Rauchen aufhören ist meist unerwartet schwierig, aber lohnt immer! Denn Langzeitrauchen bedeutet ein erhöhtes Risiko für Krebs und kognitiven Abbau – auch wenn ein kurzzeitig positiver Effekt auf die Kognition besteht. (1)Int J Clin Health Psychol. 2023 Jan-Apr;23(1):100335. DOI: 10.1016/j.ijchp.2022.100335
Inhaltsverzeichnis
Die schädlichen Wirkungen von Rauchen
Rauchen schadet der Gesundheit durch Angriff an vielen Stellen:
- Es fördert eine frühzeitige Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) mit ihren Komplikationen einer koronaren Herzkrankheit mit Herzinfarkt, eines Schlaganfalls und eines Raucherbeins.
- Es führt zu chronischen Lungenkrankheiten wie einer chronischen Bronchitis und einer Lungenüberblähung (Emphysem).
- Es fördert eine frühzeitige Knochenbrüchigkeit (Osteoporose).
- Es erhöht das Risiko für Magengeschwüre.
- Es fördert die Krebsentstehung verschiedener Organe, wie Magen, Darm, Bauchspeicheldrüse oder Harnblase (siehe hier); Lungenkrebs ist zu etwa 90% auf Rauchen zurückzuführen.
- Es vermindert die Lebenserwartung um 10-15 Jahre! (2)N Engl J Med 2015; 373:1289-1291
Rauchen und Schwangerschaft
Rauchen in der Schwangerschaft ist mit einer deutlichen Erhöhung des Risikos mehrerer Komplikationen assoziiert, darunter Totgeburt, Frühgeburt und niedriges Geburtsgewicht sowie Geburtsfehler und plötzlicher Kindstod. Schwangeren zu helfen nicht zu rauchen, schützt das Kind. (3)BMC Pregnancy Childbirth. 2021;21(1):254. doi: 10.1186/s12884-021-03729-1
→ Rauchen in der Schwangerschaft
Hohes Suchtpotenzial
Diese Risiken sind vielen Rauchern bekannt. Dennoch fällt es ihnen wegen des Suchtpotentials schwer, mit dem Rauchen dauerhaft aufzuhören. Viele überschätzen sich und behaupten, jederzeit aufhören zu können, was der Realität oft nicht stand hält. Das liegt daran, dass Dopamin als Vermittler kurzzeitiger Befriedigung die Oberhand bekommt gegenüber Serotonin, das mehr die längerfristig anhaltende Freude fördert.
→ Zu Rauchen und seinen Folgen siehe hier.
Mit dem Rauchen aufzuhören lohnt!
Aufhören zu rauchen lohnt sich jederzeit! Es reduziert das Risiko von Krebs, einer Arteriosklerose und von Demenz. Es wirkt sich sofort positiv auf die Gesundheit aus.
Jüngere Menschen reduzieren ihr Risiko, innerhalb der nächsten 10 – 15 Jahre zu sterben, um etwa die Hälfte! Auch ältere Menschen profitieren davon. Untersuchungen zeigen, dass die Lebenserwartung von Patienten, die einen Koronarstent wegen Herzengegefühl (Angina pectoris) bekommen hatten und mit dem Rauchen vollständig aufhörten, eine deutlich höhere Lebenserwartung als diejenigen hatten, die weiter rauchten (siehe hier).
Es kommt darauf an, einen Modus zu finden, der zu einer dauerhaften Abstinenz führt.
Was einer Raucherentwöhnung oft im Wege steht
Rauchen aufhören ist ein leicht gefasster Vorsatz, aber schwer zu befolgen, denn rauchen macht süchtig. Es führt in der Regel zu Entzugssymptomen wie
- innere Unruhe,
- Konzentrationsstörungen,
- Schlafstörungen,
- Unausgeglichenheit,
- Stressanfälligkeit oder einer
- Verstopfung.
Oft kommen nach Nikotinentzug neue Suchtverhalten zutage, wie das nach Süßigkeiten; es sind Ersatzbefriedigungen. Das liegt daran, dass sich das Gehirn unter Nikotin verändert: die Wege der Befehlsübertragungen im Gehirn selbst und von ihm über das Nervensystem zu den Organen erhalten eine andere Struktur, die nicht rasch zu ändern ist.
Der körperliche Entzug dauert einige Wochen und wird meist mit Hilfe der Familie und engen Freunden, die unterstützen sollten, gut bewältigt.
