Fruktose (Fruchtzucker, engl. fructose) ist ein Einfachzucker (Monosaccharid), der natürlicherweise in Früchten vorkommt; sie wird daher auch als Fruchtzucker bezeichnet.
Das Grundgerüst der Fruktose besteht aus 6 C-Atomen (Hexose, Summenformel C6H12O6). Je nach Ernährungsgewohnheiten werden über Früchte und Honig pro Tag 10 bis über 50 g aufgenommen. Die Süßkraft ist hoch, so dass Fruktose früher vielfach als Süßungsmittel und Ersatz für Haushaltszucker genommen wurde. Der Stoffwechsel von Fruktose ist – im Gegensatz zu dem von Glukose – nicht von Insulin abhängig. Dies machen sich Sportler mit Sport-Drinks zunutze, um kurzfristig Energie zur Verfügung zu erhalten. Eine besonders hohe Aufnahme von Fruktose führt auf Dauer zu Gesundheitsrisiken wie Gewichtszunahme und Fettleber.
Inhaltsverzeichnis
Vorkommen
Viele Beeren und Obste enthalten bis über 7 g/100g. In besonders hoher Konzentration (um 40g/100g) kommt Fruktose in Honig vor. Zusätze zu Nahrungsmitteln können ebenfalls Fruktose enthalten. Viele Sport-Drinks enthalten Fruktose.
Fruktose ist Bestandteil des landläufig nur als „Zucker“ bezeichneten Zweifachzuckers Saccharose (andere Bezeichnungen: Sucrose, Haushaltszucker, Tafelzucker, Rübenzucker, Rohrzucker). Wird er im Dünndarm durch Disaccharidasen enzymatisch gespalten, entsteht Invertzucker, ein Gemisch aus Fruktose und Glukose.
In den USA wird High-fructose corn syrup (HFCS) zum definierten Süßen in der Nahrungsmittelindustrie und für Soft Drinks verwendet. In Europa ist es als Glucose-Fructose Sirup bekannt. Hergestellt wird der Sirup aus gemahlenem Korn, dessen Stärke enzymatisch zu Traubenzucker und weiter zu einem definierten Glukose-Fruktose-Gemisch wird. HFCS ist wegen Quecksilberbelastung 2009 in die Kritik gekommen (siehe hier).
Sorbit (Sorbitol) ist eine zuckerähnliche, süß schmeckende Substanz vieler Früchte (z. B. Kernobst wie Pflaumen, Aprikosen, Pfirsiche und Äpfel), die vielfach als Zuckerersatzstoff verwendet wird. Sie wird im Körper in Fruktose umgewandelt. Bei einer Fruktoseintoleranz muss geprüft werden, ob nicht auch eine Sorbit-Unverträglichkeit besteht.
Im Körper kann über den Polyolweg aus Glukose Fruktose synthetisiert werden. Dies geschieht außerhalb der Leber vor allem in den Bläschendrüsen, was für die Energieversorgung der von Fruktose abhängigen Spermien von Bedeutung ist.
Resorption
Fruktose wird im Dünndarm durch einen für Glukose und Fruktose spezifischen Transporter (GLUT2) und einen Fruktose-spezifischen Fruktosetransporter (GLUT5) aufgenommen. Hierbei handelt es sich nicht um einen Energie verbrauchenden aktiven Transport sondern um erleichterte Diffusion.
Die Aufnahme von Fruktose im Darm ist relativ ineffizient, steigt aber, wenn sie zusammen mit Glukose erfolgt. Die maximale Resorptionsgeschwindigleit wird bei einem Fruktose:Glukose-Verhältnis von 1:1 erreicht. Wenn Fruktose zusammen mit Glukose im 1:1-Verhältnis verabreicht wird, so erscheinen die Blutzuckerpeaks für Glukose und Fruktose versetzt. Der Glukosespiegel steigt um 1,3 mM (von 5,5 auf 6,8 mM) an, verbunden mit einer Insulinausschüttung mit einem Maximum nach 30 Minuten; die Fruktosekonzentration dagegen steigt nur um etwa 0,3 (von 0,005 mM auf 0,317 mM). Dafür normalisiert sich der Blutzuckerspiegel bereits nach 90 Minuten, die Fruktosekonzentration jedoch erst nach 3 Stunden (1)Nutrients. 2014 Aug 5;6(8):3117-29.
Eine schlechte Resorption oder eine erhöhte Zufuhr führt zu Symptomen einer Fruktoseunverträglichkeit. Dabei bilden sich im Darm Glykierungsprodukte, die entzündlich wirken und nach Resorption Fernwirkungen an Lungen und Gelenken ausüben können (s. u.).
