Tremor

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Tremor bedeutet rhythmisches Zittern und kann Symptom einer Krankheit sein. Zittern bei Aufregung oder Kälte dagegen ist eine normale Reaktion des Körpers. Um Tremor als Krankheitssymptom werten zu können, bedarf es einer genauen Beobachtung und Untersuchung zu den Umständen, in denen er auftritt, zu seiner Frequenz und zu den Körperpartien, die betroffen sind. Die verschiedenen Tremorformen können auf die ihnen zugrunde liegenden Krankheiten schließen lassen.

Häufigere Ursachen eines pathologischen Tremors sind der essenzielle Tremor, der Morbus Parkinson, eine Kleinhirnschädigung, andere Hirnschädigungen (beispielsweise bei der multiplen Sklerose) und eine hormonelle Überfunktion der Schilddrüse (Hyperthyreose) oder des Nebennierenmarks (Phäochromozytom).


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Das Wichtigste verständlich

Kurzgefasst
Tremor ist ein neurologisches Symptom, welches nicht immer Krankheitswert besitzt.

Der physiologische Tremor ist ein leichtes Zittern der Hände und nur in Ruhe vorhanden; bei schon leichter Anspannung der Muskulatur verschwindet er. Er braucht in der Regel nicht behandelt zu werden.

Tremor, der bei Anspannung der Muskulatur auftritt oder sich verstärkt, ist praktisch immer als krankhaft anzusehen. Bei der Suche nach der Tremor-Ursache müssen verschiedene neurologische und internistische Erkrankungen, aber auch Medikamentennebenwirkungen berücksichtigt werden. Die Behandlung richtet sich nach der jeweiligen Ursache.

Klinische Untersuchung

Es ist zunächst zu klären, ob es sich um ein tremortypisches rhythmisches Zittern handelt. Zittern durch Myoklonien ist dagegen nicht rhythmisch und vom Tremor abzugrenzen, was gelegentlich schwierig ist. Im Zweifel kann ein EMG (Elektromyogramm) zu Hilfe gezogen werden.

Durch eine klinische Untersuchung lässt sich meist rasch unterscheiden, welche der Hauptformen des Tremors vorliegt: (1)Dtsch Arztebl Int. 2014 Mar 28;111(13):225-36

  • Ruhetremor: das rhythmische Zittern ist bereits in Ruhe vorhanden. Ist der Ruhetremor einseitig, wie es häufig der Fall ist, so ist an eine Parkinson-Erkrankung zu denken. Bei überschießender Produktion von Schilddrüsenhormonen oder Adrenalin findet sich ein beidseitiger Ruhetremor. Ein bei Aufregung und unter Kaffeegenuss sich verstärkender Tremor Jugendlicher kann im Sinne eines essenziellen Tremors als normal angesehen werden, wenn die Zitterfreuqenz hoch und der Ausschalg gering ist. Eine Hyperthyreose ist jedoch differenzialdiagnostisch abzuklären.
  • Haltetremor: beim Halten einer Extremität kommt es zu Zittern. Der Haltetremor tritt meist beidseitig auf und kann dann Zeichen eines essenziellen Tremors sein.
  • Intentionstremor: die gerichtete Annäherung einer Extremität an ein Ziel (z. B. zum Ergreifen eines Stifts) führt zu zunehmendem Tremor. Als klinischer Test wird meist der Finger-Finger-Versuch durchgeführt, bei dem die Zeigefinger der rechten und linken Hand bei gestreckten Armen gegeneinander geführt werden sollen. Intentionstremor lässt an einen Kleinhirnschaden denken.

Ursachen

Die häufigsten Ursachen von Tremor sind

  • der physiologische Tremor,
  • der essenzielle Tremor,
  • der Tremor bei Morbus Parkinson und
  • Tremor durch Medikamente.

Seltenere Ursachen: Eine Reihe weiterer Ursachen kommt seltener vor und ist für die zugrunde liegenden Erkrankungen nicht diagnoseweisend. Hierzu gehören beispielsweise

Physiologischer Tremor

Physiologisches Zittern ist häufig und nicht als krankhaft zu werten. Er kommt bei gesunden Menschen vor und zeigt eine rasche Reaktionsbereitschaft an, die besonders bei Aufregung (z. B. in Gefahrensituationen) auftritt. Charakterisiert ist es durch symmetrisches feinschlägiges Zittern mit hoher Frequenz. (2)Clin Neurophysiol. 2000 Oct; 111(10):1825-37 Er wird häufig als „Nervosität“ interpretiert. Vom essenziellen lässt sich der physiologische Tremor klinisch meist dadurch unterscheiden, dass eine leichte Gewichtsbelastung der zitternden Hand zu einer Beruhigung führt, was beim essenziellen Tremor nicht der Fall ist. (3)Can J Neurol Sci. 2000 Feb; 27(1):65-70 DOI: 10.1017/s0317167100052008 Im Falle einer Beeinträchtigung feinmotorischer Tätigkeiten können Betablocker helfen.

