Insulinom

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Das Insulinom ist ein seltener Insulin bildender Tumor der Bauchspeicheldrüse. Er gehört zu den neuroendokrinen Tumoren und verursacht schwere Unterzuckerungen (Hypoglykämien). (1)World J Gastroenterol. 2013 Feb 14;19(6):829-37. doi: 10.3748/wjg.v19.i6.829. PMID: 23430217; … Continue reading

Häufigkeit und Verteilung

In der allgemeinen Bevölkerung liegt die Häufigkeit des Insulinoms bei 1-4 pro 1 Million. Es macht nur 1-2% der Pankreastumore aus und kommt in jeder Altersgruppe vor. Männer und Frauen sind gleich betroffen.

Assoziation mit MEN Typ 1

Das Insulinom ist oft vergesellschaftet mit anderen neuroendokrinen Tumoren der Nebenschilddrüsen, Bauchspeicheldrüse (auch Glukagonome), der Duodenalwand und des Hypophysenvorderlappens. In dieser Konstellation gehört es zur neuroendokrinen Neoplasie Typ 1 (siehe hier). In seltenen Fällen kann das Insulinom auch mit einer von-Hippel-Lindau-Erkrankung assoziiert sein. (2)World J Gastroenterol. 2013 Feb 14;19(6):829-37. doi: 10.3748/wjg.v19.i6.829. PMID: 23430217; … Continue reading

Pathologische Anatomie

Beta-Zell-Tumoren sind die häufigsten Geschwülste des endokrinen Pankreas (ca. 20 Operationen pro Jahr in der Bundesrepublik). Sie treten in den Langerhans-Inseln auf und sind bei ihrer Diagnose meist noch gutartig.  (3)Dtsch Med Wochenschr 2003; 128: S81-S83 Sie sollen gleichmäßig in der Bauchspeicheldrüse verteilt sein.  Sehr selten liegen sie in der Duodenalwand (2%).

In 80 – 90 % findet sich ein solitäres Adenom (Inselzelladenom), das in der Mehrzahl der Fälle ( 85 %) intraoperativ palpabel ist. In ca. 10% finden sich multiple Tumore (je 50% 2 – 3 Tumore, bzw. 4 – 8 Tumore).

Lokalisation: 98% im Pankreas, bis zu 2 % ektop, meist aber unmittelbar neben dem Pankreas, aber auch in Dünndarm, Lunge, Schilddrüse.

Nicht jeder Hyperinsulinismus ist auf ein Insulinom zurückzuführen; in 5-10 % findet sich eine diffuse Inselzellhyperplasie.

Etwa 10 – 15 % der Insulinome sind bösartige Neubildungen; dabei finden sich in 10 – 15 % Lebermetastasen.

Klinik

Auffällig wird das Insulinom durch seine endokrine Aktivität. Es produziert Insulin und Proinsulin. Immer wiederkehrende Unterzuckerungen (rezidivierenden Hypoglykämien) mit der typischen Symptomatik von Hypoglykämie mit Schwindel, Tachykardie, Schweißausbruch können ein erster Hinweis auf die Krankheit sein. Eine darauf folgende Bewusstlosigkeit ist i. d. R. so beunruhigend, dass eine Diagnostik angestrengt und der Tumor gefunden wird.

Wenn ein Insulinom gefunden oder verdächtigt wird, muss auch an andere endokrin aktive Tumore gedacht werden. Denn es ist oft mit anderen hormonaktiven Tumoren assoziiert und gehört dann zum Syndrom der multiplen endokrinen Neoplasie vom Typ I (MEN Typ I).

Diagnostik

Das Insulinom wird häufig relativ früh diagnostiziert. Etwa 90 % haben noch einen Durchmesser von unter 2 cm und noch keine Metastasen. Bei Verdacht können folgende Tests Klärung verschaffen:

72-Stunden-Hungertest

Durchführung

  • Fastendauer über 72 h.
  • Alle 2 – 6 h Bestimmung von Plasmaglucose, Insulin und Cortisol.
  • Abbruch beim Auftreten von Hypoglykämiesymptomen.
  • Über 90 % der Insulinompatienten werden hypoglykämisch (Männer < 55 mg/dl, Frauen < 35 mg/dl).
  • Ein Insulinspiegel bei Hypoglykämie von > 15 mU/l ist fast beweisend.
  • Zur Interpretation werden Insulin (in µM/ml) und Glucose(in mg/dl) in Beziehung gesetzt.