Konsum von Fruktose
Der Stoffwechsel des Menschen hat sich in der Evolution an einen täglichen Konsum von Fruktose aus Früchten von ca. 15-20 g pro Tag adaptiert. Der Konsum hat sich durch gesüsste Nahrungsmittel und Fruchtsäfte inzwischen gesteigert. Eine Zufuhr an Fruktose von 50-60 g/Tag wird noch gut vertragen (2)J Nutr Metab. 2015;2015:823081. doi: 10.1155/2015/823081.. Die Kostumstellung in neuerer Zeit mit zunehmendem Verbrauch von Soft Drinks und Fruktosezusätzen zur Nahrung hat zu einer Zunahme, je nach Ernährungsgewohnheiten bis auf ca. 85 – 100 g pro Tag, geführt. Dieser Umstand wird als wesentliche Ursache für den Anstieg der Häufigkeit des metabolischen Syndroms inkl. des Risikos für Hypertonie und Arteriosklerose angesehen (3)Nutr Metab (Lond). 2005 Feb 21;2(1):5 (4)J Nutr Metab. 2015;2015:823081. doi: 10.1155/2015/823081..
Fruktose als Süßstoff: Fruktose wurde eine Zeit lang als Süßstoff für Diabetiker propagiert, da es den Blutzuckerspiegel und die Insulinsekretion kaum negativ beeinflusst. Es wurde jedoch festgestellt, dass ein Fruktoseanteil von über 25 % der über die Nahrung aufgenommenen Gesamtenergie zu einem Anstieg der Triglyceride im Blut (Hypertriglyceridämie) und zu Magendarmbeschwerden führt. Dies soll in den USA für jedes 4. Kind gelten (5)J Am Diet Assoc. 2004 Feb; 104(2):255-75.
Fruktosegehalt in der Nahrung: Der Fruktosegehalt von Obstsorten, getrocknetem Obst, Säften, Marmeladen, Dicksäften sind Tabellen zu entnehmen, die im Interent einzusehen sind. Besonders hoch ist der Fruktosegehalt von Dicksäften und Sirupen (oft über 30 g %), danach von getrocknetem Obst. Unter den Obsten enthält Aprikose relativ viel (über 15 g %), Äpfel, Ananas und Bananen mäßig viel (über 5 g%) und Paprika relativ wenig Fruktose (unter 2 g %). In tierischen Produkten ist Fruchtzucker praktisch nicht vorhanden.
Fruktoseeffekte auf den Stoffwechsel
Fruktose gelangt nach seiner Resorption über das Blut der Pfortader in die Leber, wo sie fast vollständig und rasch aufgenommen und in den Stoffwechsel eingeschleust wird. Dabei wird ATP verbraucht (bei der Bildung von Fruktose-1-Phosphat, Fru1P, durch die Aldolase B), weshalb der ATP-Spiegel der Leber umgehend absinkt. Fruktose wird nach Aufnahme sofort entweder abgebaut und zur Energiegewinnung oder, wenn ein Überschuss an Fruktose vorliegt, zur Bildung von Fetten (Triglyceriden) verwendet (6)Adv Nutr. 2013 Mar 1;4(2):220-5.
Während geringe Fruktosemengen auf den Glukosestoffwechsel günstig wirken, entfalten größere Mengen negative Effekte, speziell bezüglich des Risikos eines metabolischen Syndroms.
Eine schon geringe Zufuhr von Fruktose bewirkt das eigenartige Phänomen, dass die Leber insulinunabhängig Glukose aus dem Blut verbessert verwertet. Dies liegt daran, dass sie die Aktivität von Enzymen des Glykogenaufbaus erhöht, so dass Glukose in den Leberzellen beschleunigt weiterverwertet werden kann. In Untersuchungen wurde gezeigt, dass ein Fruktoseanteil von 10 % am Zuckergemisch eine Reduktion des postprandialen Glukosespiegels im Blut um 19 %, bei Diabetikern um 14% bewirkte. Es fördert zudem den direkten Abbau resorbierter Nahrungskohlenhydrate, was zu einem Anstieg von Laktat im Blut führt, und spart so Glykogen (7)Nutrients. 2014 Aug 5;6(8):3117-29.
