Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste verständlich
PCSK9-Hemmer sind ein neues Therapieprinzip zur Senkung stark erhöhter Cholesterinwerte im Blut. Sie vermindern das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall deutlich und kommen zur Behandlung schwerer, sonst nicht ausreichend therapierbarer Formen der Hypercholesterinämie in Betracht. In Kombination mit Statinen sind sie besonders effektiv und ermöglichen eine Senkung des LDL-Cholesterins (LDL-C) auf etwa 30 mg/dl. Solche Werte sind mit anderen Medikamenten nicht erreichbar.
Die ausgeprägte LDL-C-Senkung über die bisher angestrebten Grenzwerte hinaus bewirkt eine weitere Reduktion des Herzinfarkt-Risikos. Wegen der ausgesprochen hohen Kosten wird ein breiter Einsatz der PCSK9-Hemmer auf absehbare Zeit nicht finanzierbar sein. Die Indikationen werden sich daher vorerst auf die familiäre Hypercholesterinämie und Sonderfälle, z. B. einer Statin– und Ezetimib-Wirkungslosigkeit oder -Unverträglichkeit beschränken. |
Wirkungsweise
PCSK9-Hemmer inaktivieren das Protein PCSK (“proprotein convertase subtilisin/kexin type 9” (PCSK9), gebildet in Leber, Darm, Nieren und Gehirn), welches an LDL-Rezeptoren (LDLR) der Leber (auf der Oberfläche der Hepatozyten) bindet. Die Rezeptoren werden mithilfe von PCSK9 normalerweise in Lysosomen internalisiert und dort abgebaut. Neubildungs- und Abbaurate dieses Rezeptors bestimmen die Aktivität der Hepatozyten bezüglich Cholesterinaufnahme aus dem Blut. PCSK9 ist damit ein Protein, welches die Lebenszeit der LDL-Rezeptoren und seine Dichte auf den Lebenzellen mit reguliert – und damit indirekt den Cholesterinspiegel im Blut. Antikörper gegen PCSK9 verschieben das Gleichgewicht zugunsten der Lebenszeit und damit der Dichte der Rezeptoren. Dies wirkt sich in einer vermehrten LDL-Aufnahme der Leberzellen aus dem Blut aus. Folge ist eine Senkung des LDL-Spiegels. PCSK9-Hemmer ergänzen die Wirkung von Statinen, die über eine vermehrte Bildung von LDLR Cholesterin-senkend wirken, die aber auch eine PCSK9-Induktion und damit eine beschleunigte Nachbildung von LDLR hervorrufen, was die Statinwirkung begrenzt.
Wirkung
Die Antikörper werden subkutan appliziert; Evolocumab z. B. als Fertigspritze in einer Dosierung von 140 mg alle zwei Wochen oder 420 mg einmal monatlich.
Die Kombination eines PCSK9-Hemmers und eines Statins führt zu einer Senkung des LDL-Cholesterin-Spiegels, der um 50 – 50 % stärker ausfällt, als es durch eine alleinige Statin-Therapie möglich ist. (1)Basic Res Cardiol. 2015; 110(2): 4. doi: 10.1007/s00395-015-0463-z (2)Clin Res Cardiol Suppl. 2017; 12(Suppl 1): 2–11. Published online 2017 Feb 7. doi: … Continue reading .
Studien
Die PCSK9-hemmenden Antikörper Alirocumab, Evolocumab und Bococizumab haben in Studien den LDL-Cholesterin-Spiegel im Blut unerwartet stark gesenkt.
- Eine Studie zu Evolocumab als Monotherapie (140 mg alle 2 Wochen oder 420 mg einmal monatlich, via subkutaner Injektion) demonstrierte eine Reduktion des LDL-Cholesterin um 55%, in Kombination mit Statinen bis 75% (3)Vasc Health Risk Manag. 2016 Nov 10;12:421-433 (4)Ther Clin Risk Manag. 2016 Sep 6;12:1365-76. doi: 10.2147/TCRM.S116679 (5)Am J Cardiovasc Drugs. 2016 Feb;16(1):67-78. doi: 10.1007/s40256-015-0153-0 .
- Evolocumab war in den Studien jeweils gut vertragen worden (6)BMC Med. 2015; 13: 123. Published online 2015 Jun 23. doi: 10.1186/s12916-015-0358-8.
- In einer Studie wurden bei 3% der Patienten Symptome registriert (influenza- oder grippeähnliche Symptome um 10%, Rückenbeschwerden um 6%) (7)Am Health Drug Benefits. 2016 Mar; 9(Spec Feature): 136–139. .
- In einer (außerordentlich teuren) Studie über im Mittel 2,2 Jahre senkte Evolocumab auf der Basis einer Statintherapie den LDL-Cholesterinspiegel von im Mittel 92 mg/dl auf 30 mg/dl. Gleichzeitig sanken die Endpunktereignisse Herztod, Herzinfarkt, Schlaganfall, instabile Angina pectoris und koronare Revaskularisation (koronarer Stent) signifikant (minus 11,3 % vs. minus 9,8 % unter Placebo: 1,5% weniger). Mit den PCSK9-Hemmern wird es möglich, die derzeitigen Zielgrößen des Cholesterinspiegels für Hochrisikopatienten (von empfohlenen < 70 mg/dl, erreichbar bisher nur durch Statine + Ezetimib + Diät (8)JAMA Cardiol. 2017 Mar 14. doi: 10.1001/jamacardio.2017.0083) nicht nur soeben, sondern deutlich zu unterschreiten und die erwünschten Werte um 30 mg/dl zu erreichen. Und es konnte in der Studie gezeigt werden, dass davon Patienten mit arteriosklerotischer Herz- und Gefäßkrankheit profitieren (9)NEJM 2017; March 17, DOI: 10.1056/NEJMoa1615664 . Solche Werte sind auch in der IMPROVE-IT-Studie als besonders günstig festgestellt worden (10)JAMA Cardiol. 2017 Mar 14. doi: 10.1001/jamacardio.2017.0083.
Indikationen
Inzwischen sind Evolocumab (Repatha®) ebenso wie Alirocumab (Praluent®) zur Behandlung der schweren heterozygoten familiären Hypercholesterinämie zugelassen worden.
PCSK9-Hemmer sind besonders wirksam in Kombination mit anderen Lipidsenkern, speziell mit Statinen. Sie kommen zusätzlich zu diätetischen Maßnahmen als Cholesterinsenker als Therapieoption in Betracht
- bei Patienten mit primärer (familiärer) Hypercholesterinämie,
- bei klinisch wirksamer atheriosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankung (Angina pectoris durch Verengung der Herzkranzgefäße), welche eine sonst nicht erreichbare zusätzliche Low-Density-Lipoprotein-Cholesterin (LDL-C) Senkung benötigt,
- Statin-Unverträglichkeit und unzureichender Wirkung sonstiger Maßnahmen (diätetisch und medikamentös, unzureichende Wirkung z. B. auch von Ezetimib) (11)Clin Cardiol. 2014 Mar;37(3):131-9. doi: 10.1002/clc.22248 .
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Verweise
- Fettstoffwechselstörung
- Hypercholesterinämie
- LDL-Cholesterin
- Koronare Herzkrankheit
- Statine
- Ezetimib
Literatur