Akne

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Akne (med.: Acne vulgaris) ist eine chronisch entzündliche Hautkrankheit Jugendlicher. Sie ist durch eine vermehrte Bildung von Mitessern (Komedonen) gekennzeichnet, die sich entzünden und Papeln und Pusteln verursachen. Sie betrifft vor allem Teenager in und nach der Pubertät, kann aber darüber hinaus auch länger fortbestehen und ist zum Teil sehr therapieresistent.

Das Wichtigste verständlich

Kurzgefasst
Akne ist eine Hauterkrankung Jugendlicher, die eine genetische Grundlage besitzt und durch Umweltfaktoren ausgelöst oder verstärkt wird. Sie wird daher oft auch als Zivilisationserkrankung angesehen.

Wiederkehrende lokale Hautentzündungen mit Pusten und Papeln beruhen auf einer behinderten Entleerung der Talgdrüsen sowie einer vermehrten Talgproduktion mit Besiedlung durch bestimmte Bakterien (Propionibakterien).

Ernährungsfaktoren spielen bei der Auslösung und Unterhaltung eine besondere Rolle.

In der Behandlung haben sich Vitamin-A-Präparate und Dapson bewährt. In schweren Fällen kommen auch Antibiotika zum Einsatz.

Eine Umstellung der Ernährung kann in einigen Fällen entscheidend sein: Leicht verdaulicher und freier Zucker sollte vermieden werden, ebenso auch von Milch wegen ihres Lysinreichtums. Die Kitava-Studie zeigt, dass bei einer Naturkost keine Akne auftritt. Bestätigende Studien fehlen noch.

Häufigkeit

Leichte Akne betrifft über die Hälfte der Jugendlichen. Mäßig ausgeprägte bis schwere Akne kommt etwa bei 20% der Jugendlichen vor. Wesentliche Geschlechtsunterschiede bestehen nicht. 1 2

Ursachen und Entstehung

Die Ursachen der Akne sind vielfältig. Zusammengefasst sind folgende Faktoren entscheidend: Hyperseborrhoe (vermehrte Talgbildung) und Dysseborrhoe (veränderte Talgbeschaffenheit), veränderte Verhornung der Talgdrüsengänge (daher Behinderung der Talgsekretion), spezielle Bakterien (wie Cutibacterium acnes) und erhöhte Entzündungsbereitschaft.

Krankheitsfördende Faktoren sind

  • eine vermehrte Talgproduktion der Talgdrüsen der Haut,
  • eine Besiedlung der Talgdrüsen mit speziellen Bakterien (wie Propionibacterium acnes oder Cutibacterium acnes), die für die Entzündungen verantwortlich gemacht werden (so auch beim SAPHO-Syndrom),
  • eine Bereitschaft der Haut zu einer verstärkten Entzündungsreaktion,
  • eine Hyperkeratose , die den Ausführgang der Talgdrüsen verengt, so dass sich der Talg sammelt,
  • eine genetische Prädisposition bei Verwandten ersten Grades. Der Genotyp TIMP-2 (-418 CC) prädisponiert zu Akne. 3

IGF-1 und mTORC1-Signalwege: Der insulinähnliche Wachstumsfaktor IGF-1, aktiviert (über eine Senkung von Fox01) den mTORC1-Signalweg (mTORC1: Säugetier-Targets Rapamycin-Komplex 1). Über ihn kommt es zu einer Hyperproliferation der Talgdrüsen, einer vermehrten Talgproduktion und einer Hyperplasie der Zellen des Talgdrüsenausführgangs (Keratinozyten). Der mTORC1-Signalweg kann von verschiedenen Seiten her stimuliert werden, so von zuckerreichen und leucinreichen Nahrungsmitteln (inkl. von Milch und Milchprodukten) über den Wachstumsfaktor IGF-1 und von Androgenen (daher männliche Heranwachsende besonders betroffen). 4 5

Entzündungsmediatoren: Die Cutibacterien (C. acnes) der Talgdrüsen lösen Entzündungsreaktionen aus. Dabei spielt das adaptive Immunsystems (inkl. Th1- und Th-17-Lymphozyten) eine besondere Rolle. 6 Bei einer speziellen Form ist die Abstimmung zwischen entzündungsfördernder und -hemmender Aktivität des Abwehrsystems in Richtung entzündungsfördernder Mediatoren verschoben. Zu den Entzündungsmediatoren gehören Metalloproteinasen (MMP’s), zu deren Gegenspieler die „Tissue inhibitors of metalloproteinases“ (TIMP’s). Eine Hypothese besagt, dass bei einer speziellen Akneform MMP’s über TIMP’s überwiegen. 7 Einzelne Genotypen (MMP-1 (519 A/G) AG- und GG-Genotype) erhöhen das Aknerisiko um das 2-3-fache. 8

