Choledocholithiasis – Gallengangssteine

Gallensteine geborgen
Gallensteine aus entfernten Gallenblase

Allgemeines


Choledocholithiasis bedeutet Gallenstein(e) im gemeinsamen Gallenausführgang (Ductus hepatocholedochus). Sie können aus der Gallenblase stammen oder sich in den Gallenwegen primär gebildet haben.

Eine primäre Choledocholithiasis bezieht sich auf Steine, die direkt im Gallengang gebildet werden. Die primären Steine sind in der Regel braune Steine (Kalziumbilirubinat) und können infektiöser Genese oder Folge einer Hämolyse sein.

Eine sekundäre Choledocholithiasis bezieht sich auf Steine, die aus der Gallenblase stammen und in den Ausführgang gewandert sind. Die sekundären sind i. d. R. Cholesterinsteine.

Häufig rufen Gallengangssteine schwerwiegende Komplikationen hervor, wie eine Entzündung und einen Gallengangsverschluss mit Gallestau (obstruktive Cholestase) und Gelbsucht (Verschlussikterus). Steine im Gallengang erhöhen das Risiko für Gallengangskrebs (Cholangiokarzinom).

Wegen der Komplikationsträchtigkeit sollten Konkremente im Gallenausführgang entfernt werden; in der Regel erfolgt dies endoskopisch über ERCP mit Papillotomie und Steinextraktion.

Literatur: 1  2 3

Gallensteinleiden (Cholelithiasis)
Die Leber (Aufbau und Funktionen)

Inzidenz

Bei etwa 5 % bis 15 % der Gallenblasenoperationen (Cholezystektomien) wegen Gallensteinen (Cholelithiasis) finden sich auch Konkremente im Gallengang. 4

Besonderheiten

Eine Choledocholithiasis weist folgende Besonderheiten auf:

  • Steine im Gallengang können einen Verschluss mit der Folge eines Gallestaus (Cholestase) und einer Gelbsucht (Ikterus) hervorrufen und zu Entzündungen der Gallenwege (Cholangitis) und der Bauchspeicheldrüse (biliäre Pankreatitis) prädisponieren.
  • Sie prädisponieren zu Koliken.
  • Sie können häufig endoskopisch entfernt werden (ERCP mit Papillotomie und Steinextraktion).

Mikrobiom der Galle

  • Das distale Gallengangskarzinom, das im Rahmen einer Choledocholithiasis auftritt, weist ein anderes mikrobielles Profil in der Galle auf, als eine Choledocholithiasis ohne Gallengangskarzinom. 5 Eine Untersuchung weist nach, dass Enterobacter-, Pseudomonas- und Stenotrophomonas-Arten in Gallenproben bei einem Cholangiokarzinom im Vergleich zu denen mit alleiniger Choledocholithiasis deutlich häufiger vorkommen. 6.

Diagnostik

Choledocholithiasis (Sonographie)
Choledocholithiasis (Sonographie)

Anamnese: Eine Symptomatik von kolikartigen rechtsseitigen bis mittigen Oberbauchschmerzen (Gallenkoliken) veranlassen eine rasche Diagnostik. Koliken weisen auf eher kleine Konkremente hin, die bei der Passage durch den Sphincter Oddi eine Verkrampfung der Ringmuskulatur auslösen. Große Steine im Gallengang führen eher zu den Komplikationen einer akuten oder schwelenden bakteriellen Gallenwegsentzündung (eitrige Cholangitis), zu chronischen Schmerzen und zu einer Galleabflusstörung mit Gallestau (obstruktive Cholestase) mit Gelbsucht (Ikterus).

Ultraschalluntersuchung: Sie lässt Gallensteine in der Gallenblase erkennen. Von ihnen können immer wieder kleine Konkremente „auf Wanderschaft“ gehen und über den Choledochus in den Dünndarm abgehen. Während dieser Passage können sie Beschwerden bereiten. Sie sind aber nicht immer nachweisbar. Größere Konkremente, die nicht gleich in den Dünndarm abgehen, verbleiben im Gallengang (Choledochus) und wachsen allmählich. Nachweisbar ist ein Gallengangskonkrement vor allem dann, wenn gleichzeitig ein Gallestau vorliegt. Eine Sonographie lässt meist auch eine durch Gallensteine ausgelöste „biliäre“ Pankreatitis erkennen.

Laborwerte: Erhöhte Cholestaseparameter weisen auf einen Gallestau, Entzündungsparameter auf eine Entzündung der Gallenwege und Pankreaswerte auf eine Bauchspeicheldrüsenentzündung (akute biliäre Pankreatitis) hin.

