikardreiben
- Operation, z. B. Perikardfensterung oder Perikardektomie bei verkalkender Perikarditis
- Behandlung der kardialen Stauung (Kochsalz– und Flüssigkeitsrestriktion, Diuretika)
Sonderform: Autoimmune Perikarditis
Wiederkehrende Entzündungen des Herzbeutels (engl.: recurrent pericarditis) können auf autoimmune und autoinflammatorische Prozesse hindeuten. Es können sich Antikernfaktoren (ANA) Antiherz-Antikörper und weitere Autoantikörper finden. Spezielle Zellen des Immunsystems inkl. der Makrophagen können ungewöhnlich aktiv sein (aktiviertes Inflammasom) und erhöhte Mengen an Entzündungsmediatoren inkl. Interleukin-1 (IL-1) produzieren. Therapeutisch haben sich Aspirin (Acetylsalicylsäure) und entzündungshemmende Medikamente (NSAID) als Wirksam erwiesen. Colchicin wird aufgrund seiner Rolle bei der Hemmung des IL-1-Converting-Enzyms (Caspase 1) zusätzlich zur standardmäßigen entzündungshemmenden Therapie empfohlen. Auch Anakinra ist wirksam, was die Hypothese einer IL-1-vermittelten Erkrankung stützt. (8)Trends Cardiovasc Med. 2021 Jul;31(5):265-274. DOI: 10.1016/j.tcm.2020.04.006.
Sonderform: Idiopathische Perikarditis
Wenn die Ursache einer vorliegenden Herzbeutelentzündung trotz Ursachendiagnostik unbekannt bleibt, wird sie als idiopathisch bezeichnet. Vermutlich sind in dieser Gruppe viele postvirale Fälle enthalten. Werden alle bekannten virusbedingten und alle idiopathischen Fälle einer Herzbeutelentzündung zusammengenommen, so sollen sie etwa 80 % aller Perikarditiden ausmachen. Sie sind durch eine Rezidivneigung gekennzeichnet. Colchicin und nichtsteroidale antientzündliche Medikamente (NSAID) ggf. plus Colchizin sind in der Hälfte der Fälle effektiv. NSAID’s können die Rezidivhäufigkeit senken (9)JAMA. 2015 Oct 13;314(14):1498-506. DOI: 10.1001/jama.2015.12763. Erratum in: JAMA. 2015 Nov … Continue reading (10)Curr Cardiol Rep. 2021 Jul 28;23(9):128. DOI: 10.1007/s11886-021-01549-5.. Das Ansprechen auf NSAID und Colchicin legt die Vermutung nahe, dass einem Teil der idiopathischen Herzbeutelentzündungen eine autoimmune bzw. autoinflammatorische Genese (s. o.) zugrunde liegt. (11)Curr Rheumatol Rep. 2019 Mar 9;21(5):18. DOI: 10.1007/s11926-019-0820-2.
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Verweise
Literatur