Sehr viel schwieriger ist es jedoch, die Angewohnheit, in bestimmten Situationen zur Zigarette zu greifen, zu überwinden. Diese Phase der Entwöhnung dauert deutlich länger; manche Menschen bleiben ihr Leben lang gefährdet, rückfällig zu werden. Es kommt bei der Raucherentwöhnung auf eine “Umprogrammierung” eingefahrener Verhaltensweisen an.
Der Griff zur Zigarette bei Stress oder bei der Skatrunde oder die Verdauungszigarette vor dem geplanten Stuhlgang gehören zu den problematischen Gewohnheiten, die einer dauerhaften Entwöhnung im Wege stehen. In seltenen Fällen stellen sich Depressionen ein; sie bedürfen unter Umständen einer fachärztlichen Kontrolle und medikamentösen Behandlung.
Ein weiteres Problem, das einer Raucherentwöhnung oft im Wege steht, ist die gelegentliche Gewichtszunahme nach Entzug. Manche Menschen rauchen nämlich, um weniger zu essen. Und tatsächlich ist alleine der Gedanke an eine neuerliche Gewichtszunahme für den Willen, mit dem Rauchen aufzuhören, sehr hinderlich. In diesen Fällen muss nicht nur das Rauchen abgewöhnt werden, sondern es muss auch eine gute Diätberatung und eine Anleitung zu vermehrter körperlicher Bewegung erfolgen.
Tipps zur Entwöhnung
“Umprogrammierung” eingefahrener Verhaltensweisen: Wer sich das Rauchen abgewöhnen will, muss in der Regel seinen Lebensstil in mancher Beziehung grundlegend ändern. Dazu sollten Sie eine Bestandsaufnahme der eigenen Verhaltensweisen und Lebensumstände durchführen, und Sie sollten sich dann überlegen, was Sie ändern sollten, um bei Ihrem Vorhaben erfolgreich zu sein. Und Sie sollten Ihr soziales Umfeld bitten, Ihnen dabei zu helfen. Eine psychosoziale Unterstützung durch das Umfeld ist speziell bei Schwangeren wichtig. Dies hat laut einer Zusammenstellung von Studien beispielsweise zu einer 17-prozentigen Reduzierung von untergewichtigen Säuglingen beigetragen. (4)Cochrane Libr. 2017;(2). 10.1002/14651858.CD001055.pub5.
Hier Tipps zur Raucherentwöhnung:
- Beginnen Sie mit Ankündigung in Familie und Freundeskreis. Setzen Sie sich dadurch einem Erfolgsdruck aus.
- Werfen Sie die Zigarettenschachteln, die Sie noch besitzen, weg.
- Geben Sie die Aufsicht über sich bezüglich des Rauchens in die Hand einer Ihnen nahe stehenden Person; laut Übereinkunft soll sie die Zigarettenschachteln, die sie in Zukunft bei Ihnen findet, entfernen und Sie an die Abmachung erinnern.
- Vereinbaren Sie mit Ihren engen Freunden und Bekannten, dass sie Ihnen keine Zigaretten mehr anbieten, und dass sie möglichst in Ihrer Gegenwart nicht rauchen.
- Suchen Sie Gleichgesinnte unter Ihren rauchenden Freunden und Bekannten und vereinbaren Sie eine gemeinsame Aktion.
- Lenken Sie sich in den ersten Tagen und Wochen, in denen die Entzugssymptomatik am größten ist, über andere Aktivitäten ab: unternehmen Sie etwas (Film, Theater, Restaurant mit Begleitung etc.). Setzen Sie sich nicht wie gewohnt bei Bier oder Wein vor den Fernseher, dann ist die Zigarette möglicherweise nicht mehr weit.
- Vermeiden Sie wenn möglich Situationen, in denen Sie gewohnheitsmäßig rauchen.
- Lernen Sie Stress abzubauen, so dass er keinen Anlass für Rauchen darstellt. Nehmen Sie gegebenenfalls psychologische Hilfe in Anspruch.
- Vermeiden Sie Alkohol, da er die Schwelle zu rauchen senkt.
- Schädigen Sie nicht über Ersatzbefriedigungen Ihren Körper. Geben Sie nicht anderen Begierden nach: Vermeiden Sie Kuchen, Süßes, möglichst alles, was freien Zucker enthält: es macht dick und fördert die Arteriosklerose.
- Bewegen Sie sich mehr: z. B. Treppen selbst hochgehen, nicht Aufzug fahren. Joggen Sie oder gehen Sie regelmäßig in ein Fitness-Center. Es lenkt vom Rauchen ab und wirkt einer ungesunden Gewichtszunahme, die Sie ja sicher vermeiden wollen, entgegen.
