Lipodystrophie

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Allgemeines

Als Lipodystrophie wird eine Gruppe von Erkrankungen bezeichnet, bei der es lokal oder generalisiert an Fettgewebe mangelt. Es werden verschiedene Formen unterschieden. Mit einer Lipodystrophie sind meistens eine Insulinresistenz, eine Zuckerkranheit (Diabetes mellitus) und eine Fettstoffwechselstörung mit Dyslipidämie (Störung der Blutfettzusammensetzung, speziell Hypertriglyzeridämie) verbunden. Leberverfettung und koronare Herzkrankheit (Koronarsklerose) sind entsprechend häufige Komplikationen. Ist der Verlust an Fettzellen generalisiert, so wird dies auch als Lipoatrophie bezeichnet. (1)J Endocrinol Invest. 2019 Jan;42(1):61-73. doi: 10.1007/s40618-018-0887-z Die Lipodystrophie ist häufig mit dem polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS) assoziiert. In einer Schwangerschaft ist mit gehäuften mütterlichen und kindlichen Komplikationen zu rechnen. (2)Front Endocrinol (Lausanne). 2024 Apr 3;15:1359025. doi: 10.3389/fendo.2024.1359025 (3)J Endocr Soc. 2024 Oct 21;8(12):bvae181. doi: 10.1210/jendso/bvae181. PMID: 39479521 Der Mangel an Fettgewebe bedingt häufig einen Rückgang des Leptinspiegels, wodurch häufig eine Hyperphagie („Fresssucht“) resultiert.

Leptin

Einteilung

Die Einteilung der Lipodystrophien berücksichtigt

  • die Verteilung des Fettverlusts: generalisiert – partiell – lokal
  • die Genetik: vererblich – nicht vererblich.

Generalisierte Formen

  • Kongenitale generalisierte Lipodystrophie (CGL): Diese sehr seltene genetisch bedingte Form ist auch als Berardinelli-Seip-Syndrom bekannt. Fettzellen fehlen bei ihr fast vollständig oder sind unfähig, Triglyceride zu speichern. Der Spiegel an Chylomikronen ist stark erhöht. Der Leptinspiegel ist deutlich vermindert, was zu Heißhunger führt. Es besteht eine periphere Insulinresistenz mit den Folgen einer Fettleber, eines Diabetes, einer Endothelzelldysfunktion und der Neigung zu einer Pankreatitis. Auch werden Herzmanifestationen mit Herzrhythmusstörungen, Kardiomyopathie und frühzeitiger Arteriosklerose beschrieben (4)Clin Diabetes. 2016 Oct; 34(4): 181–186. Der Defekt betrifft verschiedene Gene; beteiligt sind AGPAT2, BSCL2, Caveolin 1 (CAV1) und das Gen für den Polymerase-I-und-Transcriptrelease Factor (PTRF). Metreleptin verspricht nach ersten Erfahrungen einen guten therapeutischen Erfolg (5)J Hum Genet. 2014 Jan;59(1):16-23. doi: 10.1038/jhg.2013 (6)Ther Clin Risk Manag. 2015 Sep 16;11:1391-400. doi: 10.2147/TCRM.S66521 (7)Recent Pat Endocr Metab Immune Drug Discov. 2015;9(2):74-8. Mehr dazu hier.
  • Erworbene generalisierte Lipodystrophie (AGL): Diese als Lawrence-Syndrom bekannte Lipodystrophie ist ebenfalls mit einer Insulinresistenz, Diabetes mellitus, erhöhten Blutfetten (Hypertriglyceridämie), einem Leptinmangel und mit einem Mangel an Adiponectin verbunden. Die Diagnose wird meist in der Jugend gestellt. Mädchen sind häufiger betroffen als Jungen. Als Ursachen werden in 25 % eine Pannikulitis (Hautentzündung), in 25 % Autoimmunmechanismen und in 50 % keine Auslöser gefunden. Gelegentlich wird eine Assoziation mit anderen Autoimmunkrankheiten gefunden (8)J Am Acad Dermatol. 2006 Dec; 55(6):947-50 (9)Nat Rev Endocrinol. 2011 Mar;7(3):137-50. doi: 10.1038/nrendo.2010.199
  • HIV-assoziierte Lipodystrophie: Bei einer unter intensiver Therapie stehenden HIV-Erkrankung wird gelegentlich ein generalisierter Abbau von Fettgewebe beobachtet (HAART-assoziiertes Lipodystrophie-Syndrom). (10)J Hum Genet. 2014 Jan;59(1):16-23. doi: 10.1038/jhg.2013.107

Lokalisierte Formen

Partielle Lipodystrophien haben mit 1 Fall auf 7000 eine höhere Prävalenz als bisher angenommen (11)J Clin Endocrinol Metab. (2022) 107:1714–26. doi: 10.1210/clinem/dgac079.

