Die Therapie des Pankreaskarzinoms richtet sich nach dem Typ und dem Stadium der Erkrankung. Da in den meisten Fällen eine Diagnosestellung erst dann erfolgt, wenn bereits ein invasives Wachstum oder Metastasen in der Leber vorliegen, ist die Behandlung in der Regel nicht mehr kurativ (heilend) möglich. Es wird angestrebt, das Wachstum zu verlangsamen und lebenswerte Zeit zu gewinnen.
Für lokal begrenzte Tumore haben Fortschritte in letzter Zeit zu einer deutlich besseren Prognose geführt. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate ist für sie von 38 auf 60 % gestiegen, während die Fünf-Jahres-Überlebensrate von Patienten mit Tumoren, die über den Resektionsrand hinüber gingen, was meistens der Fall ist, nur von 2 % auf 3 % gestiegen ist. 1
Operation
Bei frühzeitiger Erkennung in den Stadien I und II kann eine operative Therapie angestrebt werden (Whipple-Operation, Pylorus erhaltende Pankreasresektion). Meist zeigen sich intraoperativ Lymphknotenmetastasen, die zuvor nicht darstellbar waren, so dass eine kurative Behandlung nur sehr eingeschränkt möglich ist. Gelingt eine R0-Resektion, liegt dennoch die mittlere Lebenserwartung bei 1 – 1½ Jahren und die 5-Jahresüberlebensrate unter 20 %. Häufig findet man am Resektionsrand Tumorzellen, die entlang der Gefäßwände bereits weitergewachsen sind. 2 3
Eine palliative Operation kann bei Magenausgangs- oder Duodenalstenose erforderlich werden.
Strahlentherapie
Sie ist als alleinige Therapie oder in Kombination mit einer Operation nicht erfolgversprechend. Eine kombinierte Radiochemotherapie kann Vorteile bringen. Eine Schmerzbestrahlung kann indiziert sein.
Jod-125-Brachytherapie
Eine neue Methode stellt die Kryoresektion mit Einlage von Jod-125 zur lokalen Radiotherapie (mit kurzer Reichweite: Brachytherapie) dar. Das mittlere Überleben stieg auf 16,2 Monate, etwa die Hälfte der Patienten überlebte 12 Monate oder mehr. Die Überlebensrate nach 2 Jahren lag bei fast 23% und nach 3 Jahren bei 9%). 4
Eine Metaanalyse von Studien mit Jod-125-Brachytherapie weist sehr viel kürzere Lebenszeiten nach. Nach einer I-Seeds-Implantations-Therapie betrug die mittlere Überlebenszeit 9 Monate, eine kombinierte Behandlung mit I-Seeds-Brachytherapie und anderen Therapien von etwa 12 Monaten. 5
Endoskopische Therapiemöglichkeiten
Endoskopische Verfahren können zur Galleableitung bei Tumorkompression des distalen Choledochus (Stenteinlage) eingesetzt werden (ERCP mit Papillotomie und Galledrainage bzw. Stenteinbringung).
Chemotherapie
Die Maßstäbe für eine Therapieindikation berücksichtigen nicht nur das objektive Ansprechen, sondern auch die Symptomlinderung (clinical benefit response, CBF). 6
Gemcitabin: Das Pankreaskarzinom spricht insgesamt schlecht auf Chemotherapie an. Gemcitabin scheint in einigen Fällen (ca. 20%) die Symptomatik verbessern und den Verlauf verlangsamen zu können und gilt seit vielen Jahren als Erstlinien-Standardtherapie 7. Eine Heilung ist nicht erzielbar. Eine sich häufig entwickelnde Resistenz gegen Gemcitabin kann durch Sartane (z. B. Ibersartan) verhindert werden, wie an Tiermodellen festgestellt wurde. 8 DAbei spielt eine Regenerierung der Fähigkeit zur Ferroptose eine Rolle. 9
Kombinationstherapien: Um die Wirksamkeit einer Gemcitabin-Monotherapie zu erhöhen, können Kombinationen angewandt werden, so z. B. Gemcitabin plus Erlotinib oder Gemcitabin plus nab-Paclitaxel. Allerdings ist das Pankreaskarzinom vielfach primär resistent gegen Gemcitabin oder wird es im Therapieverlauf. Daher sind Alternativen gefragt, die individuell angeboten werden können. Solch eine Alternative ist das Multidrug-Regime von Leucovorin, Fluorouracil, Irinotecan und Oxaliplatin (FOLFIRINOX). 7