Eine deutlich erhöhte Fruktosezufuhr führt zu einem erhöhten VLDL-Spiegel im Blut (very low density Lipoproteine, transportieren Triglyceride) und auf Dauer zu einer Leberverfettung (nichtalkoholische Fettlebererkrankung, NAFLD), Übergewicht bzw. Adipositas und einem metabolischen Syndrom (8)Crit Rev Clin Lab Sci. 2011 May-Jun;48(3):97-113 (9)Nutr Metab (Lond). 2005 Feb 21;2(1):5 (10)Mol Cell Biochem. 2009 Dec;332(1-2):145-59 (11)J Nutr Metab. 2015;2015:823081. doi: 10.1155/2015/823081.. Inzwischen sollen 20 – 30% der Erwachsenen und etwa 10% der Kinder bereits eine Leberverfettung aufweisen; und es wird angenommen, dass Fruktose in der Nahrung und in Getränken (und in den USA Corn Sirup) wesentlich daran beteiligt ist (12)J Nutr Biochem. 2012 Mar;23(3):203-8.
Fruktose führt nicht nur zu einer vermehrten Triglyceridbildung sondern sorgt zudem dafür, dass sich genügend Fettzellen (Adipozyten) aus Fibroblasten bilden (Adipogenese), die die vermehrt zirkulierenden Blutfette (speziell Triglyceride) aufnehmen können. Anders als geringe Fruktosemengen führen größere Fruktosemengen zudem zu einer (wenn auch geringen) Stimulation der Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse, was zum Teil durch einen direkten Einfluss, zum Teil durch eine Erhöhung des Glukoseeffekts auf die Insulinproduktion geschieht (13)Nutrients. 2014 Aug 5;6(8):3117-29.
Neu entdeckte Stoffwecheleffekte: Fruktose bewirkt einige Stoffwechselprozesse über die Induktion von Inkretinen, wie GIP (insulinotropes Polypeptid), GLP-1 (Glukagon-like Polypeptid 1), und von Insulin (14)J Diabetes Investig. 2015 Sep;6(5):522-6 (15)Ther Adv Endocrinol Metab. 2016 Feb;7(1):24-42. Ein Weg, diese Stoffwechselwege zu beeinflussen, geht über „G-protein coupled receptors“ (GPCRs). Synthetische Liganden dieser Rezeptoren werden als aussichtsreiche Kandidaten zur Behandlung der Adipositas angesehen (16)Ther Adv Endocrinol Metab. 2016 Feb;7(1):24-42.
Unverträglichkeit von Fruktose
Fruktosemalabsorption
Eine verminderte Fruktoseaufnahme im Dünndarm wird als „Fruktosemalabsorption“ bezeichnet; die Ursache wird in einer Veränderung des Transporters (GLUT5) vermutet. Dadurch gelangt Fruktose vermehrt in den Dickdarm; dort bilden sich durch Einfluss der dortigen Bakterienflora Darmgase, die zu Blähungen und je nach Veranlagung zu Dehnungsschmerzen der Darmwand führen. Menschen mit einem Reizdarmsyndrom und verminderter Schmerzschwelle leiden darunter besonders. Zudem können sich dünne Stühle oder Durchfälle (Diarrhö) entwickeln. Menschen mit einer Fruktosemalabsorption, die an solchen zusätzlichen Symptomen leiden, weisen eine „Fruktoseintoleranz“ (Fruktoseunverträglichkeit) auf.
Hereditäre Fruktoseintoleranz
Bei der hereditären Fruktoseintoleranz fehlt die Aldolase-B-Aktivität in der Leber, so dass Fruktose nicht abgebaut werden kann. Durch die stark erhöhte intrazelluläre Konzentration von Fruktose-1-Phosphat kommen lebensbedrohliche Symptome mit Bauchschmerzen, Brechreiz, und Muskelschmerzen sowie Hepatomegalie, Ikterus und laborchemischem Leberschaden zustande. Es kann sich ein lebensbedrohliches Krankheitsbild entwickeln. Dies kann insbesondere dann auftreten, wenn in einer Klinik, die zur Behandlung der Bauchschmerzen aufgesucht wird, in Unkenntnis der vorliegenden Stoffwechselstörung fruktosehaltige Infusionen verabreicht werden. Durch streng fruktosefreie Diät lässt sich die Symptomatik durchbrechen.
(Mehr dazu siehe hier).
Fruktose und Hyperurikämie
Durch die Fruktosephosphorylierung in der Leber wird ATP verbraucht. Bei großen Fruktosemengen kann dies zu einem ATP-Mangel und einem vermehrten Anfall von Adenosin-Abbauprodukten führen, was sich schließlich in einer erhöhten Harnsäurekonzentration im Blut (Hyperurikämie) und einer vermehrten Harnsäureausscheidung mit dem Urin manifestiert <ref>J Nutr. 2012 May; 142(5): 916–923</ref>. Ob Fruktose bei Menschen mit Gicht einen akuten Gichtanfall auslösen kann, ist nicht geklärt <ref>QJM. 2012 May 29. [Epub ahead of print] </ref>.