  • Familiäre partielle Lipodystrophie: Sie ist der häufigste Typ der insgesamt seltenen partiellen Form und wird als Dunnigan-Varietät (FPLD Typ 2) bezeichnet. Zugrunde liegt eine LMNA-Genvatiante auf Chromosom 1q21-22, die autosomal dominant vererbt wird (12)Front Endocrinol (Lausanne). 2024 Apr 3;15:1359025. doi: 10.3389/fendo.2024.1359025. Typisch ist der Fettverlust der Haut an den Extremitäten, wodurch die Muskulatur besonders hervorsticht; Frauen sind schwerer betroffen als Männer; die Betroffenen erscheinen besonders muskulös. Andere Körperregionen, wie Gesicht, Kinn, Nacken und innerer Bauchraum sind dagegen fettreich (13)J Clin Endocrinol Metab. 2013 Aug;98(8):E1410-3. doi: 10.1210/jc.2013-1297.
  • Autoimmun bedingte Lipodystrophie: Autoimmunmechanismen werden bei der „acquired partial lipodystrophy“ (APL) (Barraquer-Simons-Syndrom) und beim AGL-Lawrence-Syndrom angenommen (14)J Hum Genet. 2014 Jan;59(1):16-23. doi: 10.1038/jhg.2013.107..
  • Erworbene lokalisierte Formen: Eine Lipodystrophie findet sich gelegentlich als Auswirkung von
    • einer lokalen Medikamentenapplikation, so nach Behandlung mit Kortikosteroiden (vor allem Kortisonpräparate als Kristallsuspension) (15)J Am Acad Dermatol. 1996 Oct;35(4):523-8. (16)JAAD Case Rep. 2015 Nov 25;1(6):415-7. doi: 10.1016/j.jdcr.2015.10.008 oder nach einer Gentamycin-Injektion (17)Indian Dermatol Online J. 2017 Sep-Oct;8(5):373-374. doi: 10.4103/idoj.IDOJ_390_16. Behandlungserfolge werden mit lokaler intraläsionaler Injektion einer Salzlösungberichtet (zur Auflösung und Verbesserung des Abtransports der dort verbliebenen Kortikoids, speziell von Kortikoidkristallen) (18)Dermatol Surg. 2005 Oct;31(10):1340-3. (19)JAAD Case Rep. 2015 Nov; 1(6): 415–417.
    • wiederholter mechanischer lokaler Irritationen (Druck, Verletzung, Mikrotraumen etc.) (20)J Am Acad Dermatol. 1996 Oct;35(4):523-8 (21)J Dermatol. 2007 Jun;34(6):390-3. (22)J Eur Acad Dermatol Venereol. 2005 Jul;19(4):459-61..

Therapie

Zur Behandlung der Lipodystrophie kommen verschiedene Maßnahmen in Betracht; sie werden bei der Beschreibung der einzelnen Typen (s. o.) bereits angegeben. Grundlegend sind bei der Feststellung einer Insulinresistenz und eines Diabetes mellitus sowie einer Fettstoffwechselstörung angemessene diätetische Maßnahmen (fettarme und zuckerarme Kost, medikamentöse Behandlung je nach Schweregrad). Bei Nachweis eines Leptinmangels kommt Metreleptin als wirksame Option hinzu. (23)J Clin Endocrinol Metab. 2016 Dec;101(12):4500-4511 Als Vorbedingung für eine Metreleptin-Therapie wurde in einer Studie ein Leptin-Wert unter 8 ng/mL für männliche Personen oder unter 12 ng/mL für weibliche Personen angesetzt (24)J Clin Endocrinol Metab. 2015 May;100(5):1802-10. doi: 10.1210/jc.2014-4491..

Lipodystropie und Schwangerschaft

Einzelfallbericht: Ein Bericht über eine Schwangerschaft bei erworbener partieller Lipodystrophie (Dunnigan-Lipodystrophie) im Zusammenhang mit einer allogenen Knochenmarktransplantation im Kindesalter (wegen einer lymphozytischen Leukämie, in deren Verlauf vorübergehend eine Linksherzinsuffizienz aufgetreten war) zeigt die Notwendigkeit einer häufigen Leptin-Kontrolle. Der Leptinspiegels zeigte einen progressiven Anstieg mit einem Maximum im dritten Trimester (41,53 ng/ml). Nach der Geburt (eine Frühgeburt) kam es zu einem schnellen Rückgang mit einem erniedrigen Basalspiegel. In der 33. Schwangerschaftswoche entwickelte die Patientin ein akutes Lungenödem, wodurch ein Kaiserschnitt erforderlich wurde. Während der Geburt traten Herzkomplikationen bei der Mutter ein. Es wurde vermutet, dass der Anstieg des Leptinspiegels im mütterlichen Blut fötalen oder plazentaren Ursprungs war. (25)J Endocr Soc. 2024 Oct 21;8(12):bvae181. doi: 10.1210/jendso/bvae181

Komplikationsträchtigkeit: Eine andere Publikation weist auf eine hohe Häufigkeit fetaler Komplikationen bei Frauen mit Dunnigan-Lipodystrophie (FPLD2) hin. Es wird auf die Bedeutung wirksamer Verhütungsstrategien hingewiesen, um es zu ermöglichen, Schwangerschaften zu optimalen Zeitpunkten zu planen. (26)Front Endocrinol (Lausanne). 2024 Apr 3;15:1359025. doi: 10.3389/fendo.2024.1359025


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Verweise

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