EBV-Infektion bedeutet Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus. Dies ist ein DNA-Virus der Herpes-Gruppe, zu der auch die Viren gehören, die Lippenherpes, Windpocken (Varizellen), die Gürtelrose (Herpes zoster) und die Cytomegalie auslösen. Das Virus ist hoch infektiös und verbreitet sich durch Speichel und Schleim von Schleimhäuten. Bis zum Erwachsenenalter liegt die Durchseuchung der Bevölkerung bei über 90%. (1)J Clin Virol. 2018 May;102:84-92. doi: 10.1016/j.jcv.2018.03.001. Epub 2018 Mar 5. PMID: 29525635.
Inhaltsverzeichnis
Infektion
Ein Hauptrezeptor der Lymphozyten für das EBV ist CD21 (cluster of differentiation 21). In ihnen ruft es eine Immunreaktion hervor, die über spezifische Antikörper im Blut nachweisbar ist. Die DNA der Viren können lebenslang in Gedächtnis-Lymphozyten des Knochenmarks nachgewiesen werden. Wie andere DNA-Viren inkorporieren sie sich in die zelleigene DNA. Wenn das geschieht, erhöht dies das Risiko einer malignen Transformation. Epithelzellen werden über andere Mechanismen infiziert und in der Regel lytisch zerstört. (2)J. Virol. 96 (5), e0194121. doi: 10.1128/jvi.01941-21 (3)Front Cell Infect Microbiol. 2022 Jul 1;12:935205. DOI: 10.3389/fcimb.2022.935205
EBV-Krankheiten
Bei frischer Infektion mit EBV entwickelt sich eine infektiöse Mononukleose, die zusammen mit hohem Fieber und Lymphknotenschwellungen am Hals als Pfeiffersches Drüsenfieber bezeichnet wird. In seltenen Fällen kann sich eine Lymphomerkrankung (eine bösartige Erkrankung des Immunsystems) entwickeln, wie das Burkitt-Lymphom oder andere Formen eines Non-Hodgkin-Lymphoms. Auch ist das Virus mit der Entwicklung der multiplen Sklerose und einer Erythroleukämie assoziiert. Im Mund und im Genitalbereich können sich Herpes-Ulzera (EBV-positive kleine mucocutane Geschwüre) bilden.
EBV ist ein onkogenes Virus (ein Virus, das die Tumorentstehung fördert). Beispiele für EBV-assoziierte Malignome sind das klassische Hodgkin-Lymphom (cHL) und das Burkitt-Lymphom (BL). Etwa 40 % der Fälle eines klassischen Hodgkin Lymphoms sind EBV-positiv, in Entwicklungsländern deutlich mehr. (4)Ann. Lymphoma 5. doi: 10.21037/aol-21-8 Bei eine HIV-Infektion ist das Lymphomrisiko weiter erhöht. (5)Front. Oncol. 10, 1723. doi: 10.3389/fonc.2020.01723
Verlauf
Eine EBV-Infektion verläuft bei Kindern meist inapparent (unerkannt) oder mit nur leichten Allgemeinsymptomen und wird häufig als Mandelentzündung (Angina) abgetan. Diagnostiziert wird sie über eine erhebliche lymphomonozytäre Zellvermehrung im peripheren Blut (Leukozytose mit überwiegender Lymphozytose und Monozytose). Bei Jugendlichen und Erwachsenen kann die Infektion zunehmend deutliche Krankheitszeichen hervorrufen, so eine infektiöse Mononukleose. Es kann sich ein chronisches Müdigkeitssyndrom (chronic fatigue syndrome) entwickeln.
Beispiel multiple Sklerose
Zu den prädisponierenden Faktoren für eine MS (multiple Sklerose) zählt eine EBV-Infektion. Dabei soll der remittierende Verlauf dadurch bedingt sein, dass EBV-transformierte B-Zellen (spezelle mit EBV infizierte Lymphozyten) attackenartig in das Gehirn vordringen und fokale Entzündungen auslösen. Dagegen soll ein chronisch fortschreitender Verlauf dadurch bedingt sein, dass solche transformierten B-Zellen im ZNS chronisch aktiv sind. Da in beiden Fällen transformierte B-Zellen ausschlaggebend sind, wird ein therapeutischer Ansatz verfolgt, der mit monoklonalen Antikörpern gegen solche Lymphozyten gute Erfolge erzielt. (6)Front Immunol. 2020 Dec 17;11:587078. doi: 10.3389/fimmu.2020.587078. PMID: 33391262; PMCID: … Continue reading
Reaktivierung
Da Epstein-Barr-Virus wird durch das Immunsystem des Körpers nur unzureichend eliminiert und kann in verschiedenen Zellen (z. B. in Epithelzellen des Mund- und Rachenraums sowie in lymphozytären Gedächtniszellen) das gesamte Leben ruhen bleiben. Von dort aus kann es gelegentlich wieder zu einer Vermehrung kommen. Die Reaktivierung hängt von der Aktivität des Immunsystems ab. Von ihr hängt es auch ab, ob sich im Verlauf der EBV-Infektion Komplikationen, wie z. B. eine EBV-Hepatitis (Leberentzündung) oder EBV-Enzephalitis (Entzündung des Gehirns), bilden.
Unterdrückung einer Reaktivierung
Nach Ausheilung der Erkrankung verbleiben Viren dauerhaft “schlafend” im Körper, vor allem in Lymphozyten und Epithelzellen. Von ihnen gehen Reaktivierungen aus, die zur Entwicklung chronischer Krankheiten und Tumoren führen kann. Ihre Reaktivierung kann durch Valproinsäure geblockt werden; sie wirkt über die Hemmung von zellulären Enzymen im Zellkern (Histondeacetylasen, HDACs) und verändert unzählige Genaktivitäten. EIn Abkömmling (ein Amid der Valproinsäure) dagegen verhindert, anders als Valproinsäure, den Beginn des viralen Zellzyklus. Seine therapeutische Anwendbarkeit wird geprüft. (7)mBio. 2016 Mar 1;7(2):e00113. DOI: 10.1128/mBio.00113-16 . PMID: 26933051; PMCID: PMC4810481. (8)Viruses. 2020 Nov 26;12(12):1356. doi: 10.3390/v12121356. PMID: 33256172; PMCID: PMC7760627. Auch das antipsychotisch wirkende Clozapin wirkt gegen eine Virusreaktivierung. (9)Viruses. 2019 May 17;11(5):450. doi: 10.3390/v11050450. PMID: 31108875; PMCID: PMC6563273.
Risiko einer Malignität
EBV-Infektionen prädisponieren zu malignen Erkrankungen (Lymphome, Erythroleukämie, Burkitt-Tumor).
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Verweise
Literatur