Antiemetika

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Antiemetika sind Medikamente, die gegen Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen gerichtet sind. Es stehen verschiedene Medikamentengruppen zur Verfügung, die unterschiedliche Wirksamkeit und Nebenwirkungen aufweisen.

Metoclopramid

Metoclopramid ist ein Dopamin- und Serotoninrezeptor-Antagonist. Es wird meist bei Seekrankheit und diabetische Gastroparese (Magenträgheit bei Zuckerkrankheit) verwendet, häufig auch bei unklarer Übelkeit und beim Reizdarmsyndrom. Es ist ein Prokinetikum, das die Motilität von Magen und Dünndarm prokinetisch (in Vorwärtsrichtung) koordiniert. Die antiemetische Wirksamkeit (z. B. bei postoperativem Brechreiz) ist gering 1; bei Kindern ist sie schwächer als von Ondansetron 2.

Die Nebenwirkungen sind vor allem neurologischer und psychischer Art. Häufig treten

  • Müdigkeit, Schläfrigkeit (Somnolenz, in etwa 50 %) und
  • eine Abnahme mentaler Aufmerksamkeit (in etwa 35 %)

auf 3. Auch sind gelegentlich

zu gewärtigen. Die Nebenwirkungen treten bereits innerhalb der ersten 1-5 Tage auf 4. Auch

  • unwillkürliche Bewegungen,
  • Depression und
  • Angstzustände

werden berichtet 5.

Bei Kindern soll Metoclopramid nicht über 5 Tage hinaus angewendet werden, im Alter unter 1 Jahr gar nicht 6.

In der Schwangerschaft gilt die Sicherheit bezüglich der fetalen Entwicklung als gegeben und gut dokumentiert 7.

Domperidon

Domperidon ist ein peripher wirksamer Dopamine2-Rezeptorantagonist, der im oberen Magendarmtrakt prokinetisch wirkt. Es beschleunigt, ähnlich wie Metoclopramid, die Magenentleerung bei diabetischer Gastroparese.

Zudem wirkt Domperidon antiemetisch durch Blockade von Dopaminrezeptoren in der Chemoreceptor-Triggerzone.

Nebenwirkungen: Es besteht ein nicht zu unterschätzendes Risiko einer QT-Verlängerung im EKG 8 und damit von Herzrhythmusstörungen. Hohe Dosen können zu plötzlichem Herztod führen, insbesondere bei Dialysepatienten 9 und älteren Menschen (Erhöhung um 70%) 10. Ansonsten sollen die Nebenwirkungen ähnlich wie bei Metoclopramid sein, nur weniger häufig 3. In einer relativ großen Studie an Kindern mit funktionellen Bauchschmerzen wurde eine relativ hohe Wirksamkeit ohne nennenswerte Nebenwirkungen festgestellt 11.

Serotonin-Hemmer

5-HT3-Receptor-Antagonisten hemmen die Wirkung von Serotonin im Gehirn, speziell im Zentrum für Übelkeit und Erbrechen (Area postrema, Nucleus tractus solitarii). Gute Wirkung bei Erbrechen bei Chemotherapie, nicht bei Reisekrankheit.

Ondansetron

5-HT3-Receptor-Antagonist, nicht wirksam bei Seekrankheit, sehr wirksam dagegen bei Cisplatin-induziertem Erbrechen zusammen mit Dexamethason 12 Beachtung von Nebenwirkungen, speziell einer QT-Verlängerung im EKG. Die Sicherheit in der Schwangerschaft bezüglich fetaler Entwicklung ist unzureichend dokumentiert 13.

Granisetron

Es ist selektiver 5-HT3-Rezeptor-Antagonist, wirkt bei Migräne-Kopfschmerz besser gegen Erbrechen als Metoclopramid, da es auch die Schmerzen bessert 14. Es wirkt etwa ebenso effektiv wie Ondansetron. 15 In Kombination mit Dexamethason reduziert es weitgehend das Erbrechen bei Chemotherapie 16. Eine transdermale Applikation (über die Haut) ist ebenfalls wirksam 17.

Azasetron

5-HT3-ReZeptor-Antagonist mit längerer Wirksamkeit als Ondansetron. 18 19 Die Wirksamkeit bezüglich Chemotherapie bedingter Übelkeit ist der von Ondansetron unterlegen 20.

Dexamethason

Dexamethason ist ein stark wirkendes Glukokortikoid. Über die Funktion als Entzündungshemmer hinaus wirkt es als Antiemetikum bei postoperativ und Chemotherapie-bedingtem (z. B. bei Cisplatin-induziertem) Erbrechen 21. Es wird zunehmend in Kombination mit anderen Antiemetika eingesetzt. Bei postoperativem Erbrechen erwies es (in einer Dosis von 4-5 mg) eine gute Wirksamkeit 22; in einer Untersuchung war es ebenso wirksam wie Ondansetron 23.

Amisulprid

Dies ist ein Dopamin-D2– und Dopamin-D3-Rezeptorantagonist, wirksam bei Chemotherapie-bedingtem Erbrechen (z. B. durch Cisplatin), besonders in Kombination mit Ondansetron (über 80% von 51 Patienten brachten 20 mg eine vollständige Befreiung von Übelkeit)  24. Als Neuroleptikum der zweiten Generation wird es zur Behandlung psychotischer Erkrankungen, wie der Schizophrenie, eingesetzt.

Nebenwirkungen: An schwereren Nebenwirkungen wurden seltene Fälle einer Rhabdomyolyse (Muskelzerfall) und eines „neuroleptisch malignen Syndroms“ (NMS: Überaktivität des Sympathikus, Tremor, Fieber, CK-Erhöhung, Leukozytose) berichtet 25 26.

Olanzapin

Olanzapin (Zyprexa) ist ein orales Mittel, das hauptsächlich zur Behandlung der Schizophrenie und einer bipolaren Störung eingesetzt wird. Auch kann es off-label zur Behandlung von Chemotherapie-induzierter Übelkeit und Erbrechen dienen und wird dann meistens intramuskulär injiziert. Gelegentlich wird es als Appetitanreger eingesetzt 27.


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Verweise

Referenzen

  1. Br J Anaesth. 1999 Nov;83(5):761-71[]
  2. J Pediatr (Rio J). 2017 Aug 1. pii: S0021-7557(16)30243-1. doi: 10.1016/j.jped.2017.06.004.[]
  3. Am J Gastroenterol. 1999 May;94(5):1230-4[][]
  4. Eur J Clin Pharmacol. 2017 Dec 30. doi: 10.1007/s00228-017-2407-z.[]
  5. Int Marit Health. 2014;65(1):16-9. doi: 10.5603/MH.2014.0004.[]
  6. Drug Saf. 2016 Jul;39(7):675-87. doi: 10.1007/s40264-016-0418-9.[]
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  11. J Pediatr Gastroenterol Nutr. 2017 Nov 3. doi: 10.1097/MPG.0000000000001819.[]
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  13. Expert Opin Drug Saf. 2017 Nov;16(11):1227-1234. doi: 10.1080/14740338.2017.1361403[]
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  15. Cochrane Database Syst Rev. 2010 Jan 20;(1):CD006272. doi: 10.1002/14651858.CD006272.pub2.[]
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