nab-Paclitaxel: Dieses in Mikropartikeln Albumin-gebundene Präparat kombiniert mit Gemcitabin verbessert das Ansprechen des metastasierenden Pankreaskarzinoms (Gesamtüberleben, progressionfreies Überleben und Ansprechrate) signifikant. Das mittlere progressionsfreie Überleben verlängerte sich von 3,7 Monate (Gemcitabin-Gruppe) auf 5,5 Monate (Kombinationsgruppe). Das Gesamtüberleben steigerte sich von 22% auf 35% nach 1 Jahr. Als bedeutende Nebenwirkungen traten gehäuft eine periphere Neuropathie und eine Knochenmarkschädigung auf. 10
Nanoliposomales Irinotecan zusammen mit Fluoruracil und Folinsäure: Eine Phase-3-Studie weist nach, dass in Fällen einer vorherigen Gemcitabin-basierten Therapie eine nachfolgende Therapie mit nanoliposomalem Irinotecan plus mit Fluoruracil (FU) und Folinsäure zu einem nochmaligen Ansprechen führt mit einer Verlängerung des Überlebens um etwa 2 Monate (6,1 vs. 4,2 Monate) gegenüber alleiniger FU/Folinsäure-Therapie. Die Nebenwirkungen umfassen vor allem Neutropenie (27 %), Diarrhö (13 %), Erbrechen (11 %) und Abgeschlagenheit (14 %) 11. Mit der neu entwickelten Kombination von Chemotherapeutika NALIRIFOX, die liposomales Irinotecan enthält, verlängert sich laut einer Studie die Überlebenszeit von 9,2 auf 11,1 Monate im Vergleich zu den bisher besten Therapien (FOLFIRINOX bzw. nab-Paclitaxel und Gemcitabin). 12
Rindenextrakt des Amur-Korkbaums: Der „Phellodendron amurense Bark Extract“ hat Antitumor-Eigenschaften beim Pankreaskarzinom durch selektive Modulation des Signalwegs, der Entzündungen auslöst (via STAT3/NF?B/Cox-2). 13 Als dafür verantwortliche Substanz ist Berberin identifiziert worden, das auch in Coptidis Rhizomen (chinesische und japanische Goldfaden) vorkommt. 14. Beim Magenkarzinom hemmte es verschiedene Signalwege (mTOR, Akt, MAPK (ERK, JNK und p38) und induzierte dadurch Autophagie. 15 Therapiestudien dazu fehlen.
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Schmerztherapie
Bei Befall des Plexus coeliacus können erhebliche Schmerzen auftreten, die ein intensives Schmerzschema erfordern (z. B. das WHO-Stufenschema). Basis sind meist Opioide (Retardform + kurzzeitig wirksame Rescue-Medikamente, ggf. parenterale Zufuhr über Pumpen als patientenkontrollierte Analgesie, Fentanyl-Pflaster), ggf. Plexusverödung durch CT-gesteuerte Alkoholinjektion. 16 Opioidanalgetika sind zwar wirksam, aber sie können Darmfunktionsstörungen auslösen. Die Verwendung von die Verwendung von Oxycodon/Naloxon hat Vorteile bei Krebsschmerzen, da sie die opioidbedingte Neigung zu Verstopfung minimiert 17.
Begleitende Behandlung
Zusätzlich sind oft Antidepressiva, Antiemetika und Laxantien hilfreich und indiziert.
Behandlung der Gewichtsabnahme
Der oft ausgeprägten Gewichtsabnahme kann offenbar durch Substitution von Pankreasenzymen entgegengewirkt werden. 18
Neue Entwicklungen
Diagnostik durch neue Marker:
- LYVE1, REG1B und TFF1: Beim Bauchspeicheldrüsenkrebs hängt die Heilungschance entscheidend davon ab, wie frühzeitig er entdeckt wird. Drei neue Biomarker (LYVE1, REG1B und TFF1) erweisen sich als für eine Frühdiagnostik geeignet. Zusammen mit dem bekannten Marker CA19-9 deuten sie laut einer Studie lange vor Nachweis eines Tumors auf die Krebsentwicklung hin (1 Jahr zuvor Sensitivität von 72% und Spezifität von 90%, zwei Jahre zuvor 53% und 80%). Für Patienten mit einem erhöhten Risiko, wie es bei einer chronischen Pankreatitis besteht, kann dies in Einzelfällen möglicherweise zu einer Operationsindikation mit kurativem Anspruch führen. 19
- miRNA: MikroRNA eignen sich zur Diagnostik des Pankreaskarzinoms 20. Die Bestimmung von mikroRNA-210-3p im Urin erfasst das invasive duktale und auch das intraduktale papilläre muzinöse Karzinom. Für die gemeinsame Gruppe liegen die Sensitivität bei 0,828 und die Spezifität bei 0,743 21. In wieweit sich miRNA für eine Frühdiagnose eignen, ist zu untersuchen.
