Genetisch bedingte Pankreatitis

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Eine Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) ohne erkennbare Ursache kann eine genetische Grundlage haben und damit eine vererbbare Prädisposition bedeuten. Eine genetisch bedingte Pankreatitis stellt ein deutlich erhöhtes Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) dar.


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Das Wichtigste

Kurzgefasst
Gen-Varianten sind entdeckt worden, die zu einem deutlich erhöhten Risiko für eine chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) führen – und damit auch für Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom). Wenn in der Familie gehäuft unerklärte Bauchspeicheldrüsenentzündungen auftreten, so können weitere Familienmitglieder gefährdet sein. Vor allem junge Menschen mit solch einem familiären Hintergrund oder mit einer Pankreatitis ohne adäquaten Anlass sollten sich genetisch beraten und ggf. auch untersuchen lassen. Sollte jemand positiv getestet werden, so wäre eine strenge Vorsorge zu treffen, wenngleich alle Vorsorgemaßnahmen keine völlige Sicherheit bieten können.

Pathogenese

Von zentraler Bedeutung für die Entstehung einer Pankreatitis ist eine frühzeitige Aktivierung des Eiweiß verdauenden Enzyms Trypsin bereits in der Bauschspeicheldrüse; dies gilt auch im Wesentlichen für die genetisch bedingte Pankreatitis. (1)LaRusch J, Solomon S, Whitcomb DC. GeneReviews® [Internet]. Seattle (WA): University of … Continue reading

Bekannte Genvarianten

PRSS1: Dieses Gen kodiert für kationisches Trypsinogen, die Vorstufe des Hauptenzyms der Bauchspeicheldrüse für die Verdauung von Eiweiß. In bis nahezu 100% der Fälle familiärer, hereditärer Pankreatitis findet sich eine pathologische Variante dieses Gens. Es wird autosomal dominant vererbt. Die pathologischen Varianten von PRSS1, die mit der Entwicklung einer hereditären Pankreatitis verbunden sind, führen zu einer Umwandlung von Trypsinogen in Trypsin bereits in der Bauchspeicheldrüse, wohingegen die Aktivierung normalerweise erst im Duodenum stattfindet.

SPINK1: Dieses Gen kodiert für einen Serinproteaseinhibitor, der als Trypsin-Inhibitor wirkt. Eine pathologische Variante mit hoher Pankreatitis-Prädisposition ist in Ostasien verbreitet. Sie bewirkt eine Senkung des Schutzes der Bauchspeicheldrüse vor einer zu frühzeitigen Aktivierung des Trypsins.

CFTR: Dieses Gen kodiert für das „cystic fibrosis transmembrane conductance protein“ und ist hauptsächlich für die bikarbonatreiche Flüssigkeitsproduktion in den Zellen der Pankreasgänge verantwortlich. Ist sie (in Folge eines falschen Genprodukts) gestört, so kommt es zu einer Sekreteindickung und damit zu einer Abflussstörung des Verdauungssafts der Bauchspeicheldrüse, wiederum mit der Folge einer Aktivierung des Trypsins bereits im Organ. Die Schwere der Ausprägung hängt von der Art der vorliegenden CFTR-Variante ab; von ihr hängt beispielsweise auch die Beteiligung der Lungen im Rahmen einer zystischen Fibrose (Mukoviszidose) ab.

CLDN2: Dieses Gen kodiert für Claudin, welches die Ductuluszellen der Pankreasausführgänge an den Tight-jucctions abdichtet. Eine pathogene Variante wird mit der Alkoholpankreatitis in Zusammenhang gebracht. Da es X-chromosomal gebunden ist, ist die Wahrscheinlichkeit für Männer (1 X), eine Alkoholpankreatitis zu bekommen, deutlich höher als für Frauen (2 X, seltene Homozygotie). Fast 50% aller Männer mit Alkoholpankreatitis sollen eine pathologische CLDN2-Variante haben. (2)LaRusch J, Solomon S, Whitcomb DC. GeneReviews® [Internet]. Seattle (WA): University of … Continue reading

Weitere genetische Varianten

Neben den pathogenen Varianten der Gene für PRSS1, SPINK1 und CFTR spielen weitere Genvarianten eine Rolle, so CTRC, CASR, UBR1 (Johanson-Blizzard Syndrom), SBDS (Shwachman-Diamond-Syndrom), CEL und CTSB. Auch Varianten der Gene CPA1, GGT1, CLDN2, MMP1 und MTHFR sollen zu einem erhöhten Pankreatitisrisiko führen. (3)Shelton CA1, Whitcomb DC. Curr Treat Options Gastroenterol. 2014 Jun 24

Indikation zu einer genetischen Untersuchung

Wenn in einer Familie

  • mindestens 2 Mitglieder in mindestens zwei verschiedenen Generationen eine Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) entwickelt haben,
  • eine autosomale Vererbung möglich ist und
  • sonstige bekannte Risikofaktoren (siehe hier) zur Erklärung nicht ausreichen,

so kann eine hereditäre Pankreatitis angenommen werden.

Auch eine idiopathische sporadische Pankreatitis ohne erkennbaren familiären Hintergrund kann,

  • wenn Einflüsse aus Umwelt,
  • Lebens- und Ernährungsstil und
  • metabolische Ursachen

als Auslöser unwahrscheinlich erscheinen, eine genetische Grundlage besitzen.

Genetische Untersuchung

PRSS1 ist zunächst der Hauptkandidat; SPINK1 und CFTR gehören zu den engeren Kandidaten. Die Untersuchungen können auf eine Reihe weiterer Genvarianten (s. o.) ausgedehnt werden.

Das Ergebnis hat Auswirkungen auf eine Testung weiterer, vor allem junger Familienmitglieder, bei denen im Fall eines positiven Nachweises ein Vorsorgeprogramm eingeleitet werden sollte (s. u.).

Behandlung

Die Behandlung einer genetisch bedingten Pankreatitis richtet sich im Wesentlichen nach den gleichen Richtlinien wie für andere Formen der akuten und chronischen Pankreatitis.

In besonders schweren Fällen rezidivierender und chronischer Pankreatitiden kann eine totale Pankreasentfernung (Pankreatektomie) mit Autotransplantation von Inselzellen indiziert sein Pancreatology. 2014 Jan-Feb;14(1):27-35.

Pankreatitis-Vorsorge bei genetischer Prädisposition

Eine sichere Vorsorge vor einer Pankreatitis bei genetischer Prädisposition gibt es nicht. Aber es werden Maßnahmen empfohlen, die das Risiko verringern sollen. (4)GeneReviews® [Internet]. Seattle (WA): University of Washington, Seattle; 1993-2014. Dazu gehören:

  • Kein Alkohol,
  • nicht rauchen,
  • fettarme Kost,
  • kleinere verteilte Mahlzeiten,
  • Antioxidanzien,
  • gute Hydratation (ausreichend trinken).

Verweise

Fachinfos

Patienteninfos

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


 

Literatur[+]