Pinaverium (Dicetel®, Zulassung in USA) ist ein Medikament, welches im Bereich des Verdauungstrakts krampflösend wirkt. Es ist ein „myotropes Spasmolytikum“.
Wirkmechanismus
Pinaveriumbromid ist eine quarternäre Ammoniumverbindung und wirkt als ein L-Typ Calciumkanalblocker mit Selektivität für den Magendarmkanal. Der Mechanismus beruht auf einer Blockade des Calcium-Einstroms in die glatte Muskelzelle. 1
Wirkungen
Die Resorption über den Magendarmtrakt ist mit 8 – 10 % nur gering. Es wird rasch über die Leber ausgeschieden. Unerwünschte Nebeneffekte auf das Herzkreislaufsystem werden nicht beobachtet. Es wirkt günstig auf das Reizdarmsyndrom. 2 3 In einer Studie gaben 60 % der Teilnehmer an, dass ihre Reizdarmbeschwerden besser geworden seien (vs. 34 % unter Placebo). Nebenwirkungen waren selten (Übelkeit 3,7 %, erhöhter Blutdruck 2,3 %, Schwindel 3,2 %) 4
In einer Arbeit wird festgestellt, dass Pinaverium im Tierversuch an Kaninchen einen Carbachol-induzierten Spasmus des Sphincter Oddi vollständig auflöste. Dagegen hatte Tegaserod keinen Effekt, und Trimebutin wirkte je nach Dosierung stimulierend oder krampflösend. 5
Der Tonus des unteren Ösophagussphincters und die Magendarmpassage werden durch Pinaverium nicht beeinträchtigt.
Eine Metaanalyse von 8 verlässlichen Studien ergab einen positiven Behandlungseffekt bei Bauchschmerzen, Stuhlveränderungen und Blähungen. Die NNT (number needed to treat) war die geringste unter den verglichenen Spasmolytika, der Effekt also am höchsten 6.
Eine retrospektive Studie besagt, dass eine kognitive Verhaltenstherapie von Patienten mit Reizdarmsyndrom in Kombination mit Pinaveriumbromid-Tabletten wirksam ist. Symptome wie Durchfall und Bauchschmerzen wurden wirksam gelindert. Die Gesamtwirksamkeit in der Beobachtungsgruppe betrug 96,67 % und war damit deutlich höher als in der Kontrollgruppe (80,0 %) 7.
Pinaveriumbromid entfaltet auch eine Wirkung auf die weißen Blutkörperchen: Es hemmt das Neutrophilen-Priming. Dem zufolge kann es laut den Autoren als potenzielles Therapeutikum bei Sepsis eingesetzt werden 8.
Nebenwirkungen
Zu den eher seltenen Nebenwirkungen gehören Obstipation, Oberbauchbeschwerden und Übelkeit sowie Schwindel und Hautreaktionen. In einem Fall, bei dem wegen Bluthochdruck und einer Depressionserkrankung bereits eine Reihe von Medikamenten (u.a. Mitrazapin) eingenommen wurden, entwickelte sich 5 Tage nach Einnahme von Pinaverium (wgene Reizdarmsymptomatik) eine akute Hepatitis mit erhöhten Werten für Transaminasen und Bilirubin. 9
Mögliche Indikationen
- Reizdarmsyndrom
- Sphincter-Oddi-Dysfunktion
- Vorbereitung einer Darmspiegelung (Koloskopie), wenn sie ohne Narkose / Sedierung durchgeführt werden soll 10
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Verweise
Referenzen
- Cell Calcium. 2001 Jun;29(6):429-38[↩]
- Gen Pharmacol. 1990;21(6):821-5. doi: 10.1016/0306-3623(90)90439-s. PMID: 2177709.[↩]
- Curr Pharm Des. 2004;10(28):3561-8 [↩]
- Clin Gastroenterol Hepatol. 2015 Jul;13(7):1285-1292.e1. doi: 10.1016/j.cgh.2015.01.015. Epub 2015 Jan 26. PMID: 25632806.[↩]
- Pancreatology. 2009;9(5):615-20[↩]
- Therap Adv Gastroenterol. 2021 Sep 15;14:17562848211033740. doi: 10.1177/17562848211033740[↩]
- Pak J Med Sci. 2023 Jul-Aug;39(4):1013-1017. doi: 10.12669/pjms.39.4.6994[↩]
- J Immunol. 2021 Apr 15;206(8):1858-1865[↩]
- BMJ Case Rep. 2014 Jul 11;2014:bcr2013200947. DOI: 10.1136/bcr-2013-200947. PMID: 25015163; PMCID: PMC4112329.[↩]
- Chin Med J (Engl). 2017 Mar 20;130(6):631-635. doi: 10.4103/0366-6999.201597. PMID: 28303842; PMCID: PMC5358409.[↩]