Autoimmunkrankheiten der Leber

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Autoimmunkrankheiten der Leber (engl.: autoimmune liver disease, AILD) sind relativ selten. Sie kommen durch einen Selbstangriff des Immunsystems auf die Leber zustande.

Leberkrankheiten mit autoimmunen Ursachen

Die Hauptmanifestationen sind:

Die Erkrankungen beruhen auf einem komplexen Zusammenspiel genetischer Prädispositionen und auslösender Umweltfaktoren. Nach neueren Erkenntnissen hängen Veränderungen der Darmmikrobiota eng mit der Entwicklung einer Autoimmunität zusammen 1.

Assoziation mit anderen Autoimmunkrankheiten

Häufig treten neben einer autoimmunen Leberkrankheit auch andere Autoimmunkrankheiten auf.

  • Etwa jeder dritte Patient mit einer primär biliären Cholangitis (PBC) hat gleichzeitig eine extrahepatische Autoimmunerkrankung. Bekannt sind beispielsweise Assoziationen mit rheumatologischen, endokrinologischen, gastrointestinalen, Lungen- oder Hauterkrankungen 2 3
  • Für die Assoziation der primär biliären Cholangitis (PBC) und des systemischen Lupus erythematodes (SLE) und sind kausale genetische Zusammenhänge wahrscheinlich gemacht worden 4.
  • Eine Assoziation besteht zwischen einer Autoimmunhepatitis und einer kryoglobulinämische Vaskulitis. 5
  • Laut einer Assoziationsstudie bestehen bidirektionale Korrelationen zwischen der PBC und der rheumatoiden Arthritis, dem systemischen Lupus erythematosus, dem Sjögren-Syndrom, der systemische Sklerose, autoimmunen hypothyreoten Schilddrüsenerkrankung und entzündlichen Darmkrankheiten 6 7.

Wenn eine autoimmune Leberkrankheit, insbesondere eine PBC, festgestellt wird, sollten auch andere Autoimmunkrankheiten gezielt gesucht werden.

Therapie

Eine Heilung für autoimmune Leberkrankheiten gibt es derzeit nicht. Alle autoimmunen Leberkrankheiten neigen zum Fortschreiten mit zunehmender Vernarbung mit dem Endstadium einer Leberzirrhose. Die Progredienz der kann bei rechtzeitiger Diagnose durch medikamentöse Maßnahmen verlangsamt oder für einen Zeitraum aufgehalten werden (siehe unter PBC, PSC und AIH).

Kortikosteroide und Azathioprin: Die effektivsten und meistens verwendeten Medikamente sind Kortikosteroide und Azathioprin; in Fällen schlechter Verträglichkeit oder nachlassender Wirksamkeit kommt Cyclosporin A in Betracht. Sie werden auch im Kindes- und Jugendlichenalter eingesetzt 8. Kortikosteroide sind aber nicht immer effektiv oder können nicht vertragen werden. Alternativen stellen eine B-Zell-Depletion mit Rituximab und eine Behandlung mit Tacrolimus dar. Sie wird als eine sichere und wirksame eingestuft und ermöglicht ein steroidschonendes Protokoll.

B-Zell-Depletion durch Rituximab: In einer kleinen Beobachtungsstudie an Kindern und Jugendlichen (mittleres Alter 10,2 Jahre) wurde Rituximab eingesetzt. Bei einer durchschnittlichen Nachbeobachtung von 8 Monaten nahm nach 6 Monaten die mittleren ALAT– und ASAT-Spiegel von 575 IE/l bzw. 342 IE/l auf 28 IE/l (p = 0,02) bzw. 36 IE/l (p = 0,008) ab und die Gamma-GT von 105 auf 25 IE/l ab (p = 0,01). Die Immunoglobulin-G-Spiegel wurden bei allen Patienten normalisiert. Schwerwiegende unerwünschten Ereignisse wurden nicht beobachtet. 9 Eine Studie an 22 erwachsenen AIH-Patienten (mittleres Alter 40 J) zeigte nach einer einmaligen intravenösen Applikation von 2 Dosen (Abstand 2 Wochen) Rituximab (je 1000 mg) in 95 % im 1. Jahr und von 71 % im 2. Jahr ein Sistieren der Krankheitsaktivität 10.

Calcineurin-Inhibitoren: Cycosporin A und Tacrolimus gelten als Reservemedikamente, wenn die Atandardbehandlung mit Kortikosteroiden und Azathioprin versagt. Eine Metaanalyse von 20 Studien besagt, dass Die CNI-Remissionsrate 53 % lag 11.

Lebertransplantation: Im Laufe der Jahre kann eine Leberzirrhose als Endstadium erreicht werden. Wenn sie dekompensiert, kann eine Lebertransplantation eine Behandlungsoption darstellen. Allerdings kann es im Transplantat zu einem Relaps kommen; auch ist das Risiko einer Organabstoßung erhöht. 12

Urso und Obeticholsäure: Cholestatische Leberkrankheiten autoimmuner Genese, wie die PBC und die PSC sprechen nicht oder kaum auf Immunsuppressiva an. Bei ihnen können Ursodesoxycholsäure und Obeticholsäure wirksam sein. 13


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Verweise

Referenzen

  1. Clin Exp Immunol (2019) 195:74–85[]
  2. Eur J Intern Med. 2019 Jan;59:1-7. DOI: 10.1016/j.ejim.2018.10.014[]
  3. Semin Liver Dis. 2014 Aug;34(3):352-60. DOI: 10.1055/s-0034-1383734[]
  4. J Autoimmun. 2024 May;145:103188. doi: 10.1016/j.jaut.2024.103188[]
  5. ACG Case Rep J. 2022 Jul 5;9(7):e00804. DOI: 10.14309/crj.0000000000000804[]
  6. Sci Rep. 2024 May 21;14(1):11528. doi: 10.1038/s41598-024-62509-x[]
  7. J Transl Med. 2024 May 4;22(1):425. doi: 10.1186/s12967-024-05247-y[]
  8. Minerva Gastroenterol Dietol. 2009 Mar;55(1):53-70[]
  9. JPGN Rep. 2024 Jun 14;5(3):326-333. doi: 10.1002/jpr3.12098[]
  10. JHEP Rep. 2019 Nov 5;1(6):437-445. doi: 10.1016/j.jhepr.2019.10.005[]
  11. J Clin Transl Hepatol. 2022 Dec 28;10(6):1155-1166[]
  12. Hepatol. 2013 Sep 29. pii: S0168-8278(13)00680-6. doi: 10.1016/j.jhep.2013.09.020[]
  13. J Hepatol. 2020 Jul;73(1):94-101. DOI: 10.1016/j.jhep.2020.02.033[]