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Allgemeines
Herpes zoster (engl.: „shingles“, abgekürzt Zoster) bedeutet Gürtelrose. Typisch sind aufblühende Herpes-Bläschen, die sich streng nur in einem umgrenzten Hautsegment (einem Dermatom, dem Versorgungsgebiet eines sensiblen Nerven) entwickeln und schmerzhaft sind. Der Zoster wird durch Herpesviren ausgelöst, die nach früher durchgemachten Windpocken in Nervenzellen verborgen geblieben sind. Durch eine Immunschwäche des Körpers, beispielsweise im Rahmen einer Krankheit oder von ungewöhnlichem Stress, gewinnen sie wieder überhand und gelangen über die Nervenausläufer zur Haut, wo sie im Versorgungsgebiet des betreffenden Nerven eine Entzündung hervorrufen. Die Behandlung sollte so früh wie möglich beginnen und stützt sich auf antivirale Mittel wie Aciclovir.
Ursache und Entwicklung
Die Erkrankung wird durch Herpes-simplex-Viren (DNA-Viren) ausgelöst.
Nach der Erstinfektion des Körpers entwickeln sich Windpocken (Varizellen, engl. chicken pox). Dabei kommt es nicht nur zu den typischen pustulösen Hauteffloreszenzen, sondern auch zu einer Infektion der peripheren Nerven, über die das Virus in die Ganglien der dorsalen Rückenmarksstränge und des Gehirns gelangen. Dort kommt es zu einer „schlafenden“ Infektion, aus der heraus es bei Abnahme der körpereigenen Abwehr zu einem Erwachen (einer Exazerbation) in Form Auswanderung der Viren über die von den Ganglien ausgehenden Nerven und Infektion der zugehörigen Hautareale oder Endorgane kommt. Als Endorgane können beispielsweise Muskelareale befallen werden, so dass sich Schwäche- oder Lähmungssymptome entwickeln. Beispielsweise kann es auf diese Weise zu Schlaganfall-ähnlichen Symptomen oder zu Schielen und Doppelbildern kommen.
Die Viren verbleiben nach generalisierter Erstinfektion (Windpocken) das ganze Leben in den Ganglienzellen und werden dort durch die Immunabwehr (vermittelt durch virusspezifische T-Lymphozyten) an einer erneuten Ausbreitung gehindert. Im Kindesalter durchgemachte Windpocken sind die Voraussetzung für einen Zoster im Alter. Die Häufigkeit eines Herpes zoster steigt bei über 60-Jährigen stark an. Das Lebenszeitrisiko einer Reaktivierung der in Ganglienzellen “schlafenden” Herpesviren beträgt 30 % (1)Expert Rev Vaccines. 2017 Oct 19. doi: 10.1080/14760584.2017.1394843.. Einer erneuten Aktivierung soll eine Zosterimpfung entgegenwirken.
Prädisposition
Vorbedingung für die Entwicklung eines Herpes zoster ist eine früher durchgemachte Herpesvirusinfektion; meist sind es in früher Jugend durchgemachte Windpocken. Zur Reaktivierung der Herpesviren aus den Nervenzellen kommt es durch Abnahme der Immunkompetenz im Alter oder durch eine Immunschwäche durch eine Erkrankung oder durch eine immunsuppressive Therapie. So sind Patienten mit AIDS oder einer Chemotherapie wegen einer Tumorerkrankung besonders gefährdet.
Symptomatik
Die Symptome beginnen mit einer Überempfindlichkeit und schließlich Schmerzen in einem Körpersegment, das bei genauer Untersuchung einem Dermatom folgt. Die segmentale Ausbreitung kann in dieser Phase, in der noch keine Hautrötung oder Effloreszenzen sichtbar sind, auch von einer Nerveneinklemmung im Bereich der Wirbelsäule (segmentale Neuralgie) stammen. Der behandelnde Arzt verfolgt den Verlauf und erkennt spätestens bei Entwicklung der segmentalen Rötung die Möglichkeit einer Gürtelrose. Im Bläschen-Stadium ist das klinische Bild meist eindeutig.
Der Zoster ophthalmicus ist besonders schmerzhaft. Bei ihm kommt es wegen des lockeren Gewebes zu einer starken Schwellung. Das betreffende Auge tritt wegen der retrobulbären Schwellungen hervor (Protrusio bulbi).
Etwa 2 – 3 Tage vor der ersten Hautrötung als Vorläufer der dermatombegrenzten Bläschen fühlt sich der Patient müde, schlapp, evtl. auch fiebrig. Das Krankheitsgefühl kann vom Herpes zoster selbst herrühren, aber auch von einem Infekt (häufig eine Pneumonie), in dessen Folge der Zoster aufblüht.
An der Haut entstehen Rötungen, dann kleine Knötchen, schließlich Bläschen, die mit einer serösen, später blutigen Flüssigkeit gefüllt sind. Schon knapp vor der ersten Rötung können im befallenen Dermatom erhebliche Schmerzen auftreten.
