Diabetische Gastroparese bedeutet Magenlähmung bei der Zuckerkrankheit. Bei ihr handelt es sich um die funktionelle Auswirkung einer diabetischen Nervenstörung im Magen (intestinale diabetische Neuropathie). Sie führt zu einer Entleerungsstörung des Magens mit frühem Völlegefühl, Übelkeit und vermehrtem Aufstoßen. 1
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Entstehung
Zu den häufigsten Ursachen einer Entleerungsstörung des Magens (Gastroparese) gehören der Diabetes sowie postoperative und postinfektiöse Erkrankungen. In vielen Fällen sind die Ursachen unbekannt (idiopathische Gastroparese). 2
Bei der Zuckerkrankheit (Diabetes) hängt die Entstehung der Gastropathie wahrscheinlich mit einer Nervenstörung (diabetische intestinale Neuropathie) zusammen. Eine Störung der NO-Bildung im Bereich der neuromuskulären Signalübertragung soll dabei mitverantwortlich sein.
Differenzialdiagnostisch kommen idiopathischen Fälle in Betracht. Bei ihnen liegt vermutlich eine angeborene Immunschwäche und Schädigung der interstitiellen Cajal-Zellen und anderer Komponenten des enterischen Nervensystems durch parakrine und oxidative Stressmediatoren vor. 2 3
Folgen
Durch die verlängerte Verweilzeit der Nahrung im Magen kommt es zu einem frühem Sättigungsgefühl, Völlegefühl, Neigung zu Übelkeit und Aufstoßen. Der Wirkeintritt oraler Medikamente ist generell verzögert und schlecht vorhersehbar. So lässt sich auch der Zuckerspiegel durch Tabletten nur noch schlecht oder gar nicht mehr einstellen. Dies gilt für die orale Therapie anderer Krankheiten ebenfalls, die mit einer Zuckerkrankheit häufig assoziiert sind, wie einer Hypertonie oder einer Herzinsuffizienz.
Diagnostik
Anamnese
Wenn bei Diabeskranken eine frühe Sättigung und Völlegefühl eintreten, die über lange Zeit anhalten und bei der eine andere Ursache ausgeschaltet werden kann (z. B. Enteritis, Gastritis, Magengeschwür (Magenulkus), Schwangerschaft, Lebererkrankung, Pankreatitis oder Tumorerkrankung) muss an eine diabetische Gastropathie gedacht werden.
Magenszintigraphie
Gesichert werden kann die Motilitätsstörung in Zweifelsfällen durch eine Magenentleerungsszintigraphie, was aber meist nicht erforderlich ist.
Gastroskopie
Um andere Magenerkrankungen auszuschließen, ist eine Gastroskopie anzuraten.
Weitere Diagnostik
Andere Krankheiten oder Bedingungen, die ein Völlegefühl und Übelkeit hervorrufen können, sollten ebenfalls ausgeschlossen werden: Laborwerte (z. B. Leberwerte, Lipase, Entzündungsparameter (wie BSG, CRP oder Leukozyten)), Sonographie des Oberbauchs, ggf. weitere Diagnostik wie CT, MRT, MR-Sellink.
Therapie
Medikamente
Die Behandlung ist oft schwierig. 4 Besonders fortgeschrittene Stadien sind praktisch therapieresistent. 5 Grundlage sind kleine verteilte Mahlzeiten und Prokinetika. Therapeutisch verwendet werden Antiemetika (Aprepitant), Prokinetika (Prucaloprid, Relamorelin) und Fundusrelaxantien (Acotiamid, Buspiron). 2
Magnschrittmacher
Neue Entwicklungen beinhalten die Einpflanzung eines Magenschrittmachers („gastric pacing“) 6, mit dem in therapieresistenten Fällen eine Verbesserung der Ernährungssituation und des Befindens sowie auch der diabetischen Stoffwechsellage (inkl. des HbA1c) herbeigeführt werden kann. 7 Eine elektrische Stimulierung des Magens mit dem „Enterra Therapy gastric neurostimulator“ hat zu ersten relativ guten Ergebnissen geführt 8. Heute gilt die Kombination von Magenschrittmacher und Pyloroplastik oft als „Goldstandard“ bei schwerer Gastroparese. 9 Die elektrische Magenstimulation wirkt möglicherweise zentral über eine afferente Vagusnervstimulation. Eine potenzielle Alternative dazu ist eine nicht invasive Vagusnervstimulation, die in ersten Anwendungen erfolgversprechend war. 10 11
Verweise
Fachinformationen
Diabetes-Kompendium
- Diabetes – Pathophysiologie
- Metabolisches Syndrom
- MODY
- Diabetes: Folgeschäden und Begleiterkrankungen
- Diabetischer Fuß
- Diabetische Nephropathie
- Diabetische Gastroparese
- Diabetische Polyneuropathie
- Diabetes mellitus Diagnostik
- Diabetes mellitus Therapiegrundlagen
Informationen für Patienten
- Diabetes – einfach erklärt
- Herzinfarkt – einfach erklärt
- Schlaganfall – einfach erklärt
- Bluthochdruck – einfach erklärt
- Grundlagen der Ernährung
- Ernährung bei Adipositas
Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).
Referenzen
- J Smooth Muscle Res. 2022;58(0):1-10. doi: 10.1540/jsmr.58.1[↩]
- Gut. 2019 Dec;68(12):2238-2250. doi: 10.1136/gutjnl-2019-318712[↩][↩][↩]
- Curr Gastroenterol Rep. 2023 Apr;25(4):75-90. doi: 10.1007/s11894-023-00865-w[↩]
- Gastroenterol Clin North Am. 2015 Mar;44(1):39-57. doi: 10.1016/j.gtc.2014.11.005.[↩]
- Drugs. 2009 May 29;69(8):971-86[↩]
- Dig Dis. 2006;24(3-4):260-6. DOI: 10.1159/000092879[↩]
- Exp Clin Endocrinol Diabetes. 2005 Jan;113(1):38-42[↩]
- Expert Rev Med Devices. 2010 May;7(3):319-32[↩]
- Clin Exp Gastroenterol. 2018 Sep 25;11:347-363. doi: 10.2147/CEG.S131650.[↩]
- Frontline Gastroenterol. 2017 Oct;8(4):325-330. doi: 10.1136/flgastro-2017-100809[↩]
- J Transl Int Med. 2023 Jan 13;10(4):281-285. doi: 10.2478/jtim-2022-0060[↩]