Rotavirus-Infektion

Rotaviren sind weltweit Erreger einer Magendarminfektion (Gastroenteritis) und wegen des raschen Flüssigkeitsverlusts (Dehydratation). Eine Rotavirus-Infektion ist besonders bei Kleinkindern und Säuglingen gefürchtet.

Allgemeines

Etwa 37% der Todesfälle durch schwere Durchfälle (Diarrhö) sind durch eine Rotavirus-Infektion bedingt  (1)N Engl J Med 2017; 376:1121-1130 March 23, 2017 DOI: 10.1056/NEJMoa1609462.

Auch bei Erwachsenen können Rotaviren zu einer akuten Gastroenteritis führen. Sie sind häufig Ursache der Reisediarrhö (ca 10%) und lösen bei abwehrgeschwächten Menschen schwer verlaufende Magendarminfekte aus. Es besteht die Gefahr eines Kaliummangels (Hypokaliämie)! Die Häufigkeit und die Schwere des Verlaufs ist in tropischen und subtropischen Ländern korreliert mit dem Hygienestandard der gesellschaftlichen Schicht und verläuft vor allem in Armutsgebieten unter Kleinkindern und alten Menschen letal. (2)J Biomed Sci. 2020 May 21;27(1):66. doi: 10.1186/s12929-020-00649-8. PMID: 32438911; PMCID: … Continue reading

Saisonalität

Typischerweise verläuft die Rotavirus-Infektion saisonal und endemisch. In Südostasien wurde beobachtet, dass ein signifikanter Zusammenhang besteht zwischen einer erhöhten Anzahl positiver Fälle einer Rotavirus-Infektion und einer geringeren Luftfeuchtigkeit, Regen und Temperatur. Bei Kindern unter 2 Jahren trat die Infektion am häufigsten im Winter, in der Trockenzeit oder in der kühlen / trockenen Jahreszeit auf. (3)PLoS Negl Trop Dis. 2019 Aug; 13(8):e0007211.

Genetik

Das Virus tritt in verschiedenen Genotypen auf (4)Rev Med Virol. 2018 Nov;28(6):e2003. doi: 10.1002/rmv.2003. Epub 2018 Aug 29. PMID: 30156344., wobei es im Laufe der Zeit zu einem Shift des Typus kommen kann. So änderte sich in Südostasien der Genotyp von G1P[8] und G2P[4] zu den zuvor seltenen und ungewöhnlichen Genotypen G3P[8], G8P [8] und G9P [8]. (5)J Biomed Sci. 2020 May 21;27(1):66. doi: 10.1186/s12929-020-00649-8. PMID: 32438911; PMCID: … Continue reading Eine immer wieder stattfindende Rekombination von RNA-Segmenten führt zu einer vermehrten Diversität und dauernden Evolution des Virus. (6)Virus Evol. 2020 Jan 13;6(1):vez059. doi: 10.1093/ve/vez059. PMID: 31949920; PMCID: PMC6955627.


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Entstehung

Eine Infektion mit Rotaviren führt zu Schleimhautdefekten im Dünndarm. Es kommt zum Absterben der Zellen der Villusspitzen, die durch unreife Zellen ersetzt werden. Da deren Funktion zur Resorption von Nahrungsbestandteilen noch nicht ausgebildet ist, können sie nicht genügend Nahrungsbestandteile resorbieren. Es kommt es zu einer Mangelernährung. Zudem kommen die nicht resorbierten kleinen Moleküle in den Dickdarm und führen dort zu einer osmotischen Diarrhö (sie binden Flüssigkeit, die nicht resorbiert werden kann). Der dadurch bedingte Flüssigkeitsverlust kann – speziell für Kleinkinder – lebensbedrohlich sein.