Infektiosität
Aus den Zoster-Bläschen lässt sich das hochinfektiöse Herpes-Virus nachweisen. Die Bläschen trocknen im Laufe des Heilungsprozesses ein; der Wundschorf ist ebenfalls noch infektiös. Menschen, die noch nicht an Windpocken erkrankt waren, können durch Kontakt mit Bläscheninhalt oder Wundschorf Windpocken bekommen. Menschen, die bereits Windpocken gehabt hatten und immun sind, sind weitgehend vor einer Exazerbation geschützt.
Zoster-Komplikationen
- Bei erheblicher Immunschwäche kann ein „Zoster generalisatus“ (über den gesamten Körper verteilte Herpesbläschen) auftreten.
- Der Herpes ophthalmicus (das Auge ist betroffen) kann zur Erblindung führen.
- Bei starker Immunschwäche können sich eine Herpes-Meningitis und eine Herpes-Enzephalitis ausbilden, die lebensbedrohliche Risiken darstellen.
- Muskuläre Beteiligungen können je nach betroffenem Nervengebiet zu den unterschiedlichsten Ausfällen führen.
- Die Post-Zoster-Neuralgie (engl.: post-herpetic neuralgia (PHN)) ist eine häufige, lang anhaltende und sehr zermürbende Spätfolge. Die im Ausbreitungsgebiet des Zoster empfundenen Schmerzen sind häufig schwer therapierbar. Es werden häufig Morphine zusammen mit trizyklischen Antidepressiva verwendet; auch kommen Gabapentin, Capsaicin und Antiepileptika gelegentlich erfolgreich zum Einsatz. (2)Drugs Aging. 2007;24(1):1-19
Vorbeugung
Man muss von einer sehr hohen Durchseuchung der Bevölkerung mit Herpes-simplex-Viren ausgehen. Daher steigt mit zunehmendem Alter auch für sehr viele Menschen das Risiko, eine Gürtelrose zu bekommen.
Impfung gegen Herpes zoster
Um das Risiko einer Gürtelrose bzw. einer Post-Zoster-Neuralgie zu senken, stehen Impfstoffe zur Verfügung. (3)Expert Rev Vaccines. 2017 Oct 19. doi: 10.1080/14760584.2017.1394843.. Die Impfung mit einem attenuierten (nicht krankheitsauslösenden) Lebendimpfstoff ist gut verträglich. (4)J Infect Dis. 2008 Mar 1;197 Suppl 2:S165-9 Sie beugt einer Post-Zoster-Neuralgie relativ gut vor. (5)Aging Clin Exp Res. 2009 Jun;21(3):236-43 Die große Zulassungsstudie, die 2005 im NEJM veröffentlicht wurde, zeigte, dass die Zostererkrankung um 51 % und die Inzidenz einer Post-Zoster-Neuralgie um 66% zurückgedrängt wurde. Es wird propagiert, dass eine Impfung gegen Herpes zoster allen Menschen über 60 Jahren angeboten werden soll. (6)J Pain. 2008 Jan;9(1 Suppl 1):S31-6 (Siehe Empfehlung des RKI einer Zoster-Impfung).
Das 2013 in England eingeführte Herpes-zoster-Impfprogramm für ältere Menschen hat sich als wirksam erwiesen Innerhalb von 3 Jahren sank bei den Geimpften einer Gruppe zwischen 60 und 89 Jahren laut einer jetzt veröffentlichten Studie die Rate an Gürtelrose-Erkrankungen um 35 % und an Nervenschmerzen nach Gürtelrose (postherpetische Neuralgie, Zosterneuralgie) um 50 %. (7)The Lancet Volume 3, ISSUE 2, Pe82-e90, February 01, 2018
Als Impfstoffe mit dem Varizella-Virus, Stamm OKA, stehen Varivax und Varirix zur Verfügung.
Therapie
Die Therapie des Herpes zoster erfolgt mit Virustatika. (8)J Oral Pathol Med. 2009 Aug 18 Sie ist jedoch nur im Anfangsstadium besonders erfolgversprechend. Sobald eine Zosterinfektion beginnt, sollte mit Aciclovir begonnen werden (z. B. 800 mg 5x täglich für 1 Woche); wenn die Pusteln erst 1 Tag bestehen, kommt eine Therapie wohl zu spät. Nur die sehr frühe Erkennung und Behandlung führt zu einer Abschwächung der Symptome und möglicherweise des Risikos einer Post-Zoster-Neuralgie. Acyclovir hat jedoch eine geringe orale Bioverfügbarkeit; neuere Virustatika sind in Erprobung, beispielsweise Valaciclovir und Famciclovir (z. B. 500 oder 750 mg 2 – 3 x täglich für 1 Woche). In Studien wird bei keinem der Virustatika ein verhindernder oder abschwächender Effekt auf eine Post-Zoster-Neuralgie nachgewiesen. (9)Can Fam Physician. 2008 March; 54(3): 373–377
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Verweise
Literatur