Professionelle Hilfe
Geht ein Anlauf zur Entwöhnung von der gewohnten Zigarette schief, so lassen Sie sich nicht entmutigen: starten Sie ihn erneut und lassen Sie sich professionell helfen.
- Eine psychologische Betreuung ist gelegentlich sinnvoll, um ungesunde Ersatzbefriedigungen zu vermeiden und den Durchhaltewillen zu stärken. Sie kann auch helfen, mit Stress besser fertig zu werden. Allerdings haben psychologische Entzugsprogramme alleine einen nur begrenzten Effekt – was für die Vorbeugung bei Kindern leider ein Problem darstellt. (5)Cochrane Database Syst Rev. 2018 Jan 31;1(1):CD001746. doi: 10.1002/14651858.CD001746.pub4.
- Eine Diätberatung kann erforderlich werden, um eine Gewichtszunahme zu vermeiden.
- Eine ärztliche Begleitung ist angeraten, wenn eine medikamentöse Hilfestellung erforderlich scheint. Nikotin-Pflaster, nikotinhaltiges Kaugummi oder andere Nikotinersatzmittel können übergangsweise hilfreich sein, jedoch nicht zusammen mit Rauchen! Die Nikotindosis und die Dauer der Zufuhr sollten Sie mit Ihrem Arzt zuvor absprechen.
- Der Arzt kann auch Hilfe anbieten, wenn der Darm träge wird und eine Verstopfung behandelt werden muss (zu Abführmitteln siehe hier).
- Vareniclin (Champix ®) ist ein Medikament, das die Entzugssymptomatik der ersten Wochen mildern kann. Es wird aufsteigend dosiert; die Wirkung sollte ärztlich kontrolliert werden. Die möglichen Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schlafstörungen und psychische Unausgeglichenheit bis hin zu Depressionen müssen zuvor durchgesprochen werden. Es kann sinnvoll sein, mit Vareniclin bereits vor Start der Raucherentwöhnung zu beginnen.
Nikotinreduzierte Zigaretten: eine neue Möglichkeit
Raucher, die sich nicht vorgenommen hatten, mit dem Rauchen aufzuhören, wurden in einer Studie mit nikotinreduzierten Zigaretten von 0.4 mg/g in freier Menge versorgt. Die Probanden in diesem Studienarm rauchten nach 6 Wochen deutlich weniger als diejenigen, die ihre alte Zigarettenmarke mit einem Nikotingehalt bis über 15 mg/g beibehielten (6)N Engl J Med. 2015 Oct;373(14):1340-9. Dieser Befund weist zum einen auf die suchterzeugende Eigenschaft des Nikotins hin. Und zum weist er eine Möglichkeit auf, Nikotinsüchtige ohne Zwang zum Wenigerrauchen zu bringen. In einem Fachkommentar wird der gesundheitspolitische Aspekt hervorgehoben.
Eine Studie in Neuseeland fand, dass eine starke Reduzierung des Nikotingehalts die Zigarettensucht reduziert und die Raucherentwöhnung bei Rauchern mit Stimmungs- und/oder Angststörungen erhöht, ohne die psychische Gesundheit zu verschlechtern. (7)PLoS One. 2022 Nov 2;17(11):e0275522. DOI: 10.1371/journal.pone.0275522.
In eine Studie in den USA hatten einige Raucher Schwierigkeiten, auf Zigaretten mit reduziertem Nikotingehalt umzusteigen. Sie profitierten von zusätzlich zugeführtem Nikotin in medizinischen Produkten, wie Pflastern. (8)Nicotine Tob Res. 2021 May 24;23(6):992-1001. DOI: 10.1093/ntr/ntaa247.
E-Zigaretten als Hilfe zur Entwöhnung
E-Zigaretten helfen bei der Nikotin-Entwöhnung. Das besagt eine Studie an 1246 Probanden über 6 Monate. In der Interventionsgruppe (Beratung zur Raucherentwöhnung plus Erlaubnis von E-Zigaretten) lag der Anteil der Teilnehmer mit kontinuierlicher Abstinenz vom Tabakrauchen in der Interventionsgruppe bei 28,9 %, in der Kontrollgruppe (Beratung alleine) bei 16,3 %. In den 7 Tagen vor dem 6-monatigen Besuch verzichteten in der Interventionsgruppe 59,6 % auf Tabakrauchen vs. 38,5 % in der Kontrollgruppe. (9)N Engl J Med. 2024 Feb 15;390(7):601-610. doi: 10.1056/NEJMoa2308815
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Verweise
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Literatur