Everolimus

Das Wichtigste verständlich

Everolimus (Certican®, Afinitor®) ist ein oral einzunehmendes immunsuppressives Makrolid (wie Tacrolimus), das zur Bekämpfung der Organabstoßung nach Nieren- und Herztransplantation und zur Tumortherapie dient.Es unterdrückt die Zellproliferation und Immunreaktion des Körpers. Ähnlich wie Tacrolimus wird es verwendet, um einer Organabstoßung nach Transplantation vorzubeugen.

Positive Erfahrungen liegen auch bei der Behandlung von Nierenkrebs, Magenkrebs, Krebs der ableitenden Harnwege und neuroendokrinen Tumoren vor.

Es wird bis auf gelegentliche Zuckerentgleisungen und Schleimhautentzündungen gut vertragen.

Wirkungsweise

Everolimus ist ein (Rapamycin-) mTOR-Hemmer. Es bindet an das FK506-Bindeprotein-12 (FKBP12) und hemmt über Zytokine den Zellzyklus in der G0-Phase. Es bindet zudem an ein Protein FRAP und hemmt darüber ebenfalls die Proliferation von Zellen, so von T- und B-Lymphozyten, was bei der Behandlung einer Abstoßungsreaktion ausgenutzt wird, und auch anderer Zelltypen, was in der Tumortherapie von Bedeutung ist.

Everolimus in der Tumortherapie

  • Nierenzellkarzinom: das progressionsfreie Überleben des nicht operablen Nierenkarzinoms wird durch Everolimus verlängert. Es wird empfohlen, wenn die Erstlinientherapie mit Sunitinib, Bevacizumab und Interferon-alpha nicht anspricht. 1 Allerdings scheinen die Effekte von Nivolumab 2 und auch von Cabozantinib 3 größer zu sein.
  • Neuroendokrine Tumore: Im Falle eines Nichtansprechens auf Somatostatin-Analoge kann ein Behandlungsversuch mit der Substanz unternommen werden; es bewirkt statistisch eine Verlängerung des progressionsfreien Überlebens.4 In einer Zusammenstellung von Studien erscheit die Wirksamkeit im Vergleich mit Sunitinib ähnlich zu sein. 5
  • Urothelkarzinome: In etwa ¼ der Behandlungen führte das Medikament zu einem Stillstand. 6 Ausgewählte Patienten mit einem metastasierenden Urothelkarzinom profitieren  von der Kombination von Everolimus und Pazopanib. 7
  • Brustkrebs: Studien zeigen einen positiven Effekt bei HER2-positivem und Östrogen-Receptor-positivem Brustkrebs. 8 In Kombination mit Exemestane ist es eine Therapieoption. 5
  • Magenkarzinom: In Studien führt es bei etwa 40% zu partiellem Ansprechen und Krankheitsstillstand. 9 Der Effekt ist wegen Resistenzentwicklung begrenzt; sie kann jedoch überwunden werden. Studien werden erwartet. 10

Behandlung der tuberösen Sklerose

Die tuberöse Sklerose lässt sich auf eine Überaktivierung des mTOR-Signalwegs zurückführen. Die mit dieser genetisch determinierten Krankheit verbundenen Symptome reagieren auf Hemmung der mTOR-Signalwege günstig, inklusive der assoziierten Tumore, der autistischen Symptome und  der Epilepsie (siehe hier).

Akutes Koronarsyndrom

Die Hemmung der mTOR-Signalwege reduzierte in experimentellen Tiermodellen die Größe eines artefiziellen Herzinfarkts. Zudem verbesserte sie die funktionelle Umgestaltung des Myokardareals. 11 Eine Studie soll klären, ob dies als Behandlung nach einem Herzinfarkt zu einer Verbesserung der Herzfunktion inkl. einer Verkleinerung der Infarktgröße führt. 12

Drug-eluting Stents

Die Wiedereröffnung eines Herzkranzgefäßes wird durch Implantation eines Koronarstents abgesichert. Damit sich der Stent nicht wieder verschließt, wird die Entzündung der umgebenden Gefäßwand durch Everolimus-freisetzende Stents gedämpft. Diese Stents sind sehr wirksam. Im Vergleich zu Paclitaxel-freisetzenden Stents sind sie sogar wirksamer, außer bei Patienten mit Diabetes, bei denen die Ergebnisse nicht signifikant unterschiedlich waren. 13

Nebenwirkungen

Everolimus wird allgemein gut vertragen. Dennoch muss auf schwer wiegende Nebeneffekte geachtet werden. 14 Es muss laut einer Studie zur Therapie neuroendokriner Tumore mit folgenden Nebenwirkungen gerechnet werden 15: Pneumonitis (8,3 %), Thrombozytopenie (7,7 %), Anämie (5,3 %) und Nierenversagen (3,5 %), jedoch mit allgemeiner Schwäche, einer Stomatitis / Mucositis (wunde Mundhöhle) und seltener einer Pneumonitis sowie Blutzuckerentgleisungen (Hyperglykämie) gerechnet werden. Es verstärkt die Nephrotoxizität (Nierenschädlichkeit) von Cyclosporin.


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Verweise

Referenzen

  1. Eur Urol. 2011 Oct;60(4):684-90 []
  2. N Engl J Med. 2015 Nov 5;373(19):1803-13. DOI: 10.1056/NEJMoa1510665. Epub 2015 Sep 25. PMID: 26406148; PMCID: PMC5719487.[]
  3. Lancet Volume 17, Issue 7, July 2016, Pages 917-927[]
  4. Clin Med Insights Oncol. 2012;6:41-51[]
  5. Health Technol Assess. 2018 Sep;22(49):1-326. DOI: 10.3310/hta22490. PMID: 30209002; PMCID: PMC6151360.[][]
  6. Ann Oncol. 2012 Apr 3. [Epub ahead of print] []
  7. Br J Cancer. 2018 Sep;119(6):707-712. DOI: 10.1038/s41416-018-0261-0. Epub 2018 Sep 17. PMID: 30220708; PMCID: PMC6173710.[]
  8. Pharmacotherapy. 2012 Apr;32(4):383-96[]
  9. Br J Cancer. 2012 Mar 13;106(6):1039-44[]
  10. Cancer Chemother Pharmacol. 2020 Jun;85(6):1079-1087. doi: 10.1007/s00280-020-04078-0. Epub 2020 May 22. PMID: 32444897.[]
  11. Inflammation. Front Cardiovasc Med. 2022 Jun 29;9:907348. DOI: 10.3389/fcvm.2022.907348.[]
  12. Am Heart J. 2022 May;247:33-41. DOI: 10.1016/j.ahj.2022.01.010.[]
  13. N Engl J Med. 2010 May 6;362(18):1663-74. DOI: 10.1056/NEJMoa0910496[]
  14. Expert Opin Pharmacother. 2018 Jun;19(8):909-928. DOI: 10.1080/14656566.2018.1476492. Epub 2018 May 24. PMID: 29757017; PMCID: PMC6064188.[]
  15. Oncologist. 2014 Sep;19(9):966-74. DOI: 10.1634/theoncologist.2014-0037. Epub 2014 Aug 12. Erratum in: Oncologist. 2015 May;20(5):570. PMID: 25117065; PMCID: PMC4153458.[]