Gallenblase vollen Konkremenente (ERC)
Gallenblase vollen Konkremenente (ERC)

Bildgebende Verfahren: Im Vordergrund steht der Steinnachweis durch bildgebende Verfahren. Besonders aussagekräftig ist die MRCP. Eine ERC zu rein diagnostischen Zwecken ist wegen der hohen Aussagekraft der MRCP verlassen worden. Sie wird dann durchgeführt, wenn gleichzeitig eine endoskopische Steinentfernung (Papillotomie und Steinextraktion) geplant ist. 7

Therapie

Endoskopische Entfernung

Die meisten Gallengangssteine (Choledocholithiasis) können endoskopisch über eine ERC mit Papillotomie und Steinextraktion erfolgreich entfernt werden. Eine Erweiterung der Papille (Papilla Vateri) durch eine Ballondilatation scheint bei großen Steinen jedoch der Sphinkterotomie (Schlitzung des Ringmuskels an der Papille) laut statistischer Untersuchung überlegen zu sein. 8

Endoskopische Papillotomie (EPT)

Transhepatische Laserlithotrypsie

Wenn endoskopisch eine Steinentfernung aus dem Gallengang nicht gelingt (z. B. aus anatolischen Gründen oder wegen besonderer Steingröße), kommt eine transhepatische Laserlithotrypsie infrage. In einer größeren ostasiatischen Studie an 530 Patienten mit einer mittleren Steingröße von 2,1 cm wurde eine hohe Erfolgsrate von 98,7% mit nur wenigen schwerwiegenden Komplikationen (4,7%, bei einer Gesamtkomplikationsrate von 14,2%) erzielt. Nur bei 7% wurde eine Operation erforderlich 9.

Operative Therapie

Die operative Bereinigung des Gallengangs (Ductus hepatocholedochus) im Rahmen einer Gallenblasenentfernung (Cholezystektomie) ist der endoskopischen Behandlung in der frühen endoskopischen Ära überlegen gewesen. 10 Mit Verbesserung der Technik und bei besonderen Indikationen kann jedoch die endoskopische Behandlung bevorzugt werden. Der tatsächliche Vorzug einer der beiden Therapiemethoden lässt sich kaum objektivieren, da eine Verblindung der verschiedenen Zweige nicht durchführbar ist. 11

Einzeitige oder zweizeitige Behandlung

Besteht eine Indikation für eine Gallenblasenentfernung (Cholezystektomie) und wird gleichzeitig eine Choledocholithiasis festgestellt, so kann vor der (häufig laparoskopischen) Operation eine endoskopische Bereinigung des Gallengangs erfolgen. Dies erspart es dem Operateur, intraoperativ den Gallengang zu eröffnen, was die Operation verlängert und mit einem etwas erhöhten Komplikationsrisiko verbunden ist.

Eine endoskopische Behandlung, die selbst mit einer Komplikationsrate von 6 – 15 % verbunden ist, kann auch während der Operation erfolgen. Ein Vergleich zwischen dem zweizeitigen und der einzeitigen Vorgehen zeigt keine Unterschiede im Ergebnis bezüglich Erfolgsraten, postoperativer Morbidität, Steinentfernung, Sterblichkeit, Umstellung auf andere Verfahren, Gesamtoperationszeit und Rate an Misserfolgen. Die einzeitige Behandlung (in einer Sitzung) ist jedoch bezüglich Dauer des Krankenhausaufenthalts und Kosten günstiger.  Damit wird einer Entscheidung nach individuellen Kriterien oft Vorrang gegeben. 4 3 Dem entsprechen auch weitere Studienauswertungen 12 12 13.

Indikation für eine präoperative Stenteinlage

Ist eine endoskopische Steinextraktion wegen Impaktierung eines Konkrements nicht möglich, so kann passager ein Stent zur Drainage und Dekompression der gestauten Gallenwege gelegt werden. Dies ist dann erforderlich, wenn vor einer geplanten Operation eine eitrige Cholangitis zu behandeln ist. 14


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Verweise

Weiteres

  1. J Hepatol. 2016;65:146–181[]
  2. Nat Rev Dis Primers. 2021 Sep 9;7(1):65. doi: 10.1038/s41572-021-00300-2[]
  3. Gastrointest Endosc. 2019 Jun;89(6):1075-1105.e15. doi: 10.1016/j.gie.2018.10.001[][]
  4. World J Gastroenterol. 2021 Jul 28;27(28):4536-4554. DOI: 10.3748/wjg.v27.i28.4536[][]
  5. Biomed Res Int. 2019 Sep 25;2019:1092563. doi: 10.1155/2019/1092563[]
  6. Asian Pac J Cancer Prev. 2021 Jan 1;22(1):233-240.[]
  7. Gastrointest Endosc. 2019 Jun;89(6):1075-1105.e15. DOI: 10.1016/j.gie.2018.10.001[]
  8. Endosc Int Open. 2022 Dec 15;10(12):E1599-E1607. DOI: 10.1055/a-1958-2348[]
  9. Eur Radiol. 2024 Nov;34(11):7176-7184. doi: 10.1007/s00330-024-10811-7[]
  10. Cochrane Database Syst Rev. 2013 Dec 12;2013(12):CD003327. doi: 10.1002/14651858.CD003327.pub4.[]
  11. Pilot Feasibility Stud. 2023 Feb 6;9(1):21. doi: 10.1186/s40814-023-01251-z[]
  12. J Gastrointest Surg. 2023 Mar;27(3):534-543. doi: 10.1007/s11605-022-05458-y[][]
  13. Cureus. 2024 Oct 14;16(10):e71444. doi: 10.7759/cureus.71444[]
  14. Gastrointest Endosc. 2019 Jun;89(6):1075-1105.e15. DOI: 10.1016/j.gie.2018.10.001.[]