Hormonabhängigkeit: Akne ist typischerweise hormonabhängig: Die verantwortlichen Haupthormone sind Androgene, Insulin und Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor-1 (IGF-1). Die involvierten Signalwege sind vielfältig; ein Hauptweg geht über den Rapamycin- (mTOR-) Signalweg. Entsprechend zielt alle Therapie auf eine Abschwächung der Akt/mTORC1-Signalübertragung und eine Verstärkung der p53-Signalübertragung. 9

Weitere Einflüsse: Ein Einfluss von mangelnder Hygiene, Ernährung, Rauchen und Körpergewicht ist nicht sicher nachgewiesen oder wird kontrovers diskutiert. 1 3

Zucker und Milch

Statistiken legen eine Assoziation von Akne mit einem erhöhten Zuckergehalt der Nahrung nahe. 10 Eine kohlenhydrat- und zuckerreiche Ernährung führt zu einer erhöhten Insulin- und IGF-1-Produktion. IGF ist ein Wachstumsfaktor, der die Struktur der Haut beeinflusst und auf diesem Wege zur Akne prädisponiert. 11

Da bei einer Naturkost, die keine IGF-1-fördernden Kohlenhydrate enthält, wie sie die Kitava-Inselbewohner zu sich nehmen 12, keine Akne auftritt, wird Akne als typische Zivilisationserkrankung angesehen und eine entsprechende Diät empfohlen (s. u.). 13

Verlauf

Die Akne kommt in verschiedenen Verlaufsformen vor; die Schweregrade sowie auch die Verlaufsdauer können von mild und kurz bis ausgeprägt und anhaltend (mit erhöhtem Risiko einer Depression und erhöhter Suizidgefahr) variieren. Eine schwere Form beispielsweise ist die Acne conglobata, bei der große Hautpartien mit ineinander übergehenden Geschwüren übersät sind. Die milde Form heilt meist nach Monaten bis wenigen Jahren aus. In über 60% allerdings persistiert sie über das 20ste Lebensjahr hinaus, und über 40% über das 30ste. Bei positiver Familienanamnese ist häufig ein schwerer Verlauf zu beobachten. 1

Behandlung

Die wirkungsvollsten Behandlungen richten sich auf IGF-1 (s. o.).

Retinoide: Mittel der Wahl zur Behandlung der schweren Akne sind Retinoide (Vitamin-A-Abkömmlinge, beispielsweise Isotretinoin oder Adapalen). Sie wirken antagonistisch auf den IGF-1-Signalweg. Retinoide greifen damit in die Entstehungsmechanismen der Akne ein und bieten daher sich zur Therapie an. Nebenwirkungen sind bei höherer Dosierung zu beachten, darunter besonders Leberschäden. Topisches Tretinoin (z. B. in Salben) gilt als Standardbehandlung der leichten und mittelschweren Acne vulgaris schon seit vielen Jahren. 14 Es wird bei Notwendigkeit zu intensiverer Behandlung oft mit Antibiotika kombiniert. Isotretinoin vermindert die Wirkung von Androgenen, fördert die Apoptose und regelt die Bildung von Talgdrüsenzellen herunter. Tretinoin (Vitamin-A-Säure) als Gel reduzierte die Anzahl der Akneläsionen nach 12 Wochen um 63 %.  15

Metformin: Metformin ist ein Medikament zur Behandlung des Diabetes mellitus. Es senkt die Produktion von Insulin, IGF-1 und Androgenen und vermag eine Pubertas präcox bei Mädchen mit polycystischem Ovar zu verhindern. 16 Theoretisch ist eine günstige Wirkung auf den Verlauf einer Akne zu erwarten. Eine Studie bestätigt dies: Der Zusatz von Metformin zur Behandlung mit Tetrazyklinen und Benzoylperoxid erhöht den Therapieerfolg deutlich (66,7% vs. 43,2%). Allerdings wurden bei 32% der Probanden Magendarmnebenwirkungen beschrieben. 17

