Glykämischer Index

Glykämischer Index (GI, Glyx) bedeutet rechnerisches umgekehrtes Verhältnis von Gesamtkohlenhydraten in der Nahrung zu dem Teil, der als Blutzucker wirksam wird. Er ist für die Berechnung der Kohlenhydratzufuhr bei der Ernährung von Menschen mit Diabetes erforderlich. Da Traubenzucker vollständig aufgenommen wird und als Blutglukose erscheint, ist sein glykämischer Index 100; für Weißbrot liegt er bei 70%, für Linsen nur bei 30%. Damit sind die “Broteinheiten” für jedes Lebensmittel unterschiedlich zu berechnen. Ballaststoffreiche Lebensmittel haben im Allgemeinen einen niedrigen GI.


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Ermittlung eines glykämischen Index

Gemessen wird der Blutzuckerspiegel nach einer definierten Testmahlzeit über die Zeit; die Fläche unter der Kurve wird ins Verhältnis gesetzt zu der, die nach einem Probetrunk von Glukose (Traubenzucker) erhalten wird (Angaben in Prozent). Der GI sagt recht gut die postprandiale Blutzuckerreaktion voraus. (1) Am J Clin Nutr. 2009 Jan;89(1):97-105 Er wurde ursprünglich für Diabetiker entwickelt, um ihnen eine Hilfe bei der Ernährung an die Hand zu geben.

Glykämischer Index einzelner Nahrungsmittel

Die angegebenen Werte sind Näherungen; beispielsweise hängt der GI von Obst vom Reifegrad ab und der von Brot von der Zusammensetzung des Mehls und der Zutaten. (2)Am J Clin Nutr. 2021 Nov 8;114(5):1625-1632. doi: 10.1093/ajcn/nqab233.

Glukose 100
Honig 91
Kartoffelpüree je nach Zubereitung 80 – 90
Cornflakes 83
Weißer Reis 72
Weißbrot 70
Reife Bananen 65
Haushaltszucker 59 – 64
Kartoffeln gekocht 60
Vollkornreis 59
Laktose 50
Vollkornbrot 40 – 50
Orangensaft 49
Grüne unreife Bananen 40
Haferflocken grob 40
Äpfel 40
Nudeln 38
Joghurt 38
Bohnen 33
Erdbeeren 32
Linsen 30
Fruktose 22
Soja 14

Fruktose wird im Körper zu einem kleinen Teil in Glukose umgewandelt und erhöht so den Blutzuckerspiegel (siehe hier).

Ballaststoffreiche Nahrungsmittel haben generell einen niedrigen GI.

Glykämische Last: Aus dem glykämischen Index (GI) und der Menge des verzehrten Kohlenhydrats setzt sich der „Glycemic Load“ (Glykämische Last; GL) zusammen.
Beispiel: Weißbrot hat einen GI von 70 und einen KH-Anteil von 56%; dann ist der GL = 70 x 56/100 = 39,2. Es sollten (als grobe Regel) pro Tag nicht mehr als GL = 80 an Kohlenhydraten zugeführt werden.

Beeinflussung des glykämischen Index

Der glykämische Index gilt für Normalpersonen. Sinkt die Funktionsfähigkeit des Dünndarms und der Verdauungssäfte, so verzögert sich der enzymatische Aufschluss der Nahrung und entsprechend der Blutzuckeranstieg. Es gibt eine Reihe von Faktoren, die zu einer
inter- and intraindividuellen Variation in der Reaktion der Blutglukose auf Nahrungsmittel führen.

Die Geschwindigkeit des Blutzuckeranstiegs im individuellen Fall wird durch andere Nahrungsmittelbestandteile beeinflusst. Nahrungsmittel mit einem raschen und hohen Anstieg des Blutzuckers haben oft, aber nicht immer einen hohen GI. Enthält ein Nahrungsmittel ein Gemisch an Bestandteilen mit hohem und mit niedrigem GI, so ist der Gesamt-GI abhängig vom Verhältnis der Einzelbestandteile.

Zerkleinerung von Nahrung bzw. Pürierung verbessert die Zersetzung im Darm durch Verdauungsenzyme; sie führt zur Erhöhung des glykämischen Index.

