Die Therapie der Colitis ulcerosa mit Biologika ist Standard geworden, speziell für mittelschwere und schwere Verläufe. Therapieziel ist nicht nur ein Sistieren der Durchfälle, sondern eine völlige Schleimhautheilung („mucosal healing“). Wenn keine entzündliche Aktivität in der befallenen Schleimhaut mehr nachweisbar ist, ist dies die beste Voraussetzung für eine lang anhaltende Remission (Entzündungs- und Symptomfreiheit).
→ Colitis ulcerosa – eine chronische Entzündung des Dickdarms
Indikation für Biologika

In den mittelschweren und schweren Fällen der Colitis ulcerosa war bisher eine intensive Behandlung mit Kortisonpräparaten und Azathioprin üblich. In einigen Fällen bessert sich die Entzündung darunter jedoch nicht oder nur unzureichend; in anderen treten so erhebliche Nebenwirkungen auf, dass die Behandlung abgebrochen werden muss. Diese Fälle kommen als Indikationen für den Einsatz von TNF-alpha-Blockern, wie Infliximab oder Adalimumab infrage. Inzwischen werden Biologika bereits als Erstlinientherapie empfohlen.
Voraussetzung für den Einsatz dieser Biologika ist der weitgehende Ausschluss einer aktiven oder schwelenden chronischen Infektion, wobei insbesondere die wieder zunehmend häufige Tuberkulose beachtet werden muss. Solche Infektionen können unter der Behandlung mit Biologika erneut aufblühen und zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen.
Eine kritische Zusammenstellung von Studienergebnissen ergab, dass Upadacitinib anderen Biologika bezüglich der Induktion einer klinischen Remission überlegen war: Infliximab [OR 2,70], Adalimumab [4,64], Golimumab [3.00], Vedolizumab [3.56], Ustekinumab [2.92], Etrolizumab [4.91], Tofacitinib [2,84], Filgotinib 100 mg [6,15], Filgotinib 200 mg [4,49] und Ozanimod (2·70). 1
→ Zu Biologika siehe hier.
TNF-alpha-Blocker
Infliximab
Infliximab (gegen TNF-alpha gerichteter Antikörper) ist bei der Colitis ulcerosa wie beim M. Crohn eine Erfolg versprechende Erweiterung der Therapieoptionen. Es wird bei mittelschweren und schweren Verläufen zur Remissionsinduktion und Remissionserhaltung erfolgreich eingesetzt, wenn keine Kontraindikationen vorliegen, und wird intravenös appliziert. In der ACT2-Studie haben bei der Dosis von 5 mg nach 8 Wochen 64 % eine klinische Verbesserung gezeigt (so Senkung des Mayo-Scores um 3 Punkte) und bei 10 mg 69 % (Vergleich Placebo: 29 %). 2
Infliximab gilt heute jedoch nicht als „first line“-Therapeutikum bei der Colitis ulcerosa 3 und sollte erst dann eingesetzt werden, wenn die Standardtherapie mit Prednisolon und Azathioprin keine oder eine nur unzureichende Wirkung zeigt. Die klinische Langzeitwirkung wird als statistisch signifikant, jedoch nicht „clinically impressive“ bezeichnet. 4 Erfahrungen über einen Zeitraum bis zu 14 Jahren zeigen eine gute Langzeitsicherheit. 5 Auf schwerwiegende Komplikationen wie der Reaktivierung einer Tuberkulose muss jedoch geachtet werden. 6
Adalimumab
Der Anti-TNF-alpha-Antikörper Adalimumab hat sich ebenfalls für mittelschwere und schwere Verläufe bewährt. Er wird subkutan appliziert und eignet sich für eine ambulante Behandlung. Die Erfolgsquote entspricht in etwa der von Infliximab. Wie alle TNF-alpha-Blocker weist auch Adalimumab eine nicht zu vernachlässigende Rate an schweren Infektionen auf, sodass eine strenge Vorauswahl der infrage kommenden Patienten und adäquate Therapiekontrollen erfolgen müssen.
Golimumab
Golimumab (Simponi®) ist ein weiterer Antikörper gegen TNF-alpha und hat etwa die gleichen Erfolge und Risiken wie Adalimumab. 7
→ Zu TNF-alpha-Hemmern siehe hier.
Hemmung von Entzündungszellen
Antikörper: Natalizumab, Vedolizumab, Ustekinumab
- Natalizumab ist ein Antikörper gegen Zelladhäsionsmoleküle (CAMs), die bei der Einwanderung von Entzündungszellen in Entzündungsgebiete eine Rolle spielen. Er ist bei der Colitis ulcerosa wirksam, aber führt zu schweren neurologischen Nebenwirkungen, wie der multifokalen Leukenzephalopathie, führt.