Onkolytische Viren können helfen, Tumorzellen selektiv zu bekämpfen. 22 Inzwischen ist demonstriert worden, dass onkolytische Mutanten von Adenoviren (Ad5-3Δ-A20T) hoch selektiv Zellen eines Pankreaskarzinoms befallen, die den αvβ6-Integrinrezeptor exprimieren, was die meisten Tumore dieser Art tun. Es wird angenommen, dass dies für eine Therapieoptimierung ausgenutzt werden kann. 23 Ähnliche Entwicklungen erfolgen auch für andere Tumore, wie für das Ovarialkarzinom 24
Hemmung der Makropinozytose: Das Pankreaskarzinom ist durch die Bildung von Narbengewebe (kollagenem Bindegewebe) gekennzeichnet, welches die eigene Durchblutung behindert. Auch Medikamente können schlecht die Tumorzellen erreichen. Um selbst jedoch dort gut gedeihen zu können, versorgen sich die Krebszellen über eingestülpte Bläschen („Makropinozytose“). Seit man das erkannt hat, denkt man über einen neuen Therapieansatz nach: Könnte man diesen Prozess selektiv hemmen, so könnte man die Zellen „verhungern“ lassen. 25
TCR-Gen-Therapie: Es wurden T-Lymphozyten mit Rezeptoren, die einen mutierten Oberflächenmarker der Tumorzellen erkennen, durch „genetic engineering“ hergestellt und infundiert. Der Tumor inkl. der Metastasen verkleinerte sich erheblich. Die Wirkung hielt nach einem halben Jahr an. Eine „TCR gene therapy“, die Oberflächenmarker von Tumorzellen zum Ziel hat (hier das mutierte KRAS G12D), ist eine neue Methode der Krebstherapie. 26
KRAS als Ziel für einen therapeutischen Angriff: RAS-Gene (KRAS, HRAS, NRAS) sind die am häufigsten mutierte Onkogene, und KRAS-Mutationen treten in 94 % auch beim Pankreaskarzinom auf. Mit der Entwicklung einer neuen Generation von Medikamenten, die auf KRAS zielen (wie Sotorasib und Adagrasib), sind weitere Behandlungsoptionen für Patienten entstanden, die in klinische Studien getestet werden 1.
NALIRIFOX: Dies ist eine dem FOLFIRIFOX analoge Medikamentenkombination, bei der Irinotecan liposomal verpackt wurde. Die Überlebenszeit verlängert sich laut einer Studie von 9,2 auf 11,1 Monate im Vergleich zu den bisher besten Therapien (FOLFIRINOX bzw. nab-Paclitaxel und Gemcitabin). 12
Aktivierung des körpereigenen Abwehrsystems: Es wurden hohe Expression von B7-H3 auf Krebszellen des Pankreas gefunden. Darüber können experimentell natürliche Killerzellen (NK-Zellen) gegen Bauchspeicheldrüsenkrebszellen aktiviert werden, was zu einer signifikanten Zerstörung der Tumorzellen führte. Dies wird als ein vielversprechender neuer Weg zur Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs angesehen. 27
Es wurde ein Crosstalk zwischen Nerven und Krebs entdeckt, der Auswirkungen auf das Tumorwachstum, die Metastasierung und die Therapieresistenz hat. Es werden inzwischen therapeutische Strategien entwickelt, die auf die tumorassoziierte Mikroumgebung des Tumors gerichtet sind und welche den Crosstalk unterbrechen. Das neu entwickelte LAR@np-OMVs reduziert die Nerveninfiltration und das Neuritenwachstum signifikant 28
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Verweise
- Zystadenom und Zystadenokarzinom des Pankreas
- Akute Pankreatitis
- Chronische Pankreatitis
- Pankreatitis – einfach erklärt
- Whipple-Operation
- Pankreaskarzinom in Bildern
- Die Bauchspeicheldrüse
Referenzen
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