Glykämischer Index und Insulinproduktion

Nahrungsmittel mit einem hohen glykämischen Index verursachen einen raschen Blutzuckeranstieg und damit auch eine rasche und intensive Ausschüttung von Insulin. Da der Blutzuckerspiegel jedoch auch rasch wieder sinkt und die Insulinwirkung länger anhält, kommt es in einer zweiten Phase zu einem Blutzuckerabfall in tief normale Bereiche, in denen Hungergefühle ausgelöst werden. Sinken sie unter die untere Normgrenze kommen, droht eine Unterzuckerung (Hypoglykämie). Der frühzeitig erneut einsetzende Hunger führt bei anhaltender Ernährung mit Nahrungsmitteln mit hohem GI (z. B. süße Kuchen, zuckerhaltige Getränke) auf Dauer zu einer Gewichtszunahme. Dabei wird durch die Insulinwirkung Glukose in Glykogen und Fett umgewandelt. Um eine Gewichtszunahme zu vermeiden, sollte daher Nahrung mit mittlerem und niedrigem GI bevorzugt werden; dies gilt vor allem für Menschen mit Neigung zu Übergewicht und Adipositas.

Glykämischer Index und Diabetes

Nahrungsmittel mit einem niedrigen glykämischen Index verursachen einen langsameren Glukoseanstieg im Blut, der jedoch meist länger anhält, so dass die Gefahr einer Hypoglykämie nicht besteht. Insgesamt wird die Empfehlung ausgesprochen, dass Diabetiker bei der Ernährung Kohlenhydrate mit niedrigem GI und GL bevorzugen sollen; sie haben einen günstigen Einfluss auf den Blutzucker und den Fettstoffwechsel; er ist günstiger als bei einer Diät mit höherem GI. (3)Eur J Clin Nutr. 2007 Dec;61 Suppl 1:S122-31. doi: 10.1038/sj.ejcn.1602942 (4)Cochrane Database Syst Rev. 2009 Jan 21;(1):CD006296 Insbesondere ist beim „Spätstück“, wie es Diabetikern empfohlen wird, auf einen niedrigen glykämischen Index zu achten. Eine Zusammenstellung von Studienergebnissen 2018 bestätigt dies auch bezüglich der Kontrolle von HbA1c. (5)Nutrients. 2018 Mar 19;10(3):373. DOI: 10.3390/nu10030373

Glykämischer Index und Sport

Sportler profitieren von Traubenzucker (Glukose) und Energiedrinks mit hohem GI nur wenige Minuten; anschließend kommt es wegen der Insulinausschüttung, die sich entwicklungsgeschichtlich auf eine länger anhaltende Blutzuckererhöhung eingestellt hat, die jedoch ausbleibt, zu einer Blutzuckererniedrigung und daher zu einem rapiden Leistungsabfall. Sportler bereiten sich am besten mit Nahrungsmitteln mit niedrigem GI vor.

Glykämischer Index und Insulinindex

Der glykämische Index korreliert in etwa mit der Insulinausschüttung. Dies gilt jedoch nicht in jedem Fall, so dass ein eigener Insulinindex aufgestellt wurde, in dem die Nahrungsmittel auf die Höhe der ausgelösten Insulinsekretion hin zusammengestellt wurden. (6)Am J Clin Nutr. 1997;66(5):1264–1276 Es wurden die postprandialen Insulinspiegel nach einer isoenergetischen Mahlzeit (1000 kJ = 240 kcal) verschiedener Nahrungsmittel geprüft. Dabei wurde festgestellt, dass proteinreiche Nahrungsmittel und Bäckereiprodukte, die reich an Fett und raffiniertem Zucker sind, zu höheren Insulinspiegeln führen, als dem glykämischen Index entsprechen.

Erhöhter GI und Akne

Ein erhöhter glykämischer Index der Nahrung wir mit einem erhöhten Akne-Risiko in Verbindung gebracht. Die Begründung liegt darin, dass sie erhöhte Spiegel am Wachstumsfaktor IGF-1 bewirken, der über eine Signalkaskade zur vermehrten Bildung von Talgdrüsen und Talg führt. Ein neuer Ansatz zur Therapie beruht auf einer langfristigen Umstellung der Ernährung. (7)Indian J Dermatol Venereol Leprol. 2013 May-Jun;79(3):291-9 (8)Exp Dermatol. 2013 May;22(5):311-5. Mehr dazu siehe hier.

Niedriger GI: Schutz vor Herzkreislaufkrankheiten

Eine Ernährung, die auf kohlenhydratreichen Lebensmitteln mit niedrigem GI und hohem Ballaststoffgehalt basiert, kann vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen. Bei Menschen mit Diabetes haben in Studien Lebensmittel mit niedrigem GI sowohl kurz- als auch langfristig positive Auswirkungen auf die Blutzuckerkontrolle gezeigt. Bei ihnen eignen sich kohlenhydratreiche Lebensmittel mit niedrigem GI als diätetische Wahl, sofern die anderen Nahrungsbestandteile ausgewogen vertreten sind. (9)Am J Clin Nutr. 2008 Jan;87(1):269S-274S. DOI: 10.1093/ajcn/87.1.269S


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Verweise

 


Autor: Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (s. Impressum)


 

Literatur[+]