- Vedolizumab ist ein neueres Medikament dieser Wirkstoffgruppe mit deutlich besserem Nebenwirkungsprofil. Es behindert die Wanderung der Lymphozyten in den Entzündungsbereich. 8 In einer Studie hat er sich als deutlich effektiver gezeigt als Placebo. Die Ansprechrate nach 6 Wochen lag bei 47 % (gegenüber 25 % in der Placebogruppe). Unter einer Erhaltungstherapie alle 8 Wochen lag die Ansprechrate nach 52 Wochen immer noch bei 42 %. Die Nebenwirkungsrate war sehr gering und lag im Bereich der Placebogruppe. 9 Eine Spätere Studienauswertungbesagt, dass es nicht besser als Adalimumab wirkt. 10
- Ustekinumab hemmt die Aktivität der entzündlichen Interleukine IL-12 und IL-23 und kommt sowohl für die Initialtherapie als auch für die Aufrechterhaltung einer Remission in Betracht. Nach einem Jahr kann eine Remission von 33 % erhalten bleiben. 11 12 Siehe hier.
- Guselkumab: Die mittelschwere bis schwere Colitis ulcerosa reagiert auf Guselkumab (intravenös) günstig. Die Dosierungen von 200 und 400 mg erbrachten etwa gleiche Ergebnisse: Das klinische Ansprechen betrug 61,4 % und 60,7 % zu Woche 12 vs. 27,6 % unter Placebo. Von denen, die zu Woche 12 nicht ansprachen, kam es unter Guselkumab bei 50 % zu einem Ansprechen bis Woche 24. Es ergaben sich keine Sicherheitsrisiken, die größer als unter Placebo waren. Erklärung: Guselkumab ist ein Antikörper gegen Interleukin-23 (IL-23). Es ist ein Übermittlerstoff (Zytokin), welcher die Aktivität von T-Helferzellen vom Typ 17 (Th17-Zellen) erhöht. Seine Unterdrückung dämpft das überschießende Immunsystem. 13
JAK-Inhibitoren
- Tofacitinib: ein orales Medikament (ein JAK-1 und -3-Hemmer), welches zur Behandlung mittelschwerer und schwerer Colitis ulcerosa und zur Aufrechterhaltung einer Remission verwendet werden kann. 14 Siehe hier.
- Upadacitinib: Dieser selektive JAK-1-Inhibitor hat ein besseres Nebenwirkungsprofil als Tofacitinib und hat sich bei mittelschwerer und schwerer Colitis ulcerosa sowie beim Morbus Crohn eine sehr gute Alternative herausgestellt. 15 16 17 In einer vergleichenden Auswertung von Studienergebnissen hat Upadacitinib bezüglich der Behandlung einer mittelschweren bis schweren Colitis ulcerosa am besten abgeschnitten. 18
→ Zu Januskinasehemmern siehe hier.
S1P-Rezeptor-Blocker
- Ozalimod ist ein Immunmodulator, der zur Behandlung der Multipler Sklerose und der Colitis ulcerosa zugelassen ist. Es wirkt über die Modulation von Sphingosin-1-Phosphat (S1P)-Rezeptoren. Chemisch ist es ein Analogon von Sphingosin (verwandt mit Fingolimod, dem ersten S1P-Rezeptor-Inhibitor). Während Fingolimod eine unspezifische S1P-Rezeptoraktivität aufweist, die die Rezeptorsubtypen 1, 3, 4 und 5 betrifft, blockiert Ozalimod hauptsächlich die Aktivität der S1P-Rezeptoren 1 und 5. 19 Es stellt eine Option für die Behandlung und Aufrechterhaltung des Therapieerfolgs bei mittelschwerer und schwerer Colitis ulcerosa dar. 20
- Etrasimod ist ein S1P-Rezeptormodulator. Es wurde in Studien an Patienten mit mittelschwerer und schwerer C. u. geprüft, bei denen eine herkömmliche Therapie versagte oder nicht indiziert war. Eine klinische Remission wurde in 27 % nach 12 Wochen und in 32 % nach 52 Wochen erzielt (vs. 7 % unter Placebo). Unerwünschte Effekte traten um 70 % (vs. um 55 % unter Placebo) auf; kein Todesfall, kein Krebs. 21
Therapiekontrolle
Die Behandlung der Colitis ulcerosa mit Biologika sollte streng kontrolliert werden. Insbesondere ist auf eine Reaktivierung einer latenten Infektion, wie der Tuberkulose, zu achten.
Ansonsten wird die Krankheitsaktivität über Entzündungsmarker im Labor (wie BSG und CRP) und eine Mitreaktion innerer Organe über Leberwerte, Pankreaswerte und Nierenwerte überwacht.
Die Darmwanddicke als Maß für die Entzündungsaktivität kann in vielen Fällen durch die Darmsonographie überprüft werden.
→ Zu den Grundlagen der C. u.-Therapie siehe hier.
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Verweise
Referenzen
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- Drugs. 2006; 66: 2059-65[↩]
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