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Allgemeines
Diabetisches Koma (Coma diabeticum; engl: hyperosmolar hyperglycemic state (HHS) ) bedeutet Bewusstlosigkeit infolge erheblich erhöhter Blutzuckerwerte (Hyperglykämie) bei Entgleisung des Glukosestoffwechsels.
Hyperosmolares Koma: Eine Bewusstlosigkeit kann als ein diabetisches hyperosmolares Koma diagnostiziert werden, wenn sie auf der Grundlage einer “hyperosmolaren hyperglykämischen Stoffwechselentgleisung” (HHS) zustande kommt, die durch einen Plasmaglukosespiegel > 600 mg / dl und eine erhöhte effektive Plasmaosmolalität > 320 mOsm / kg ohne Ketoazidose gekennzeichnet ist. (1)Diabetes Care. 2014 Nov;37(11):3124-31. DOI: 10.2337/dc14-0984. PMID: 25342831; PMCID: PMC4207202.
Das diabetische hyperosmolare Koma ist eine lebensbedrohliche Komplikation einer Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), die meist bei älteren Menschen mit Typ-2-Diabetes auftritt, aber auch beim Typ-1-Diabetes in der Kinderheilkunde (Pädiatrie) gefürchtet ist.
→ Typ-1-Diabetes
→ Typ-2-Diabetes
Das HHS kann in seltenen Fällen die Erstmanifestation eines Typ-1-Diabetes sein. (2)Medicine (Baltimore). 2017 Jun;96(25):e7369. doi: 10.1097/MD.0000000000007369. Besonders adipöse Kinder können jedoch auch einen frühen Typ-2-Diabetes entwickeln, in dessen Rahmen ebenfalls ein hyperglykämisches hyperosmolares Koma auftreten kann. Das Problem nimmt in der Kinderheilkunde zu. (3)Am J Emerg Med. 2006 May;24(3):297-301.
Hyperglykämisches Koma: Ein hyperglykämisches Koma ist zwar relativ selten und macht nur weniger als 1 % der Klinikeinweisungen wegen Entgleisungen des Zuckerstoffwechsels aus, es hat jedoch eine verhältnismäßig hohe Mortalität von bis zu 20 %. (4)Diabetes Care. 2014 Nov;37(11):3124-31. DOI: 10.2337/dc14-0984. PMID: 25342831; PMCID: PMC4207202.
Die Behandlung ist dringlich und gehört in einen intensivmedizinischen Bereich, in dem eine häufige Kontrolle der Laborwerte und ggf. eine sofortige Korrektur der therapeutischen Maßnahmen erfolgen kann.
→ Hyperglykämie
→ Hypoglykämischer Schock
Charakteristika
Gekennzeichnet ist das hyperglykämische Koma durch
- eine ausgeprägte Hyperglykämie,
- eine Hyperosmolalität des Bluts und
- eine fehlende metabolische Azidose. (5)Klin Padiatr. 2012 Jan;224(1):26-31. doi: 10.1055/s-0031-1275681
Unterschied zum ketoazidotischen Koma
Das diabetische hyperosmolare Koma unterscheidet sich von der diabetischen Ketoazidose, die ebenfalls erhöhte Blutzuckerwerte aufweist, nicht nur durch das Fehlen von Ketonkörpern, sondern auch durch
- deutlich höhere Blutzuckerspiegel (≥ 34 mmol/l vs. ≥ 14 mmol/l, normal 4,2 – 6,4 mmol/l)),
- einen höheren Blut-pH (> 7,30 vs. ≤ 7,30, normal 7,35 – 7,45),
- ein niedrigeres Serum-Bikarbonat (≤ 15 mmol/l vs. > 15 mmol/l, normal 22-28 mmol/l),
- eine höhere effektive Serum-Osmolalität (> 320 mmol/kg Wasser vs. ≤ 320 mmol/kg, normal 275 – 295 mmol/kg)
- das Fehlen eines Anionen-Gaps (variabel vs. > 12 mmol/l, normal fehlend). (6)CMAJ. 2003 Apr 1;168(7):859-66.
Ursachen
Häufige Ursachen sind:
- Diätfehler
- zu geringe oder ausgefallene (vergessene) Insulinapplikation,
- akute Entzündung mit Auswirkung auf den Zuckerstoffwechsel bei diabetischer Stoffwechsellage.
Häufig liegt eine Kombination dieser Faktoren vor. Menschen mit einer Demenz sind bezüglich eines diabetischen Komas besonders gefährdet.
Diagnostik
Bei einer unerklärten Lethargie oder Somnolenz oder einem Koma, für die keine offensichtliche Ursache gefunden werden kann, muss an eine Stoffwechselentgleisung oder eine schwere Infektion gedacht werden. Die vordringliche Labordiagnostik zeigt charakteristischerweise für ein hyperglykämisches Koma eine Kombination von
- stark erhöhten Blutzuckerwerten,
- erhöhter Osmolalität im Blut,
- erhöhtem Urinzucker, (der Verlust von Zucker bedeutet gleichzeitig einen Verlust von seinem Lösungswasser, das mit ausgeschieden wird, so dass eine Volumenmangel im Blutgefäßsystem mit niedrigem Blutdruck entsteht!)
- Polyurie und Polydipsie (ungewöhnlich viel Urin, starker Durst)
- fehlenden Ketonkörpern im Urin und
- fehlender Azidose in der Säure-Basen-Analyse des Bluts.
Die Serum-Osmolalität wird nach folgender Formel berechnet:
(Serum-Natrium x 2) + Serum-Glukose
Der mittlere Normalwert liegt bei 280-290 mmol/kg Wasser. Die Osmolalität ist beim diabetischen hyperosmolaren Koma definitionsgemäß größer als 320 mmol/kg . (7)CMAJ. 2003 Apr 1;168(7):859-66.
Therapie
Die Behandlung eines diabetischen Komas ist dringlich. Grundlage der Therapie ist eine sofortige Insulinzufuhr und ein Ausgleich der Elektrolyte und des Flüssigkeitsverlusts. Es sollte besonders darauf geachtet werden, dass die Senkung des Blutzuckerspiegels vorsichtig und unter enger Kontrolle erfolgt, und dass genügend Flüssigkeit substituiert wird.
Die Elektrolyte sind jeweils entsprechend der Höhe des Blutzuckerwerts zu korrigieren (Beispiel (8)Medicine (Baltimore). 2017 Jun;96(25):e7369. doi: 10.1097/MD.0000000000007369. ).
Ein Beispiel einer vorsichtigen Senkung eines extrem erhöhten Blutzuckerspiegels unter häufiger Kontrolle und Korrektur der Parameter ist in einer Kasuistik exemplarisch zusammengestellt (siehe hier). (9)Medicine (Baltimore). 2017 Jun;96(25):e7369. doi: 10.1097/MD.0000000000007369.
→Zu Komplikationen des Diabetes mellitus siehe hier.
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Verweise
Literatur