Fruktose als Energielieferant beim Sport
Fruktose ist bei Sportlern beliebt als Energielieferant und in vielen Sport-Drinks enthalten. Wichtig ist eine nicht zu hohe Belastung, denn 1. entziehen zu große Fruktosemengen in der Muskulatur den Zellen Phosphat, das für den ATP-Aufbau benötigt wird, und 2. wird bei einer zu großen Beladung Fruktose in Triglyceride umgewandelt, was zu einer Gewebs- und Organverfettung führt.
Drtinks mit Maltodextrin plus Fruktose regenerieren die Glykogenspeicher der Leber nach sportlicher Belastung schneller als Maltodextrin plus Glukose (17)Med Sci Sports Exerc. 2011 Oct;43(10):1964-71.
Fruktose und Krankheiten
Eine Reihe von Beobachtungen legt die Assoziation einer hohen Fruktoseeinnahme mit Krankheiten nahe. Als eine mögliche Ursache wird angenommen, dass Fruktose bei zu hoher Konzentration im oberen Dünndarm nicht vollständig resorbiert wird und es zu Glykierungsprodukten (advanced glycation end-products, AGEs) kommt (enFruAGEs), die resorbiert und über spezielle Rezeptoren (receptor of AGEs, RAGE) Entzündungsvorgänge im Körper (z. B. Darm, Lungen, Gelenke) auslösen können (18)Nutr J. 2015 Oct 16;14:107. doi: 10.1186/s12937-015-0097-x.
Nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH)
Es wird ein Zusammenhang gesehen zwischen dem markanten Anstieg des Fruchtzuckerkonsums und der Zunahme der Adipositas sowie einer Fettleber. Besonders hohe Fruktosezufuhr bewirkt eine Leberverfettung (NAFLD). (19)Dtsch Arztebl Int. 2021 Feb 5;118(5):71-78. DOI: 10.3238/arztebl.m2021.0010. PMID: 33785129; … Continue reading Eine Studie zeigt, dass bereits nach 6 Wochen einer Fruktose-armen Diät eine geringe, aber statistisch signifikante Abnahme des Fettgehalts der Leber gegenüber einer isokalorischen Kontrolle erreichbar ist. In diesem Zeitraum fand sich keine Abnahme der Blutfette. (20)Am J Clin Nutr. 2021 Feb 2;113(2):391-400. DOI: 10.1093/ajcn/nqaa332. PMID: 33381794; PMCID: … Continue reading
Fruktose und Asthma
Anekdotische Beobachtungen lassen auf eine Assoziation von Asthma mit fruktosehaltigem Maissirup (high-fructose corn sirup) schließen. Als Mediator dafür wurde der „receptor of advanced gycation end products“ (RAGE) gefunden. Inzwischen wurde bestätigt, dass Kinder im Alter von 2-9 Jahren, die mehr als 5x pro Woche Getränke mit hohem Fruktosegehalt (mit fruktosehaltigem Maissirup gesüsste Softdrinks) zu sich nehmen, eine 2,4-fach höhere Assoziation mit Asthma aufweisen als solche, die weniger als 1x pro Monat solche Getränke zu sich nehmen (21)Public Health Nutr. 2016 Jan;19(1):123-30. Dasselbe wird für eine Assoziation (OR 1,8) mit chronischer Bronchitis bei Erwachsenen im Alter zwischen 20 und 55 Jahren festgestellt (22)Nutr J. 2015 Oct 16;14:107. doi: 10.1186/s12937-015-0097-x.
Fruktose und Arthritis
Junge Erwachsene im Alter von 20-30 Jahren, die mehr als 5x pro Woche Getränke mit hohem Fruktosegehalt zu sich nehmen, eine 3-fach höhere Assoziation mit arthritischen Gelenkbeschwerden aufweisen als solche, die weniger als 1x pro Monat solche Getränke zu sich nehmen (23)Nutr Diabetes. 2016 Mar 7;6:e199. doi: 10.1038/nutd.2016.7.
Fruktose und Krebs
Schon vor Jahren wurde festgestellt, dass Fruktose die Rate an Leberkrebs nach Behandlung mit dem Karzinogen N-nitrosomorpholine (NNM) verdoppelt (24)Carcinogenesis. 1989 Jul;10(7):1247-52.
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Verweise
Literatur