Hepatopathie bei total parenteraler Ernährung

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Allgemeines

Hepatopathie bei total parenteraler Ernährung bedeutet Leberstörung bei einer vollständig über eine Vene zugeführten Ernährung. Eine parenterale Ernährung wird bei Patienten, die nicht essen und Trinken können, z. B. bei Bewusstlosigkeit, durchgeführt. Gelegentlich kommt es dabei zu einem Anstieg der Leberwerte. Ursächlich von Bedeutung sind wahrscheinlich ein Mangel an gastrointestinalen Hormonen (Gastrin, Cholezystokinin, Sekretin) und eine bakterielle Überwucherung des Dünndarms mit vermehrter Endotoxinbildung. Die Hepatopathie wird vermutlich durch Endotoxine verursacht. Im Tierexperiment entwickelt sich über eine Veränderung des Darmmikrobioms eine Insulinresistenz. 1

Charakteristisch ist die Entwicklung einer vermehrte Verfettung und die Tendenz zur Entwicklung einer Cholestase, was vor allem bei untergewichtigen Neugeborenen ein Problem darstellt. 2 3 Es wird eine verstärkte Apoptose der Leberzellen ausgelöst. 4

Bei der Entwicklung der Hepatopathie spielen Gallensäuren im Darm eine entscheidende Rolle, da sie über spezielle Rezeptoren in der Darmwand den Leberstoffwechsel beeinflussen. Die Zusammensetzung der Gallensäuren verändert sich mit der Ernährung und dem Darmmikrobiom. 5

Normale Funktionen der Leber
Bakterielle Überwucherung des Dünndarms

Klinik

Oft Beginn mit Erhöhung der Transaminasen (bei 90 % nach 1 – 3 Wochen), es kommt zu einer Einlagerung von Fett (Steatosis hepatis) und Entwicklung einer laborchemisch nachweisbaren Cholestase (Erhöhung von alkalischer Phosphatase und Gamma-GT). Die Bewegungen der glatten Muskulatur im Magendarmbereich lassen nach. Bei Atonie der Gallenblasenwand bildet sich biliärer Schlamm (Sludge).

Diagnostik

Sonographie

Nachweis von biliärem Schlamm (Sludge) in einer großen atonen Gallenblase; geringe Darmbewegungen

Histologie

In der Histologie findet man eine Fetteinlagerung in die Hepatozyten (Leberverfettung), eine Triaditis (Entzündung in den Portalfeldern) und die Entwicklung einer Fibrose (Narbenbildung im Lebergewebe).

Therapie und Prophylaxe

Bisher keine gesicherte Therapie oder Prophylaxe. Versuchsweise UDCA (oft guter Effekt auf die Transaminasen) oder S-Adenosyl-Methionin (SAMe, soll zur Verbesserung der Lipidzusammensetzung der Leberzellmembranen und damit der Transportfunktionen führen und somit die Cholestase verringern). Propagiert wird auch die Darmentkeimung zur Verringerung der Endotoxinbelastung. Im Tierexperiment schützte die Verabreichung von Antibiotika während der parenteralen Ernährung vor bakterieller Einwanderung und Entzündungsreaktionen, löste jedoch Stoffwechselverschiebungen aus, die das Risiko einer Steatose erhöhen können. 6


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Verweis

Referenzen

  1. Nat Metab. 2023 Feb;5(2):331-348. doi: 10.1038/s42255-023-00744-8[]
  2. Surg Annu. 1991;23 Pt 2:1-11. PMID: 1907028[]
  3. Pediatr Gastroenterol Hepatol Nutr. 2016 Mar;19(1):61-70. doi: 10.5223/pghn.2016.19.1.61[]
  4. Proteomics. 2015 Nov;15(22):3865-74. DOI: 10.1002/pmic.201500128[]
  5. Nutr Clin Pract. 2020 Feb;35(1):63-71. DOI: 10.1002/ncp.10461 []
  6. Am J Physiol Gastrointest Liver Physiol. 2023 Dec 1;325(6):G556-G569[]