Essenzieller Tremor

Der essenzielle Tremor ist typischerweise ein beidseitiger Haltetremor und steigert sich allmählich im Laufe der Jahre, bei schwerem Verlauf bis zur Hilflosigkeit. Außer den Armen können auch andere Körperpartien und die Stimmbildung betroffen sein. Die Erkrankung kann bereits im Jugendlichenalter auftreten, tritt aber gelegentlich auch erst später im Leben zutage. Familiäre Formen sind bekannt und wahrscheinlich genetisch verursacht (4)Neurology. 2014 Mar 18;82(11):1000-7. Es besteht eine Beziehung zum Parkinson-Syndrom, die nicht klar definiert ist. (5)Other Hyperkinet Mov (N Y). 2012;2. pii: tre-02-75-409-3. Allerdings ist der Morbus Parkinson durch zusätzliche nicht motorische Symptome gekennzeichnet, während die essenzielle Form meist monosymptomatisch ist. Offenbar ist der essenzielle Tremor ein Ausdruck eines cerebellären degenerativen Prozesses (6)Parkinsonism Relat Disord. 2011 Jul;17(6):406-9. Curr Neurol Neurosci Rep. 2014 Jun;14(6):450. Eine ursächliche Therapie ist nicht bekannt. Am besten helfen Propranolol (ein nicht selektiver Betablocker) und Primidon (ein Antikonvulsivum). (7)J Cent Nerv Syst Dis. 2013 Dec 22;5:43-55 (8)J Cent Nerv Syst Dis. 2014 Apr 21;6:29-39

Morbus Parkinson

Typisch für den Morbus Parkinson ist ein oft einseitiges gröberes, mittel- bis niederfrequentes Zittern, das auch in Ruhe auftritt. Beidseitigkeit und eine ähnliche Zitterfrequenz lassen eine Abgrenzung vom essenziellen Tremor nicht in jedem Fall zu. Ein häufig verwertetes Unterscheidungsmerkmal sind die beim Parkinson-Syndrom begleitenden nicht motorischen Symptome wie das durch vermehrte Talgproduktion entstehende glänzende „Salbengesicht“, eine Pollakisurie (gehäufter Harndrang), nächtliche Schweißausbrüche, Schlaflosigkeit, Depressionen, eine Neigung zu orthostatischer Kreislaufstörung, die beim essenziellen Tremor nicht typisch sind. Aber es gibt Überlappungen zum essenziellen Tremor, die die Diagnosestellung erschweren. (9)Parkinsonism Relat Disord. 2007 Mar; 13(2):67-76 Ursächlich liegt dem Parkinson-Syndrom ein Mangel am Neurotransmitter (Überträgerstoff) Dopamin in den basalen Kerngebieten des Gehirns vor. Entsprechend stützt sich die Therapie im Wesentlichen auf L-Dopa und Dopamin-Agonisten.

Mehr zum Morbus Parkinson siehe hier.

Medikamente als Ursache

Medikamente und pharmakologisch wirksame Substanzen können Zittern auslösen oder verstärken. Zu ihnen gehören Antidepressiva, Neuroleptika, Theophyllin, Koffein, Nikotin, Valproinsäure, Tacrolimus, Cyclosporin A und Schilddrüsenhormone. (10)J Cent Nerv Syst Dis. 2013 Dec 22;5:43-55 Der durch sie ausgelöste Tremor ist beidseitig und sistiert nach ihrem Absetzen. Häufig treffen die Nebenwirkungen besonders Menschen mit Neigung zu physiologischem Tremor und können einen essenziellen Tremor erheblich verstärken.

Diagnostik

Die Diagnostik beruht auf einer gründlichen neurologischen Untersuchung. Sie richtet sich auf organische und funktionelle Krankheiten sowie auf Durchblutungsstörungen des Gehirns. Neurophysiologische und bildgebende Verfahren stehen im Vordergrund. Die Diagnostik umfasst zudem toxische und medikamentöse Einflüsse und Stoffwechselkrankheiten (s.o.).

Therapie

Die Therapie richtet sich nach der Ursache und kann sehr unterschiedlich sein. Zur Dämpfung des Tremors werden meist L-Dopa und Dopamin-Agonisten verwendet.

Eine neue Entwicklung ist das GABA-A α2/3-selektive MP-III-024. Es reduzierte das Harmalin-induzierte ET-Zittern und die Pimozid-induzierten TJM in Versuchstieren. Die weitere Entwicklung ist abzuwarten. (11)Biomolecules. 2023 Jan 18;13(2):197. DOI: 10.3390/biom13020197


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Verweise

 

Literatur[+]