Diät: Zusammengefasst: kein Zucker, keine Milch, keine Milchprodukte. Eine zuckerfreie Diät mit niedrigem glykämischem Index ist gegen eine Erhöhung der Produktion von IGF-1 (ein Wachstumsfaktor, der auch die Insulinproduktion erhöht) gerichtet. Sie hat einen günstigen Einfluss auf den Verlauf einer Akne. 11 13 Eine Reduktion an leicht verdaulichen Kohlenhydraten und raffiniertem Zucker sowie an Lysin-reichem Eiweiß (Milch ist besonders reich an der Aminosäure Lysin) gehört zu den zentralen Empfehlungen. 5

Antibiotika: Die Behandlung einer schweren Akne (Acne papulo pustulosa nodosa und Acne conglobata) kann es erforderlich machen zusätzlich zu Retinoiden auch Antibiotika einzusetzen. Hierbei haben sich systemisches Doxycyclin in niedriger Dosis und (bei Schwangeren) Erythromycin über einen längeren Zeitraum von 6 Monaten oder länger bewährt. Die Indikation sollte nur vom behandelnden Arzt gestellt und überwacht werden. Die Kombination von topischem Tretinoin (0,025%) mit Clindamycin-Gel (1%) führte bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Akne zu einer Reduktion entzündlicher Läsionen um 77%. 18

Dapsone: Dapson ist ein Sulfon mit antibakterieller und antientzündlichen Eigenschaften. Bekannt geworden ist es als Mittel gegen Lepra. Auch bei leichter und mittelschwerer Akne kann es eine Besserung bewirken. 19 Ein Dapsone-5%-Gel wurde erfolgreich getestet. 20 Eine Verbesserung der Wirkung wird von einer Nanoemulsion berichtet, die topisch wirkt und kaum durch die Haut aufgenommen wird. 21

Acne inversa – Hidradenitis suppurativa

Die Hidradenitis suppurativa (HS, Acne inversa) ist eine chronische Hautkrankheit, die sich autososomal-dominant vererbt (Prävalenz bis zu 4%). Kennzeichnend sind Knötchen, Abszesse und Fisteln vorwiegend in Körperfalten (Achseln, Leistenbereich, submammäre Falten, perianaler Bereich) sowie die Neigung zu einer Narbenbildung. Assoziationen bestehen mit dem metabolischen Syndrom, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus Typ II, polyzystischem Ovar, Depressionen, Suizid und Drogenabusus. 22

Differenzialdiagnosen: Verschiedene Hauterkrankungen können eine HS imitieren, so beispielsweise entzündete Epidermoidzysten, eine bakterielle Follikulitis und Furunkulose. Eine HS dauert jedoch länger und neigt charakteristischerweise zu Rezidiven.

Krankheitsentwicklung: Die Pathogenese (Krankheitsentwicklung) beinhaltet abnorme Immunreaktionen, die in ähnlicher Weise auch bei chronisch entzündlichen Darmkrankheiten und entzündlichen Wirbelsäulenerkrankungen (Spondylarthropathie) gefunden werden. Bei der Entstehung spielen eine auslösende Hyperkeratose an den Follikelausführgängen eine startende Rolle; es kommt zu einer Entzündung, die durch TNF-alpha und Interleukin-17 (IL-17) unterhalten wird. 22 23

Behandlung: Die Behandlung spricht auf Antibiotika nicht anhaltend an. Therapieresistente Knötchen und Fisteln können zu einem chirurgischen Eingriff zwingen. Neue Medikamente werden getestet. Unter ihnen stellen DMARDs (wie Adalimumab, Ustekinumab und Secukinumab) möglicherweise eine neue Therapieoption dar. 24

Studie mit Secukinumab: Subkutanes Secukinumab (ein Antikörper gegen IL-17A) 300 mg alle 2 Wochen, verbesserte in einer aktuellen Studie die Symptomatik signifikant. Ziel war eine Abnahme der Zahl der Abszesse und entzündlichen Knötchen um 50 % oder mehr ohne Zunahme der Symptomatik in Woche 16. Es wurde ein Ansprechen in 45% (vs. 34% unter Placebo) festgestellt. Nebenwirkungen: in 9% Kopfschmerzen. Secukinumab ist damit eine neue Option in der Therapie mit günstigem Sicherheitsprofil. 25

Verweise

Referenzen

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