Aussage von Plasmainsulin (µE/ml) und Plasmaglucose (mg/dl)

  • beim Gesunden ist der Quotient immer < 0,4
  • bei den meisten Insulinompatienten liegen die Werte > 0,4, oft sogar > 1,0.
  • das Insulin/Glucose-Verhältnis wird in der Regel bei Gesunden während des Fastens kleiner.
  • zum Ausschluss einer artifiziellen Hypoglykämie sollte C-Peptid (bei therapeutischer Insulinzufuhr erhöht sich das C-Peptid nicht) mitbestimmt werden.

Typische Konstellation beim Insulinom

  • im Verhältnis zur Blutglukose hohe Nüchternspiegel von Insulin und C-Peptid
  • überschießender Anstieg von Seruminsulin nach Provokation (Glukose, Glukagon oder i. v. Injektion von Kalzium)

Verlängerter oraler Glukosetoleranztest

Er wird bei Verdacht auf postprandiale Hypoglykämie gewählt. Zum Ausschluss eines selbstinduzierten Hyperinsulinismus wird C-Peptid mitbestimmt, dieses verhält sich parallel zum Insulin bei Insulinompatienten.

Lokalisationsdiagnostik

  • Abdomensonographie
  • Computertomographie
  • Endosonographie
  • Somatostatinrezeptor-Szintigraphie (relativ gute Aussagekraft)
  • intraduktale Sonographie
  • Arteriographie (Truncus coeliacus oder A. mes. sup.), aber wenig aussagekräftig)
  • intraoperative Sonographie
  • prä- oder intraoperative Bestimmung von Insulin durch selektive Katheterisierung der Pankreasvenen

Sensitivität der diagnostischen Methoden

Nach einer Studie anhand von 120 Patienten konnten mit folgenden Methoden das Insulinom erkannt werden (4)Kuzin et al. World -J-Surg. 1998 Jun; 22(6:

  • Ultraschall 29,5 %
  • CT 24,2 %
  • Angiographie 55,9 %
  • selektive Angiographie (Äste des Truncus coeliacus) 72,2 %
  • intraoperative Palpation 90 %
  • intraoperative Sonographie praktisch 100 %

Therapie

Die Behandlung ist in der Regel operativ. Da das Insulinom meistens in einem gutartigen Stadium diagnostiziert wird, bedeutet die operative Entfernung Heilung.

Operation

Operative Freilegung des Pankreas und Palpation des Organs zur Detektion einer kleinen Raumforderung; ggf. Zuhilfenahme einer intraoperativen Ultraschalluntersuchung. Wenn sich der Tumor nachweisen lässt, selektive Resektion.

Wenn eine Lokalisierung so nicht gelingt: schrittweise Pankreatektomie (Beginn am Schwanz in Richtung Kopf: bei jedem Resektionsschritt Bestimmung der Plasmaglukose zur Anzeige einer nicht palpablen Läsion; Pankreasresektion nach Resektion von 85% des Drüsenkörpers beenden, um Malabsorption zu vermeiden).

Harrison beschreibt eine Auswertung der Operationsergebnisse von 1012 Fällen:

  • operationsbedingte Mortalität: 11 %
  • Heilung: 63 %
  • postoperativer Diabetes: 10 %
  • persistierende Hypoglykämie: 16 %

Medikamentös

  • im Anfall Glucose oral oder i. v.
  • Diät: viele kleine kohlenhydratarme, eiweiß- und fettreiche Mahlzeiten zur Verhinderung der reaktiven Hypoglykämie
  • bei erfolgloser Operation oder als OP-Vorbereitung : Diazoxid (Thiazidderivat) wirkt stark diabetogen, (300-1200 mg/d, NW: Salzretention -> Kombination mit einem Diuretikum), führt vielfach zur Anfallsfreiheit
  • weitere mögliche Nebenwirkungen: Ödeme, Herzinsuffizienz, Tachykardie, Knochenmarkschäden
  • Versuche mit Streptozotozin, Plicamycin, Doxyrubicin frustran
  • Kombination Streptozotozin mit 5-Fluorouracil und Doxyrubicin noch die meisten Erfolge
  • bei Erfolglosigkeit Tumorverkleinerung oder Embolisierung der A. hepatica

Bei wiederkehrender Symptomatik kann ein Versuch mit Octreotid oder mit Prednisolon zur Symptomkontrolle versucht werden, wie erfolgreiche Kasuistiken nahelegen. (5)Case Rep Oncol. 2020 Aug 6;13(2):948-954. doi: 10.1159/000508996. PMID: 32999654; PMCID: PMC7506377.


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Verweise

Literatur[+]