Cholecystokinin (CCK) ist ein körpereigenes Peptid, welches verschiedene herausragende Aufgaben erfüllt: Es wirkt
- als Hormon im oberen Dünndarm bei der Verdauung von Nahrung und
- als Neurotransmitter im Gehirn.
Cholecystokinin als Hormon des Verdauungstrakts
CCK fördert die Verdauung
Cholecystokinin (CCK) ist als ein Hormon des oberen Dünndarms entdeckt worden, das nach fetthaltiger Mahlzeit die Gallenblase zur Kontraktion bringt (daher der Name) und die in ihr gespeicherte Galle für Verdauungsprozesse zur Verfügung stellt. Es bewirkt ebenfalls die Bildung von enzymatischem Pankreassaft, reguliert die Magenentleerung und fördert das Sättigungsgefühl. Gebildet wird CCK wird von enteroendokrinen Zellen (I-Zellen) im oberen Dünndarm (Zwölffingerdarm und Jejunum). (Zur Verdauung siehe hier.)
Biochemie
Cholecystokinin (CCK) ist ein Peptidhormon mit 33 Aminosäuren. Von seiner Struktur her ist es dem Hormon der Magenwand Gastrin ähnlich. Das später entdeckte Hormon Pankreozymin, welches die Sekretion von Verdauungssaft aus der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) stimuliert, stellte sich als mit CCK identisch heraus. 1 Die CCK-Struktur zeigte eine noch höhere Ähnlichkeit mit den Froschhautpeptiden Caerulein und Phyllocaerulein. Auch Insekten exprimieren eine Gruppe von Neuropeptiden, die Sulfokinine, mit Homologien zu CCK. Der evolutionäre Stammbaum von CCK ist damit 500-600 Millionen Jahre alt. Spätere Untersuchungen zeigten, dass CCK in verschiedenen Formen hormonell etwa gleich wirksam ist (CCK-58, -33, -22, -8 und -5). 2
CCK-Regulation im Darm
Die Regulation der CCK-Bildung und -Freisetzung erfolgt ganz überwiegend durch Fettsäuren und einige Aminosäuren, welche mit dem Speisebrei (Chymus) in den Zwölffingerdarm gelangt. Weitere Stimulatoren sind das „Monitorpeptid“, welches von Azinuszellen der Bauchspeicheldrüse produziert und über den Pankreasgang in den Zwölffingerdarm ausgeschieden wird, und ein CCK-freisetzender Faktor intestinalen Ursprungs. Diese Freisetzungsfaktoren sorgen für eine situationsgerechte Regulierung der CCK-Sekretion 3.
CCK-synthetisierende I-Zellen in der Darmschleimhaut haben direkten Kontakt mit dem Darmlumen, wo sie den Lumeninhalt „schmecken“ können. Die Gegenseite liegt in der Nähe von Kapillaren, an die die CCK-haltigen Granula (Sekretkörnchen) abgegeben werden. Als wirksamste Auslöser für eine CCK-Freisetzung dienen Eiweiß, L-Aminosäuren und verdautes Fett. Langkettige Fettsäuren stimulieren mehr als mittel- und kurzkettige.
Cholecystokinin wirkt über CCK1-Rezeptoren (CCK-A-Rezeptoren: alimentary receptor) und CCK2-Rezeptoren (CCK-B-Rezeptoren: brain receptor). Der CCK2-Rezeptor befindet sich nicht nur im Gehirn, sondern auch auf Inselzellen der Bauchspeicheldrüse, wo er zur hormonellen Inkretinwirkung auf die Insulin- und Glucagonsekretion beiträgt.
Cholecystokinin als Neurotransmitter
Entdeckung
Ende der 1970er Jahre wurde im Gehirn sulfatiertes CCK-8, später auch CCK-58, -33 und -5, und zudem auch CCK2-Rezeptoren entdeckt, und zwar in allen Gehirnregionen außer dem Kleinhirn. Das Gehirn höherer Säugetiere exprimiert sogar mehr CCK als der Darm, am meisten in Neokortex. Auch im vegetativen Nervensystem spielt CCK eine Transmitterrolle, so im Dickdarm, wo es die glatte Muskulatur anregt und Acetylcholin aus Neuronen sowohl im Plexus myentericus als auch in der Submukosa freisetzt. Weitere CCK-2-Rezeptoren bzw. immunreaktives Cholecystokinin werden in verschiedenen Organen und Zelltypen gefunden, so auf C-Zellen der Schilddrüse oder mononukleären Zellen des Immunsystems. Hirntumore, wie Gliome, Astrozytome und das Akustikusneurinom exprimieren ebenfalls CCK-Peptide. 2
CCK fördert die Beendigung einer Mahlzeit
CCK hat einen stimulierenden Effekt auf den Vagus, der dem Vagus-hemmenden Effekt von Ghrelin entgegenläuft 4. Es besteht eine antagonistische Interaktion zwischen Ghrelin und CCK zur Regulierung der Nahrungsaufnahme. Endogenes CCK, das im Dünndarm freigesetzt wird, übt eine starke appetithemmende Wirkung aus und fördert die Beendigung einer Mahlzeit.