Infektion

Zur Infektion kommt es durch eine fekal-orale Übertragung (Schmierinfektionen, Verunreinigung von Nahrungsmitteln). Die Inkubationszeit beträgt 1 – 3 Tage, die Erkrankungsdauer Dauer etwa 2 – 4 (bis 7) Tage. Eine Ausscheidung des Virus über den Stuhl erfolgt anschließend noch einige Tage bis 2 Wochen lang, in Einzelfällen (besonders bei Immunschwäche) über mehrere Wochen.

Symptomatik

Es kommt zu einer breiigen Diarrhö und häufig zu Fieber. Die Symptomatik ist selbstlimitiert und dauert meist 2-6 Tage. Häufig verlaufen die Infektionen im Erwachsenenalter milde oder subklinisch. Gefürchtet sind die Komplikationen eines Flüssigkeitsmangels (einer Dehydratation) und eines Verlusts an Kalium  (Hypokaliämie) sowie ein prärenales Nierenversagen (Niereninsuffizienz, bedingt durch Volumenmangel im Blutgefäßsystem). Der Kaliummangel kann zu schweren Herzrhythmusstörungen führen. In seltenen Fällen können durch eine begleitende Entzündung des Gehirns (Enzephalitis) neurologische Symptome, insbesondere Kleinhirnsymptome,  auftreten; berichtet wurde von zentral bedingtem Blutdruckabfall (Hypotonie), Veränderung des Sprechens, Dysarthrie und Ataxie. (7)Brain Dev. 2007 Nov;29(10):670-3 (8)Eur J Pediatr. 2010 Oct;169(10):1287-91. doi: 10.1007/s00431-010-1202-y. Epub 2010 May 12. PMID: … Continue reading (9)Arch Iran Med. 2015 Sep;18(9):604-5. PMID: 26317602.

Diagnostik

Die Diagnose stützt sich auf einen Virusnachweis im Stuhl (Immunoassay von Virusantigen).

Therapie

An sich ist die Infektion selbstlimitierend. Die Behandlung ist daher rein symptomatisch. Der Dehydratation (Flüssigkeitsmangel) und der Verlust an Elektrolyten muss ausgeglichen werden. Hygienemaßnahmen!

Impfung

Einer Infektion kann durch Impfung vorgebeugt werden. Die WHO (World Health Organization) empfiehlt eine Aufnahme in die Impfprogramme weltweit. (10)Rotavirus vaccines:an update. Wkly Epidemiol Rec. 2009 Dec 18;84(50):533-40. English, French. PMID: … Continue reading Vor allem in Südostasien war dies 2018 noch nicht überall erfolgt (11)Hum Vaccin Immunother. 2018; 14(9):2281-2296.

Eine Impfung mit einer kostengünstigen, hitzestabilen, lebenden Vaccine (oral bovine rotavirus pentavalent vaccine (BRV-PV, Serum Institute of India) ) hat in einem ersten Feldversuch an Kindern in Niger zu einer Reduktion schwerer Fälle von Rota-bedingter Gastroenteritis geführt: Die Ansprechrate lag bei fast 70% (3508 Kinder, in der Impfgruppe 31, in der Placebogruppe 87 schwere Gastroenteritis-Fälle). Allerdings lag die Todesrate mit 27 in der Impfgruppe etwas (nicht signifikant) höher als in der Placebogruppe mit 22, die häufigsten Ursachen waren Infektionen und parasitäre Erkrankungen, keine war impfbezogen (12)N Engl J Med 2017; 376:1121-1130 March 23, 2017DOI: 10.1056/NEJMoa1609462.

Impferfolge: Infolge der Impfungen gingen in Brasilien die Krankenhauseinweisungen um 59 % und die Todesfälle um 21 % zurück (30–38 % bei Säuglingen), in Peru um 46 % und um 37 % (56 % bei Säuglingen) (13)Expert Rev Vaccines. 2024 Jan-Dec;23(1):606-618. doi: 10.1080/14760584.2024.2360212.

Ein Überblick über die Impfstoffe 2020 siehe hier.

Verweise

Literatur[+]