CCK-Effekt auf Gedächtnis und Angst
CCK ist das am häufigsten vorkommende aller Neuropeptide. Es fördert das Gedächtnis. Betroffen ist insbesondere das Gedächtnis an beängstigende Erlebnisse, was evolutionäre Gründe haben wird, denn potenziell lebensbedrohliche Situationen bedürfen einer raschen Reaktionsbereitschaft. Entsprechend führt eine Blockierung von CCK-B-Rezeptoren zur Unterdrückung einer konditionierten Angst. Das Ausschalten des Gens für diesen Rezeptor vermindert bei Nagetieren angstähnliches Verhalten. Wenn das CCK-Gen ausgeschaltet ist, zeigen die Tiere schlechte Leistungen bei einer passiven Vermeidungsaufgabe und ein beeinträchtigtes räumliches Gedächtnis 5. Eine anterograde Amnesie bei Mäusen mit Cholecystokinin-Mangel kann umgekehrt durch Stimulation des CCK-B-Rezeptors durch Cholecystokinin-B-Rezeptor-Agonisten gelindert werden 6. Ebenso kann der Gedächtnisschwund bei der Alzheimerkrankheit verlangsamt werden 7.
CCK fördert Panikattacken
Das C-terminale Tetrapeptidfragment von CCK (CCK-4) löst nach intravenöser Verabreichung bei Nagern dosisabhängig Panikattacken aus, die den Attacken bei Patienten mit Panikstörung gleichen. Bei Angststörungen spielt CCK offenbar eine bedeutende Rolle. Das wurde bei Experimenten am Menschen bestätigt 8 9.
CCK fördert das Gedächtnis
Cholecystokinin fördert nicht nur die Erinnerung an Angst-einflößende Erlebnisse, sondern auch das deklarative Gedächtnis (explizites Gedächtnis, bewusstes Erinnern). 10. Es wird angenommen, dass der Gedächtnisinhalt über eine CCK-abhängige Verbindung vom Hippocampus zur Großhirnrinde übertragen wird. CCK-Antagonisten verhindern dies. Folge ist, dass frische visuell-auditive Eindrücke kaum noch erinnert werden, wohingegen alte, bereits abgespeicherte Eindrücke noch erinnerbar bleiben. 11
→ Auf facebook informieren wir Sie über Neues und Interessantes!
→ Verwalten Sie Ihre Laborwerte mit der Labor-App Blutwerte PRO – mit Lexikonfunktion.
Verweise
Referenzen
- Gut 1964. 5 103–114[↩]
- Endocr Connect. 2021 Mar;10(3):R139-R150. doi: 10.1530/EC-21-0025[↩][↩]
- Am J Physiol. 1995 Sep;269(3 Pt 1):G319-27. doi: 10.1152/ajpgi.1995.269.3.G319[↩]
- Am J Physiol Regul Integr Comp Physiol. 2005 Mar;288(3):R751-8. doi: 10.1152/ajpregu.00094.2004[↩]
- Am J Physiol Regul Integr Comp Physiol. 2008 Mar;294(3):R803-10. doi: 10.1152/ajpregu.00682.2007[↩]
- Mol Neurobiol . 2023 Sep;60(9):5067-5089[↩]
- Alzheimers Res Ther . 2024 May 15;16(1):109. doi: 10.1186/s13195-024-01472-1[↩]
- J Psychiatry Neurosci. 1991 Jul;16(2):91-5[↩]
- Molecules. 2021 Sep 17;26(18):5657. doi: 10.3390/molecules26185657[↩]
- Neurochem Int . 2023 Jan:162:105440. doi: 10.1016/j.neuint.2022.105440. Epub 2022 Nov 12[↩]
- J Neurosci . 2020 Mar 4;40(10):2025-2037[↩]